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Familienalbum

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Neuer OS zur Wartezeitüberbrückung. :3
Ja, ich weiß, dieses Mal dauert es lange mit dem Update für die Hauptgeschichte, aber ich bin in einer ziemlichen Sackgasse, es tut mir leid. T_T Komplett anzeigen

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Nachwirkungen

Der Anruf war kurz gewesen und bestand aus einem Satz: „Shiro ist tot. Der Anrufer war einer der Mönche des Knabenstiftes gewesen und hatte kaum Emotionen gezeigt, doch es war offensichtlich, dass er lediglich unter Schock stand. Mephisto wusste im ersten Moment nicht, was er denken sollte, zu überrascht war er von der Nachricht. Shiro war tot? Das kam...unerwartet. Sicherlich hatte er Astaroths und schließlich die Präsenz seines Vaters in Assiah gespürt und konnte sich sofort denken, weswegen oder besser gesagt wofür sie hier waren, aber das es so weit kommen würde, hätte er nicht gedacht. Zwar war das Siegel langsam dabei gewesen zu zerbrechen, sodass es ihn nicht weiter überraschte, als er Rins Erwachen spürte und noch weniger, als das von ihm erschaffene Siegel endgültig zerstört wurde, aber es warf dennoch Fragen auf. Wie hatten sie Rin gefunden? Hatte er sich irgendwie verraten oder war es Zufall gewesen? Er war der einzige seiner Brüder, der nicht an der Suche nach dem Nephilim beteiligt gewesen war, daher wusste er nicht, wie sie vorgegangen waren. Es war ohnehin überraschend, dass sie tatsächlich so lange gebraucht hatten, um den Halbdämonen aufzuspüren, andererseits hatte er sie immer wieder von Fährte abgebracht. Umso seltsamer jedoch, dass sie offenbar versagt hatten. Als Paladin war Shiro sicherlich in der Lage gewesen, sich zumindest für eine Weile gegen Astaroth zu verteidigen, aber ihn zu besiegen und dann sogar Satan zu vertreiben, war eine ganz andere Liga. Ein Teil von ihm war beeindruckt, der andere war dagegen war...

 

Er hielt inne, nicht sicher, was dieses Gefühl genau war, doch es wurde ihm schnell bewusst: Trauer. Er empfand Trauer für einen Menschen. Der Dämon lachte bitter auf und fasste sich mit einer Hand an die Stirn. Zu Beginn konnte er Shiro nicht mal leiden und jetzt? ‚Scheint als wäre ich wirklich tief gefallen. Ausgerechnet ich freunde mich mit einem Sterblichen an...und dann ist es auch noch der Paladin, der Dämonen früher gehasst hat.‘, dachte er kopfschüttelnd. ‚Assiah hat mich schwach gemacht...‘ Von vornherein war ihm klar gewesen, dass er Shiro überleben würde und er hatte immer versucht, sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen, stattdessen schwirrten nun immer mehr Fragen durch seinen Kopf. Wie konnte es dazu kommen? Hatte sein Vater wirklich die Beherrschung verloren und Shiro umgebracht oder war es Astaroths Schuld gewesen? Und noch viel wichtiger: Wie viel hatte Rin wohl gesehen? Kaum dachte er an den Nephilim, begann er, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Nach der Sache mit Azazels Mutter, würde er niemanden wünschen, ein Elternteil oder generell jemanden, dem man nahe stand, sterben zu sehen und hatte ihm zudem nicht gerade den besten Eindruck von Dämonen vermittelt. Davon abgesehen kamen einige Probleme durch den Tod des Paladins dazu. Die Ritterschaft würde zweifellos eine Untersuchung einleiten, dabei früher oder später auf Rin stoßen und die richtigen Schlüsse ziehen. Sie würden seinen kleinen Bruder töten. Das würde er nicht zulassen. Yukio sollte als Mensch keine Schwierigkeiten haben, es gab viele Exorzisten mit Dämonenblut, aber ihm lief die Zeit davon. Er musste möglichst schnell alle Spuren verwischen, Rin einsammeln und Shiros Beerdigung organisieren, dabei hatte er noch nie eine organisiert, so seltsam es bei seinem Alter vielleicht klang. Sein klingelndes Handy riss ihn aus seinen tristen Gedanken. Zuerst wollte er es ignorieren, aber als er sah, wer ihn anrief, nahm er seufzend an. Wahrscheinlich waren sie schon auf seine Rolle in dieser Sache gekommen, also brachte er es wohl besser hinter sich. „Hallo Lucifer. Ich nehme an, du hast es ebenfalls gespürt?”, begann er ohne Umschweife, allerdings war es nicht die Stimme seines Bruders, die ihm antwortete. „Schwing sofort deinen Arsch her, Samael. Wir haben zu reden.”, ertönte die kalte Stimme seines Vaters, welche kaum unterdrückten Zorn enthielt. „Ja, Vater.”, war alles, was der Zeitkönig nach einem kurzen Schlucken hervorbringen konnte, bevor Satan ohne ein weiteres Wort auflegte. ‚Ich bin tot...‘

