Zum Inhalt der Seite

Die Leute von Millers Landing

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eins plus eins

Die Sonne war gerade aufgegangen und obwohl es gestern so spät geworden war, war Kathryn bereits wach, Sie war soeben dabei, ihr Haar zu kämmen, als sie vom Klopfen an ihrer Tür überrascht wurde. Sie staunte, als sie Justine davor stehen sah, müde und mit hochgezogenen Schultern

„Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt?“ fragte diese nun ungewohnt schüchtern.
 

Kathryn schüttelte den Kopf und ließ Justine eintreten:

„Ich habe die ganze Nacht keine Ruhe finden können.“ platzte Justine ohne lange Vorrede heraus: „Ich habe über meine Ehe nachgedacht und daran, was davon übrig sein wird, wenn ich nach Boston heimkehre. Gilt dein Angebot noch, dass wir darüber reden können? Ich muss mir dringend Klarheit über diese Angelegenheit verschaffen!“
 

Kathryn nickte:

„Selbstverständlich! Komm´ rein und setz´ dich!“ antwortete sie und machte eine einladende Handbewegung. Justine nahm auf der Bettkante Platz und ihr Blick fixierte den Fußboden, als gäbe es dort etwas wahnsinnig Interessantes zu sehen. Kathryn setzte sich neben sie, nahm eine ihrer Hände in ihre beiden und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Schließlich holte Justine tief Luft und fuhr fort:

„Meine Ehe ist eine Katastrophe! Er schläft seit Jahren nicht mehr mit mir und ich weiß, dass er zu Huren geht.“

Als sie realisierte, was sie gerade gesagt hatte, blickte sie Kathryn schuldbewusst an und fügte rasch hinzu:

„Entschuldige! Ich meine es nicht so!“
 

Doch Kathryn zuckte mit den Schultern und entgegnete selbstbewusst:

„Ist schon in Ordnung. Ich weiß was ich bin und ich schäme mich nicht dafür!“
 

Immer noch ein wenig zerknirscht fuhr Justine fort:

„Nathan sieht mich nicht einmal mehr richtig an. Als könnte er den Anblick seiner fetten, alten Ehefrau nicht ertragen.“

Justines Stimme kippte und Tränen liefen ihr die Wangen hinab.
 

Kathryn konnte nur schwer aushalten, eine Frau, welche sie so sehr bewunderte in dieser Weise über sich selbst sprechen zu hören. Ohne darüber nachzudenken was sie tat, legte sie einen Finger an Justines Kinn, drehte deren Gesicht zu sich herum und blickte ihr fest in die Augen:

„Ich sehe dich!“ sagte sie bestimmt und küsste Justine sanft: „Du bist wunderschön!“
 

Justine sah erschrocken aus und einen Moment lang dachte Kathryn, die andere Frau würde sie ohrfeigen oder aufgebracht das Zimmer verlassen, doch stattdessen griff diese in Kathryns offenes Haar, zog sie leidenschaftlich an sich und küsste sie ihrerseits. Aber als habe sie plötzlich Angst vor der eigenen Courage bekommen, unterbrach Justine den Kuss sofort wieder und blickte Kathryn unsicher an:

„Ich weiß gar nicht, was wir hier gerade tun.“ erklärte sie leise.
 

„Dafür weiß ich es aber sehr genau!“ entgegnete Kathryn selbstsicher und schenkte ihr einen herausfordernden Blick. Nun begann sie, Justines strenge Hochsteckfrisur zu lösen. Behutsam und mit viel Zeit entfernte sie Spange um Spange. Als das dicke, honigblonde, von wenigen silbernen Fäden durchsetzte Haar locker um Justines Schultern fiel, kniete Kathryn sich vor ihr nieder und begann langsam, die Bänder der hohen Schnürstiefel zu öffnen und ihr diese auszuziehen. Dabei hielt sie Justines Blick weiterhin mit dem ihren fest. Kathryn schob Justines Rock hoch, löste die Strumpfbänder und rollte die Strümpfe von ihren Beinen. Einmal mehr dache sie dabei, wie furchtbar unpraktisch die Kleidung der Damen aus der Großstadt doch war.

Kathryn erhob sich, half auch Justine auf die Füße und zog ihr Bluse und Rock aus. Immer noch fürchtete sie, von Justine an irgendeinem Punkt aufgehalten zu werden, doch diese ließ das alles geschehen und erwiderte schüchtern ihren Blick. Also öffnete Kathryn Justines enges Mieder und streifte es ab, ebenso, wie den Strumpfhaltergurt, den Unterrock und den Slip. Als Justine nun vollkommen nackt vor ihr stand, schlug sie die Augen nieder und bedeckte Brüste und Scham mit ihren Händen. Vor Kathryn stand in diesem Moment nicht die brillante Frau und ausgezeichnete Rednerin, sondern ein schamhaftes Mädchen.

Kathryn lächelte, suchte Justines Blick, nahm deren Arme herunter und sagte sanft:

„Nicht! Ich möchte dich sehen können!“ dann fügte sie hinzu: „Und ich möchte auch, dass DU MICH siehst.“

Sie zog sich ihr dünnes Baumwollkleid über den Kopf und legte ihre Unterwäsche ab. Lächelnd blickte sie an Justines üppigem, nacktem Körper herab und sagte noch einmal:

„Du bist wirklich wunderschön!“
 

Justines Augen füllten sich mit Tränen, doch Kathryn schüttelte leise lachend den Kopf, nahm ihr Gesicht in ihre Hände und küsste sie erneut. Dann hob sie die großen, schönen, weichen Brüste an und nippte zärtlich an den Spitzen. Ein Schauer durchfuhr Justines Körper. Sie umarmte Kathryn leidenschaftlich, vergrub ihr Gesicht an deren Hals, strich mit den Händen über Kathryns Rücken, ihr Hinterteil und ließ sie schließlich nach vorn zwischen ihre Beine wandern. An dieser Stelle hielt Kathryn ihre Hände fest und erklärte:

