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Du mußt weitermachen, John!

von

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Bitte sofort!

John stand immer noch zitternd vor Zorn und Trauer vor der Wohnungstür in der Baker Street. Wie war er doch froh, dass Mrs. Hudson nicht hier war. Er hätte einfach nicht gewusst, wie er ihr hätte gegenüber treten sollen. Sein Verdacht gegen sie brachte ihn beinahe um und er fühlte sich furchtbar.
 

Außerdem stellte er sich die Frage, ob „Sherlock“ erscheinen würde, wenn er die Wohnung betrat. Es war verrückt, aber er sehnte sich danach, mit ihm, seinem eigenen Hirngespinst, die ganze Sache zu diskutieren. Andererseits fürchtete er sich davor. „Sherlocks“ Anwesenheit, auch wenn der nicht sprach, tat ihm gut und half ihm, klarer und fokussierter zu denken.
 

John seufzte. Er sehnte sich nach Sherlocks Stimme. Jene paar Worte, die er vor einigen Stunden zu hören geglaubt hatte, hatten so real gelungen ... ach verdammt.
 

Das, was er bei Molly erfahren hatte, tat so weh. John fühlte sich, als hätte er Sherlock noch einmal verloren.
 

Wenn er es doch nur gewusst hätte!
 

Er hätte ihn gesucht. Und vielleicht hätte er ihn gefunden. Und dann hätte er ihm geholfen, bei was auch immer Sherlock vorgehabt hatte. Und dann, ja, dann wäre Sherlock vielleicht noch am Leben.
 

Verdammt.
 

John holte tief Luft und betrat die Wohnung.
 


 

* * *
 


 

Am anderen Ende der Stadt hatte Mycroft Holmes ungefähr eine halbe Stunde vorher einen Anruf von einem seiner Untergebenen bekommen.
 

„Mr. Holmes, es geht um Dr. Watson. Der ist gerade aus dem Haus gekommen, in dem Dr. Hooper lebt. Er sieht völlig aufgelöst aus, Sie sollten sich das mal anschauen.“
 

Mycroft hatte sich unverzüglich die entsprechenden Aufnahmen der Überwachungskameras auf sein Laptop schicken lassen.
 

John sah tatsächlich furchtbar aus, blass, derangiert und mit einem Gesichtsausdruck, der nichts gutes vermuten ließ. Er schien völlig neben der Spur zu sein, rannte eine alte Dame beinahe um, lief vor ein Auto und es war nur der schnellen Reaktion des Fahrers zu verdanken, dass nichts passiert war ...
 

Mycroft beschloss, dass sofort etwas unternommen werden musste.
 

Zuerst rief er DI Lestrade an.
 

„Detektive Inspector Lestrade? Hören Sie. Es geht um John. Ich habe nicht viel Zeit für Erklärungen, aber er befindet sich in einem besorgniserregenden Zustand. Ich weiß nicht, was vorgefallen ist, aber in Anbetracht der Tatsache, dass er, wie wir beide wissen, noch immer seine alte Armeewaffe hat, halte ich es für angebracht, dass Sie nach ihm sehen ... Ja, ich danke Ihnen. Detektive Inspector ... Sie haben einen Gefallen bei mir gut.“
 

Er legte auf und wählte im Anschluss die Nummer von Miss Hooper. Vielleicht könnte die ihm sagen, warum John so durch den Wind war.
 

Lestrade dagegen schaute verblüfft auf den Hörer, aus dem nun nur das Tuten der Telefonleitung erklang. Ein seltsamer Anruf, in mehrfacher Hinsicht. Er schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg.
 


 

* * *
 


 

Als John die Wohnung betrat, war „Sherlock“ nirgends zu sehen.
 

John war sich nicht sicher, ob er darüber froh oder enttäuscht sein sollte.
 

Er hängte seine Jacke auf, streifte die Schuhe von den Füßen und ging zum Sofa. Dann setzte er sich, griff sich eines der Kissen und nahm es fest in den Arm. Er brauchte jetzt einfach etwas, an dem er sich festhalten konnte. Dann legte er den Kopf auf dem Kissen ab und schloss die Augen.
 

Er verlor sich in seinen Gedanken, und das ganze hatte seinen Geist scheinbar sehr erschöpft, jedenfalls schlief er in dieser Haltung ein.
 

Es konnte nicht lange gedauert haben. Doch als er erwachte, uns sich wieder seiner bewusst war, saß „Sherlock“ ihm gegenüber im Sessel und schaute ihn an.
 

Und außerdem standen auf dem kleinen Tisch vor ihm zwei Tassen dampfender Tee.
 

John schluckte.
 

Das ging jetzt doch zu weit. Dass er den Tee, den er für „Sherlock“ zubereitete, trank, ohne es bewusst wahrzunehmen, daran hatte er sich irgendwie schon gewöhnt. Auch wenn es noch so merkwürdig war.
 

Aber dass er nun offenbar anfing, den Tee ganz unbewusst zuzubereiten, damit sein Kopf glauben konnte, „Sherlock“ hätte es getan, das ging doch nun zu weit. Das wär immerhin neben allem anderen nicht ganz ungefährlich, man bedenke, kochendes Wasser und dergleichen. Und was würde wohl als nächstes kommen?
 

Nein. John beschloss, dass es nun endlich einmal Schluss war.
 

Selbst wann das bedeuten würde, dass er früher später auch „Sherlock“ noch verlieren würde. Gleich morgen würde er Mycroft anrufen und ihn nach einem guten Therapeuten frage. Oder nein, besser nach einer guten Einrichtung, einem Sanatorium, in dem man ihm eine gute Behandlung angedeihen lassen würde, die ihm hoffentlich helfen würde, das ganze wieder zurechtzurücken und irgendwann wieder mit seinem Leben zurechtzukommen.
 

Irgendwann.
 

Zum Teufel mit den Kosten. Dafür solle gefälligst Mycroft aufkommen. Der hatte immerhin genug Schaden angerichtet, hatte seinen Teil zu Sherlocks Schicksal beigetragen, und John fand, dass er ihm daher einiges schuldig war.
 

Zum Teufel im übrigen ansonsten mit Mycroft.
 

Zum Teufel mit Moriarty.
 

Mochte sich um dessen Enttarnung kümmern wer da wollte. John war damit durch. Er war raus aus der Sache. So oder so.
 

Zum Teufel mit Molly.
 

Zum Teufel mit Mrs. Hudson, sei die nun der Verbrecher oder nicht.
 

Zum Teufel mit Lestrade. Gut, dem würde er noch seinen Verdacht und seine Ermittlungsergebnisse mitteilen. Doch dann – zum Teufel mit ihm.
 

Und zum Teufel mit dem Rest der Welt.
 

Wieder einmal dachte John an die Armeewaffe. Es wäre so einfach. Ein Augenblick nur, ein Schuss, und alles wäre vorbei.
 

Nein, dachte er dann. Nein. Es wäre einfach, aber er wusste, dass es Menschen gab, denen an ihm lag. Und er wollte nicht ... nein, er brachte es nicht fertig, einen solchen Ground Zero zu hinterlassen, wie Sherlock es getan hatte.
 

Er würde weitermachen. Und sei es auch noch so schwer.
 

Ach verdammt.
 

Er sah zu „Sherlock“, der ihn fragend und abwartend anblickte.
 

Und gerade, als er sich dazu durchgerungen hatte, „Sherlock“ nun zu erzählen, was los war, schrak er heftig zusammen, weil ein lautes Klopfen an der Wohnungstür ertönte.
 

Ein Klopfen und Lestrades Stimme, die laut rief:
 

„John? Sind sie zu Hause?“



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