 

 

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Astaroth saß dieses Mal wirklich in der Klemme. Zweimal hatte er dabei versagt, seinen kleinen Bruder nach Hause zu holen und hatte ihn stattdessen nur verstört und wohl Albträume für den Rest seines Lebens gegeben. Immerhin hatte sein Vater genauso wenig Erfolg gehabt und ihm mindestens genauso sehr traumatisiert, aber die Erleichterung, dass er wohl doch nicht so unfähig war, hielt nicht lange. Satan rauchte buchstäblich vor Wut, weswegen nicht nur die Flammen in den Feuerkörben höher als sonst loderten, sondern sich dieses Mal sogar an der Wand hinter seinem Thron entlang zogen. Unwillkürlich musste er an die blaue Nacht denken und schluckte schwer. Auch wenn Assiah damals so gut wie alles abbekommen hatte, wollte er wirklich keine Wiederholung. Sein Vater war einfach zu unberechenbar, wenn er richtig wütend war. Seinen Geschwistern schien es nicht anders zu gehen, sie alle hielten einen auffälligen Abstand zu dem zornigen Dämonengott. Nachdem sie mitbekommen hatten, was passiert war, waren sie aus ihren Gebieten angereist, sogar Lucifer war aus Assiah gekommen, aber bisher wagte niemand, etwas zu sagen. Schließlich ergriff Satan das Wort. „Wo ist Samael?”, presste er hervor und trommelte mit seinen Fingernägeln ungeduldig auf den Armlehnen seines Thrones. Zuerst waren sie nicht sicher, ob er mit ihnen oder sich selbst redete, glücklicherweise erledigte sich das Problem von selbst, als sich die Türen öffneten und der Zeitdämon den Saal betrat. Man konnte sowohl sehen als auch spüren, wie der Dämonenherrscher noch wütender wurde. Jetzt war es wohl an der Zeit, sich nach Deckung umzusehen.

 

 

