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Crazy like a skull

Das Paradies hat einen Haken
von

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The lady and the tramp


 

1
 

Mit einem ziemlich gleichgültigem Blick starrt die Blondine aus dem großen Panoramafenster des Restaurants. Schwere Tropfen prallen gewichtig gegen das Glas und machen es nahezu unmöglich das Nachbargebäude zu erkennen. Regen ist in Alola zu meist eine Seltenheit. An manchen Orten, wie der nahe gelegenen Wüste hier auf Ula-Ula oder dem Canyon von Poni, regnet es nie. Andere Orte werden öfter einmal gewässert, wie zum Beispiel der Ziergarten hier in Malihe City. Am Unwirklichsten erscheint einem aber wahrscheinlich das Dort Po’u ganz im Norden Ula-Ulas, in dem es seit vielen Jahren förmlich ununterbrochen regnet und niemals ein Strahl Sonne die dicke Wolkendecke durchbricht. Das Ganze hat seinen Ursprung in der Strafe des erzürnten Schutzpatrons. Was in diesem einst prunkvollen Dorf passiert ist, ist wirklich furchtbar und verdient daher eine Bestrafung und so ist Po’u zu einem unwirklichen Ort geworden, an dem heute niemand mehr wohnt. In Malihe City regnet es allerdings auch eher selten, nur manchmal gelingt es den aufgedunsenen Wolken vom Wind erfasst zu werden und ihre gesamte Ladung nicht über dem Ziergarten abzuwerfen, sondern hier nieder gehen zu lassen. Doch diese Schauer dauern meistens nur wenige Minuten, sind dafür aber nicht selten sehr heftig.
 

Beim Anblick der großen Tropfen ist Samantha schon froh, dass sie sich dazu entschieden hat, heute früher essen zu gehen, sonst wäre sie jetzt wohl nass bis auf die Knochen. Wirklich darüber freuen kann sie sich jedoch nicht, da ihre Gedanken ganz bei ihren beiden Kindern sind. Es sind allerdings keine schönen Gedanken. Ihr Sohn Gladio und ihre Tochter Lilly haben sich vor kurzem gegen sie gewandt, obwohl sie immer nur das Beste für sie wollte, ihnen all ihre Liebe gegeben hat. Und, als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, haben sich die beiden auch noch erdreistet und ihr zwei ihrer wertvollsten Pokémon gestohlen. Eine wirklich unerhörte Frechheit, wo sie doch genau wissen, dass sie sie für ihre Forschung braucht. Wäre doch bloß ihr Mann Mohn noch hier, dann wäre das Ganze sicher gar nicht erst passiert... Doch das Schicksal meint es einfach nicht gut mit ihr. So leicht lässt sich Samantha aber nicht hinters Licht führen. Früher oder später findet sie schon einen Weg, um die beiden Ausreißer wiederzufinden und die Pokémon zurückzubekommen und dann werden sie schon sehen, was sie davon haben, sich gegen ihre eigene Mutter zu stellen!
 

Sie gibt ein verstimmtes Schnauben von sich, das all ihren Zorn zum Ausdruck bringt und dennoch sehr resignierend klingt. Eigentlich weiß sie gar nicht, wie es ihr gelingen soll, die beiden zu finden. Sie könnten schlichtweg überall sein und weder sie, noch ihre zahlreichen Mitarbeiter haben die Zeit ganz Alola nach ihnen zu durchkämmen. Ihr muss also eine andere Lösung einfallen und das möglichst bald. Sie steht so kurz vor einem Durchbruch, doch ohne die beiden Pokémon kommt sie nicht weiter. Gedankenversunken starrt sie auf den Teller hinab, den der Kellner gerade vor ihr abgestellt hat. Sie dankt ihm und schenkt ihm ein herzliches Lächeln, obwohl sie mittlerweile gar keinen Appetit mehr hat. Sie macht sich einfach zu viele Sorgen und Vorwürfe, als, dass sie jetzt etwas essen könnte.
 