„Wir haben Zeit, Liebste!“ Und bestimmt fügte sie hinzu: „Außerdem bist erst einmal bist DU an der Reihe.“
 

Kathryn führte Justine zum Bett, ließ sie in der weichen Matratze zum Liegen kommen, legte sich auf sie und küsste und berührte sie überall. Justine blickte unsicher zu ihr auf. Sich hinzugeben fiel ihr nicht leicht, doch Kathryn war unerbittlich. Wann immer Justine versuchte, die Oberhand zu gewinnen, nahm diese ihre Hände und hielt sie sanft, aber bestimmt oberhalb ihres Kopfes fest. Schließlich sagte Kathryn lächelnd:

„Wenn du so weitermachst, zwingst du mich dazu, dir die Hände zu binden!“
 

Justine wusste nicht, ob Kathryn einen Scherz machte. Wenn sie ganz ehrlich war, spielte ein kleiner Teil von ihr mit dem Gedanken was wäre, wenn sie es ernst meinte. Der größere Teil wollte es aber lieber nicht darauf ankommen lassen und gehorchte.
 

Kathryn bedeute Justine, sich auf den Bauch zu drehen und begann dann, ihren Rücken entlang der Wirbelsäule bis hinab zum Gesäß zu küssen, zu berühren und zu lecken. Justine spürte, wie Wärme und Erregung sich in ihrem Bauch ausbreiteten und als Kathryn sie nun mit ihren Händen aufforderte, die Schenkel zu öffnen war sie nur allzu bereit, Folge zu leisten.
 

Kathryn stellte erfreut fest, dass die verräterischen Sturzbäche, welche sie vorfand bewiesen, dass Justine Gefallen an dem fand, was sie tat. Sie drang mit ihren Fingern rhythmisch in die feuchte Hitze in deren Mitte und je näher Justine dem Höhepunkt kam, umso lauter wurden ihr Stöhnen und Seufzen. Als sie schließlich den Gipfel erreichte, hatte Kathryn keinen Zweifel daran, dass jeder Bewohner des Hauses ihr Frohlocken vernommen hatte.
 

Beim Frühstück würde es wohl interessant werden, dachte Kathryn insgeheim und schmunzelte.
 

Joe und Tiny erwachten von dem Krach aus dem gegenüberliegenden Zimmer, setzten sich auf und blickten einander ratlos an:
 

„Was ist denn da los?“ fragte Joe verschlafen. „Kommt das etwa aus Kathryns Zimmer?“
 

Tiny zuckte mit den Schultern:

„Scheint so! Es klingt so als hätte jemand Spaß. Aber das ist nicht Kathryns Stimme.“
 

Joe seufzte:

„Dann muss es Justine sein! James hatte wohl recht mit seiner Vermutung. Zwischen den beiden läuft wirklich etwas! Armer Kerl! Wenn er das mitkriegt, dreht er sicher durch!“
 

„Verständlich!“ murmelte Tiny und nach einer Weile fügte er genervt hinzu: „Gute Güte, machen Frauen immer so einen Krach dabei“
 

Joe zuckte mit den Schultern und antwortete:

„Woher soll ich das wissen. Rebecca und Felicity bemühen sich jedenfalls rücksichtsvoller Weise immer, leise zu sein.“
 

„Aber du kannst sie dennoch hören?“ wollte Tiny wissen:
 

„Jedes Mal! Aber ich sage nichts und lasse sie in dem Glauben, dass ihre Bemühungen um Diskretion erfolgreich sind.“ erklärte Joe schmunzelnd und legte sich wieder hin, um weiterzuschlafen.
 

„Du bist eben ein guter Junge!“ lobte Tiny ihn scherzhaft und schmiegte sich an ihn. Dann fügte er hinzu: „Wenn wir schon mal wach sind, vielleicht sollten wir dann auch ein wenig Krach machen.“
 

Joe richtete sich im Bett wieder ein wenig auf, grinste auf seinen Freund hinab und fragte:

„Geht das denn schon wieder? Du bist doch verletzt!“
 

Statt einer Antwort erwiderte Tiny das Grinsen und zog den jungen Mann zu sich heran.
 

Sie waren noch einmal eingeschlafen und als Kathryn nun erwachte, waren Justines Augen bereits geöffnet. Das seidige Haar fiel ihr locker um die Schultern, der weiche, üppige Körper war befreit von einschnürender Kleidung und die wunderbaren großen Brüste lagen, wie sie wollten. Justine hatte einen befriedigten Gesichtsausdruck und sah aus, wie eine Göttin der Fruchtbarkeit. Kathryn war überaus zufrieden mit sich selbst.

„Guten Morgen, Schöne!“ sagte sie.
 

„Ja, es ist ein guter Morgen.“ erklärte sie mit einem gelösten Lächeln: „Was gibt es wohl zum Frühstück? Ich habe einen Bärenhunger.“
 

Kathryn kicherte.
 

Den ganzen Tag lang hatte James an Kathryn gedacht und daran wie innig sie und Justine gestern gewesen waren. Für ihn gab es keinen Zweifel, worauf das hinauslaufen würde.

Er war wütend, traurig und gekränkt. Irgendwie hatte ein Teil von ihm es bis jetzt noch nicht gänzlich wahrhaben wollen, dass Kathryn tatsächlich fort war. Er hatte immer noch die kleine Hoffnung gehabt, dass ihr klar werden würde, dass sie ihn noch immer liebte.
 

James verspannte sich und er bekam Kopfschmerzen.
 

Vor seinem Feierabend sah er noch einmal nach seinem Gefangenen. Carmichael saß munter auf seiner Pritsche und schmunzelte in sich hinein, als sähe er die Gitterstäbe gar nicht, die ihn vom Rest der Welt abschnitten.
 

