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Nimm mein Herz und führe mich

von

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In herbstlichen Stürmen: Tränen und Bratkartoffeln

Das war jetzt der Moment, wo Jakos steinerner Panzer in sich zusammenbrach. Das Eis in seinem Herzen schmolz, und das Schmelzwasser floss als Tränen aus seinen Augen.

Er riss Marti an sich, klammerte sich an ihm fest. Marti drückte ihn, er spürte, wie sein Körper in seinem Arm bebte und verstand, dass Jako einfach schluchzte.

„Oh Marti, ich hatte solche Angst, Dich zu verlieren!“

Marti hielt Jako, wiegte ihn sanft hin und her, strich ihm übers Haar und summte eine leise, beruhigende Melodie.
 

Der verständnisvolle Arzt hatte das Zimmer verlassen und ließ sie ein wenig allein.

Als er nach einer halben Stunde wiederkehrte, saßen beide Hand in Hand, ruhig und glücklich nebeneinander.
 

Tja, sagt die Mondfee, die mischt sich jetzt einfach mal ein, und quasselt mir dazwischen.

Tja, sagt sie, das mit der Liebe. Darum beneide ick euch Menschen ja glatt. Dat kriegen wir Feen nich hin. Wir haben den Mondschein, und Silberglocken und so, aber Liebe nich. Muss toll sein, auch wenn es euch manchma echt fertich macht.

Jako hat ja nu auch echt was mitgemacht. Hat echt gelitten für seinen Schatz und seinen eigenen Kummer hintangestellt... würd ne Fee nich machen, wir sind Egoisten. Isso. Könn wer auch nix für.

Und jetz? Jetz ist alles jut... muss n krasser Moment sein...

Wie in dem Märchen mit den wilden Schwänen. Kennste?

Da gings um Liebe zu Brüdern, sieben glaub ich, oder warns elf? Egal.

Da hat n Mädel jahrelang kein Wort gesprochen, jahrelang mit bloßen Händen inne Brennnesseln rumgeprokelt, in Knast jekommen, aufn Scheiterhaufen solltse... hat se alles mitjemacht. Aus Liebe.

Und denn, als die Flammen schon fast... denn kam das Wunder.

Und denn war allet jut. So von jetze auf gleich.

So muss Jako sich nu ooch jefühlt ham.

Muss toll sein....
 

Ja, Jako brauchte ne Weile, um zu begreifen, das alles gut war. Als er es langsam realisiert hatte, breitete sich Wärme in ihm aus. Und Dankbarkeit, tiefe Dankbarkeit.

Der Arzt kehrte also kurz darauf zurück.

„Herr Fischer, die Knochenveränderung ist harmlos. Möglicherweise hätten Sie die Ihr Leben lang mit sich rum getragen, ohne etwas davon zu bemerken. Allerdings wäre es auch möglich, dass das Ding sich über die Jahre oder eher Jahrzehnte zu etwas bösartigem entwickelt. Daher sollten Sie es operieren lassen, allerdings hat es damit keine Eile. Wenn Sie möchten, bekommen Sie in den nächsten Tagen Post von uns mit Terminvorschlägen, die werden allerdings erst in ein paar Monaten sein. Ist das für Sie okay?“

Marti nickte. Jako auch.
 

„Gut. Was nun Ihren Gips betrifft … in 10 Tagen kann der runter. Dann bekommen Sie eine Schiene, so dass Sie wesentlich beweglicher sind. Geben Sie dann aber nicht gleich Vollgas. Schonen Sie den Fuß noch.

Und wir werden Sie zu einer Physiotherapie überweisen. Zweimal die Wochen im ersten Monat, danach einmal die Woche. Und dann werden Sie spätestens, wenn die Adventszeit beginnt, wieder rumspringen wie eine Gazelle.“

„Aber nicht wieder von Leitern“, knurrte Jako.

„Nein“, sagte Marti. „Auf Leitern lass ich dir den Vortritt. Ich rutsche dann nur noch auf Glatteis aus.“

Alle drei lachten.
 

Als sie kurze Zeit später vor das Gebäude traten, strahlte ihnen eine herrliche Spätsommersonne entgegen.

Marti zog Jako auf eine Bank.

„Ich fühle mich“, sagte er, „als hätte man mir mein Leben neu geschenkt.“

Jako konnte nur nicken.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte er.

„Ich möchte nach Hause“, sagte Marti. „Aber ich glaube, du solltest nicht fahren. Lass uns die Frösche anrufen.“

Jako nickte wieder. Wie so oft erfasste Marti einfach die Situation und sagte einfach das richtige.

Er nahm sein Handy.

„Steve, Jako hier. Könnt ihr uns abholen? Ich kann in meinem aufgewühlten Zustand nicht fahren. Was? Neiiin... es ist alles gut. Das Ding ist gutartig.“

Marti hörte Steves Freudenschrei durchs Telefon. Er grinste. Es tat gut, so liebe Freunde zu haben.
 

Jako öffnete Whatsapp und schrieb an alle, die neulich dabei gewesen waren:

„Martis Knochenveränderung ist gutartig. Keine Gefahr. Alles gut.“

Ca. eine halbe Stunde später waren Steve und Rick da. Steve fuhr Marti und Jako in Martis Auto heim, Rick folgte mit Steves Auto. Steve plapperte die ganze Zeit ununterbrochen. Man merkte ihm die Freude einfach an. Rick hatte Marti einfach nur umarmt und gegrinst wie ein Honigkuchenpferd.
 

Sie luden die Frösche auf eine Kaffee ein, aber die verdrückten sich schnell. Beide hatten gespürt, das Marti und Jako jetzt einfach allein sein wollten. Vorher aber verabredeten sie, morgen Abend eine Party zu feiern. Eigentlich hatte die Einweihungsparty erst steigen sollen, wenn Martis gebrochener Fuß verheilt war. Aber jetzt war ihnen nach Feiern.
 

Steve und Rick wollten alles organisieren. Sie wollten Getränke mitbringen, als Geschenk zu Martis neuem Geburtstag, wie Steve sich ausdrückte. Und alle möglichen Freunde anrufen, und jeder sollte einfach was mitbringen. Das würde schon gut klappen, das hatten sie in der Vergangenheit schon öfter so gemacht.
 

Jetzt waren Marti und Jako also allein. Sie saßen auf dem Sofa, hielten sich in den Armen und genossen ihr Glück.

„Ich hatte so Angst, dich zu verlieren Marti. Ich will dich nicht verlieren. Ich will dich ein Leben lang bei mir haben.“

Marti freute sich.

„Ich will dich auch nie mehr hergeben... aber weißt du, was ich aus der Sache gelernt habe? Ich werde versuchen, in Zukunft nicht mehr wegen Kleinigkeiten unzufrieden zu sein. Ich hatte so Langeweile, und war wohl manchmal ganz schön unleidlich deswegen, oder?“

„Ein bisschen schon“, gab Jako zu.

„Jako, wenn ich mal wieder so bin, kannst du ich dann einfach an das hier erinnern? Ich glaube, dann verstehe ich ganz schnell wieder, dass ich Grund habe zum dankbar sein...“

„Mach ich“, sagte Jako.
 

Sie küssten sich.

„Jako?“

„Ja?“

„Wegen der Physiotherapie... ich bin bei so was immer schlampig. Kannst du mir helfen, dass ich da regelmäßig hingehe?"

Jako schmunzelte, mal wieder, über Martis vorbehaltlose Ehrlichkeit.

„Na klar“, sagte er, „ und wenn dafür Strenge nötig ist, dann sollst du die bekommen.“

Marti wurde rot.

„Manchmal brauch ich die wohl“, nuschelte er etwas verlegen.
 

Jako küsste ihn auf die Nasenspitze.

„Marti, was immer du brauchst, wenn ich es dir geben kann, dann bekommst du es auch.

Sei es Liebe, sei es Strenge, oder sei es einfach nur ein Butterbrot.“

Marti lachte.
 

„ Wo wir gerade beim Thema sind... ich habe Hunger!“

Jako kochte für beide. Er gab sich richtig Mühe und brachte richtig gute Bratkartoffeln zustande, dazu Spiegeleier und ein paar saure Gurken. Einfach aber lecker.

Den Rest des Tages verbrachten sie mit einfachen, aber in ihren Augen unbezahlbaren Freuden.

Sie sahen sich Kinderfotos an und erzählten kleine Geschichten und Erlebnisse. Es gab wieder viel zu lachen dabei.

Sie schauten gemeinsam einen Film. Hörten Musik.

Kuschelten viel dabei. Sie beide brauchten Nähe.
 

Als sie müde wurden, trug Jako Marti ins Bett.

„Mensch Jako, ich mag das ja, aber du musst das nicht, ich kann mit den Krücken auch rüberhumpeln...“

„Ich weiß. Aber schau mal, wenn du wieder laufen kannst, dann willst du das vielleicht gar nicht mehr. Und da muss ich jetzt noch die Chance ergreifen, dich zu tragen, solange du noch wehrlos bist...“ Er setzte sein teuflischstes Grinsen auf.

Marti kicherte.
 

Als sie irgendwann eng aneinander geschmiegt einschliefen, waren sie glücklich, zufrieden und voller innerer Ruhe.

Und sie schliefen beide tief und fest.
 

Was sie träumten, weiß nur die Mondscheinfee. Und die verrät es nicht.

Nene , sagt sie, das geht keen wat an.

Aber schönet ham se jeträumt. Soviel kann ick wohl verraten.

Schönet.

Ja.



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