 

2
 

Die Zeit vergeht, das Essen vor ihr sicher auch schon kalt, doch sie hat noch nicht einen Bissen davon genommen. Stattdessen schiebt sie die einzelnen Bestandteile nur trübsinnig mit den glänzenden Zinken ihrer Gabel von einer Seite des Tellers zur anderen. Fieberhaft sucht sie nach einer Lösung. Nur am Rande bekommt sie mit, wie sich die Tür öffnet und ein junger Mann hereinkommt. Nicht sonderlich interessiert betrachtet sie ihn kurz. Bei seinem Anblick verzieht sich jedoch im ersten Moment angewidert ihr Gesicht. Er wendet ihr den Rücken zu, sodass sie sein Gesicht nicht sehen kann, aber das muss sie auch gar nicht. Inzwischen hat der Regen längst wieder aufgehört, doch dieser junge Mann muss die volle Ladung davon abbekommen haben. Von oben bis unten ist er tropfnass und es dauert daher nur wenige Sekunden, ehe sich zu seinen Füßen eine beachtliche Pfütze gebildet hat.
 

Er scheint ziemlich rum gekommen zu sein oder hat einen harten Kampf hinter sich. Auf jeden Fall sieht er sehr mitgenommen oder eher heruntergekommen aus. Sein einst wohl gelbes Hemd steht geradezu vor Dreck, sodass man die eigentliche Farbe nur halbherzig erraten kann und der Regen hat es auch nicht viel besser gemacht, zudem hat es überall lange Risse und große Löcher. Seine vermutlich einst dunkelgrüne Hose sieht nicht viel besser aus. Die zerfetzten Aufschläge reichen ihm sogar nur noch bis zu den Knien. Außerdem hat er keine Schuhe an, dafür sind seine Füße aber mit einer dicken Schlammschicht bedeckt, die der Regen auch nicht wegspülen konnte. Verständlicherweise sind die Kellner in diesem eher feineren Restaurant nicht gerade angetan vom Anblick des jungen Mannes und versuchen ihn daher in der Nähe der Tür zu halten, damit möglichst wenige Gäste ihn zu sehen bekommen. Bemüht freundlich versuchen sie ihn wieder nach draußen zu bringen, doch da spielt der Bursche wie es scheint nicht mit.
 

Vielleicht wird das Ganze ja doch noch irgendwie interessant für Samantha und kann sie etwas von ihren eigenen Gedanken ablenken? „Kommt mir ja nich‘ zu nahe, ihr gestriegelten Vögel!“, plustert sich der Streuner auf und nimmt eine Drohhaltung ein, bei der deutlich die Muskeln und Sehnen an seinen kräftigen Armen hervortreten. „Sir, sie müssen wirklich wieder gehen!“, setzt der eine Kellner nachdrücklich an. „Sie belästigen mit ihrem Aufzug unsere Gäste!“, erwidert der andere. „Is‘ mir doch egal, was die feinen Pinkel von mir halten! Ich will doch bloß was essen, verdammt noch ma‘! Ich hat‘ seit Tagen nichts mehr, also macht euch nich‘ ins Hemd!“, hält der junge Mann wütend dagegen. „Es tut mir wirklich leid, dass zu hören, Sir. Aber Sie sehen nicht so aus, als ob Sie sich den Aufenthalt hier leisten könnten.“, erwidert der erste Kellner ungerührt. „Und außerdem haben Sie unseren Teppich ruiniert!“, kommt es prompt von dem zweiten. „Ich scheiß auf euren Teppich und außerdem könnt‘ ich mein Essen doch auch abarbeiten!“
 

Die beiden Kellner blicken sich etwas verstört an. „Mit Ihrem unflätigen Mundwerk dürften Sie hier nicht einmal die Teller spülen!“, kommt es entschieden von dem ersten Kellner. Doch das scheint das Fass endgültig zum Überlaufen zu bringen. „Was haste da gesagt? Du willst wohl, dass ich dich plattmache, was?“, zornig funkelt ihn der junge Streuner an und zieht dann einen Pokéball hervor. Überrascht weichen die beiden Kellner ein Stück zurück. In dieser Hinsicht sind sie unbewaffnet und für gewöhnlich haben Pokémon hier auch absolut nichts zu suchen. Dann jedoch betritt der Geschäftsführer den Ort des Geschehens. „Wenn Sie sich mit jemandem anlegen wollen, dann doch wohl mit mir!“, kommt es von diesem, ebenfalls mit einem Pokéball in der Hand.
 