Er bemerkte:

„Du siehst nicht gut aus Jimmy! Ich darf dich doch Jimmy nennen, oder? Darf ich fragen, was passiert ist?“
 

James blickte den Mann angewidert an:

„Nein Bob, du darfst nicht fragen und du darfst mich Deputy Chester nennen, wenn du mich schon unbedingt ansprechen musst!“ fuhr er ihn an.
 

Carmichael erwiderte belustigt:

„Oh je, Deputy! So finster? Nun machen sie mich aber neugierig! Was hat ihre Herzdame ihnen denn angetan. Mussten sie gestern etwa ohne ein wenig menschliche Wärme nachhause gehen?“
 

James nahm eine herumliegende Eisenstange und prügelte damit gegen die Gitterstäbe von Carmichaels Zelle:

„Und was weißt du schon von menschlicher Wärme, du Monster?“ brüllte er ihn an: „Wenn du eine Frau haben willst, zwingst du dich ihr auf und versuchst hinterher, sie umzubringen! Also halt dein Maul und sprich´ nicht über Dinge, die zu verstehen du vollkommen unfähig bist, du Monster!“
 

„Da habe ich wohl einen Nerv getroffen, was Deputy?“ fragte Carmichael schmunzelnd.
 

James zwang sich, sich umzudrehen und zu verschwinden, bevor er sich vor diesem Tier noch eine weitere Blöße gab.
 

Der Geist des Wolfes saß zu Bobs Füßen und versprach ihm mit seiner sanften, schmeichelnden Stimme, dass er nicht mehr lange hier drinnen ausharren musste.
 

Eigentlich wollte James nun direkt nachhause gehen, aber andererseits musste er einfach wissen, wie es mit Kathryn und Justine weitergegangen war, also lief er hinüber zum roten Haus. Schon durch das Küchenfenster konnte er die beiden Frauen sehen, wie sie eng beieinander saßen. Er starrte sie einen kurzen Moment finster an und schließlich ließ er sich, anstatt hineinzugehen auf die Bank auf der Veranda sinken.
 

Nach einer Weile kam Melody hinzu, welche zuvor in der Scheune die Tiere versorgt hatte. Sie hockte sich neben ihn und fragte:

„Du hast es also schon gehört, wie? Kathryn und diese alte Frau sind seit vergangener Nacht ein Paar, oder was auch immer!“ Sie drückte seine Hand und fügte hinzu: „Es tut mir wirklich leid für dich, mein Hübscher!“
 

James seufzte schwer. Melody winkelte die Beine an, legte ihren Kopf an seine Schulter und fragte:

„Und was willst du denn nun tun?“
 

„Was kann ich denn schon tun? Sie hat sich offenbar entschieden und zwar nicht für mich!“ gab James gequält zurück.
 

„Aber willst du nicht um sie kämpfen? Du liebst sie doch!“ fragte Melody erstaunt.
 

„Wie denn? Soll ich Madame Carpenter etwa zum Duell herausfordern? Ganz offensichtlich bin ich nicht das, was Kathryn will! Ich denke, mir bleibt nichts anderes übrig, als mich geschlagen zu geben.“ erwiderte James verdrießlich und fügte noch hinzu: „Und dann suche ich mir irgendwo ein friedliches Plätzchen zum Sterben!“
 

Melody hob den Kopf, schaute auf ihn hinab und verkündete:

„Ich weiß etwas Besseres!“ Sie sprang auf, reichte James eine Hand und zog ihn hinter sich her in die Bar im anderen Gebäude. Dort ließ sie sich mit ihm hinter dem Tresen nieder und stellte eine Flasche mit einer honigfarbenen Flüssigkeit vor sie beide hin, bei der es sich vermutlich um Whiskey handelte, doch es fehlte das Etikett:

„Trink!“ fordert Melody James auf.
 

„Was ist das?“ fragte dieser skeptisch.
 

„Es ist Medizin!“ erklärte sie grinsend: „In regelmäßigen Abständen in großen Schlucken getrunken hilft sie dabei, dass dir bald nichts mehr wehtut!“
 

James seufzte und trank, wie befohlen. Was immer es war, was sie ihm da gegeben hatte, es schmeckte scharf! Er schüttelte sich und reichte Melody die Flasche. Diese nahm ebenfalls einen kräftigen Schluck und so wechselten sie sich ab, bis die Flasche leer war.
 

James war zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich angetrunken und fragte:

„Weißt du, wann Joe nachhause kommt? Ich würde gern mit ihm sprechen.“
 

„Der kommt heute nicht hierher.“ erwiderte Melody: „Er hat aber zu mir gesagt, ich soll dir ausrichten, dass du zu ihm hinübergehen sollst, wenn du ihn brauchst. Er dachte wohl, es sei besser, wenn ihr Kathryn aus dem Weg gehen könnt.“
 

„Wahrscheinlich hat er recht!“ gab James zurück.
 

Bevor er sich auf den Weg hinüber zu Joe machte, drückte Melody ihm eine weitere Flasche ihrer „Medizin“ in die Hand:

„Für den Notfall!“ erklärte sie und küsste ihn auf die Wange.
 

„Danke!“ antwortete James: „Ich meine nicht für die Flasche, sondern deine Freundschaft. Du bist wirklich eine großartige Frau!“
 

Melody lachte und gab schmunzelnd zurück:

„Du bist lieb, wenn du betrunken bist!“
 

James verließ die Bar und trat in die Kühle der Nacht hinaus. Gerade als er sich auf den Weg zum Haus von Rebecca und Felicity machen wollte, traf er natürlich ausgerechnet auf Kathryn. Angetrunken wie er war trat er auf sie zu und fragte sie ganz direkt:

„Ist es wahr, dass du mit dieser Justine Carpenter schläfst?“
 

Kathryn funkelte ihn zornig an:

„Wie kommst du darauf, dass es in Ordnung wäre, mir eine solche Frage zu stellen?“ fuhr sie ihn an.
 

