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Zwei Seiten einer Medaille

von

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„Dann willkommen in deinem neuen Zuhause.“ Luzifer tritt in seine Wohnung ein und ich folge ihm. Sofort kommt uns Demon entgegen und begrüßt uns mit zwei kurzen Lauten. „Ja, wir gehen gleich raus, mein Großer.“ Er tätschelt die Flanke des großen Hundes und auch ich streichel kurz über seinen Kopf. Katzen sind mir definitiv lieber, aber Demon gehört nun einmal zum Gesamtpaket und irgendwie mag ich den treudoofen Dobermann.
 

Ich bringe meine Tasche in den Wohnbereich und muss kurz schmunzeln. Die Wohnung ist wirklich klein und viel Platz um sich aus dem Weg zu gehen existiert nicht, doch wir werden uns schon zusammen raufen. Es wird zumindest für den Übergang funktionieren. Kaum fällt meine Tasche zu Boden spüre ich schon die Arme von Luzifer um meinen Brustkorb. Ein sanfter Kuss in meinen Nacken lässt mich erschaudern und ich spüre wie mir warm und kalt zugleich wird.
 

Meine Hand legt sich auf seine und ich genieße diesen Moment. Seine Nähe gibt mir unglaublich viel Kraft und lässt Wunden heilen, die schon seit Jahren vor sich hin bluten. Erneut ein kurzer Kuss in den Nacken. Plötzlich ist dort das Winseln von Demon und Luzifer trennt sich von mir. „Willst du mitkommen oder erst einmal deine Tasche ausräumen? Ich hab dir ein wenig Platz in meinem Kleiderschrank gemacht.“
 

Der Fakt, dass sich anscheinend auch Luzifer über meinen Einzug freute, lässt mich leicht lächeln, doch ich schüttel den Kopf. „Das kann ich auch später. Im Moment würde ich mich gerne bewegen. Meine Beine fühlen sich noch ganz steif vom langen Sitzen an.“
 

Ich folge ihm nach draußen. Demon selbst springt wild umher und ich muss erneut leicht lächeln, bevor ich ihnen weiter folge. Der große Hund läuft immer noch perfekt an der Leine und scheint den Weg schon zu kennen. Luzifer selbst bleibt ebenfalls ruhig und greift kurz nach meiner Hand. Ich spüre, dass er sie festhalten will, doch mir kommt es gerade ein wenig falsch vor.
 

Schließlich will ich hier leben. Wollen wir hier leben und ich habe keine Lust, dass diese Intimität jemand sieht, der uns vielleicht gefährlich werden kann. Im Augenwinkel erkenne ich den irritierten Blick von Luzifer, der sich in Trotz verwandelt, bevor er dann schmollend seine Hand in die Hosentasche steckt.
 

Nach einer Weile kommen wir in einem Hundepark an, wo Luzifer Demon von der Leine lässt. Sofort rennt dieser los und beginnt über die Wiese zu tollen. Luzifer selbst geht ruhig weiter den Weg entlang. Ich folge ihm schweigend und genieße die frische Luft. „Danke, dass du mich bei dir aufnimmst.“
 

„Mhm.“ Er steckt sich eine Zigarette an und schweigt. Ich fühle mich falsch und irgendwie irritiert mich sein Verhalten. Ist er mir nur wegen der Verweigerung des Händchenhaltens sauer? Das ist ja mehr als kindisch. Er muss doch selbst wissen, was das für Probleme geben kann. Auch wenn ich es mal akzeptiert habe. Damals wusste ich nicht, dass ich irgendwann hier wohnen werde.
 

„Was ist dein Problem?“, grummel ich und vermeide ihn anzusehen, wodurch ich ein Zischen von ihm bekomme und selbst schnaube. „Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Also, spuck es aus.“
 

„Warum bist du jetzt plötzlich so distanziert? Als du zu Besuch warst, war alles in Ordnung und jetzt darf ich dich nicht mehr berühren in der Öffentlichkeit. Das ist lächerlich!“ Ich kann seinen Frust deutlich heraushören. Auch freut es mich ein wenig, dass es ihm anscheinend egal ist, wenn er deswegen in Schwierigkeiten gerät.
 

„Ich will nicht, dass wir Probleme kriegen. Nur weil es der Falsche sieht.“ Ich seufze schwer und hoffe, dass sich Luzifer mit diesen Worten zufrieden gibt, doch erneut nur ein Schnauben. „Die können mir alle gestohlen bleiben. Heutzutage sollen sie sich echt nicht mehr so anpissen deswegen. Leben und leben lassen. Die meisten haben das schon kapiert.“
 

Demon kommt zu uns zurückgelaufen und schmeißt Luzifer einen Stock vor die Füße. Dieser hebt ihn auf und wirft ihn wieder weg. Freudig rennt der Hund dem Geschoss hinterher und kommt kurze Zeit später wieder, um das Spiel fortzusetzen. Wie schön muss es sein, wenn man sich über solche Kleinigkeiten freuen kann? Manchmal ist ein primitives Denken definitiv ein Segen.
 

