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Im Leben meiner Schwester

von

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Das andere Leben

Früh morgens saßen Ran und Ginzo am Frühstückstisch und planten ihren Vater-Tochter-Ausflug. Sie würden den Tag im Tropical Land verbringen. Gerade als Ran den Tisch abräumte, klingelte das Handy ihres Vaters. „Nakamori“, meldete er sich und hörte eine Weile schweigend zu. „Was?! Das gibt’s doch nicht. Er hat sich doch schon für morgen Abend angekündigt. Heute auch noch? Der kriegt den Hals wohl nie voll. Braucht der nicht auch mal 'ne Mütze voll Schlaf?“ Wieder lauschte er den Worten und legte schließlich auf. Seufzend drehte er sich zu Ran um. „Es tut mir leid, aber eben kam eine neuen Ankündigung von Kid rein. Ich muss ins Büro. Wir holen den Ausflug nach.“

Ran nickte zwar, spürte aber auch die Enttäuschung. So musste sich Aoko jeden Tag fühlen. Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ist schon in Ordnung, Paps. Verhafte Kid!“

„Das werde ich“, grinste er siegessicher zurück, stand auf und verließ wenig später das Haus.

Nun dachte sie wieder an ihre Schwester. Ran war schon enttäuscht, wie würde es Aoko dann erst in dieser Situation ergehen?

Sie kümmerte sich um den Haushalt und überlegte dann was sie alleine machen sollte.
 

***

***
 

Aoko hörte ein Handyklingeln. Das es Rans Handy war merkte sie zu spät, aber dann stürzte sie hin und nahm ab, ohne zu lesen welcher Name eingeblendet war.

„Ran, du musst ganz dringend kommen. Ich habe die ultimative Neuigkeit und du warst viel zu lange weg. Ich muss dich sofort sehen.“

Verwirrt blickte Aoko auf das Display und las Sonoko.

„Hey, Sonoko. Ehm ja, klar kann ich kommen. Wo treffen wir uns?“

Sonoko lachte: „Na bei mir, du Dummerchen. Komm gleich, ja?“

„Okay“, stimmte Aoko zu und legte auf. Sie überlegte, aber ihr fiel die Adresse nicht ein und war sich auch gar nicht sicher ob Ran ihr diese gegeben hat.

Schnell tippte sie eine Nachricht an ihre eigene Handynummer und fragte Ran nach der Anschrift. Die Antwort erfolgte sofort mit der Notiz: Viel Glück!

Das würde Aoko wirklich brauchen. Sonoko und Shinichi waren Rans längste Freunde. Ob sie Sonoko täuschen konnte?

Aoko ging ins Wohnzimmer. Eri und Kogoro waren in einer strittigen Situation. Es ging um die Alkoholeskapaden die Kogoro so manches Mal an den Tag legte. „Mama, ich bin bei Sonoko.“

„Ist gut, Schatz! Viel Spaß“, wünschte Eri ihrer Tochter und widmete sich dann wieder der Diskussion.

Aoko suchte in dem Handy ihrer Schwester nach einer Wegbeschreibung und folgte dieser dann. Es stellte sich heraus, das die Freundin von Ran gar nicht so weit weg wohnte. Sie blieb vor einem Haus stehen. Eine gigantische Villa. Ein riesiges Tor versperrte den Weg zu einer breiten Zufahrt. Sie glich nochmals die Adresse ab, aber sie war hier wirklich richtig. Zögerlich drückte sie den Klingelknopf als das Tor sich automatisch nach innen öffnete und sie dem Weg zur Haustüre folgte. Unwillkürlich fragte sie sich wie reich dieses Mädchen wohl sein musste.