Verärgert und ungewohnt bissig erwiderte er:

„Wieso Kathryn? Bist du denn plötzlich schamhaft geworden?“
 

Kathryn roch den Alkohol in seinem Atem und erblickte die Flasche in seiner Hand:

„Und was ist mit dir James? Trittst du jetzt in die Fußstapfen deines Vaters. Willst du auch als alter Säufer eines Tages jämmerlich zugrunde gehen?“ schnappte sie.
 

Eine Weile blieben die beiden ehemaligen Geliebten wortlos voreinander stehen.

Jeder hatte versucht, den anderen mit Worten zu verletzen.

Kathryn hatte gewonnen!
 

James drehte sich wortlos um und verschwand.
 

Kathryn fühlte sich ein wenig schuldig, weil sie den Vater von James ins Spiel gebracht hatte, aber dann sagte sie sich, dass James schließlich angefangen hatte!

Dummerweise gab es da aber diese kleine, flüsternde, enervierende Stimme in ihrem Inneren, die sie wissen lassen wollte, dass sie sich ihm gegenüber übel verhalten hatte und das nicht zum ersten Mal!

Vielleicht war es ja gar keine schlechte Idee, sich zu betrinken, um dieses kleine Plappermaul zum Schweigen zu bringen, dachte Kathryn grimmig.
 

Im Haus der Lehrerinnen angekommen stieg James die Leiter hinauf zu Joes Zimmer, welcher gerade lesend auf seinem Bett hockte. James hielt die mitgebrachte Flasche hoch und verkündete bereits leicht lallend:

„Ich weiß, eigentlich sollte ich dir nichts anbieten, weil du zu jung bist und ich ein Hüter des Gesetzes bin und so weiter, aber scheiß´ drauf!“
 

Joe blickte ihn groß an:

„Wie hast du die Flasche an Rebecca und Felicity vorbeigeschmuggelt?“ fragte er.

James hockte sich neben ihn:
 

„Ich denke, sie haben sie gesehen, als sie mich einließen und aufgrund meines desolaten Zustands ein Auge zugedrückt.“ spekulierte James schulterzuckend.

Er nahm einen großen Schluck und reichte Joe die Flasche, doch dieser schüttelte den Kopf. Er dachte sich, dass es besser sei, wenn wenigstens einer von ihnen nüchtern blieb.
 

„Melody glaubt, dass Kathryn mit dieser Justine Carpenter schläft. Denkst du das auch?“ fragte James ohne große Vorrede.
 

„Ich fürchte, dass ist ziemlich sicher, denn es war leider nicht zu überhören.“ erwiderte Joe bedauernd.
 

James stöhnte:

„Bitte erzähl` mir keine Details. Ich werde ohnehin schon verrückt!“ Er nahm seinen nächsten Zug aus der Flasche. „Ich begreife einfach nicht, was passiert ist! Ich dachte, sie hätte mich gern?“
 

„Sie HAT dich gern!“ erwiderte Joe: „Ich weiß auch nicht, was in sie gefahren ist. Nicht einmal Thomas versteht das.“ Er deutete auf den Alkohol und fragte: „Willst du nicht mal ein bisschen langsamer machen?“
 

James schüttelte unmissverständlich den Kopf und wie ein trotziges Kind, trank er nun erst recht weiter:

„Kathryn hat mich gefragt, ob ich mich zu Tode saufen will, wie mein Vater. Vielleicht sollte ich ja genau das tun? Was meinst du! Wie viel von dem widerlichen Zeug brauche ich, bis ich tot umfalle?“

James fing an unruhig und bereits deutlich schwankend im Raum auf und ab zu gehen.
 

Joe lehnte an einer Kommode und schaute dem Freund dabei eine Weile hilflos zu.

„Was soll ich nur tun, verdammt? Kannst du mir das sagen?“ jammerte James plötzlich.
 

„Ich glaube nicht, dass dich betrinken und dir selbst leidtun dir irgendwie weiterhilft.“ entgegnete Joe inzwischen ein wenig genervt: „Und nun gib mir die verdammte Flasche her. Jetzt ist Schluss damit, hörst du?“
 

James schüttelte den Kopf und umklammerte mit verbissenem Gesichtsausdruck den Flaschenhals:

„Ich denke ja gar nicht daran!“
 

„Dann hole ich sie mir eben!“ erklärte Joe schnaubend und griff danach.

James ließ nicht los und so zogen sie nun beide an der Flasche, bis die zwei schließlich am Boden lagen und miteinander darum rangen. Joe und James waren in etwa gleich stark, doch Joe war im Vorteil, weil er nüchtern war und so lag James schließlich auf dem Rücken und Joe hockte auf ihm. James hielt die Flasche weiterhin fest umklammert. Plötzlich jedoch hielt er im Kampf inne, blickte Joe merkwürdig an und meinte:

„Warum mache ich es eigentlich nicht einfach so wie Kathryn und suche mir jemand anderen. Vielleicht diesmal einen Mann! Ich wette, ihr würde das gefallen.“

Mit diesen Worten griff James nach Joes Kopf und versuchte, diesen zu sich heranzuziehen.
 

Joe wehrte sich mit beiden Händen, rollte sich von James herunter und rief ärgerlich:

„Sag mal spinnst Du? Du bist vielleicht ein Arsch, wenn du getrunken hast!“
 

Er kroch in eine Ecke des Raumes und starrte James von dort aus finster an. Dieser kam offenbar erst in diesem Moment endlich wieder ganz zu sich. Erschrocken erwiderte er den Blick des Freundes. Er suchte sich einen Platz in größtmöglicher Entfernung zu ihm und erklärte zerknirscht:

„Es tut mir leid! Ich drehe scheinbar langsam durch.“
 

„Das sollte dir auch leidtun!“ antwortete Joe ärgerlich:
 

„Ich werde jetzt einfach nachhause gehen.“ erklärte James schnell und bemühte sich darum, sich zu erheben, allerdings war er mittlerweile so betrunken, dass ihm das nicht mehr so recht gelingen wollte. Er rollte sich auf dem Boden zusammen und begann zu weinen. Zwischen den Schluchzern sagte er:

