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Wenn das Schicksal zum Verräter wird

von

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Gefühlschaos und Alpträume

Bereits beim Frühstück bemerkte Takehito sofort Manamis Gedankenversunkenheit. Dass sie in ihren Gedanken versunken war, war in den letzten Tagen und Wochen nichts Ungewöhnliches für ihn. Seit das junge Mädchen und er in Kyoto waren und das scheinbar langweilige Leben von Yumi und Junichiro führten, war sie sehr oft in Gedanken versunken.
 

Und seit das Thema Subaru Okiya permanent zwischen ihnen stand noch viel mehr.
 

Doch an diesem Morgen war es irgendwie anders.
 

Schon nach dem Aufstehen machte sie einen völlig zerstreuten und gedankenverlorenen Eindruck. Essen wollte sie nichts... Und dann wäre sie auch beinahe, hätte er sie nicht nett darauf hingewiesen, in ihrem Schlafanzug zur Schule gegangen.
 

Etwas musste ihr wirklich zu schaffen machen. Zu gerne hätte Takehito sie gefragt. Doch er war sich nicht sicher ob sie ihm nach dem Streit gestern überhaupt antworten würde...
 

Auch auf dem Weg zur Schule hielt Manamis Schweigen und Gedankenversunkenheit an.
 

Der junge Meisterdetektiv wagte nicht sie anzusprechen. Aufgrund der letzten Ereignisse hielt er es für besser sie in Frieden zu lassen. Er wollte darauf warten, dass sie von selbst ihr Schweigen brach.
 

Doch als das junge Mädchen fast eine rote Ampel übersehen hätte, während sie so in Gedanken versunken war, begann er sich ernsthaft Sorgen zu machen. Noch bevor sie von einem der vorbeifahrenden Autos erfasst werden konnte, packte er sie geistesgegenwärtig unsanft am Arm und zerrte sie zurück auf den Fußweg. In diesem Moment fuhr Manami ein wahnsinniger Schreck durch ihre Glieder.
 

Aufgebracht rief Takehito: „Sag Mal, kannst du nicht etwas besser aufpassen?"
 

Zu Tode erschrocken riss sie sich von ihm los und brüllte: „Warum musst du mich so am Arm packen?"
 

Er sah sie verwundert an. Scheinbar hatte sie gar nicht mitbekommen was beinahe geschehen wäre. Offensichtlich hatte sie alles um sich herum völlig ausgeblendet.
 

Mürrisch entgegnete er: „Was ist los mit dir? Hast du das eben überhaupt nicht mitbekommen? Die Ampel war rot als du die Straße überqueren wolltest! Wenn ich dich nicht von der Straße gezogen hätte, wärst du wahrscheinlich von einem Auto angefahren wurden. Wäre dir das vielleicht lieber gewesen?"
 

Sie antwortete nichts. Ängstlich wandte sie ihren Blick von ihrem Freund ab. Nun war ihm erst recht klar, dass ihr irgendetwas zu schaffen machte. Doch was nur? Was war geschehen? Hatte er vielleicht irgendetwas übersehen?
 

„Ich halte es hier einfach nicht mehr aus. Das ist alles. Wenn ich könnte, würde ich sofort von hier verschwinden. Noch in diesem Augenblick. Naja, früher oder später wird das ohnehin passieren...", murmelte sie leise, aber auch mit einem traurigen Unterton in ihrer Stimme, vor sich hin.
 

Was war nur plötzlich ihr Problem? Es konnte nicht einzig und allein daran liegen, dass er ihr bezüglich Subaru Okiya keinen Glauben schenkte. Da musste noch etwas anderes dahinter stecken. Doch was nur? Vernebelten ihr so langsam die Gedanken an Subaru den Verstand?
 

Der wachsame Schülerdetektiv machte sich ernsthaft Sorgen um seine beste Freundin, die er aktuell überhaupt nicht mehr wieder erkannte. Machte sie nur wieder einen ihrer dummen Scherze oder meinte sie es dieses Mal wirklich ernst?
 

Takehito war sich nicht sicher.
 

Dieses Mädchen war für ihn in den letzten Tagen völlig unberechenbar geworden. Es war, als würde ein völlig anderer Mensch aus ihr werden... Als wäre sie nicht mehr Manami Saitou, sondern würde sich mit jedem Tag, der verging zu Yumi Hirofumi entwickeln.
 

Mit jedem Schritt kamen sie der Senshin Oberschule näher. Von weitem war schon das Gelächter der anderen Schüler zu hören.
 

Manami seufzte.
 

Nun war es, wie jeden Morgen, wieder an der Zeit die Maske von Yumi Hirofumi aufzusetzen. Jeden Tag fiel ihr das schwerer und jeder Tag unter diesem Pseudonym machte für sie die Situation unerträglicher. Sie fühlte sich nicht mehr als Mensch. Nein. Das war sie schon lange nicht mehr. Sie war nur noch eine Kunstfigur...
 