Sonoko stürzte ihr schon die Einfahrt entgegen, fiel ihr um den Hals, betrachtete eingehend die neue Frisur und segnete diese letztendlich ab. „Du siehst gut aus. Dein neuer Haarschnitt ist ungewohnt, aber er steht dir wirklich sehr gut! Hör zu, ich habe die absolute Neuigkeit“, schon hakte Sonoko sich an Aokos Arm unter und zog sie mit. Wenig später führte sie Aoko in die Villa, durch eine gigantische Eingangshalle zu einer breiten Treppe, die Stufen hinauf in ein Schlafzimmer, welches so groß war wie das gesamte Erdgeschoss des Hauses der Nakamoris. Sie war nun Ran und durfte sich nicht ansehen lassen das sie wahrlich beeindruckt war. Für Ran war es normal. Für Ran war Sonoko normal. Es kostete Aoko alle Kraft sich auf das Gespräch zu konzentrieren und den ganzen Prunk zu ignorieren. „Und der Typ ist ultraheiß. Du glaubst gar nicht wie heiß er ist. Braune Haare, braune Augen. Ein stählerner Körper. Es ist nur eine Frage der Zeit wann er mich zu einem Date bittet.“

Eins stand fest: Sonoko wusste was sie wollte und wie sie es bekam. Aoko staunte nicht schlecht über dieses selbstbewusste Mädchen.

„Oh und das beste weißt du ja immer noch nicht“, stellte Sonoko erneut fest.

„Es gibt noch was besseres als diesen heißen Typ?“, witzelte Aoko und hoffte Ran ähnlich zu kommen.

Sonoko nickte. „Mein Vater hat Kaito Kid herausgefordert. Stell dir vor: Kaito Kid kommt zu mir nach Hause.“

Aoko schluckte überrascht. Ihr fehlten eindeutig die Zusammenhänge zwischen Kaito Kid und Sonokos Vater.

„Wäre es nicht romantisch wenn der Mondscheindieb mich mit sich nimmt und mir, Sonoko Suzuki, in dieser wundervollen Vollmondnacht einen Kuss stiehlt?“

Aoko schluckte erneut sprachlos. Dass es Kids Fans gab das wusste sie. Dass es auch Kids Fans gab, die so viel mehr von dem Mondscheindieb wollten, wusste sie auch. Aber dass es Kids Fans gab, die sich eine romantische Nacht mit dem idiotischen Dieb erträumten, überraschte sie schon. Sonoko überraschte sie. „Hast du mir eben nicht gesagt, dass es dieser Makoto dir angetan hat?“

Sonoko schlug ihre Hände an die Wangen, grinste mit geschlossenen Augen und legte ihren Kopf schief. „Oh, Ran, was wäre es doch wunderbar, wenn Makoto der Dieb wäre.“ Schlagartig war sie wieder im Hier und Jetzt. „Wir müssen uns vorbereiten. Immerhin wird er bald hier sein.“

„Was musst du vorbereiten?“, hakte Aoko irritiert nach. Rans Freundin war äußerst seltsam. Sprunghaft, egoistisch, absolut von sich überzeugt und doch sehr nett.

„Na wir verdrehen ihm den Kopf“, erklärte Sonoko ihr Vorhaben, stand auf und wühlte schon im Kleiderschrank nach aufreizender Kleidung.

„Ich glaube, das ist keine gute Idee“, stellte Aoko fest, aber da flog ihr schon ein hübsches und mit Sicherheit überaus teures Kleid zu.

„Oh das wird wunderbar“, freute sich Sonoko und hielt sich ein ebenso sündhaft teures Kleid vor die Brust. „Kid wird schon bald mir gehören“, jubelte sie.

Sonoko zog sich bereits um, während Aoko stumm das Kleid ansah. „Sei mir nicht böse, Sonoko, aber ich möchte so bleiben wie ich bin.“ Sie sah an sich hinunter. Sie trug einen Rock und einen dünnen langärmeligen Pullover aus Rans Kleiderschrank.

„Natürlich, Schatz, aber ich werde diesem Dieb zeigen was ich zu bieten habe“, stellte die reiche Freundin erneut nüchtern fest.

Wenig später war Sonoko umgezogen und Aoko staunte nicht schlecht, wie gut das Kleid deren Figur umspielte. Als sie dann auch noch die richtigen Schuhe dazu fand, schnappte sich das reiche Mädchen die Hand von Aoko und zog sie mit.

„Du siehst wunderschön aus“, bemerkte Aoko und bewunderte die Braunhaarige für diesen Reichtum und die Figur.