„Was hat sie bloß aus mir gemacht? Ich erkenne mich selbst nicht wieder! Ich wünschte, ich wäre tot!“
 

Joes Ärger legte sich ein wenig. Er kroch zu James hinüber, strich ihm sacht über den Rücken:

„Komm` schon James. Es ist alles nicht so schlimm, wie du jetzt denkst. Wir gehen nun einfach ins Bett, und morgen früh, wenn du deinen Rausch ausgeschlafen hast, sieht alles schon viel besser aus.“
 

James hob den Kopf und starrte ihn erschrocken an:

„Geht nicht!“ stammelte er: „Ich kann doch jetzt nicht mit dir zusammen schlafen, nach dem, was ich versucht habe. Ich gehe ganz einfach nachhause.“
 

„Blödsinn!“ antwortete Joe fest: „In deinem Zustand kommst du ja nicht einmal auf die Füße, geschweige denn die Leiter hinunter, ohne dir den Hals zu brechen. Hier steht ein Bett und da hinein werden wir uns jetzt legen, verstanden?“
 

James blickte ihn elend an.
 

„Es ist alles O.K zwischen uns! Ich verzeihe dir, hörst du?“ versicherte Joe: „Und jetzt komm schon! Dir beim Jammern zuzuhören hat mich müde gemacht.“

Joe half dem Freund auf die Füße und reichte ihm einen seiner Pyjamas.
 

Sie zogen sich um, legten sich in das enge Bett und Joe blies die Kerze aus.
 

James fragte kläglich in die Dunkelheit hinein:

„Sind wir noch Freunde?“
 

Joe seufzte und antwortete gutmütig:

„Ja, natürlich sind wir noch Freunde. Halt´ die Klappe und schlaf´ jetzt, in Ordnung?“ Zur Bekräftigung seiner Worte legte er einen Arm um James und tatsächlich war dieser binnen Minuten eingeschlafen.
 

James erwachte am darauffolgenden Morgen mit einem, wie wahnsinnig pochenden Schädel und beträchtlicher Übelkeit. Er setzte sich vorsichtig auf und stöhnte, wodurch Joe nun ebenfalls wach wurde:

„Alles in Ordnung bei Dir?“ wollte er wissen.
 

James schüttelte den Kopf und bereute es sogleich, denn zu dem Kopfschmerz gesellten sich dadurch nun auch noch grelle Blitze vor seinen Augen. Dann fiel ihm der vergangene Abend wieder ein und zu seiner körperlichen Pein kam eine grässliche Scham.

Er wiederholte noch einmal:

„Es tut mir so leid, was ich gestern getan habe!“
 

Joe blickte ihn stirnrunzelnd an:

„Ich wundere mich, dass du dich überhaupt daran erinnern kannst, so betrunken, wie du warst.“ Dann fügte er hinzu: „Was sollte das überhaupt? Wolltest du mich küssen, oder was?“
 

James zuckte mit den Schultern:

„Ich weiß es auch nicht. Vielleicht?“
 

Joe blickte ihn forschend an:

„Hast du etwa Gefühle für mich, James?“
 

„Können wir darüber bitte ein anderes Mal sprechen?“ fragte der Andere elend.
 

Joe zuckte mit den Achseln und erwiderte:

„Wie du meinst!“ Er stand entschlossen: „Lass` uns nachsehen, ob die Frauen einen Kaffee für dich haben. Der wird dir gut tun!“
 

Später bei der Verabschiedung wollte Joe James umarmen, doch dieser schreckte vor ihm zurück.
 

„Was soll das denn jetzt?“ fragte Joe ärgerlich: „Sei gefälligst nicht albern! Wir sind doch Freunde! Komm` schon her!“ und mit einem Grinsen fügte er hinzu: „Du solltest nur nicht wieder versuchen, mich zu küssen.“
 

Aber James war längst noch nicht über den vergangenen Abend hinweg und zum Scherzen aufgelegt:

„Tut mir leid, aber ich kann das gerade nicht! Es liegt nicht an dir. Ich schäme mich bloß so wahnsinnig!“
 

Joe wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Er blickte seinen Freund stirnrunzelnd an.

Schließlich drehte sich James um, verschwand und ließ Joe mit einem unangenehmen Gefühl in der Magengegend zurück.
 

Zwei Tage lang ließ James sich nicht mehr in Joes Nähe blicken und dieser erhielt weder eine Erklärung für das, was vorgefallen war, noch gab James ihnen beiden die Chance, einfach wortlos über die Geschehnisse hinwegzugehen, womit Joe ebenso einverstanden gewesen wäre.
 

Am dritten Tag reichte es Joe schließlich und er wartete vor dem Department darauf, das James Feierabend machte. Als der Deputy seinen Freund erblickte, wurde er bleich. Er ging auf Joe zu und erklärte:

„Es tut mir leid, aber ich bin noch nicht so weit, darüber zu reden!“
 

Joe blickte ihn finster an und erwiderte ärgerlich:

„Ist mir total egal! Vielleicht kannst du ja wenigstens zuhören, denn ich habe einiges zu sagen! Ich verstehe wirklich nicht, warum du so ein Theater machst. Ich dachte, wir wären Freunde, aber wegen so einer Lappalie ziehst du dich in dein Schneckenhaus zurück und gehst mir aus dem Weg? Ich bin echt sauer auf dich, James!“
 

Der Angesprochene zuckte schuldbewusst zusammen und erwiderte kleinlaut:

„Für dich mag es nur eine Lappalie sein, aber für mich war diese Sache sehr verwirrend. Gut, ich war betrunken und auch ein wenig außer mir, aber ich verstehe dennoch nicht, wie ich mich so habe verhalten können. Ich brauche noch ein wenig Zeit, aber ich verspreche dir, dass ich kommen werde, um dir alles zu erklären, in Ordnung?“
 

„Es wird mir ja wohl nichts anderes übrig bleiben!“ gab Joe grimmig zurück und wendete sich zum Gehen. Doch dann drehte er sich noch einmal um und sagte leise:

„Du fehlst mir, James!“
 

„Du mir auch!“ versicherte dieser.
 

