Sterne
"Was hältst du von Sternen?"
Die Stimme des Androiden durchbrach die Stille, die zwischen ihnen herrschte, und veranlasste Niles dazu, die Stirn zu runzeln und dem Kleineren einen Seitenblick zuzuwerfen.
Die eisblauen Augen blieben dabei einen Moment zu lang an den grauen Iriden von Gavin hägen.
"Sie sind einfach da. Ich hab noch nie groß über sie nachgedacht. Was hältst du denn von ihnen?"
Gavin hob den Blick Richtung Himmel und legte den Kopf etwas schief, die funkelnden Lichter über ihnen eingehend musternd, wie als sähe er sie zum ersten Mal. Dabei reflektiere das Licht in seinen Augen. Niles erwischte sich dabei, wie er den Anblick genoss.
"Viele Menschen empfinden sie als schön und romantisch. Mir... Also.. Der Gedanke von etwas, das so weit entfernt ist und dennoch hier als Licht zu sehen ist.. ist poetisch", antwortete der braunhaarige Android schließlich.
"Wirklich?", hakte er überrascht nach und schüttelte mit dem Kopf. "Da denkst du weiter als ich."
Gavin schmunzelte und drückte die Hand des Anderen.
"Du hast dich einfach noch nicht damit befasst."
"Es ist auch nichts, womit ich mich jetzt unbedingt befassen würde. Worüber denkst du sonst noch so nach?"
"Nur.. über andere Belanglosigkeiten, schätze ich." Die grauen Augen wichen ihm wieder aus, während er die Worte vor sich hin murmelte. Etwas, das er nicht definieren konnte, kam in ihm auf. Es war.. irritierend, über seine Gedanken zu reden. Durfte er sich überhaupt mit so etwas beschäftigen?
"Erzähl mir davon. Es interessiert mich."
Gavin hob überrascht den Blick und sah zu ihm auf. Dabei fühlte er sich aus seinen Gedanken gerissen und.. ertappt? So etwas hatte er noch nie erlebt.
"Wirklich? Ich frage mich manchmal, ob es irgendwann möglich sein wird, Katzen zu verstehen. Also sprachlich. Oder wie es ist zu fühlen. Wie Liebe funktioniert, damit ich den Katzen zumindest etwas schenken kann, was dem nahe kommt. Was passieren würde, wäre ich kein Android."
Niles sah ihn erstaunt an.
"Belanglos also? Du denkst unglaublich tiefgründig. Das ist wirklich beeindruckend. Es ist fast.. wie ein Kind, was die Welt verstehen möchte. Ich denke kaum noch über sowas nach. Wenn dann geht es in meinen Gedanken um Arbeit, oder etwas was das wirkliche Leben betrifft. Erzähl mir mehr. Denkst du auch manchmal über mich nach? Ich weiß, die Frage habe ich schon mal gestellt. Aber jetzt kennen wir uns länger."
Er spürte, wie seine Wangen blau anliefen und blinzelte, seine Diode pulsierte in einem ebenso sanften blau.
"Es ist unausweichlich, über dich nachzudenken. In letzter Zeit beschäftigt mich der Gedanke sehr, dich glücklich zu sehen. Wenn du bei den Katzen bist, lächelst du. Manchmal auch beim Essen. Ich.. Es ist schön, wenn du lächelst. Du solltest es öfter tun. Du verdienst es. Aber ich weiß nicht, wie ich dich dazu bringen kann." Er blinzelte wieder und kratzte sich nachdenklich über seine Narbe auf dem Nasenrücken, dabei die Hand des Detectives loslassend. Da war schon wieder diese aufkommende Verwirrung. Es war seine Aufgabe, für den Älteren zu sorgen, ja, aber warum wollte er es so sehr?
Nun blieb der Ältere einen Moment stehen und dachte ernsthaft über seine Worte nach.
"Sowas beschäftigt dich? Ich dachte eher, dass du mir jetzt erzählst wie unglaublich launisch ich sein kann." Er lächelte und schüttelte mit dem Kopf. "Das ist sehr aufmerksam von dir. Was du tust ist schon genug. Ich war noch nie so glücklich wie jetzt, denn sonst war ich immer einsam. Es ist schön dich bei mir zu haben."
Gavin blieb ebenfalls stehen und lächelte, als Niles es tat.
"Es ist schön, das zu hören. Und es tut mir leid, dass du es früher nicht warst.. Launisch bist du aber dennoch", neckte er anschließend. Er wusste nicht anders mit der Situation umzugehen. Solche Gespräche führten der Detective und er für gewöhnlich nicht – solche Gespräche führte Gavin generell nicht.
Niles hielt ihm wieder seine Hand hin und grinste leicht. "Werd nicht frech. Für meine Vergangenheit kannst du nichts. Aber gerade wegen ihr, will ich dass die Gegenwart und die Zukunft noch schöner werden. Ich will beweisen, dass aus mir etwas werden kann, trotz dieser Vergangenheit."
Gavin ergriff seine Hand.
"Daran habe ich keinen Zweifel."