„Danke, Schatz, aber wir müssen jetzt wirklich los, sonst verpassen wir Kid.“

Sonoko führte sie durch die Villa in einen Seitenflügel. Dann betraten sie eine große Galerie. Überall standen Statuen, es hingen Gemälde an den Wänden. Erneut unterdrückte Aoko einen staunenden Ausruf und sah sich einfach nur um. Sie betrachtete gerade eine große weiße Statue, römisch oder griechisch, das wusste sie nicht genau. Der Mann mit den Schulterlangen Haare war nackt und auf Augenhöhe hing dessen detailgetreues in Stein gehauenes Glied. Sie fragte sich, welcher Mann sich in welchem Jahrhundert nur so in Pose gestellt haben könnte. Die Muskeln, die diese Statue an Armen und Beinen zeigte, ließen auf einen trainierten Mann schließen. Einen attraktiven Mann nach einem weiteren Blick in das junge Gesicht.

„Ich wünsche keine Polizei!“

„Mister Suzuki, wir möchten nur sicherstellen das Kid endlich gefasst wird.“

Aoko erstarrte und versteckte sich sofort hinter der Statue. Was die Situation aktuell nicht besser machte, denn der steinerne Penis hing ihr direkt vor Augen.

„Ich möchte nicht das Kid gefasst wird. Das ist ein Spiel zwischen Kaito Kid und mir. Ich werde nur meine Kräfte mit ihm messen.“

„Sir, ich verstehe Sie ja“, hörte Aoko erneut die ihr so vertraute Stimme. „Nein, ehrlich gesagt verstehe ich Sie nicht! Kaito Kid ist ein Dieb und gehört verhaftet. Wir werden hier unsere Arbeit machen!“ Herrisch und bestimmend - wie immer.

Aoko rutschte das Herz in die Hose. Wieso war ihr Vater nur hier? Wenn sie sich als Ran vorstellte war das Spiel vorbei. Und statt die eh schon kurze Zeit mit ihrer Mutter zu verbringen hing sie bereits den ganzen Tag bei Sonoko fest. Aoko hatte sich das alles anders vorgestellt. Und wo war Ran, wenn ihr Vater hier war?

Ihre Augen starrten immer noch auf das kleine, weiße Stück Stein und sie kam sich wie ein Spanner vor. Aber warum musste der Bildhauer auch dieses Detail eines Mannes so wahrheitsgetreu nachstellen? Und wer kam überhaupt darauf sich einen nackten Mann zuhause hinzustellen?

Tief durchatmend überlegte Aoko ihre nächsten Schritte, da trat Sonoko belustigt zu ihr. „Was machst du da?“

Erschrocken wich Aoko zurück. Es musste sicherlich ein seltsames Bild abgegeben haben. „Ich“, stammelte Aoko und lief rot an. „Ich wollte nur mal sehen, wie genau das hier gemacht wurde“, erklärte sie dann holprig. „Hast du schon die filigranen Linien hier entdeckt?“ Und schon fuhr ihr Zeigefinger über den kalten weißen Stein der Kniescheibe nach.

„Schatz, du solltest dir endlich Shinichi klar machen oder dich nach was besserem umschauen. So kann es auf die Dauer nicht weitergehen!“

Aoko lief erneut rot an. Donnerwetter, Sonoko nahm ja überhaupt kein Blatt vor den Mund.

Wie aufs Stichwort trat ein junger Mann zu ihnen. „Hallo Sonoko, warum so schick?“, begrüßte er die Tochter des Hauses.

Aoko hob den Blick, starrte überrascht auf den Jungen sich gegenüber. Kaito? Seine braunen Haare lagen etwas anders, blaue durchdringende Augen begegneten ihrem Blick. Eine Hand hatte er lässig in die Hosentasche seiner Jeans versteckt während er die andere grade eben versteckte. Lässig und cool stand ihr ein Oberschüler gegenüber, der sie um einen Kopf überragte. Schon im nächsten Moment hörte sie Sonokos Stimme.