Es dauerte noch ganze zwei weitere Tage, bis James sich endlich überwinden konnte, mit Joe zu sprechen. Es war Freitagabend und nach Feierabend ging er bei Rebecca und Felicity vorbei in der Hoffnung Joe dort anzutreffen. Bedauerlicherweise war dieser jedoch heute nicht zuhause, also machte sich James widerwillig auf zum roten Haus.

Zu seiner Erleichterung fand er seinen Freund gemeinsam mit Tiny auf der Veranda sitzend, so dass er nicht durchs ganze Haus gehen musste, um nach ihm zu suchen, wobei er gewiss gleich wieder Kathryn in die Arme gelaufen wäre:
 

„Da bist du ja endlich, du Idiot!“ schnappte Joe ärgerlich.
 

Tiny erhob sich, wobei er sich mühsam auf eine Krücke stützte:

„Hallo James.“ begrüßte er den Deputy: „Mir scheint, ihr habt etwas zu besprechen. Ich ziehe mich dann am besten mal zurück.“

Und damit humpelte der große Mann ins Haus und ließ die Freunde allein.
 

Als er außer Hörweite war fragte James entsetzt:

„Hast du ihm etwa erzählt, was ich zu tun versucht habe?“
 

„Was glaubst du denn? Denkst du ich will, dass mein Liebhaber meinem besten Freund den Kopf abreißt? Ich bin doch froh, dass ihr euch nun endlich miteinander vertragt! Thomas weiß lediglich, dass wir Streit hatten.“
 

James atmete erleichtert aus und fragte:

„Meinst du, wir können irgendwo ungestört reden?“
 

„Im Gemeinschaftsraum ist gerade niemand!“ erwiderte Joe und ging voran.
 

James starrte auf seine Füße und dachte angestrengt darüber nach, was er sagen konnte. Er hatte trotz der Bedenkzeit immer noch keine vernünftige Erklärung vorzubringen:

„Es tut mir wahnsinnig leid, Joe!“
 

„Das sagtest du schon und ich sagte, dass ich dir verzeihe und wir immer noch Freunde sind. Also wieso reitest du so lange auf dieser albernen Sache herum?“ schnappte Joe.
 

James blickte unglücklich auf und erwiderte:

„Ich verstehe einfach nicht, was da passiert ist: Ich habe versucht, dich zu küssen. Und ich frage mich ständig, wie es wohl weitergegangen wäre, wenn du mich nicht gestoppt hättest! Hätten wir dann vielleicht…ich meine, wäre ich dann wohl noch weiter gegangen? Das hat mich ziemlich verwirrt!“
 

Joe schaute James verblüfft an und fragte:

„Also darum geht es hier? Du fragst dich, ob du vielleicht ein ganz kleines bisschen so bist, wie ich? Wäre ob das denn wirklich so furchtbar, zum Teufel? Ich habe gedacht, du kämst mittlerweile ganz gut mit dem Thema zurecht?“

Joe wirkte verletzt.
 

James zuckte hilflos mit den Schultern:

„Das tue ich doch auch!“ erwiderte er kleinlaut: „Aber es ist irgendwie etwas anderes, mich zu fragen, ob ich auch so bin. Das würde dann ja bedeuten, ich bin nicht das, wofür ich mich immer gehalten habe, also dass ich mich selbst nicht besonders gut kenne.“

James wusste, dass seine Erklärung dürftig war, doch er hatte keine Ahnung, wie er es sonst beschreiben sollte.

Zu seiner Erleichterung schien Joe seine Worte dennoch hinzunehmen:
 

„Es ist doch ganz einfach, das herauszufinden. Frag´ dich doch einfach, was du in dem Moment gefühlt hast, als du mich küssen wolltest.“ schlug er vor.
 

James zuckte unglücklich mit den Schultern:

„Das ist ja genau das Problem. Ich weiß es nicht! Ich war so betrunken und verwirrt, dass ich keinen Schimmer habe, was ich empfunden habe!“
 

„Aha!“ machte Joe und bedachte seine Worte eine Weile. Dann erhob er sich, schloss die Tür ab, zog die Vorhänge zu und nahm wieder neben James Platz:
 

„Was hast du denn nun vor?“ fragte dieser verunsichert:
 

„Ich schenke dir Klarheit!“ erwiderte Joe.

Und dann küsste er James.
 

Und es war nicht bloß ein flüchtiges Küsschen im Vorbeigehen, sondern er tat es auf die Art, wie Liebende es tun würden.
 

James wehrte sich nicht und erwiderte den Kuss sogar, auch wenn er sich währenddessen fragte, was er da eigentlich tat.
 

Hinterher blickte Joe seinen Freund prüfend an und fragte:

„Und? Was hast du nun gefühlt?“
 

James war verlegen. Er versuchte sich wieder ein wenig zu sammeln und antwortete dann:

„Das kam überraschend!“ Er kratzte sich unsicher am Kinn und fuhr fort: „Es war nicht furchtbar!“
 

Joe kicherte.
 

„Aber es fühlte sich anders an, als wenn Kathryn mich geküsst hätte.“ stellte James fest: „Ich denke, vielleicht mag ich wohl doch eher Frauen?“ Joe sagte nichts, blickte ihn lediglich weiterhin eindringlich an, was James verunsicherte, also beteuerte er noch: „Aber du kannst wirklich gut küssen!“
 

Joe schüttelte grinsend den Kopf und erwiderte:

„Ich bin immer froh, wenn ich helfen kann, Kumpel!“
 

„Und was hast du dabei gefühlt?“ wollte James wissen.
 