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Schon beim betreten des Palastes wurde deutlich, dass Satan furchtbare Laune hatte. Statt den üblichen Gesprächen zwischen Bediensteten und Wächtern herrschte Totenstille und die Gänge waren wesentlich leerer als sonst. Offenbar hatten sie sich in andere Teile des Palastes zurückgezogen, wo sie nicht Gefahr liefen, auf einen wütenden Dämonengott zu treffen. Samael fühlte sich derweil wie beim Gang zum Galgen. Sicher, es war seine eigene Schuld und ihm war klar gewesen, dass es früher oder später herauskommen würde, aber das tröstete ihn absolut nicht. Als er schlussendlich vor den Türen des Thronsaals stand, konnte er bereits die Wut seines Vaters spüren und musste unwillkürlich erneut schlucken. Ein kleiner Teil hatte immer noch gehofft, dass er nur wütend war, weil Rin ihm entwischt war und er ihn sehen wollte, um die weiteren Schritte zu besprechen, doch inzwischen war er mehr als sicher, dass sein Vater sein Spiel durchschaut hatte. Die Wachen warfen ihm einen kurzen Blick zu und überlegte wahrscheinlich schon, wie die Beerdigung aussehen würde, dann öffneten sie die Türen und er betrat widerwillig den riesigen Thronsaal. Bereits jetzt spürte er den bohrenden Blick seines Vaters und seiner Geschwister, aber auch die Flammen in den Feuerkörben gewannen an Intensität. Großartig, wenn Satan erst fertig war, konnte sich seine Brüder weiter austoben und anschließend um seine Überreste kümmern. Der Weg erschien ihm so viel länger als sonst, vor allem da er acht wütende Augenpaare auf sich spürte, welche er ausnahmsweise nicht ignorieren konnte. Dennoch gelang es ihm, seine Nervosität zu verbergen, was angesichts seiner Situation eine beachtliche Leistung war. Endlich hatte er es zum Podest geschafft und kniete vor seinem Vater nieder. Eine erdrückende Stille erfüllte den Raum, lediglich das Knistern der Flammen war zu vernehmen und er rechnete bereits damit, sie jeden Moment auf sich zukommen zu sehen. „Samael, steh auf.”, verlangte Satan mit donnernder Stimme. Sofort kam er der Aufforderung auf, immerhin wollte er keinen spontanen Feuertanz aufführen müssen. Allerdings bestand durchaus die Gefahr, dass dies noch kommen würde. „Du wolltest mich sehen, Vater?”, sagte er in einem möglichst ruhigen Tonfall, während er sich gedanklich bereits all seine Ausreden zurecht legte. Nicht, dass die viel bringen würden, aber einen Versuch war es wert. Allerdings unterstand er sich, zu fragen, ob etwas passiert war. Wahrscheinlich würde der Dämonenherrscher dies momentan als Provokation sehen. „Ja. Ich nehme an, du weißt, weswegen ich dich gerufen habe?”, antwortete sein Vater in einem ebenfalls ruhigen Tonfall, doch dies war keinesfalls Anlass für Erleichterung. Tatsächlich konnte ein ruhig sprechender Satan schlimmer als ein schreiender sein. So oder so bekam man stets den selben Blick, der einem sogar ein schlechtes Gewissen gab, wenn man nichts ausgefressen hatte. Er beschloss, dass es nichts bringen würde, zu lügen oder sich dumm zu stellen, also begann er vorsichtig sich heranzutasten. „Nun, sowohl du als auch Astaroth waren in Assiah unterwegs und Shiro Fujimoto ist tot-”

 

„Jetzt wag es nicht, drum herum zu reden-”, begann Egyn, nur um zu verstummen, als sein Vater ihm einen kurzen, scharfen Blick zuwarf. „Ja, das ist wahr. Und du kannst dir sicher denken, weswegen wir dort waren, nicht wahr?”, zischte der Weißhaarige bedrohlich. Jetzt gab es wohl keinen Ausweg mehr. „Vermutlich weil Rin sich in der Obhut von Shiro Fujimoto befand und ihr ihn holen wolltet?”, sagte er vorsichtig und bereitete sich darauf vor, dass der Dämonenherrscher explodierte. Er wurde nicht enttäuscht. „VERMUTLICH?!”, wurde er angeschrien und tatsächlich warf Satan mehrere Flammen auf Samael, denen er gerade so ausweichen konnten. Ein wenig fassungslos schaute der Baal seinen Vater an. Er warf zwar des Öfteren mit seinen Flammen nach ihnen, aber immer so, dass es sie nicht traf! Als er jedoch den Gesichtsausdruck des Dämonenherrschers bemerkte, blieben ihm sämtliche Proteste im Halse stecken. „DU WUSSTEST GANZ GENAU, WO ER IST UND HAST ES UNS ALL DIE JAHRE VERHEIMLICHT! IST DIR ÜBERHAUPT KLAR, DASS DIES ALS VERRAT GEWERTET WERDEN KANN?!”

 

„Ja, aber-”, versuchte er die Situation zu retten, wurde allerdings von einem erneuten Flammenwall unterbrochen. „WAGE ES JA NICHT, MICH ANZULÜGEN ODER DICH RAUSZUREDEN!”, donnerte der Dämonengott, während seine Flammen immer höher schlugen. „TICKST DU EIGENTLICH NOCH GANZ RICHTIG?! IST DIR ÜBERHAUPT KLAR, IN WAS FÜR GEFAHR DU IHN GEBRACHT HAST?!”