Mit jedem Schritt beobachtete Takehito Manami ganz genau. Wieder war sie völlig in Gedanken versunken.
 

Und dann sprach er ihr ganz plötzlich aus der Seele: „Pass auf, die Sache ist die... Ich gehöre nicht hier her."
 

Verwundert sah sie ihn an. Was faselte er plötzlich für einen Unsinn?
 

„Wie?", hakte sie schließlich nach.
 

„Ich gehöre nicht hier her und ich muss schnellstens von hier verschwinden, damit ich niemand anderen in die ganze Sache mit rein ziehe. Sowas in der Art hast du doch gerade gedacht, nicht wahr?"
 

Das junge Mädchen, sichtlich ertappt, antwortete nichts. Das einzige, was sie von sich gab, war ein klägliches Seufzen. Dieser Krimifreak kannte sie wohl doch besser als sie dachte und als es ihr lieb war. Mit seiner Vermutung hatte er natürlich direkt ins Schwarze getroffen. Als Detektiv machte man ihm bei seinen Schlussfolgerungen so schnell nichts vor. Was hätte sie ihm also antworten sollen? Er hatte sie ohnehin schon längst durchschaut.
 

Doch noch ehe sie etwas antworten konnte, fuhr er bereits fort: „Mach dir keine Sorgen. Es ist doch eigentlich nur ein böser Traum, dass eine schwarze Organisation ungehindert im Verborgenen ihren kriminellen Machenschaften nachgehen kann und im Zuge dessen nach einer harmlosen Mittelschülerin suchen. Ich kenne auch niemanden, der so etwas glauben würde. Das ist doch der absolute Irrsinn. Auf so eine abgedrehte Idee würde wirklich niemand kommen. Wir müssen uns einfach nur weiter an meinen Plan halten und das Leben von Yumi und Junichiro Hirofumi führen. Dann sind wir sicher. Manami Saitou und Takehito Akanishi befinden sich aufgrund eines Schüleraustausches in Amerika. So einfach ist das. Solange wir uns als Yumi und Junichiro unauffällig verhalten, wird niemand auch nur den geringsten Verdacht hegen. Und wenn es hart auf hart kommt, wird mir bestimmt irgendwas einfallen."
 

Während die beiden ihren Weg zur Schule fortsetzten, dachte Manami: „Du hast ja keine Ahnung, Takehito. Ich bezweifle, dass du mit denen alleine fertig wirst. Wir brauchen nur einmal nicht aufzupassen... Das könnte unser Ende sein... Ja... Wenn... Wenn sie uns suchen kommen... Wie in meinem Traum... Irgendwo... In dieser Stadt."
 

Nachdem Manami selbst nach Takehitos Ansage noch immer so tief in Gedanken versunken war, reichte es ihm. Er konnte sich dieses Theater nicht länger mit ansehen. Wenn sie etwas bedrückte, dann sollte sie ganz einfach mit ihm darüber reden.
 

„Darf ich mal erfahren, was mit dir los ist? So kenne ich dich ja gar nicht!"
 

Erneut hatte er sie damit aus ihren Gedanken gerissen. Nun endlich sah sie ihn an und murmelte: „Ich hatte einen Alptraum, und zwar letzte Nacht..."
 

„Was hast du geträumt?", hakte er neugierig nach, wobei er froh war, dass sie endlich darüber zu sprechen schien, was sie seit dem Aufstehen belastete.
 

„Naja, dass Gin mich auf dem Heimweg von der Schule abpasst. Danach drängte er mich in eine Seitenstraße ab. Und zuerst hat er auf dich geschossen... Und dann schoss er immer weiter... Und alle fielen um... Einer nach dem anderen... Und das nur, weil sie mit mir zu tun hatten. Vielleicht hätte sie mich damals gleich an Ort und Stelle erledigen sollen... Das hätte uns viele Komplikationen erspart."
 

Das betrübte Mädchen war ganz offensichtlich völlig am Ende mit den Nerven. Ihre Angst vor der Organisation war so schon groß genug. Doch dieser Traum hatte es noch einmal etwas schlimmer gemacht.
 

Am liebsten hätte sie alles hin geschmissen und sich freiwillig in die Fänge der Organisation begeben. So würde sie sich einiges Leid ersparen und hätte es endlich hinter sich. Sie hatte grenzenlose Angst. Angst vor der Organisation. Angst vor dem was sie erwartete, sollten sie sie jemals finden. Und vor allem hatte sie Angst vor der Wahrheit. Die Wahrheit darüber welche Verbindung sie zu einer solchen Verbrecherorganisation hatte. Sie waren nicht ohne Grund hinter ihr her. So viel stand fest. Ihr Interesse an Manami bzw. Sherry musste einen tieferen Grund haben. Wenn sie diesen Grund doch nur wüsste. Dann würde es die ganze Sache vielleicht schon viel einfacher machen.
 