Joe zuckte die Achseln:

„Es war merkwürdig, so als würde ich meinen Bruder küssen, oder so? Ich schätze, nun ist zwischen uns wieder alles klar, richtig?“
 

James nickte zur Bestätigung und Joe erhob sich, zog die Vorhänge auf und öffnete wieder die Tür:

„Bevor es noch Gerede gibt!“ kommentierte er und fügte hinzu: „Und damit das Eine klar ist. Solltest du Thomas jemals hiervon erzählen, dann bin ICH es, der dir den Kopf abreißt!“
 

„Verstehe!“ erwiderte James schmunzelnd. Dann erhob er sich, umarmte Joe und erklärte feierlich: „Ich bin wirklich so froh, dass wir Freunde sind!“
 

„Du bis so ein Spinner!“ erwiderte Joe liebevoll ehe er sich verabschiedete, um nach Tiny zu sehen.
 

Er fand ihn oben im Schlafzimmer und hockte sich neben seinen Geliebte auf das Bett:
 

„Worum ging es denn da zwischen euch?“ wollte Tiny wissen:
 

„Um nichts Wichtiges.“ erwiderte Joe harmlos: „Wir haben nur festgestellt, dass James ein ziemlicher Idiot ist.“
 

„Na, da bin ich ja erleichtert, dass ihr das klären konntet, aber das hätte ich dir auch so sagen können“

erwiderte Tiny trocken.
 

Eigentlich wollte James direkt nach dem Gespräch mit Joe wieder gehen, um nicht auf Kathryn zu treffen, doch da war es leider schon zu spät. Er hörte die Stimmen von Kathryn und Justine, die soeben hereingekommen waren und sich nun in der Küche niedergelassen hatten. Da es unmöglich war, ungesehen an ihnen vorbeizukommen, harrte er einfach dort aus, wo er sich befand.

Und auch, wenn es ihm wehtat, konnte er nicht anders, als zu lauschen, worüber die beiden Frauen sprachen und was sie taten.
 

In diesem Moment betrat Melody das Gemeinschaftszimmer. Sie trat zu James an das Sofa und wollte wissen:

„Was machst du denn hier so ganz allein?“
 

James zuckte mit den Schultern und antworte mit dem Blick in Richtung Küche:

„Mir leid tun, schätze ich!“
 

„Das geht besser mit Alkohol!“ entgegnete Melody und zauberte hinter ihrem Rücken eine Flasche Whiskey und zwei Gläser hervor. James blickte sie ein wenig unglücklich an, denn er dachte an das letzte Mal, als er ihre Medizin gekostet hatte:

„Für mich nur ein kleines Glas.“ erklärte er.
 

„Für mich nur ein kleines Glas!“ äffte Melody ihn nach, verdrehte die Augen, füllte beide Gläser bis zum Rand und reichte James eines, ehe sie sich dicht neben ihm niederließ, sich bei ihm anlehnte und verkündete:

„Ich kann diese Ziege Carpenter nicht ausstehen. Kathryn muss verrückt sein, sie dir vorzuziehen, mein Hübscher.“
 

James lächelte sie traurig an und antwortete:

„Offensichtlich hat die Dame Qualitäten, die mir fehlen.“
 

„Ja, richtig!“ erwiderte Melody: „Sie ist unhöflich, mischt sich in Sachen ein, die sie nichts angehen und beim Sex schreit sie das ganze Haus zusammen, wie eine kalbende Kuh!“
 

James zuckte bei der Vorstellung zusammen, stürzte unglücklich sein Glas in einem Zug hinunter und ließ sich nachschenken.
 

Melody fuhr fort:

„Ich kann mich nur wiederholen: Kathryn hat offensichtlich ihren Verstand verloren!“ Damit leerte auch sie ihr Glas.
 

„Wie sieht es mittlerweile eigentlich mit dir und Margarete aus? Habt ihr euch aussprechen können?“ erkundigte sich James, hauptsächlich um das Thema zu wechseln.
 

„Würde ich dann hier sitzen und mich volllaufen lassen!“ lautete ihre bittere Gegenfrage: „Ich verstehe einfach nicht, warum sie so an diesem verdammten Mädchen hängt. Unser ganzes Leben lang waren Margarete und ich unzertrennlich. Wir waren nie lange aufeinander böse. Jetzt, wo wir nicht mehr miteinander sprechen fühle ich mich, als wäre ich in zwei Hälften gerissen!“ bei diesen letzten Worten brach ihre Stimme und ihre Augen bekamen einen feuchten Glanz.
 

James nahm ihre Hand in seine, streichelte sie sanft und erwiderte:

„Ich kann dir nicht mit Sicherheit sagen, was in Margarete vorgeht, aber ich denke, sie ist voller Wut auf das, was Carmichael ihr angetan hat. Vielleicht ist sie auch zornig, weil ihre Freunde und ihre Familie sie nicht davor haben bewahren können, allen voran du als der Mensch, der ihr am nächsten steht. Das ist vielleicht nicht vernünftig, aber in so einer Situation handelt man wohl auch nicht rational. Und dann ist da Alice: Sie hat sich jahrelang erfolgreich ihren Bruder vom Leib gehalten und sie war es am Ende, die Carmichael hat aufhalten können. Kein Wunder, dass Margarete sich bei ihr sicher fühlt. Und Alice ist offensichtlich in deine Schwester verliebt. Einen Mann könnte Margarete momentan sicher nicht in ihre Nähe lassen, nach dem, was sie erlebt hat. Aber ich könnte mir denken, dass sie ihren Körper, der ihr fremd geworden ist, gern wieder spüren möchte. Und ein unschuldiges junges Mädchen, das zärtlich zu ihr ist, ohne zu viel von ihr zu verlangen, macht aus ihrer Sicht vielleicht Sinn!“
 

Melody hatte James seinen Ausführung interessiert zugehört und kommentierte nun:

„Also entweder bist du ziemlich schlau, oder ich bin schon betrunken, aber was du sagst macht Sinn. Und nun komme ich komme mir wie ein Monster vor, weil ich kein Verständnis für Margarete aufbringen konnte.“ Wieder weinte Melody ein wenig und James zog ihren Kopf an seine Brust:
 

„Du bist kein Monster!“ versicherte er: „Für dich war das alles doch auch ein großer Schock. Erst hattest du Angst, deine Schwester könnte sterben und dann musstest du damit klarkommen, dass die Erlebnisse sie verändert haben und du sie nicht mehr verstehen konntest. Du hast getan, was du in dem Moment für richtig gehalten hast.“
 

Melody richtete sich auf und küsste James auf die Wange:

„Danke!“ sagte sie schlicht.
 