 

„Er-”, setzte der Zeitdämon an, um die Frage zu beantworten. „JETZT REDE ICH!”, fauchte Satan sofort. Gut, dann war das wohl eine rhetorische Frage gewesen. Ihr Vater war aber auch schwer einzuschätzen. „Von allen bescheuerten Ideen, die du jemals hattest, ist das ja wohl die Höhe!”, schimpfte dieser und Samael war sich sicher, dass sogar die Bediensteten in den nächsten Räumen es hören konnten, von den Wachen vor der Tür mal ganz zu schweigen. „Was sollte das überhaupt?! Ich schwöre, wenn es etwas mit ihrer Abstammung zu tun hat-”

 

„Damit hatte es nichts zu tun!”, protestierte der Zeitkönig ein wenig beleidigt. Ja, er war wie auch der Rest anfangs eher weniger begeistert über den Zuwachs gewesen, aber als ob er deswegen sorgen würde, dass sie bei einem Exorzisten landeten! „Und was war dann der Grund?”, fragte Satan giftig. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass es Ärger geben würde, wenn ihm die Antwort nicht gefiel. Vielleicht wäre es besser gewesen, sein Testament zu machen, bevor er herkam. „Nun ja, ich wollte die beiden ungern voneinander trennen, immerhin hatte nur Rin deine Kräfte.”, begann er langsam. Das war sogar nicht mal gelogen, er hatte sich damals ziemlich den Kopf zerbrochen, wie er das lösen sollte. Zwillinge zu trennen, war nie eine gute Idee, selbst wenn nur einer dämonische Kräfte besaß. „Und...ich dachte, dass es ganz interessant wäre-” Damit explodierte das Pulverfass. „Interessant?! INTERESSANT?!”, schrie der Dämonenherrscher aufgebracht und die Flammen um ihn herum schlugen höher denn je. „Das sind deine jüngeren Brüder und keine Versuchstiere! Ist dir überhaupt ansatzweise klar, was du getan hast?! Yukio ist Exorzist und Rin hasst uns, weil dieser Tag so beschissen verlaufen ist, wie ich es nie für möglich gehalten hätte! Erst hielt Astaroth es für eine ganz tolle Idee, zu versuchen ihm eine glühende Eisenstange in die Augen zu pressen, um seine Flammen hervorzuholen und dann durfte er noch zusehen, wie Fujimoto sich selbst getötet hat, weil ich von ihm Besitz ergriffen hatte!” Astaroth zog sofort den Kopf ein, während die restlichen Baal Blicke wechselten. Samael beschloss, vorerst nicht nachzufragen, was genau passiert war, sonst würde sein Vater ihn wohl wirklich noch einäschern. Allerdings erklärte es einiges, auch wenn ihn das Verhalten des jüngeren Baals überraschte. Astaroth war oft voreilig, doch zu versuchen Rin zu verstümmeln, war ein hartes Stück, mal ganz abgesehen davon, dass er zusehen musste, wie sich sein Adoptivvater tötete. Das war alles ganz und gar nicht verlaufen wie es sollte. „Oh, keine Sorge, Astaroth blüht auch noch einiges!”, fauchte Satan plötzlich und ließ sowohl Astaroth als auch Mephisto zusammenzucken. Hatte er soeben wirklich seine mentalen Barrieren gelockert? Was für ein peinlicher Anfängerfehler, allerdings war der Dämonenherrscher lange noch nicht fertig. „Und obendrein hat Fujimotos Tod die Aufmerksamkeit der Exorzisten auf sich gezogen, es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die beiden entdecken! Yukio mag vielleicht sicher sein, aber Rin werden sie ohne Fragen zu stellen hinrichten!”

 

„Nicht unbedingt. Bisher obliegt die ganze Angelegenheit der japanischen Zweigstelle, also werde ich die Sache persönlich in die Hand nehmen und der Vatikan wird nie etwas erfahren.”, versicherte Samael hastig. „Oh Nein, du lässt die Krallen von ihm!”, zischte Beelzebub und seine Augen blitzten gefährlich. „Du hast schon genug Schaden angerichtet!”