Dass eine Organisation bestehend aus skrupellosen Kriminellen nach ihr suchte, war für sie nicht einmal das Schlimmste. Viel schlimmer war die Ungewissheit. Nicht zu wissen, weshalb sie von ihnen gesucht wurde, war für das junge Mädchen einfach unerträglich. Und einen weiteren bitteren Beigeschmack verursachte die unbeschreibliche Angst, die sie jeden Tag, bei jedem Schritt den sie tat, begleitete. Seit sie von der Organisation wusste und wusste, dass sie hinter ihr her waren und dass sie allem Anschein nach Sherry war, konnte sie keinen Tag mehr ohne Angst leben.
 

In den letzten Wochen durchlebte das junge Mädchen immer wieder eine Achterbahn der Gefühle.
 

Es gab Tage an denen hätte sie am liebsten alles hin geschmissen. Wo sie sich am liebsten freiwillig in die Fänge der Organisation begeben hätte, um es endlich hinter sich zu haben. Um dem ganzen Spuk endlich ein Ende zu setzen.
 

An anderen Tagen wiederrum fühlte sie sich so stark, dass sie immer wieder dachte es würde alles schon irgendwie gut werden. Alles würde sich zum Guten wenden und die Organisation würde nie herausfinden, dass sie Sherry ist.
 

Doch konnte sie sich da wirklich sicher sein?
 

Sie hatten wahrscheinlich gute Agenten in ihren Reihen, die spezialisiert auf Informationsbeschaffung waren. Es war nur eine Frage der Zeit ehe sie herausfinden würden, dass Manami Sherry war und dass sie sich ganz offensichtlich nicht in den USA aufhielt, auch wenn Takehito meinte, dass er dafür gesorgt habe, dass alle Spuren darauf hinwiesen.
 

Die Organisation war gerissen. Da war sie sich ganz sicher. Nicht ohne Grund konnten sie all die Jahre ihre Verbrechen im Verborgenen begehen, ohne auch nur eine einzige Spur für die Polizei zu hinterlassen.
 

Und wenn sie erst einmal herausfinden würden, dass sie sich gar nicht in den USA aufhielt, würde es auch nicht mehr lange dauern ehe sie ihre Fährte aufnehmen würden. Dann war es nur noch eine Frage der Zeit. Sie würden schneller als gedacht Takehitos Plan durchschauen. Yumi und Junichiro Hirofumi waren Kunstfiguren, die sich Takehito ausgedacht hatte, um den beiden etwas Zeit und Zuflucht zu verschaffen. Die beiden existierten gar nicht wirklich. Sie waren seiner Fantasie entsprungen. Man brauchte nur ein paar Nachforschungen anstellen und man würde sofort dahinter kommen, dass es sich bei den beiden um Manami Saitou und Takehito Akanishi handelte.
 

Und wenn die Organisation erst einmal so weit war... Dann wäre ohnehin alles vorbei. Selbst Takehito könne dann nichts mehr ausrichten.
 

Oder vielleicht doch?
 

Hatte er diese Möglichkeit eventuell schon in Betracht gezogen und sich für diesen Fall ebenfalls schon einen Plan zurecht gelegt? Zuzutrauen wäre es ihm. Aber warum sprach er darüber nicht mit ihr? Warum behielt er immer alles für sich? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Detektivspinner gewisse Sachen für sich behielt und ihr ganz bewusst nicht alles erzählte was er wusste. Doch warum nur?
 

Konnte sie ihm wirklich blind vertrauen?
 

Momentan hatte sie eigentlich keine andere Wahl. Von all diesen Gedanken war sie in den letzten Wochen geplagt.
 

Und als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, kam auch noch Subaru Okiya hinzu und brachte zunehmend ihre Gedanken noch mehr durcheinander. Er machte das Chaos in ihrem Kopf perfekt. Wieso verschwendete sie überhaupt nur einen einzigen Gedanken an ihn? Er konnte ihr doch völlig egal sein. Aber das war er nicht. Und das verwirrte sie noch viel mehr. Es musste einen Grund haben, weshalb sich das Mädchen so sehr zu ihm hingezogen fühlte. Vielleicht hatte er etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun. Wenn dem so war, dann konnte er ihr auch sicher Antworten auf ihre Fragen geben. Sie musste es herausfinden. Ein Versuch war es jedenfalls wert. Mehr wie schief gehen konnte es ja nicht. Möglicherweise würde sie dann endlich auch ihr Gefühlschaos in den Griff bekommen...



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