In diesem Moment konnten sie beide hören, dass Justine und Kathryn offenbar beschlossen hatten ins Schlafzimmer umzuziehen. Ausgelassen kichernd und sich hörbar küssend, stiegen die Frauen die Treppe hinauf.
 

Die Hände von James ballten sich zu Fäusten und als oben Kathryns Schlafzimmertür ins Schloss fiel, verkündete er mürrisch:

„Ich schätze, ich sollte jetzt wirklich gehen!“
 

Melody hielt in fest und erwiderte:

„Ich wäre froh, wenn du noch ein Weilchen bleiben würdest. Ich möchte noch nicht allein sein. Vergiss` doch einfach die beiden da oben! Ich mach` uns schnell etwas zu essen und du könntest ein Feuer anmachen?“
 

James erwog seine Alternativen: Er konnte entweder zuhause wach liegen und den Verstand verlieren bei dem Gedanken, dass Kathryn gerade mit dieser Frau schlief, oder er konnte bleiben; in Gesellschaft einer Freundin und bei einer Mahlzeit möglicherweise Ohrenzeuge des Liebesspiels von Kathryn und Justine werden, das angeblich wie eine kalbende Kuh klang. Schweren Herzens entschied er sich für Letzteres.
 

Als das Feuer brannte, kam Melody mit einem Tablett wieder, auf dem kalter Braten, Käse, Brot, Gemüse und Milch zu finden waren.

Die beiden ließen sich wieder auf dem Sofa nieder und nahmen ihr Abendessen ein. Als sie fertig waren, hatten sie keine Lust aufzuräumen, stellten das Tablett mit den Überresten einfach auf den Boden und lümmelten sich faul aneinandergeschmiegt auf das Sofa. Sie starrten ins Feuer und redeten lange über Dies und Das. Es wurde langsam still im Haus, denn alle anderen waren bereits zu Bett gegangen.
 

Mit einem Mal waren eindeutige Laute aus dem oberen Stockwerk zu vernehmen.

James schluckte und zog seine Knie ans Kinn. Melody blickte hinüber zu dem unglücklichen jungen Mann und plötzlich wurde ihr klar, was sie gern tun wollte. Sie beugte sich zu ihm hinüber und strich durch seine dunklen, langen Locken:

„Ich mag dein Haar.“ flüsterte sie und begann dann ihn zu küssen, zunächst seine Wange, dann sein Ohr, seinen Hals und seinen Nacken.
 

Er blickte sie verblüfft an und stammelte dann:

„Bist du dir sicher? Aber was ist mit Kathryn?“
 

Melody schüttelte lächelnd den Kopf und sagte:

„Kathryn ist da oben in ihrem Schlafzimmer und amüsiert sich gerade großartig ohne dich. Du schuldest ihr nichts!“ Dann erklärte sie: „Und es geht nicht immer nur um Liebe, weißt Du?“

Sie fuhr damit fort, James zu küssen, während sie eine Hand unter sein Hemd schob.
 

Melodys Hände und Lippen auf ihm fühlten sich gut an. James sog ihren Duft und ihre Wärme ein, ließ sich davon treiben und seine Erregung gewann schließlich die Oberhand über seinem Anstand. Er begann zunächst noch schüchtern, Melodys Zärtlichkeiten zu erwidern. Sie zog ihn auf sich, zog ihm sein Hemd über den Kopf, öffnete seine Hose und James schob ihr Kleid hoch und zog es ihr über den Kopf.

Melody wusste genau, was sie wollte und wie sie es bekommen konnte und noch ehe James es recht begriff, liebten sie sich.
 

James verstand nun, was Melody meinte. Es ging nicht immer nur um Liebe, dennoch war es wundervoll!
 

Hinterher lagen James und Melody auf dem engen Sofa beieinander. Sie hatte ihren Kopf auf seiner Brust abgelegt und lag halb auf, halb neben ihm:
 

„Das war schön!“ sagte James ein wenig schüchtern.
 

„Ja, das war es!“ stimmte Melody zu: „Schön und dringend notwendig!“
 

James wollte etwas fragen, doch er hatte Angst. Schließlich gab er sich einen Ruck:

„Ich habe also nichts…falsch gemacht, oder so? Ich dachte, vielleicht ist das der Grund für Kathryns Entscheidung?“

James kam sich dumm vor, aber er musste es einfach wissen.
 

Melody hob den Kopf und lachte leise, ehe sie antwortete:

„Du hast rein gar nichts falsch gemacht.“ schmunzelnd fügte sie hinzu: „Verstehe mich nicht falsch: Ich könnte dir sicher noch ein oder zwei Dinge beibringen, aber es war gut!“
 

James sah aus wie ein Reh, das in den Lauf eines Gewehrs blickte, also fuhr Melody nachsichtig lächelnd fort:

„Mir gefällt, dass du dir Zeit lässt und dir nicht nur dein eigenes Vergnügen dabei wichtig ist. Das ist nicht selbstverständlich und es ist das, was Frauen sich dabei wünschen.“

Sie küsste ihn auf die Stirn und legte wieder ihren Kopf ab.
 

Schläfrig streichelte James ihr sanft über Rücken und Gesäß und obwohl er eigentlich die Absicht gehabt hatte, bald nachhause zu gehen, fiel er in einen tiefen Schlaf.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück