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VITANI

Die Geschichte der Schattenlöwin
von

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Zweifel

"Tani? Tani! TANI!"
 

Ein paar kleine, jedoch energische Pfoten trommelten gegen Vitanis Bauch. Noch schläfrig öffnete sie die Augen.
 

Damu erschien urplötzlich in ihrem Blickfeld. „BUH!" Sie lachte auf, als Vitani ihren Kopf schüttelte, um den kleinen Plagegeist los zu werden.
 

Wärme durchströmte sie wie in jedem dieser glücklichen Momente. Sie rollte sich spielerisch auf den Rücken und schlug mit den Pfoten nach Damu.
 

„Rausgehn!" Damu hüpfte auf Vitanis Bauch, was trotz ihrer geringen Größe nicht besonders angenehm war. „Rausgehn. Tani!"
 

„Psst, nicht so laut!" Die ältere Schwester schubste Damu sanft von sich herunter. „Wir wollen doch Mama und Papa nicht aufwecken." Sie deutete auf das schlafende Königspaar.
 

„Rausgehn?" Mit großen Augen blickte die Kleine zum Höhlenausgang. Die Sonne blinzelte über die Spitze des Königsfelsens. In einigen Momenten würde ihr rotes Licht die Höhle fluten.
 

Vitani seufzte und rappelte sich auf. Diesen Anblick durfte sie Damu natürlich nicht vorenthalten!
 

Damu quiekte leise und rannte los. Lächelnd trabte Vitani hinterher.
 

Sie kamen gerade rechtzeitig. Wie ein gleißend roter Feuerball erhob sich die Sonne und der Fels glühte in ihrem Schein. Ehrfürchtig stand Damu da. Vitani stupste sie an.
 

„Na, ist das schön?"
 

Das Junge nickte heftig. Ihr Strahlen hätte gut mit dem der Sonne mithalten können.
 

„Guten Morgen, meine Kleinen." Scar kam, flankiert von Zira, aus der Höhle geschritten.
 

„Ich bin nicht klein!", erwiderte Vitani protestierend und krallte sich mit einem gewagte Sprung in die Mähne ihres Vaters. Dieser ließ sich theatralisch zur Seite fallen.
 

Zira seufzte. „Zeit, die Jagdpatroullien einzuteilen."
 

„Mama!", jubelte das Junge und stürmte, so schnell es seine kurzen Beine trugen, zur Königin. „Hunger!"
 

War das der Anflug eines Lächelns auf Ziras Gesicht? In Scars Mähne vergraben beobachtete Vitani ihre Mutter und ihre kleine Schwester, die vereint zur Höhle schlenderten.
 

„Ich habe zu tun, Vitani. Warum gehst du nicht spielen?" Scar rappelte sich auf und seine Tochter rutschte herunter.
 

Seufzend verließ sie den Königsfelsen. Damu war zwar um einiges gewachsen seit ihrer Geburt, doch sie war dennoch ein schutzloses Junge und noch nicht bereit, das Geweihte Land mit ihrer Schwester zusammen zu erkunden.
 

In Gedanken verloren, wäre sie fast in den jungen Löwen vor ihr hineingelaufen.
 

"Hallo!"
 

Überrascht blickte Vitani auf. Sie hatte noch nie zuvor einen anderen Löwen außer Scar im Geweihten Land gesehen... sie betrachtete ihn eingehend, versuchte, ihn einzuschätzen.
 

Er war etwa in ihrem Alter und seine braunen Augen leuchteten freundlich. Keine Bedrohung. Vitani fuhr ihre Krallen wieder ein, fixierte den Fremden aber immer noch misstrauisch mit ihrem Blick.
 

Er verengte die Augen. "Hallo? Kannst du mir sagen, wo ich mich befinde?"
 

"Im Geweihten Land", knurrte sie zurück.
 

"Hey, kein Grund, gleich unfreundlich zu werden!", rief der Löwe beschwichtigend. "Ich habe mich einfach nur verlaufen."
 