„Abgesehen davon ist es weniger verdächtig, wenn wir ihn holen. Wenn du es tust, wird am Ende noch irgendein Exorzist misstrauisch.”, ergänzte Lucifer und der Rest nickte. „Natürlich, vor allem da die letzte Rückholaktion so gut geklappt hat.”, antwortete Samael trocken und wandte sich erneut an seinen Vater, bevor es zum Streit kam. „Bitte vergib mir, Vater. Allerdings denke ich, dass es vielleicht nicht die schlechteste Entscheidung war-”

 

„Hör auf, dich rauszureden-”, setzte Iblis an, doch verstummte, als Satan eine Hand hob. „Erkläre dich.”, verlangte er knapp und der Zeitkönig erlaubte sich einen Moment der Erleichterung. „Die meisten Nephilim haben nie die Chance, beide Seiten auszuleben, Rin dagegen hatte die Gelegenheit. Ja, die Sache hätte besser laufen können, aber was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe es jedenfalls nicht mit der Intention getan, dich zu verraten und ich habe all die Jahre auf beide Acht gegeben.”

 

„Mich würde mal interessieren, ob du uns damals die Wahrheit bezüglich Malphas gesagt hast.”, mischte sich unerwartet Azazel ein und sah seinen älteren Bruder mit verengten Augen an. „Unsere Untersuchung hat ergeben, dass er für Lilith gearbeitet hat und in Assiah war. Das hatte nicht zufällig etwas mit Rin zu tun, oder?” Samael verkniff es sich, die Zähne zu blecken. Azazel mochte zwar nicht besonders aufmerksam wirken, aber dumm war er auf keinen Fall. Dass ihm öfter Dinge auffielen, die anderen entgingen, konnte Fluch und Segen zugleich sein. „Nun, was das betrifft...”

 

 

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Eine knappe Stunde später konnte der Baal endlich den Thronsaal verlassen und war wieder in seinem Büro in Assiah, glücklicherweise ohne Brandspuren. Zwar waren sowohl sein Vater als auch seine Geschwister extrem wütend und er war gezwungen gewesen, den Zwischenfall mit Malphas zu beichten, aber immerhin war es ihm schlussendlich erlaubt worden, Rin einzusammeln. Zunächst sollte er dies sofort tun, allerdings war es ihm schlussendlich gelungen, sie davon zu überzeugen, bis nach Shiros Beerdigung zu warten. Er sollte die Gelegenheit bekommen, sich von dem Mann, der ihn aufgezogen hatte, zu verabschieden. Abgesehen davon wäre er sicher umso wütender auf sie, wenn sie ihm nicht einmal gestatteten, an der Beerdigung teilzunehmen. Danach würde alles schnell gehen: Er würde den Nephilim konfrontieren und behaupten, er wäre geschickt worden, um ihn zu töten. Es war unwahrscheinlich, dass Rin sie angreifen würde, er würde keine Unschuldigen verletzen wollen und falls doch, konnte er ihn jederzeit schnell überwältigen. Danach würde er ihn an einen Ort bringen, wo es keine Zeugen gab, noch immer unter der Illusion ihn töten zu wollen und von dort aus konnte er ihn direkt nach Gehenna schicken. So würde keiner der Exorzisten Verdacht schöpfen, Rin würde keinen bis wenigen Widerstand leisten und seine Familie wäre wieder etwas besänftigt. Sicherlich würde es nicht einfach für seinen kleinen Bruder sein, aber früher oder später würde er die Situation schon akzeptieren. Zuerst musste er allerdings die Beerdigung organisieren und das möglichst schnell. Mit einem Seufzen griff er nach dem Telefonhörer auf seinem Schreibtisch und wählte eine Nummer. „Belial, sei so gut und sage sämtliche Termine für die nächsten zwei Tage ab. Es ist einiges dazwischen gekommen.”