„Shinichi, natürlich ich hätte es wissen müssen“, begrüßte sie ihren Mitschüler und fügte erklärend hinzu: „Kaito Kid kommt, da möchte ich ihm ordentlich gekleidet gegenüber treten.“

Der Mitschüler der Mädchen lächelte selbstbewusst, schien sich bereits selbst ein Bild gemacht zu haben, und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Aoko. Diese wusste nicht was sie tun sollte. So hatte sie gehofft einer Begegnung mit Shinichi noch etwas ausweichen zu können. Der durchdringende Blick machte ihr Angst. Wie ein verschrecktes Reh starrte sie ihn an.

„Wenn Kid zuschlägt, dann bin ich zur Stelle. Ich freue mich schon auf unsere Begegnung.“ Dann allerdings sprach er Aoko an. „Du hast gar nicht gesagt, das du schon zurück bist.“

Das klang eindeutig wie eine Vorhaltung, aber es riss sie auch aus ihrer Lethargie. „Paps hat etwas zu viel getrunken, ich musste erst mal aufräumen und dann kam auch Mama heim und wir haben die Zeit zusammen...“

„Und heute war sie den ganzen Tag bei mir, Shinichi“, mischte sich Sonoko ein und zog Aoko in ihre Arme. „Du brauchst nicht zu glauben nur weil du jetzt mal wieder da bist, Ran für dich allein haben zu können.“

Überrascht stellte Aoko fest, das sich ein Rotschimmer auf seine Wangen legte, auch wenn der Junge sich über die Worte aufregte, wie sie seiner Tonlage entnehmen konnte. „Ich bin mal nicht eben so wieder da, sondern ich bleibe!“ Er sah Aoko an. Und sie glaubte ihm sofort. Er würde nicht mehr gehen und ein Gefühl in ihr sagte, dass er niemals mehr ohne Ran gehen würde. Ehe sie den Gedanken weiter verfolgen konnte, fügte Shinichi noch hinzu: „Und ich möchte Ran nicht für mich allein haben. Aber eine Nachricht wäre nett gewesen.“ Noch durchdringender lag sein Blick auf Aoko.

Sie fühlte sich extrem unwohl. „Entschuldige bitte“, verbeugte sich Aoko reuevoll. Ran hätte sich sicherlich gemeldet. Wie konnte sie nur so dumm sein und glauben, sie könnte ihre Schwester sein?

Stimmen wurden lauter, die Personen dazu näherten sich. „Kommissar Nakamori, ich zeige Ihnen das Objekt um welches es sich an diesem Abend handelt.“

Aokos Herz begann zu rasen. Sie musste weg, dringlichst. „Ich muss mal eben auf Toilette“, murmelte sie überfordert und stürmte aus dem Raum hinaus. Sonoko und Shinichi blickten ihr überrascht nach, doch schon wurden sie dem Kommissar der Sondereinheit Kid vorgestellt.

Aoko spürte nur noch den Drang weg zu laufen. Sie wusste nicht wohin. Die Villa war riesig und Sonokos Zimmer würde sie hier drinnen sowieso nicht mehr finden. Also folgte sie einfach irgendeinem Weg und fand letztendlich eine Türe. Diese stieß sie auf und sie trat in die Dämmerung hinaus. Überrascht blickte sie sich um. Sie stand auf einer wunderschönen Terrasse. Überall standen Pflanzen, eine Lounge war in einer überdachten Ecke untergebracht. Das Haus war wirklich überwältigend und der gigantische Park, der wohl zum Garten gehörte bot einen himmlischen Ausblick im Licht der untergehenden Sonne. Hier fühlte sich Aoko wohl und hier würde sie vielleicht auch endlich mal ihre Gedanken sortiert bekommen. Sie ging zu einer Treppe, die seitlich in den Garten führte und stellte sich an das Geländer. Ihre Augen folgten der untergehenden Sonne. Ganz gebannt betrachtete sie das Spektakel, das jeden Tag wieder kehrte und den Übergang zur Nacht präsentierte. Dann war es dunkel

um sie herum.

Die Türe fiel leise ins Schloss.

Natürlich suchte Sonoko schon nach ihr. Sie drehte sich um, setzte an zu erklären, als sie inne hielt. Ein Mann im weißen Smoking, weißer Umhang und einem weißen Zylinder auf dem Kopf stand vor ihr. Überrascht und ungläubig betrachtete sie Kaito Kid.