Irgendetwas an ihm schien seltsam vertraut. Die Art, wie er sprach. Die Farbe seines Fells. Vitani wollte nur nicht einfallen, woher...
 

"Wer bist du?" Sie legte den Kopf schief.
 

"Mheetu. Und du, Prinzessin?"
 

"Nenn mich nicht Prinzessin!" Schneller als er auch nur blinzeln konnte, hatte Vitani ihn auf den Boden gepinnt. Sie hatte den Namen schon einmal gehört...
 

"Woher kommst du... und warum bist du wirklich hier?"
 

"Ich schwöre bei den Königen, ich habe mich verlaufen!"
 

"Du redest wie jemand, der aus dem Geweihten Land kommt. Ich glaube dir nicht."
 

Sein Blick verfinsterte sich. Auf einmal erschien er Vitani klein und verletzlich und sie zog sich zurück. Er war klein, tatsächlich. Und abgemagert.
 

"Ich stamme von hier, ja. Aber es wurde zu gefährlich, zu bleiben... du weißt schon. Wegen dem König. Er duldet keine männlichen Junglöwen in seinem Land."
 

Darüber hatte Vitani noch gar nicht nachgedacht. Aber es stimmte: Scar war der einzige Löwe, den sie je kennengelernt hatte. Aber lag es wirklich daran, dass... Sie schüttelte den Kopf.
 

"Also gut. Weißt du, aus welcher Richtung du gekommen bist?"
 

"Hmm... du hilfst mir jetzt?"
 

"Sieht so aus."
 

"Als ich ankam, war die Sonne direkt vor mir. Sie strahlte ganz rot und war gerade dabei, aufzugehen..."
 

"Wenn du in Richtung Sonnenaufgang gekommen bist, musst du... in der Richtung des Sonnenuntergangs zurück", schlussfolgerte Vitani.
 

"Dann muss ich bis zum Abend warten?!" Mheetus Augen waren entsetzt weit aufgerissen.
 

Vitani nickte.
 

"Aber ich kann nicht noch länger hier bleiben!"
 

Ein Kichern ließ die beiden verstummen. Einige Hyänen traten aus dem Schatten eines Felsens und begannen, die Löwen einzukreisen...
 

"Lauf!" Mheetu fuhr die Krallen aus und warf sich vor Vitani. "Ich lenke sie - "
 

"Halt. So funktioniert das nicht." Sie musste sich beherrschen, um nicht die Augen zu verdrehen. Aber irgendwie war es auch süß, dass er sie verteidigen wollte. "Der Löwe steht unter dem Schutz des Königs", meinte Vitani so herablassend wie möglich. "Und wenn ihr euch eine große Menge Ärger ersparen wollt, lasst ihr ihn besser in Ruhe."
 

"Ärger? Von dir etwa?", kicherte einer der Aasfresser.
 

"Nein", erwiderte Vitani ruhig, "von meinem Vater. Dem König."
 

Hinter ihr zuckte Mheetu kaum merklich zusammen..
 

"Wir wollen natürlich keinen Ärger mit dem Boss", grinste die Hyäne und winkte die restliche Gruppe zu sich. "Hauen wir ab."
 

Nachdem das Gelächter der Hyänen verklungen war, atmete Vitani auf. "Komm, ich zeige dir - "
 

In Mheetus Blick lag blankes Entsetzen. "Lieber lasse ich mich von denen fressen, als dass ich dir traue!", fauchte er. "Wer sagt denn, dass du mich nicht direkt zu Scar führst? Schließlich bist du seine Tochter!"
 

Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte davon.
 

"Mheetu, warte!", rief Vitani. Doch es half nichts - der junge Löwe war schon hinter den Hügeln verschwunden.
 

Noch einige Zeit stand Vitani da und starrte in Richtung Horizont. Ein nagendes Gefühl machte sich in ihrer Brust breit - oder war es immer schon da gewesen?
 

Zweifel.
 

Schreckliche, nicht zu leugnende Zweifel an dem System, am König selbst. Wenn so viele sich gegen ihren Vater stellten... konnte das, was er tat, dann tatsächlich noch richtig sein?



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