 

 

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Samael hasste Beerdigungen. Aufgrund der Unsterblichkeit von Dämonen, sollte man meinen, dass es sowas nicht oft in Gehenna gab, aber er war schon zu so vielen gewesen. Mehrere Beerdigungen seiner Stiefmütter, ein paar Verwandte, einige Freunde und sogar einmal in seiner Schulzeit als jemand aus seiner Klasse Suizid begangen hatte. Letzteren hatte er kaum gekannt, allerdings war es ein genauso deprimierendes Gefühl gewesen. Dieses Mal hielt er sich jedoch im Hintergrund und beobachtete das ganze aus der Entfernung. Er würde dank seines Aussehen und seinen Begleitern zu sehr hervorstechen, allerdings wollte er den Überraschungsmoment auf seiner Seite. Dank seines scharfen Gehörsinns konnte er ohnehin das meiste verstehen, was gesagt wurde. Glücklicherweise war er es nur eine kleine Runde, bisher hatte man es irgendwie geheim halten können, dass der Paladin tot war. Je weniger Leute hier waren, umso geringer war die Gefahr, dass jemand mitbekam, was hier in Kürze passieren würde. Unwillkürlich fragte er sich, ob der Vatikan bereits entschieden hatte, wer der neue Paladin werden würde. Kandidaten gab es einige und er hoffte wirklich, dass es kein Dämonenhasser wurde. Er hatte während seiner Zeit bei der Ritterschaft mit Exorzisten aus verschiedensten Kulturen und Verhältnissen gearbeitet, darunter auch viele Paladine und dass er selbst ein Dämon war, hatte es ihm nicht immer leicht gemacht. Zwar war es ihm relativ egal, was andere von ihm dachten, wenn man jedoch einen derartig hohen Exorzist zum Feind hatte, konnte es ziemlich nervig werden. Momentan galt seine Aufmerksamkeit jedoch vor allem Rin, welcher nur mit gesenktem Kopf in der kleinen Menge stand. Auf dem Rücken hatte er Kurikara, das würde er ihm eventuell abnehmen müssen, bevor es zu irgendwelchen Eskalationen kam. Schließlich war die Beerdigung vorbei und sie beobachteten, wie alle den Friedhof verließen, bis Rin allein im strömenden Regen zurückblieb. ‚Immerhin muss ich mich nicht mit Yukio rumärgern.‘, stellte der Zeitkönig erleichtert fest. Der jüngere Okumura Zwilling konnte wirklich anstrengend sein und wenn er mitbekam, dass er Rin mitnehmen wollte, würde es wahrscheinlich doch noch zum Kampf kommen. ‚Dann bringen wir es wohl schnell hinter uns.‘ Stumm nickte er den Exorzisten zu, das Zeichen, dass sie sie den jungen Nephilim einkreisen sollten. Dieser bemerkte es nicht und hatte stattdessen ein Handy hervorgeholt. Nur wenige Sekunden darauf klingelte das des Baals. ‚Shiro muss es ihm vor seinem Tod gegeben haben...Hätte mich dieser Sturkopf von einem Paladin eher angerufen, hätte ich eingreifen können und er wäre vielleicht noch am Leben.‘, kam es ihm unbewusst in den Sinn, doch er schob den Gedanken beiseite. Es war Showtime und er durfte sich keinen Fehler erlauben. Rin hatte nun die Exorzisten bemerkt und sah sich um, sichtlich verwirrt. Vermutlich hatte Shiro keine Gelegenheit gehabt, ihn von der Existenz der Ritterschaft zu berichten, andernfalls hätte er wohl bereits versucht, den Rückzug anzutreten. „Freut mich, von dir zu hören, Rin Okumura.”, sagte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war schon irgendwie niedlich, wie planlos der jüngere Dämon dreinschaute. „Ich bin Mephisto Pheles, ein alter Freund von Vater Fujimoto.”, fuhr er fort und legte den Anruf auf. „Ich möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen.” Zwar sagte er letzteres in seinem typischen Tonfall, jedoch meinte er wirklich ernst. Rin reagierte nicht darauf, sondern sah ihn verwirrt an. „Du...bist du...ein Exorzist?”, fragte er unsicher, offenbar noch immer von seinem plötzlichen Auftauchen überrascht. „Nun, wir sind die Heiligkreuz-Ritterschaft.”, gab der Zeitdämon grinsend zur Antwort. Es mochte sein, dass er die Ritterschaft schon vor Jahren infiltriert hatte, aber er hatte sich bis heute nicht dazu bringen können, sich als Exorzist zu bezeichnen. Er war ein Baal, ein Dämonenkönig Gehennas und daran würde keine Infiltration jemals etwas ändern. "Ehrenritter" oder "Ehrenmitglied" war das einzige, was er ab und zu verwendete, alles andere war ihm zuwider. Sollte man ihn ruhig engstirnig nennen, er hatte eben seinen Stolz als Dämon! „Pater Fujimoto hat gesagt, das Sie mich beschützen würden.”, sagte Rin langsam, schien sich allerdings nicht wirklich wohl in seiner Haut zu fühlen. ‚Interessant...er scheint bereits zu spüren, dass etwas faul ist. Seine Instinkte prägen sich schneller aus, als gedacht. Vielleicht spürt er sogar, dass ich ein Dämon bin, auch wenn er es noch nicht zuordnen kann.‘, überlegte Mephisto und war zugegebenermaßen mehr als zufrieden mit dieser Entwicklung. ‚Sie werden so schnell erwachsen.~‘ Beinahe tat es ihm leid, seine Hoffnungen augenscheinlich zu zerstören. „Nun, ich bin Ehrenmitglied der Ritterschaft, und als solches trage ich Verantwortung. Mein Grundsatz ist es, öffentliche und private Interessen strikt zu trennen. Du bist ein Sohn Satans, daher muss ich dich eliminieren, bevor du zu einer Bedrohung für die Menschheit wirst.”, erklärte er im Plauderton, Rin genau beobachtend. Dieser schien mit allem gerechnet zu haben, jedoch nicht hiermit. „Dir bleiben genau zwei Möglichkeiten! Entweder du lässt dich von uns töten oder du tötest uns und fliehst. Obwohl...Selbstmord wäre ja auch noch möglich, daher sind es drei. Also...was würde dir am ehesten zusagen?~” Wie erwartet hatte sich Rins Gesicht verhärtet und verschiedenste Emotionen tobten in ihm: Enttäuschung, Überraschung, Schock, Verwirrung, Wut und ein kleiner Funken von Angst, allerdings auch Trotz und Entschlossenheit. Aus seinen genaueren Gedanken hielt er sich vorerst raus, er wollte nicht, dass er am Ende noch irgendwie merkte, was er tat und erst recht etwas unüberlegtes versuchte. Die Wahrscheinlichkeit, dass er es merken würde, war zwar gering, aber durchaus vorhanden. Er bereitete sich darauf vor, dass der Nephilim einen Kampf begann oder sich fügen würde, doch was dann kam, erwischte ihn im Kalten. „Mach mich zu einem von euch!” Zum ersten Mal seit langem, klappte dem Zeitdämonen der Mund auf und seine Augen weiteten sich. Er hatte sich doch sicher verhört oder der Schock ließ seinen Bruder Unsinn von sich geben, aber Rin war noch nicht fertig. „Mir ist egal, wie du das siehst, aber ich bin nicht der Sohn Satans! Ich hatte nur einen Vater...Vater Fujimoto!” Gut, dass ihr Vater nicht mithörte, sonst würde er wohl persönlich aus Gehenna anrücken und den Nephilim am Schweif nach Hause ziehen. „Du willst Exorzist werden? Aber wozu?”, fragte er, bemüht nicht laut los zu lachen und noch immer unsicher, was er davon halten sollte. „Um Satan in den Arsch zu treten!”, kam die Antwort, welche ihn endgültig die Beherrschung verlieren ließ. Die Exorzisten glaubten, Dämonen wären nicht dazu in der Lage Emotionen zu empfinden und er ließ sie meist in dem Irrglauben. Sollten sie es weiterhin glauben, er würde sich nicht die Blöße geben, ihnen zu zeigen, was er wirklich empfand und dachte, doch dieses Mal warf er diese Einstellung über Bord. Er brach in schallendes Gelächter aus, welches zur Abwechslung kein schadenfrohes war. „Ha! So gut habe ich lang nicht gelacht!”, prustete er hervor. Sein Baby Bruder wollte ihrem werten Herr Vater in den...? Sein Lachkrampf verstärkte sich erneut, als er sich es vorstellte. „Was ist daran so lustig?! Dein ganzer Aufzug, der ist lächerlich!”, entrüstete sich der Halbdämon empört, aber der Baal ignorierte ihn. War dem Jungen überhaupt klar, was er verlangte? „Denk doch mal nach!”, kicherte er vergnügt, was Rin nur noch frustrierter machte. „Was denn?!”, fauchte er und wies dabei eine unverkennbare Ähnlichkeit zu ihrem Vater auf. Er schaute genauso, wenn er frustriert war. Natürlich würde er sich hüten, Rin dies mitzuteilen. „Der Sohn Satans...will Exorzist werden...” Diese Vorstellung allein war absolut lächerlich! Ja, er gehörte momentan selbst zu den Exorzisten, aber er infiltrierte sie nur, während sich sein naiver kleiner Bruder tatsächlich diesem Sekten Verein anschließen wollte. Wenn er nur wüsste, dass die Exorzisten keineswegs die Helden waren, als die sich gerne ausgaben. Sie konnten ruchloser als Dämonen sein, das hatten sie immer und immer wieder bewiesen. Nun da er sich allerdings wieder beruhigt hatte, dachte er über die Worte des jüngeren nach. Diese Idee hatte durchaus Potenzial, eines der interessanten Spiele zu sein, die er seit seiner Ankunft in Assiah beobachten durfte! Außerdem konnten man daraus vielleicht tatsächlich einen Vorteil ziehen. Rin ließ es sich nicht anmerken, aber er war in einem verwundbaren Zustand und die Nacht von Shiros Tod hatte ihre Spuren hinterlassen. Wenn er ihn jetzt nach Gehenna brachte, bestand durchaus die Gefahr eines Nervenzusammenbruchs oder schlimmeren und er war nicht sicher, ob er sich davon erholen konnte. Gab man ihm allerdings etwas mehr Zeit, das Geschehene zu verarbeiten, könnte dies vermieden werden. Abgesehen davon würde er sich dann selbst ein Bild von den Exorzisten machen können und würde eventuell sogar selbst erkennen, dass sie mehr als fehlerhaft waren und die ganzen Vorurteile gegen Dämonen nicht gerechtfertigt waren. Allerdings würden sein Vater und seine Brüder durchdrehen, wenn er wieder die Abmachung änderte. Er beschloss, es zu riskieren. Falls Satan seine Idee ablehnte und wirklich darauf bestand Rin nach Gehenna zu holen, konnte Samael ihn immer noch in den nächsten Tagen hin schicken. Immerhin hatte Shiro ihn als Vormund für die Zwillinge festgelegt, sollte ihm jemals etwas passieren. Er konnte ihn also genau im Auge behalten und sicherstellen, dass keine Exorzisten an ihn herankamen, bis ihr Vater seine Entscheidung gefällt hatte. „Klingt irgendwie kurios!”, grinste er, als würde er immer noch überlegen. „Wieso eigentlich nicht!”

 

„Aber, Herr Pheles!”, protestierte einer seiner Untergegeben, was er erneut gekonnt ignorierte. Sollten sie sich ruhig beschweren, sie würden es schon akzeptieren, immerhin war er derjenige, der ihre Gehaltschecks unterschrieb. „Heißt das, ich darf?!”, entfuhr es Rin überrascht und der ältere Dämon nickte. „Aber der Weg, den du gewählt hast, ist schwierig und viele Hürden werden auf dich warten. Wenn du ihn trotzdem gehen willst, dann...”, begann er, um zu testen, wie entschlossen der jüngere tatsächlich war, doch wurde unterbrochen. „Ich bin weder Mensch noch Dämon! Und deshalb werde ich Exorzist!”, verkündete Rin entschlossen und erneut musste sich der Baal ein Grinsen verkneifen. Er war entschlossen, das musste man ihm lassen. Jetzt bleib nur abzuwarten, was ihr Vater dazu sagte.



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