Der Gentleman-Dieb in Weiß, verbeugte sich und trat dann näher heran. „Welch eine Freude einer so hübschen jungen Dame in dieser wundervollen Nacht zu begegnen“, stellte er fest.

„Kid“, stieß sie aus. Eine Mischung aus überrascht und entsetzt.

„Ich hätte es mir zwar denken können, aber erwartet habe ich nicht Sie hier zu treffen, Fräulein Nakamori.“

Erschrocken über seine Feststellung fühlte Aoko sich nicht fähig zu antworten. Er sprach sie mit ihrem richtigen Namen an, aber woher kannte er sie nur? Woher wusste er das sie hier ein Spiel spielte?

Mit wenigen Schritten näherte er sich erneut, stellte sich neben sie zum Abgang der Treppe. Sie rechnete damit das er einfach ging, aber dann drehte er sich komplett zu ihr. Dieser Teil zum Garten war nicht sehr beleuchtet. Ideal um zu verschwinden und auch nicht erkannt zu werden. Sein Gesicht lag im Schatten, dennoch leuchteten ihr blaue Augen entgegen. Blau! Nicht braun so wie Sonoko erhoffte. Sie waren blau wie der weite Ozean.

„Auch wenn es mich erfreut Sie persönlich kennenzulernen, so muss ich mich auch schon leider wieder verabschieden.“ Schnell, das Aoko gar nicht realisieren konnte was geschah, hob Kid ihre Hand an und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Seine blauen Augen funkelten schelmisch aus dem Schatten, dann richtete er sich wieder auf. „Wir haben Besuch bekommen“, stellte er plötzlich arrogant fest.

„Was?“ Ihre Stimme war absolut nicht fest. Auch wenn sie des öfteren auf Coups dabei war, so stand sie dem Meisterdieb nie persönlich gegenüber, sondern immer nur in der Masse der Zuschauer auf den Straßen. Auch nicht freiwillig, denn ihre Freundin Keiko schleppte sie immer dorthin mit. Warum nur musste ihre beste Freundin auch ein Kid-Fan sein?

„Kaito Kid, es freut mich nach langer Zeit dir wieder persönlich gegenüber zu stehen“, knurrte eine Stimme neben ihnen. Aoko drehte ihren Kopf zur Türe und entdeckte Shinichi, der definitiv nicht erfreut über diesen Anblick war, den Kid und sie hier boten.

Kid blieb Aoko zugewandt, allerdings war sein Blick ebenso zu dem Detektiv gedreht. „Mein Lieblingsdetektiv ist wirklich wieder da“, murmelte der Meisterdieb so leise, dennoch konnte Aoko ihn verstehen. Lauter sagte er: „Es freut mich dich wieder zu treffen, Shinichi Kudo.“

„Das letzte Mal war am alten Glockenturm, das ist fast schon ein Jahr her“, stellte Kudo fest.

Was Kid sich bei diesen Worten dachte blieb wohl ein Geheimnis. Er nickte. „Stimmt! Das war an dem Abend, als auf mich geschossen wurde.“

Entsetzt keuchte Aoko auf. Deutlich hörte sie die Provokation an den Detektiv heraus.

„Das war ich“, gestand Shinichi ernst und ebenso provozierend?

Nun starrte sie zwischen den beiden Männern hin und her und konnte nicht glauben was sie hörte.

„Dachte ich mir schon“, antwortete Kid in seinem typisch arroganten und dennoch so gleichgültigen Tonfall. „Was mich schon immer interessiert hat: Wie bist du an die Waffe gekommen?“

„Inspektor Megure konnte in diesem Moment nicht schnell genug reagieren“, gestand Shinichi und seine blauen Augen leuchteten Kid entgegen.

War das so etwas wie ein krankes Spiel zwischen den beiden? Entsetzt lauschte Aoko den Worten, erinnerte sich selbst an den Abend zurück, als sie inmitten der Masse stand, gebannt hoffte, das Kid den Turm nicht stehlen würde. Sie erinnerte sich, das ein Hubschrauber sehr nah an den Turm heran flog, das Ziffernblatt der Uhr bewegte sich leicht und wenige Sekunden später löste sich dann eine riesige Leinwand vom Turm und segelte auf die Menschenmenge herab. Kaito Kid war an diesem Abend einfach so verschwunden.

