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Koma

,,Ich kann das Licht sehen"
von

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Das weinende Mädchen

,,Papa, ich hab dich lieb", rief die euphorische Stimme eines Kindes.

,,Halt deinen Mund!"

,,Papa, kannst du mir bei den Hausaufgaben helfen?"

,,Mach deinen scheiß selber!"

,,Papa, ich möchte mit dir in den Park gehen!"

,,Vergiss es!"

»Mein Vater hatte nie etwas übrig für mich. Ich war immer allein und hatte niemanden. Dadurch lernte ich auch schnell, für mich und mein Vater zu sorgen, denn meine Mutter war nicht in der Lage dazu. Ich würde lügen, wenn ich sage: ,,Ich vermisse sie nicht." Aber es war schon skurril. Ich vermisse jemanden, den ich nicht einmal kannte. Meine Mutter müsste eigentlich mich aufziehen, aber das hatte sie nicht , da sie zu meiner Geburt starb.

Mein Vater verlor sich nach meiner Geburt und den Tod seiner großen Liebe der Alkoholsucht. Er hatte nie etwas für mich übrig gehabt. Da ich nie Liebe von meinem Vater erfuhr, kam ich für 9 Jahre zu meinen Großeltern. Als die aber auch von uns gegangen waren, musste ich wieder zurück nach Hause. Am Anfang freute ich mich ziemlich auf meinen Vater, aber er war genauso wie die Male, die er mich besucht hatte. Er zeigte mir keinerlei Beachtung und saß eigentlich den ganzen Tag auf dem Sofa und Trank.

In meinem zehnten Lebensjahr gab es dann einen Tag an dem mein Vater sich gar nicht mehr unter Kontrolle hatte. Er schlug so lange auf mich ein, bis ich mich nicht mehr regte. Bis heute war nur ich die Jenige, die an dieses Ereignis Erinnerungen hatte. Ziemlich schlimme sogar. Denn genau das sorgte dafür, dass ich unter Berührungsängsten litt.

Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Michiru Kaioh und ich bin 15 Jahre alt. Ich besuche die zehnte Klasse einer Schule in Japan. Und ja... Das ist meine Geschichte!«
 


 

>Pieeep... Pieeep... Pieeep<

Das nervende Geräusche sorgte immer mehr dafür, dass die junge Künstlerin ins Hier und Jetzt kam. Die Nacht war ziemlich kurz gewesen, aber ausschlafen war heute nicht mehr möglich. Ein lautes Murmeln durchdrang den finsteren Raum, dessen Fenster mit alten Vorhängen verhangen waren.

>Pieeep... Pieeep!<, war es wieder zu hören.

Ein weiteres Murmeln. Und dann war da der Gedanke an die Schule. Fast in Sekundenschnelle war sie wach. Der Gedanke daran, fremde Menschen in irgendeiner Weise zu berühren, sei es nur ein Anrempeln, machte ihr Angst. Aber bisher wusste niemand davon, außer sie und ihre Ärztin, die dagegen aber nichts unternahm. Mit einem Zittern setzte sie sich auf.

Da aber die Schulpflicht bestand, kam sie nicht drumrum. Aber über die Jahre war nie einige 'Strategien' eingefallen, die dafür sorgten, dass ich so gut wie keinen Körperkontakt mit anderen Menschen hatte.

In Gedanken versunken schaltete sie den Wecker aus.

Auf das Mobbing ihrer Mitschüler hat es überhaupt keine Lust. Letztes Schuljahr hatte so einen Typ mal versucht mit dem Feuerzeug ihre Haare an zu brennen. Und dann waren da noch die Mädels in ihrer Klasse, die immer so überheblich wirken und immer rumzickten. Dazu kam noch, dass ihre Noten nicht die besten waren. Kurz gesagt - sie hatte eine super Schulzeit.

