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Eine Studie in Postreichenbach

Mystrade [BBC]
von

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Nicht auf dem Schirm gehabt

Mycroft tippte unruhig mit den Fingerspitzen auf seinen Schreibtisch, den Blick auf die aufgeklappte Akte vor ihm gerichtet, in der es um irgendeine Bewilligung für irgendeinen Einsatz der MI5 ging.

Er konnte sich einfach nicht konzentrieren.

In seinem Kopf drehte sich alles darum, wie es Sherlock ging, was er gerade tat, wie weit er war.

Der Jüngere hatte mit seiner Bemerkung, dass er eine stalkerhafte Ader besaß, nicht ganz unrecht gehabt, auch wenn diese aus ernstgemeinter Sorge resultierte.

Und dem Zwang, über alles und jeden Bescheid zu wissen.

Wenn Sherlock in London oder einer beliebig anderen Stadt in England war, konnte Mycroft diesem Drang ohne Probleme nachgehen, ihn über die Überwachungskameras suchen oder einen Fall aus einem Ordner heraussuchen und ihn unter dem Vorwand kontaktieren, dass er keine Zeit und Muße für die Laufarbeit hatte.

Aber außerhalb des Landes, da konnte er sich nicht in das Sicherheitssystem hacken.

Nun, können zwar schon, aber es würde ihn in eine Erklärungsnot bringen und das konnte und durfte er nicht riskieren, nur um sein Gemüt beruhigen zu können.

Mit einem schweren Seufzen klappte er die Akte zu, machte das gerade doch keinen Sinn, und griff nach seinem Handy.

„Wie sieht es aus?“, fragte er direkt, sich die Zeit für Höflichkeitsfloskeln sparend und nahm am Rande unzufrieden wahr, wie er wieder mit den Fingerspitzen der freien Hand auf den Tisch vor sich tippte.

„Unverändert. Dr. Watson hat seit seiner Krankschreibung, mit Ausnahme der Beerdigung, das Haus noch nicht verlassen. Er hat sie aber auch nicht verlängert. Wir können also davon ausgehen, dass er in zwei Tagen wieder auf der Arbeit erscheinen wird.“

„Und?“, hakte er nach und ballte seine linke Hand für einen Moment zur Faust, um seinen Tick zu unterdrücken.

„Mrs. Hudson war heute Morgen von neun Uhr zweiunddreißig bis zehn Uhr sechs einkaufen. Vor.. elf Minuten traf ihre Schwester, vermutlich zum Kaffee, ein.“

„Weitermachen.“, befahl er und legte auf.

Sein Handy schob er wieder in die Jackettasche und legte die Finger aneinander.

Würde seine ganze Sorge nicht schon auf seinen Bruder fokusiert sein, würde er sich vielleicht sogar welche um den Doktor machen.

Mycroft hoffte wirklich, dass dieser in zwei Tagen wieder in das normale Leben zurückkehren würde.

Schließlich hatte er Sherlock versprochen, auf ihn zu achten, und wenn nicht langsam etwas passierte, dann würde er mit ihm in Kontakt treten und sehen müssen, ob er irgendwas tun konnte.

Denn was wäre er denn für ein großer Bruder, wenn er nicht mal ein so simples Versprechen einhalten konnte?

Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Gedankengängen und er hob ab.

„Sir, wir sollten uns doch melden, wenn Ungewöhnlichkeiten am Grab ihres Bruders auftreten.“

„Was ist passiert?“, hakte er sogleich nach und klappte seinen Laptop auf, um es sich auch selbst ansehen zu können.

„Ein Mann, der nicht bei der Beerdigung anwesend war, steht nun seit exakt einer Stunde vor dem Grab.“

„Ich sehe mir das selbst an. Unternehmen Sie nichts.“, wies der Braunhaarige an und legte auf, ehe er auf das Kameranetz zugriff.

Als er den Mann erkannte, stockte er.

DI Gregory Lestrade

Seine Brauen zogen sich zusammen und er zoomte so weit es ging heran, um mehr erkennen zu können.

„Warum steht er dort bereits seit einer Stunde?“, fragte er sich leise und beobachtete den Älteren dabei, wie er von einem Fuß auf den Anderen trat und etwas sagte, was Mycroft aufgrund der Entfernung nicht von den Lippen lesen konnte.

Dafür konnte er aber mehr als deutlich erkennen, dass der Inspector recht mitgenommen wirkte.

Er schien sich seit ein paar Tagen nicht mehr rasiert zu haben, seine Haare waren unordentlich und sein Hemd, das er unter dem offenen Mantel trug, zerknittert.

Musste er etwa auch ihn auf die Beobachtungsliste setzen?

Waren er und sein Bruder befreundet?

Mycroft war immer davon ausgegangen, dass sie lediglich zusammen arbeiteten.

Dann entdeckte er den fehlenden Ehering und rief eine zweite Seite auf, ehe er schnell die Erkenntnis gewann, dass er sich tatsächlich von seiner fremdgehenden Frau geschieden hatte.

Also doch nur Bekannte und sein Zustand ließ sich auf die frische Scheidung zurückrufen?

Doch warum stand er dann so lange vor dem Grab?

Mycroft schloss das zweite Fenster wieder und sah dabei zu, wie der Grauhaarige zwei Zigaretten aus seiner Manteltasche zog und beide anzündete.

Die eine legte er auf den schwarzen Grabstein, die Andere schob er sich selbst zwischen die Lippen.

Die Brauen des Politikers zogen sich noch weiter zusammen und er erhob sich, um eine Akte herauszusuchen.

Diese klappte er auf und blätterte hindurch, bis er fand, was er suchte.

„Seit über einem Jahr auf Nikotinpflaster umgestiegen..“, murmelte er laut und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.

Also hatte Greg wieder mit dem Rauchen angefangen.

Vielleicht sollte er ihn doch im Auge behalten, andererseits wollte er nicht noch mehr Personalkapazität in die Überwachung von eigentlich unwichtigen Personen verschwenden.

Schwer atmete er aus und klappte seinen Laptop zu, sich zurücklehnend und die Finger aneinanderlegend.

Er sollte der Sache auf den Grund gehen, ob wirklich eine freundschaftliche Beziehung zwischen den Beiden herrschte und dann in Ruhe abwägen, wie er weiter vorgehen sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sensenmann
2018-05-03T06:10:44+00:00 03.05.2018 08:10
Alleine der Titel des Kapitels ist Gold wert :'D!

Irgendwie ist es ja creepy, dass Mycroft mir nichts, dir nichts jeden einzelnen Bürger von London beschatten lassen kann. Andererseits finde ich es extrem süß, dass er sein Versprechen gegenüber Sherlock penibelst einhält. Nicht nur bei John Watson, sondern auch bei Mrs Hudson :).
Wollen wir für ihn nur mal hoffen, dass John sich wieder fängt und Mycroft das nicht selbst in die Hand nehmen muss ;)

Greg tut mir wirklich leid. Erst die Probleme mit deiner Frau, die Scheidung und dann begeht Sherlock auch noch augenscheinlich einen selbst. Vollkommen verständlich, dass er da mit den Nerven am Ende ist. :(

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel! :)

Antwort von:  NightcoreZorro
03.05.2018 11:03
Ich konnte mir diese Redewendung bei Mycroft einfach nicht verkneifen. :D

Und Mycroft hofft das selbe wie du, hat er jetzt doch schon genug mit Greg zu tun, um herauszufinden, ob dieser auch in seinen "Aufgabenbereich" fällt. xD Man will ihn zwischenmenschlich doch nicht überfordern. :D

Man liest sich dann beim nächsten Kapitel!


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