„So nett es ist mit dir zu plaudern, leider muss ich mich nun verabschieden.“

„Warte Kid!“

Durch Schinichis schneidende Stimme wurde Aoko aus ihren Gedanken gerissen. Sie spannte sich an als der Meisterdieb sich ihr wieder komplett zuwandte, ihr seine Faust vors Gesicht hielt, eine Drehung der Hand machte und schließlich eine weiße Rose hervor zauberte.

Kid reichte ihr diese. „Die schönste Blume der Welt für diese reizende Dame“, hörte sie ihn sagen. Im nächsten Moment war der Mondscheindieb in dem dunklen Garten verschwunden.

Shinichi stürmte an Aoko vorbei zum Treppenabgang, aber Kid war schon nicht mehr zu sehen. „Entwischt“, knurrte er.

Das Mädchen hingegen war nicht mehr fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Sie fühlte sich an ihr erstes Treffen mit Kaito erinnert. Der Coup mit dem alten Glockenturm, ihre erste Begegnung von Kindesbeinen an mit Kaito, die hervorgezauberte Rose, diese blauen Augen...

„Hat er dir etwas getan?“

Aus den Gedanken gerissen blickte sie von der weißen Rose auf. Sie schüttelte den Kopf. Lange konnte sie seinem Blick nicht standhalten und senkte diesen erneut auf die weiße Rose zwischen ihren Fingern an. Den Blick von Shinichi spürte sie allerdings allzu deutlich.
 

***

***
 

Ran langweilte sich. Ihre Gedanken hingen bei Aoko, die den heutigen Tag mit Sonoko verbringen durfte. Sonoko, ihre beste Freundin von klein auf. Der Reichtum der Familie hat Ran nie gestört. Sonoko war einfach schon immer Sonoko. Für Aoko hingegen dürfte es sehr gewöhnungsbedürftig sein. Immerhin war ihre beste Freundin recht speziell. Aber auch deswegen liebte Ran sie auch so sehr. Irgendwann fiel ihr Blick auf die Uhr und sie entschied sich Abendessen zu kochen.

Schon bald würde Kaito kommen. Wann Paps genau wieder kam konnte sie aber nicht sagen.

Jedoch als das Essen fertig war kam keiner von beiden. Nicht wie zur gewohnten Zeit.

Zwei Stunden später klingelte es an der Türe. Misstrauisch öffnete Ran diese und blickte in ein überraschtes Gesicht. Auch wenn sie nicht wusste, warum er so überrascht schien. Er wusste doch das sie hier wohnte. „Wo bleibst du denn?! Das Essen ist seit zwei Stunden fertig und ich warte hier auf dich!“

Kaito zog die Augenbrauen hoch, musterte sie erneut von oben bis unten, ehe er seinen gleichgültigen Blick aufsetzte und abwinkte. „Ich hatte noch was wichtiges zu erledigen“, sprach er und trat in die Wohnung. Wenig später war das Essen aufgewärmt und beide saßen am Tisch und aßen.

„Was hast du heute gemacht?“

Ran seufzte. „Gelangweilt hab ich mich. Paps hat mir gestern versprochen einen Vater-Tochter-Ausflug zu machen und heute morgen als wir entschieden ins Tropical Land zu gehen, kam ein Anruf vom Revier. Dank Kid verbrachte mein Vater seinen freien Tag in der Arbeit.“

Kaito sah sie immer noch emotionslos an. Ran stutzte. Wie schaffte er es nur sämtliche Gefühle aus seinem Gesicht zu verbannen?

Kaito versucht mir seit Jahren vorzuspielen, das er über den Tod seines Vater hinweg ist.

Was wäre, wenn er nicht nur das ihr vorzuspielen versuchte? Was wenn er Aoko noch viel mehr verschwieg? Er versteckte jegliche Emotionen hinter einer Maske der Gleichgültigkeit. Nur wenn er sie ärgerte schien er echte Gefühle zuzulassen.



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