„Ich will nur Probleme vermeiden.“ Warum will er das nicht verstehen? Erneut ein Schnauben und ein wütender Blick, als er den Stock wieder von sich wirft. „Du kannst es nicht allen recht machen, Nathy. Egal, ob es jetzt deine Haare sind oder deine Art, wie du gewisse Wörter aussprichst. Es wird immer einen Menschen geben, der irgendwas an dir störend finden wird. Deswegen solltest du dein Leben so gestalten, wie es für dich schön ist. Egal, was andere sagen oder tun. Wichtig ist nur dein eigenes Glück. Denn man lebt eben nur einmal und ich will später nicht zurückblicken und irgendeine verpasste Chance bereuen.“
 

Ich stocke bei seinen Worten, denn sie treffen durchaus einen Nerv in mir. Luzifer hat Recht. Wir leben nun einmal nur einmal und deswegen ist es Blödsinn sich diese kostbare Zeit kaputt machen zu lassen, weil man zu sehr an die anderen denkt.
 

„Außerdem können wir uns beide recht gut wehren. Es soll sich also erst einmal jemand trauen uns blöd zu kommen.“ Er lacht auf und ich muss leicht lächeln. Irgendwie hat er ja Recht. Ich habe mich schließlich lange darauf gefreut und jetzt stehe ich mir selbst im Weg. Wie blöd kann man nur sein?
 

Ich schüttel über mich selbst den Kopf und trete dann neben Luzifer, um sanft seine Hand in meine zu nehmen. Überrascht sieht er mich an, doch ich lächle nur, bevor ich sie sanft drücke und dann mit ihm weitergehe. Demon rennt bellend an uns vorbei und drückt Luzifer dabei den Stock in die Hand. Sofort fliegt dieser wieder durch die Lüfte. Es ist ein schönes Gefühl hier zu sein. Die Blicke zu ignorieren und nur zu sein. Bei einem Menschen, der einen so mag, wie man war. Nichts hinterfragt und die kleinen Fehler akzeptiert.
 

„Danke.“ Ich kann es nicht oft genug sagen und erneut lächelt Luzifer. Drückt sanft meine Hand und geht dann weiter mit mir. Vielleicht ist es gut so, wie es nun einmal ist. Ja,vielleicht haben wir diese Etappen in unserem Leben gebraucht, um jetzt gemeinsam durchs Leben zu gehen.
 

Demon tobt weiter und wir genießen diese Zeit. Ich hab nicht das Bedürfnis irgendetwas zu sagen. Nur einfach zusammen sein. Auch Luzifer schweigt und wirft immer mal wieder den Ast, den ihn Demon bringt.
 

Schließlich kommen wir am Ende des Parks an und Luzifer nimmt Demon wieder an die Leine, bevor wir uns langsam auf den Rückweg machen. Ich lasse meine Hand in seiner und spüre, wie diese simple Berührung mir unsagbar viel gibt. Kraft, Liebe, Zuversicht und Wärme. Alles Dinge, die ich lange in meinem Leben vermisst habe und mich jetzt lächeln lassen.
 

Immer wieder bemerke ich missbilligende Blicke und kurz versuche ich den Griff zu lösen, doch Luzifer lässt mich nicht gehen und hält mich bestimmt fest. Demon geht stolz an unserer Seite. Sein Kopf ist neugierig erhoben und er strahlt unheimlich viel Kraft aus.
 

Ja, vielleicht ist meine Angst unberechtigt. Sowohl Luzifer als auch Demon machen nicht den Eindruck, dass sie leichte Beute wären. Im Gegenteil. Nur ich selbst fühle mich als Opfer und das obwohl ich mich erst vor kurzem mit meinem Vater geschlagen habe. Ein Kampf, den ich sogar relativ gut gemeistert habe. Vielleicht sollte ich das auch mal einsehen. Ich bin nicht schwach und man kann mir nichts tun, wenn ich es nicht zulasse. Ja, ich kann mich wehren.
 

Alleine bei diesen Gedanken spüre ich, wie ich größer werde und mein Kreuz durchstrecke. Ich will nicht mehr kriechen. Nicht mehr zurück sehen oder schwach sein. Das war meine Vergangenheit, aber jetzt bin ich in einer Gegenwart angekommen, in der meine Schwäche nicht mehr existiert. Ich bin kein Prügelknabe mehr und ich habe nicht vor, dass ich es wieder werde. Nie wieder...



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