Das türkishaarige Mädchen sah sich im Raum um. Es war dunkel, aber neben den Vorhängen drangen trotzdem einige Sonnenstrahlen in den Raum. Fast ein wenig traurig ließ sie sich für einen kurzen Moment zurück ins Bett fallen, als könne sie somit der Realität entkommen. Nur leider brachte es nichts.

Die Lampe war der einzige Gegenstand, der sich gerade in ihrem Blickfeld befand. Sie war weiß. Weiß wie die Lehre.

Erneut erklang der Wecker, der ihr zeigen sollte, dass es nun wirklich nötig war aufzustehen.

,,Okay! Dann mal los", schnaufte sie noch ziemlich müde.

Der erste Griff war zum Handy. Natürlich, 400 Nachrichten, die ihre Klassenkameraden geschrieben hatten, um ihr die Schulzeit noch schwerer zu machen. Allerdings las sie diese nicht, stattdessen schaltete sie die Musik an. Einen Moment lang konzentrierte sich ganz auf die Klänge der Violine. Sie schloss dabei genießend die Augen.

,,Du bekommst das schon hin, Michiru", seufzte sie, aber gleichzeitig wusste sie, dass sie das nicht tun würde.

Gegen ihre Klassenkameraden konnte sie sich nicht wehren und da war niemand, der sie verteidigen würde. Gedankenversunken erhob sie sich und setzte sich vor ihren Spiegel. Ein wenig Make-up musste sein. Ohne dem getraute sie sich kaum aus dem Haus und damit konnte sie auch einigen Beleidigungen aus dem Weg gehen.

Nachdem sie fertig war, ob sie sich wieder, um sich anziehen zu können. Ihre Uniform war das einzig Schöne an der Schule. Auch die war schnell angezogen und dann musste sie auch schon runter.

Und da holte die Realität sie erst recht ein. Im Wohnzimmer brannte noch Licht und Stimmen waren zu hören, die ja nur vom Fernseher stammen konnten. Ihr Vater hatte es wieder einmal nicht ins Bett geschafft.

Enttäuscht senkte die Türkishaarige den Kopf. So war es doch immer, oder nicht? Schon immer... Seitdem sie lebte und ihre Mutter gestorben war. Ihr Vater enttäuschte sie jedes Mal aufs Neue, aber anscheinend hat er nicht mal das geringste Interesse etwas zu ändern. Eine einzelne Träne floss über ihre Wange. Sie hatte Mitleid, aber immer wenn sie an die Sache, die ihr mit 10 Jahren passiert war, dachte, war das Mitleid weg und wandelte sich ihr in Angst um. Michiru fürchtete sich vor ihrem Vater, aber konnte nichts dagegen machen. Sie liebte ihn ja trotzdem sehr.

Um ihre Vermutung zu bestätigen, ging Michiru in das Wohnzimmer. Ihr Vater lag vor dem alten Fernseher, der eigentlich komplett sinnlos lief und ringsherum standen leere Flaschen. Kein schöner Anblick.

Michiru seufzte. Obwohl sie schon nicht viel Geld hatten, da ihr Vater nicht arbeitete, vertrank ihr Vater den Rest des Geldes. Wenn die Künstlerin etwas Geld haben wollte, musste sie hier und da mal helfen. Am Ende floss das verdiente Geld dann trotzdem in das Essen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie wirklich langsam los musste. Also holte sie ihre Jacke, griff nach der Tasche und dann noch nach dem Geigenkoffer. Die Violine war einst das Eigentum ihrer Mutter gewesen. Doch als sie starb, bekam sie die Violine und ihre Großeltern sorgten dafür, dass sie schon bald das Instrument perfekt beherrschte. Der Gedanke an ihre Großeltern ließ sie noch trauriger werden.

,,Oh Mist! Ich muss los!"

Seit der ersten Klasse war sie wegen des Schulweges auf dem Bus oder dem Zug angewiesen. Andere wurden jedes Mal von ihren Eltern gefahren und die Künstlerin dürfte jeden Tag 5 Uhr aufstehen, obwohl die Schule erst 8:30 Uhr begann, da sie weit weit weg von ihrer Schule lebte. Ihre Großeltern hatten die Schule für sie ausgesucht, da es damals so hieß, dass es da kein Mobbing geben würde. Aber natürlich hatte dieses Gerücht nicht der Realität entsprochen. Aber auch schon da musste sie mit dem Bus fahren, da die Großeltern nie ein Auto besessen hatten.

Es war kurz nach 5:30 Uhr und sie hatte nicht mehr ganz so viel Zeit, jedoch befand sich die Haltestelle ein Glück auf der anderen Straßenseite. Michiru packte sich den Temperaturen angemessen ein. Die Kopfhörer schloss sie an ihrem Handy an, danach beschallte sie sich wieder mit den Klängen einer Violine, welche sie ungemein beruhigten.

Erst dann trat sie in die Kälte hinaus. Es war nicht sehr kalt, aber im Haus war es um einiges angenehmer.Ihr Viertel gehörte zu der ärmeren Sorte und das wussten ihre Klassenkameraden auch.

Die Sonne war natürlich noch nicht aufgegangen. Gerade mal die Laternen erleuchteten die Straßen. Gegenüber an der anderen Straßenseite an der Bushaltestelle standen bereits ein paar Leute, die aber nicht auf die gleiche Schule wie Michiru gingen. Und nun begann der Kampf, den sie seit ihrem zehnten Lebensjahr jeden Schultag durchleben musste: Sie wollte keinen Körperkontakt. Mit niemanden. Auch nicht mit ihren Klassenkameraden, denn die wünscht ihr eh nur alles Schlechte. Angst machten sich in Form von zittern bemerkbar, denn der Gedanke, von irgendjemanden angerempelt zu werden, war schrecklich.

Schweigend lief die Türkishaarige über die Straße, während sie den Blick starr auf den Boden gerichtet hatte. Auf der anderen Straßenseite angekommen, stellte sie sich ziemlich abseits von den anderen hin. Die Leute sahen sie nicht mehr komisch an, das war ja schließlich normal, oder? Und außerdem kannten sie das bereits von der Schülerin.

Der Wind wehte einige Haarsträhnen ihr in das Gesicht, wovon sie sich aber nicht stören ließ. Stattdessen lauschte sie der Musik.
 

Es dauerte nicht lange, bis der Bus kam. Natürlich drängelten sich die anderen vor und wollte der Erste sein, als hätten sie Angst, nicht mitgenommen zu werden. Es gab zwar nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen, aber um diese Uhrzeit gab es noch genug Platz zum Setzen. Michiru seufzte, denn das Verhalten war irgendwie kindisch, dabei waren einige von ihnen vielleicht sogar älter als sie. Als die Gruppe eingestiegen war, standen nur noch die Schülerinnen und eine ältere Dame vor dem Eingang. Michiru wollte erst eher einsteigen, doch sie entschied sich dagegen. Das wäre unhöflich. Also stieg die ältere Frau eher ein. Michiru zeigte ihren Busschein, der ihr erlaubte, sich sofort hinzusetzen ohne bezahlen zu müssen.

Zu ihrem Glück waren noch Plätze frei. Die Jugendlichen, die sich eben noch gestritten hatten, wer als Erster einsteigen durfte, hatten sich alle einzeln eingesetzt, neben sie konnte aber auch keiner mehr Platz nehmen, da sie da ihren Rucksack abgestellt hatten. Zwar machte Michiru es nicht anders, aber im Gegensatz zu ihnen, schrie sie dann nicht im Bus herum, um mit den anderen kommunizieren zu können. Das war eine Logik, die sie absolut nicht verstehen konnte.

Die Blicke wieder gesenkt setzte sie sich hin, stellte die Tasche auf ihren Schoß und den Geigenkoffer neben sich ab. Gut, nun war auch kein Platz mehr neben der Künstlerin frei, aber sie würde auf jeden Fall Platz machen, wenn jemand sich nicht setzen könnte.

Der Blick blieb während der Fahrt gesenkt und wurde auch nicht für eine Sekunde erhoben. Viel zu sehr hatte sie Angst davor, komisch angesehen oder gar ausgelacht zu werden.
 

Die Fahrt verging sehr ruhig und dieses Mal hatte sie Ruhe vor den Menschen aus ihrer Schule, die ihr nichts Gutes wollten. Nach einer Weile befanden sich zwar auch diese Menschen im Bus, doch sie ließen sie in Frieden. Anscheinend hatten sie über die Ferien vergessen, dass sie mal jeden Tag das Leben einer Mitschülerin zu einem Albtraum gemacht hatten.

Beim Aussteigen war auch sie die letzte, die den Bus verließ. Während die Menge nun Richtung Schulgebäude lief, schlug die Türkishaarige den Weg zum Supermarkt ein, da sie noch etwas zu Essen für die Schule benötigte.

Der Laden war fast wie ausgestorben, da er eben erst geöffnet hatte. Einige Regale waren noch nicht einmal aufgefüllt. So mochte sie die Läden viel lieber - wenn niemand da war. Kassiererinnen gab es hier nur wenige, da fast alles schon automatisch ging.

Nachdem sie sich einige Snacks geholt hatte, machte auch sie sich Richtung Schulgebäude. Mittlerweile war es bereits 8 Uhr. Die restliche Zeit wird sie ja auch wohl noch rum bekommen.
 

Mit einem Grinsen fuhr die Blonde sich durch die Haare, dessen Pony ihr wild ins Gesicht hang. Für ein Styling hatte sie am morgen nun mal keine Zeit. Ihr fast schon maskulines Gesicht war im Gegensatz zu anderen Damen ungeschminkt und trotzdem vollkommen marklos. Eine nagelneue Schuluniform versteckte ihren durchtrainierten Körper. Man hätte sie für einen Jungen halten können, doch die Brüste machten dem einen Strich durch die Rechnung, denn da machte sie sich nicht mal ansatzweise die Mühe diese zu verstecken. Außerdem wollte sie gar nicht mehr für einen Jungen gehalten werden.

Fast schon ein wenig überheblich stolzierte sie in das für sie noch vollkommen unbekannte Schulgelände. In ihrer alten Schule wurde sie allein schon für ihr Aussehen angeschaut. Aber hier? Keine würdigte ihr des Blickes, wenn sie sich so umsah. Erkannten die ganzen Schüler hier etwa Haruka Tenoh nicht? Vielleicht würde sie hier wohl nicht so beliebt werden, wie sie einst gedacht hatte. Das war ein Rückschlag für ihren Ego.

»Pfff... arrogante Kinder!«, schoss es ihr durch den Kopf.

Die Rennfahrerin sah sich um. Das Schulgebäude war recht groß, aber nichts besonderes. Ansonsten waren nur noch Bäume, Bänke und ein Pavillon zu sehen, indem eine Person saß. Es war eine Schülerin, welche sie gerade ansah. Aber nicht so als würde sie sie kennen. Wahrscheinlich sah sie eher in ihre Richtung, weil die Blondine einfach nur neu aussah. Aber dann war Haruka sich gar nicht mehr sicher, denn fast schlagartig änderte sich ihre Miene. Das unbekannte türkishaarige Mädchen wirkte fast ein wenig traurig... Und einsam.
 

Michiru war durch Zufall diese neue Personen aufgefallen. Nur bemerkte sie schnell, dass auch er zu ihr sah, weshalb sie sich wieder von ihm abwendete. Er war auch einfach nur ein Neuer, der schnell mit dem Strom mitschwamm, um cool zu sein. Deshalb sah sie auch schnell wieder weg.

Ein wenig traurig warf sie ein Blick auf die Nachrichten, die er in den vergangenen Stunden geschrieben wurden. Und so wie immer waren es keine guten.

~Du bist so hässlich~

~Geh sterben~

Und doch mal eine positive: ~Danke. Hast du die HA gemacht?~

~Bor,  hau ab, du Nu**e!~

Jeder einzelne, der ihr doof kam, wurde sofort blockiert, doch sie fanden immer einen Weg, ihr wieder zu schreiben. Diese Nachrichten verstärkten die Angst nur noch mehr. Jede noch so kleine Berührung löste manchmal eine Panikattacke in ihr aus.
 

,,Darf ich vorstellen? : Eure neue Mitschülerin Haruka tenoh. Bitte behandelt sie gut", sprach der Lehrer.

Die Sportlerin glaubte sogar, ein wenig Freude in seiner Stimme zu hören. Mit leichten Herzklopfen sah sie sich jeden einzelnen Schüler an und wirkte trotzdem dabei so cool und selbstbewusst wie immer. Nur ihre manchmal ziemlich arrogante Art durfte sie nicht zeigen, den niemand hier schien die Rennfahrerin zu erkennen. Das türkishaarige Mädchen aus dem Pavillon konnte sie leider nicht sehen. Anscheinend ging sie wohl nicht in diese Klasse.

»Schade eigentlich. Mit ihr hätte ich mich vielleicht anfreunden können. Das Mädchen hatte ziemlich einsam gewirkt.«

Ihrer neuen Klasse war natürlich sofort aufgefallen, dass sie weiblich war. Insgesamt wurde sie auch recht schnell gut aufgenommen. Schon während des Unterricht hatten einige Schüler sie in Gespräche verwickelt.
 

Bei Michiru lief es nicht man halb so gut. Im Matheunterricht fiel es ihr bereits am ersten Tag schwer dem zu folgen und außerdem war sie kurz vor den Tränen, wodurch sie sich nicht mal ansatzweise konzentrieren konnte. Ihre Haare waren sicher bereits schon voller Papierkugeln, womit ihre Klassenkameraden sie schon die ganze Zeit über beschossen. Ein Papierflieger landete direkt auf ihrem Schoß. Zugegeben, die Person hatte gut geschossen, aber sie wusste bereits schon, was auf dem Papier geschrieben wurde. Darum faltete sie diesen auch nicht erst auseinander.

Die erste Träne ist suchte ihren Weg über ihre Wange. Der Blick war natürlich wieder gesenkt und ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Ihre Lehrerin sagte nichts - so wie immer. Einige Wortfetzen erreichten die Geigerin und ließen sie daraus schießen, dass gerade über sie getuschelt wurde.

,,Okay. Löst bitte die Aufgabe drei auf Seite 21", sprach die Lehrerin.

Das Gespräch hinter der Künstlerin nahm endlich ein Ende. Die kleine Hoffnung, sie würden nun aufhören, brodelte in der Türkisen, aber gleichzeitig wusste sie, dass es vor ihrem Schulabschluss kein Ende nehmen wird.

Nach einer ganzen Weile begann die Lehrerin durch die Reihen zu gehen. Michiru startre panisch auf das noch vollkommen leere unbeschriebene Blatt vor sich. Nicht mal ihr Buch aufgeschlagen. Sofort verschnellerte sich ihr Herzrhythmus. Die Zeit verging wie in Zeitlupe. Eigentlich sollte sie wenigstens jetzt anfangen mit der Aufgabe, jedoch bewegte sie sich keinen Millimeter.

,,Michiru? ", ertönte die Stimme ihrer Lehrerin hinter ihr und eine Hand legte sich auf ihre Schulter.

Für einen Moment lang glaubte sie, ihr Herz würde aussetzen, doch gleichzeitig schlug es unwahrscheinlich schnell. Auf einmal wurde ihr übel und fast in der gleichen Sekunde hatte sie einen extremen Schweißausbruch.

»Oh Gott. Ich muss hier raus«, war im Moment das einzige was sie denken konnte.

,,Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte die Lehrerin etwas besorgt, aber das nahm die Schülerinnen gar nicht mehr wahr.

Diese stand nur auf und rannte aus dem Zimmer.

Nur noch weg von hier... Mehr wollte sie nicht, doch sie können sie ja nicht schwänzen, also versteckte sie sich vorerst auf dem Mädchenklo.
 

Da der Unterricht für Haruka viel zu langweilig war, beschloss sie, die Quelle der Langenweile namens Lehrer für einige Minuten zu verlassen.

,,Entschuldigen Sie? Darf ich bitte auf die Toilette?", meldete die Blonde sich.

,,Ja, du kannst gehen."

Grinsend, als hätte sie etwas Außergewöhnliches getan, legte sie den Stift beiseite, stand auf und verließ das Zimmer.

»Bor, endlich raus da... Den Rotz kann ich mir nicht länger anhören«, dachte sie.

Da sie sich auf dieser Schule nicht die Mühe machte, als Junge den Unterricht zu besuchen, ging sie nicht auf die Jungen- sondern auf die Mädchentoilette. Als sie den Raum betrat, hörte sie ein komisches Geräusch. Sofort blieb sie stehen und versuchte so leise wie möglich zu sein. Als es noch einmal ertönte, wusste sie sofort was es war. Dort weinte jemand.

Haruka gehörte definitiv nicht zu der kälteren Sorte Mensch. Manchmal war sie zwar ein wenig arrogant, aber kühl war sie nicht.

Im Raum war keine Menschenseele zu sehen, also muss sie sich in einer der Kabinen befinden. Da im Moment Unterricht war, wollte sie unbedingt wissen, wer das war. Vielleicht würde sich das Problem lösen lassen. Darum beschloss die Rennfahrerin dem Mädchen zu helfen. Die Tür hinter sich ließ sie ins Schloss fallen. Spätestens jetzt müsste das weinende Mädchen sie bemerkt haben. Aber sie machte sich nicht mal die Mühe leiser zu machen. Vielleicht wollte sie ja auch, dass jemand ihr half.

,,Gehen Sie weg, Frau Okudera!", ertönte die Stimme schluchzend.

,,Tut mir ja sehr leid, aber ich bin nicht diese Frau...", erwiderte die Blonde einfach so.

Anhand eines erschreckten Schreies wusste Haruka, dass das Mädchen sie nun bemerkt hatte.

,,Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?", rief sie extra laut.

Während sie ihr nicht antwortete, sah sie für einen kurzen Moment aus dem Fenster. Eine ganze Weile herrschte Stille. Das Schluchzen hatte mittlerweile aufgehört und die Blonde blieb still. Es könnte natürlich auch sein, dass sie gar keine Hilfe haben wollte, aber das würde Haruka sicher nicht dulden. Immerhin hatte sie eben ihre Hilfe angeboten und das passierte weiß Gott nicht oft. Aber auch nach einigen Sekunden kam keine Antwort.

,,Hier, Es tut mir ja sehr leid, dass ich drängle, aber eigentlich habe ich Unterricht. Ich würde dir sehr gerne helfen", sagte sie.

Da Haruka allerdings nicht das geringste Interesse verspürte, in den Unterricht zu gehen, lehnte sie sich vollkommen gelassen gegen die Tür einer Kabine, in der sie das weinende Mädchen vermutete.

,,Dann geh lieber wieder in den Unterricht zurück, du fehlst sicher schon zu lange", sagte sie.

Haruka musterte leicht genervt ihre Schuhe. Noch waren sie glänzend, aber das würde sich in der nächsten Tage schnell ändern.

,,Aja",  sprach die Neue,

,,Und was ist dann mit dir?"

Da sie jetzt nicht einfach rausgehen wollte, griff aie einfach nach der Türklinke. Das Mädchen hatte nicht abgeschossen, wodurch sie problemlos einfach die Tür der Kabine öffnen konnte.

,,Hey, Kleines",  kam es nur von ihr.

Erst danach fiel der Sportlerin auf, dass in der Kabine das Mädchen von heute morgen aus dem Pavillon saß.

Völlig aufgelöst saß die Schülerin auf dem Boden. Ihre Augen sahen geschockt in Harukas Richtung. Sie waren starke gerötet vom Weinen. Nach einigen Sekunden wendeten sie ihre Blicke aber wieder ab.

,,Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte die Blonde fast ein wenig fürsorglich.

Das Mädchen antwortete allerdings nicht. Als wäre sie von irgendwas besessen, starrte sie auf dem Boden. Obwohl ihr gerade Hilfe angeboten wurde, nahmen sie diese nicht an. Haruka wurde ein wenig stutzig, dann so reagierte doch sonst keiner. Es war sichtbar, dass die Türkishaarige mit sich ringte. Sie wirkte fast so, als würde sie vor Haruka nicht weinen wollen.

,,Willst du mir erzählen was passiert war? Warum weinst du?", fragte sie, aber es kam keine Antwort.

»Sehr freundlich«, dachte sie.

,,Willst du nicht mit mir reden?"

Keine Reaktion.

Haruka begann zu mustern. Eigentlich sah sie er sehr freundlich aus. Wenn nicht sogar engelsgleich.

»Sie passt eigentlich sogar in mein Beuteschema..«, dachte sie.

,,Okay, dann bringe ich dich eben zurück in deine Klasse. Komm", sprach die Blonde nun etwas strenger, doch eigentlich wollte sie damit nur erreichen, dass das Mädchen endlich sprach.

,,Ich... werde gemobbt...", sagte sie nun endlich.

,,Und dir ist es zu viel geworden. Deswegen bist du rausgegangen. Habe ich recht?"

Sie nickte.

,,Hat dein Lehrer sich mal dazu geäußert?", wollte Haruka wissen.

,,Nein." Mehr kam da nicht.

Mit zittrigen Händen wischte sie ihre Tränen weg. Da das Mädchen ihr leid tat, beschloss sie, ihr wenigstens ein wenig zu helfen. Dass sie aber nachgefragt hatte, war nun doch nicht mehr so eine gute Idee, da sie nun wieder mit weinen begann.

,,Hey...  Kann ich dir irgendwas bringen?", fragte die Rennfahrerin und wie aus Reflex legte sie eine Hand auf das Knie des türkishaarigen Engels.

Diese zuckte sofort erschrocken zusammen. Dadurch begangen sie nur noch mehr zu zittern.

,,Oh, entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken.''

Natürlich nahm sie ihre Hand wieder zurück. Aber diese Reaktion war schon ein wenig merkwürdig, doch dann nahm sie in Betracht, dass die Schülerin eventuell mal etwas traumatisches erlebt hatte, durch das sie bei Berührungen ängstlich reagierte.

,,Weist du... ich glaube nicht, dass es eine so gute Idee ist, wenn du dich die ganze Zeit hier versteckst. Du bekommst nur Ärger..."

Haruka versuchte so einfühlsam wie möglich zu sein. Zwar hatte sie noch nie so eine Situation ergibt, allerdings wusste sie, dass es weh tat, wenn man von einem Klassenkameraden gemobbt wurde. Denn Haruka hatte selbst einmal jemanden gemobbt und danach hatte sie alles wieder zurückbekommen.

,,Ja,  vielleicht sollte ich wirklich zurück", holt ihre Stimme Haruka wieder aus den Gedanken.

,,Okay, komm."
 

Nachdem sie sie zurück in die Klasse gebracht hatte, fiel der Sportlerin auf, dass sie nicht mal gefragt hatte, wie sie hieß oder in welche Klasse sie ging. Ihr war nur aufgefallen, dass es auf keinen Fall eine 10. Klasse war. Aber sicherlich würden die beiden sich wieder sehen. Immerhin besuchen Sie die gleiche Schule.



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