Nun wirft der Bursche einen leicht hektischen Blick durch das Restaurant, als versuche er herauszufinden, wer sich außer dem Personal noch gegen ihn wenden könnte und da kann sie ihn zum ersten Mal richtig sehen. Der erste Gedanke, der ihr kommt, ist, dass er ein junger Mann mit einem alten Gesicht ist – besser kann sie seinen völlig fertigen Anblick einfach nicht beschreiben. Doch er hat Züge an sich, die sie seit dem Verschwinden ihres Mannes und der Rebellion ihrer Kinder oft an sich selbst gesehen hat, wenn sie in den Spiegel geschaut hat. Obwohl der Bursche – nach seinen Händen, den Bewegungen und seinem ganzen Auftreten nach zu schließen – kaum älter als zwanzig sein kann, ist sein Gesicht von unglaublich leidvollen Erfahrungen geprägt, und seine durchdringenden schiefergrauen Augen, unter denen schwere, violett-graue Schatten liegen, lassen einen nicht nur gehetzten, sondern auch einen tieftraurigen Ausdruck erkennen.
 

Dennoch sieht er verdammt gut aus, mit seiner blassen Haut, den hervortretenden Muskeln und dem langen, struppigen Haar, das ihm fast bis auf die Schultern reicht und das er vor geraumer Zeit wohl weiß gebleicht hat, es dann aber heraus gewachsen ist, sodass es nun zur Hälfte in tiefem Schwarz nach gesprossen ist. Zudem ist er unglaublich groß, was ihr schon fast eine Gänsehaut beschert. Für einen kurzen Moment schließt sie die Augen und lässt sein Aussehen auf sich wirken. Unweigerlich erinnert er sie dabei an ein Wesen aus einer anderen Welt, dessen Existenz sie entdeckt und dem sie so gern leibhaftig begegnen würde. Als sie die Augen wieder öffnet und sieht, wie hilflos und doch kämpferisch sich dieser junge Bursche gibt, wird ihr klar, dass er der Richtige ist – dass er allein ihr helfen kann ihren Traum zu erfüllen!
 

Eilig steht sie auf und nähert sich der kleinen Truppe. Der junge Mann und der Geschäftsführer stehen sich inzwischen drohend gegenüber. Der Bengel wirkt wieder sicherer, sogar sehr entschlossen, da sich sonst niemand gegen ihn zu stellen scheint und sich die beiden Kellner kleinlaut zurückziehen, um die Gäste zu beruhigen, die langsam Wind von der Sache bekommen. „Yo, Alter, wenn du’s so ham‘ willst, bitte. Doch ich bin dein schlimmster Alptraum, verlass‘ dich drauf!“, gebärt sich der Langhaarige und Samantha kann schon jetzt Unsicherheit im Gesicht des Geschäftsführers sehen. Von daher wird es Zeit einzuschreiten, ehe ihr schöner Plan zu Grunde geht und das ganze Restaurant in hellen Aufruhr versetzt wird. Flink bahnt sie sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch und wirft sich dem jungen Mann dann ungeniert an den Hals. „Da bist du ja endlich, Herzchen! Ich dachte schon, du schaffst es nicht mehr!“, flötet sie und schmiegt sich an ihn, obwohl sie ein weißes Kleid trägt, das augenblicklich von seinen nassen Sachen durchtränkt und auch der ein oder andere Schmutzfleck übertragen wird.
 

Hey, hübsches Mädchen mit den High Heels,

Du machst mich an, wie niemand zuvor
 

Völlig perplex verharren alle Anwesenden in ihrer Position. Der junge Streuner versteht die Welt nicht mehr. „Was zum...“, gibt er überfordert von sich. Ihre langen Finger streichen ihm einen Schlammspritzer von der rechten Wange, so hauchfein und sanft, dass es gar nicht in seinen Kopf hinein will. „Du liebe Güte, sieh dich nur an! Ich hatte befürchtet, dass der Auftrag schwierig wird, aber so schwierig? Es tut mir wahnsinnig leid, dass du das alles nur meinetwegen durchgemacht hast! Doch ich bin unglaublich stolz auf dich!“ Samanthas Stimme schwappt fast über vor gespielter Sorge, doch es verfehlt seine Wirkung nicht. Entschuldigend haucht sie ihm einen warmen Kuss auf die kühle Wange und blickt ihn dann durchdringend an. Der junge Bursche wird ganz rot um die Nase und versucht zu begreifen, was hier eigentlich gespielt wird. Doch in den tiefgrünen Augen der Blondine liegt die innige Bitte, das Ganze einfach wortlos mitzuspielen.
 

Du bist einfach ein Produkt der Anmut,

Ich mag die Art, wie du gehst, wie du redest, wie du dich kleidest
 

Als er sie richtig ansieht, klappt ihm fast der Unterkiefer herunter. Sie ist so atemberaubend schön. Und das ist noch längst nicht alles. Trotz seiner nassen, schmutzigen Sachen, drückt sie sich so fest gegen ihn, dass er das Gefühl hat, jeden Moment spüren zu können, welche Farbe ihr Höschen hat. Hinzu kommt die zarte Rundung ihrer kleinen, aber äußerst wohlgeformten Brüste. Sie hält sich da auch kein bisschen zurück, wie ihm scheint und das erregt ihn ungemein. Ein leicht überraschter Funken huscht durch ihre Augen, als sie die wachsende Beule in seiner Hose bemerkt. Keck schmunzelt sie ihm daraufhin zu. „Alles in Ordnung, Liebster? Dir fehlt doch nichts, oder?“, fragt sie gespielt besorgt und drückt sich noch fester gegen ihn. Hart schluckt der junge Streuner und grinst dann verwegen. „Solang‘ du bei mir bist, Baby, kann mir gar nichts fehlen!“, erwidert er frech und zieht sie zu einem Kuss zu sich heran. Verlangend vereinigt er seine Lippen mit den ihrigen und verliert sich augenblicklich in dem intensiven Gefühl. Wieder huscht eine leichte Überraschung durch ihre Augen, die er mit seinem nachdrücklichen Temperament erwidert. Er hatte erwartet, dass sie nicht so weit mit ihrem seltsamen Spielchen gehen und ihn wegstoßen würde, doch stattdessen geht sie ungerührt darauf ein und erwidert den Kuss sogar nahezu ausgehungert.
 

Ich fühle dich auf Meilen weiter Entfernung,
 

Völlig sprachlos stehen die beiden Kellner und der Geschäftsführer daneben, bis sich Letzterer verhalten räuspert. „Miss Lusamine? Kennen Sie diesen – Gentleman – etwa?“, fragt er vorsichtig. Die Angesprochene löst den Kuss mit dem Fremden und sieht den überforderten Geschäftsführer durchdringend an. „Aber selbstverständlich! Oder wollen Sie etwa behaupten, ich würde mich irgendwelchen dahergelaufenen Männern an den Hals werfen, die ich nicht einmal kenne?“, sie klingt ehrlich entsetzt, sodass ihr Gegenüber leicht zusammenzuckt. „So etwas würde ich natürlich niemals behaupten und ich bitte vielmals um Entschuldigung. Es kam nur alles so unerwartet...“, versucht er sich zu verteidigen. „Schon gut, vergessen wir das Ganze. Bringen Sie meinem Liebsten stattdessen ein Handtuch! Nicht, dass er sich Ihretwegen noch erkaltet! Und dann wollen wir endlich essen, wenn es recht ist.“, winkt die Blondine ab, nimmt den jungen Streuner bei der Hand und führt ihn zu ihrem Tisch hinüber. Stillschweigend lässt dieser es geschehen, während sich das Personal zerstreut, um ihren Wünschen nachzukommen.
 


 

3
 

Noch ziemlich perplex lässt sich der junge Mann auf den Stuhl fallen und rubbelt sich mit dem dargereichten Handtuch so gut es geht trocken. Geduldig steht der eine Kellner neben ihm und wartet darauf, ihm die Karte gegen zu können. Stattdessen nimmt sie ihm aber Samantha ab. Sie wirft einen Blick auf die wenigen Seiten und dann auf dem jungen Burschen ihr gegenüber. Ein sanftes Lächeln huscht über ihr Gesicht, während er sie nur verwundert ansieht. „Trödeln Sie nicht so herum und bringen Sie dem jungen Mann endlich sein Essen!“, befiehlt sie dem Kellner schließlich. Dieser legt nur fragend die Stirn in Falten. „Was soll ich ihm denn genau bringen, Miss Lusamine?“, hakt er vorsichtig nach. „Na, einfach alles!“, erwidert sie, als wäre es völlig offensichtlich und er nur zu dumm es zu verstehen. „A-alles?“, fragt der Kellner entgeistert nach. „Ja, was ist daran so schwer zu verstehen?“
 

Ich lass dich in meinen Wagen,

Dann werden wir diese Stadt unsicher machen
 

„Nun, nichts, denke ich. Aber bei alles handelt es sich immerhin um sechs Vorspeisen, elf Hauptgerichte und vier Desserts.“, zählt der Kellner auf. „Das weiß ich selbst. Aber sehen Sie sich den armen Burschen doch mal an! So groß und kräftig und dennoch hat er seit Tagen nichts gegessen. Da ist das doch eine Kleinigkeit für ihn. Also trödeln Sie nicht so! Marsch, marsch!“, forsch schickt sie den Kellner hinfort. Der junge Streuner lässt das klatschnasse Handtuch ungeachtet zu Boden fallen, fährt sich durch die strähnigen Haare, um wenigstens etwas Ordnung hineinzubringen, sieht sie dabei schief an und beugt sich dann über den Tisch, um besser mit ihr sprechen zu können. „Sag ma‘, Püppchen? Was ziehsten hier für ‘ne Show ab? Dir is‘ schon klar, dass ich kein Geld hab‘, oder? Also klemm‘ die Schenkel ma‘ schön wieder zusamm‘ oder mach’s mir umsonst!“ Entgeistert blickt sie ihn an und holt dabei scharf Luft. „Erstens: nennst du mich nicht noch einmal Püppchen, sonst wirst du es bereuen, mein Junge. Und zweitens: bin ich sicher keine billige Straßendirne, damit das klar ist! Ich bin die Präsidentin der Æther-Foundation!“, pikiert sie sich.
 

Küss mich einfach,

Und sag mir, dass du die Richtige für mich bist
 

Der junge Mann macht große Augen, lehnt sich etwas peinlich berührt wieder auf seinem Stuhl zurück, während sich ein roter Schimmer über seine Wangen schiebt. „Oh, sorry. – Aber ma‘ ehrlich, was sollte die krasse Nummer eben, Püppchen?“ Er hat das Wort kaum ausgesprochen, da trifft ihn die harte Spitze ihres Schuhs genau am Schienbein, nur knapp unterhalb der Kniescheibe. Schmerzlich zuckt er zusammen und kann es gerade noch so vermeiden, ihr sein Leid in unziemlichen Worten lautstark an den Kopf zu werfen. „Ich hatte dich gewarnt, also stell dich nicht so an! Und außerdem wollte ich lediglich deine Aufmerksamkeit und gleichzeitig verhindern, dass dich diese Trottel wieder vor die Tür setzen. – Zudem habe ich genau gemerkt, wie sehr es dir doch gefallen hat, also bitte. Und das Essen geht selbstverständlich auf meine Kosten Kümmere dich also nicht darum, sondern iss ordentlich.“, erwidert sie keck und lächelt zweideutig. „Scheiße Mann, du bist echt krass, weißste das?“ „Durchaus, doch das ist erst der Anfang. Ich habe große Pläne, mein Junge.“ Weiter kommt Samantha erst einmal nicht, da der Kellner damit beginnt, das ganze Essen irgendwie vor dem Streuner zu platzieren.
 

Die Art, wie du mich fühlen lässt

Du machst mich richtig an
 

Kaum, dass er wieder weg ist, betrachtet der Hochgewachsene nahezu fassungslos die vielen Varianten an Suppe, Salat, Fisch, Fleisch, Gemüse, Reis Nudeln, Obst, Kuchen und Eis. In seinem ganzen Leben hat er noch nicht so viel Essen auf einem Haufen gesehen und schon gar nicht nur für sich allein. Schon vor seiner Inselwanderschaft war er es eher gewohnt mit ziemlich wenig auskommen zu müssen oder sich selbst darum zu kümmern. Seit er vor einem Jahr von Kukui rausgeworfen wurde, ging es aber stetig weiter bergab. Zusammen mit seinen beiden Pokémon hat er sich mehr schlecht als recht durch die Wildnis Alolas getrieben und sich so gut es ging von Menschen ferngehalten. Nicht ohne den Hintergedanken, so zu verhindern seinem Ex-Freund oder dessen selbstgefälliger Frau über den Weg zu laufen. Er wollte den Mythos seines Verschwindens oder sogar seines möglichen Todes auskosten, um dem Brünetten Schuldgefühle einzutrichtern. Umso härter wird es so für den jungen Professor, wenn sie sich eines Tages doch wieder über den Weg laufen werden und der Käfer-Trainer ihm gehörig für all das, was er erlitten hat in den Arsch tritt.
 

Du haust mich glatt um

Meine einsamen Tage sind vorbei
 

Im Moment weiß er aber gar nicht, wo ihm der Kopf steht. „Mein Name ist übrigens Samantha und wie heißt du?“, hakt die Blondine nach, während er noch überlegt, womit er nur anfangen soll und sein Magen dabei immer lauter zu knurren beginnt. „Bromley...“, gibt er daher nur knapp von sich und greift dann mit den Händen einfach auf die Teller. Unter ihrem doch ziemlich erschütterten Blick schiebt er sich das Essen so regelrecht in den Mund. Wobei es wahrlich erstaunlich ist, dass er dabei noch Luft zum Atmen findet. Einen Augenblick betrachtet sie dieses skurrile Schauspiel noch, dass sie an ein übergroßes Kleinkind erinnert; dann ergreift sie die Gabel, die eigentlich für ihn bestimmt war und rammt sie mit voller Wucht in die Tischplatte,- so knapp neben seinen Fingern, dass er vor Schreck fast vom Stuhl fällt. „Fuck Mann, was soll’n der Scheiß?“, bringt er atemlos hervor. „Nichts Schlimmes. Ich fände es nur herzallerliebst, wenn du auch das Besteck zum Essen benutzen würdest, anstatt dich wie ein wildes Tier darauf zu stürzen. Weiter nichts.“
 

Ich mag das Gefühl, das du mir gibst,

Halt mich und ich bin high
 

Sie lächelt und Bromley hat noch nie im Leben ein solches Lächeln gesehen. Es ist herausfordernd, durchdringend und zynisch zugleich und er zuckt angesichts dieser ungeahnten Stärke erneut unwillkürlich zusammen. Mit einem nervösen Ausdruck im Gesicht wischt er sich die schmutzigen Finger an einer Serviette ab, ergreift dann vorsichtig die Gabel und zieht sie aus der Tischplatte. Die vier glänzenden Zinken hinterlassen kleine, runde Löcher in der schneeweißen, sonst vollkommen makellosen Tischdecke. Ihr Anblick hat etwas erschreckend Endgültiges und ihm wird klar, dass diese Frau nicht so dumm und naiv ist, wie es Blondinen gern nachgesagt wird. Nein, sie ist kraftvoll, gebieterisch und weiß ganz genau, was sie will.
 

Ich werde von neun bis fünf arbeiten,

Um dir Sachen zu kaufen,
 

Unbewusst steigt in Bromley der tiefe Wunsch auf, sie zu besitzen. Es ist wahrscheinlich das völlig falsche Wort dafür, aber er möchte ihr nahe sein; sie spüren, ihre Stimme in der Dunkelheit an seinem Ohr wispern hören, sich vielleicht sogar von ihr befehligen lassen… Sie ist einfach atemberaubend und irgendwie auch furchteinflößend, doch gerade das macht sie so anziehend für ihn. Noch nie hat er sich in Gegenwart einer älteren Frau so gefühlt und normalerweise hat er auch kein Interesse an solchen Damen, aber Samantha vereint dennoch alles, was man sich nur wünschen kann. Leicht nervös drückt er die Gabel in sein Essen und sieht prüfend zu ihr auf. Sie lächelt wieder, diesmal ein so reizvolles Lächeln, dass er sich sofort wieder in sie verleibt, wenn man dieses Gefühl tief in ihm, als ein solches bezeichnen kann. Sie hat Macht über ihn, unglaubliche Macht, doch das ist ihm jetzt noch nicht ganz bewusst. Im Moment ist es eher die Macht, die eine Mutter über ihr Kind hat. So stellt er es sich zumindest vor. Seine Mutter lebte ja in ihrer eigenen Welt, von daher kann er es nicht genau sagen. Dennoch hätte er es sich wohl so von ihr gewünscht. Das Samanthas Macht aber noch weit, weit tiefer reicht, wird er schon bald erfahren und es wird einen weiteren Tiefpunkt in seinem verkorksten Leben darstellen…
 

Um dich bei mir zu halten

Ich war noch nie so verliebt wie jetzt
 

„Na, siehst du. Ist doch gleich viel besser, nicht wahr?“, schmunzelt sie sanft. Vorsichtig nickt Bromley und versucht sich die wenigen Tischmanieren ins Gedächtnis zu rufen, die er in seinem Leben gelernt hat. Das ist nicht sonderlich einfach. Manuel hat sich zwar auch oft über viele Dinge pikiert, aber im Grunde genommen war er doch auch nur ein Junge und legte nicht so viel Wert darauf, solange sie zu zwei waren. Doch allein mit einer Frau hat der Käfer-Trainer noch nie gegessen und schon gar nicht in so einem feinen Schuppen. Anstatt sich ihrem eigenen Teller zu widmen, der inzwischen völlig kalt geworden ist, beobachtet sie nur weiterhin ihr Gegenüber, bis es diesem schließlich zu viel wird. „Sag ma‘, hab‘ ich was im Gesicht, oder warum starrst du mich die ganze Zeit so an?“ „Oh, das tut mir leid. Ich musste nur gerade an meine Kinder denken.“, meint sie lächelnd und zeigt ihm ein Bild, das vor ein paar Monaten aufgenommen wurde.
 

Versprich mir nur, dass du mich für immer lieben wirst
 

Bromley verschluckt sich fast an seinem Essen. Er hatte zwar vermutet, dass Samantha etwas älter als er selbst ist, doch das überrascht ihn nun wirklich. „Heilige Scheiße, du hast Kinder? Und dann auch noch so’ne Halbstarken? Sag ma‘, wie alt bist ‘n du eigentlich?“ Kichernd hält sich die Blondine eine Hand vor den Mund. „Du liebe Güte, Junge! Man fragt eine Frau nicht nach ihrem Alter! Aber ich nehme das gern als Kompliment an! Und wenn ich dich so anschaue, könnte ich vielleicht sogar deine Mutter sein.“, witzelt sie ein bisschen, obwohl es rein rechnerisch durchaus möglich ist. Ein weiteres Mal verschluckt sich der Käfer-Trainer und beginnt erstickt zu husten. „Heilige Scheiße, nich‘ dein Ernst!?“, doch ihr Blick verrät ihm das Gegenteil. „Du bist wirklich süß, weißt du das?“, kichert sie wieder, doch dann trübt sich ihre Ausgelassenheit schlagartig und sie senkt betroffen den Kopf, als wäre sie noch ein junges Mädchen, das von ihrem Lehrer getadelt wird.
 

Ich schwöre, ich stelle dich zufrieden,

Weil du die Richtige bist
 

Langsam fängt Bromley wieder an zu essen und mustert sie dabei verwundert. „Hey Püpp – ich mein‘ Samantha. Was’n los?“, hakt er nach. Sie gibt ein tiefes Seufzen von sich und betrachtet einen Moment schweigend das Bild ihrer Kinder. Als es aufgenommen wurde, war noch alles in Ordnung – abgesehen von der Tatsache, dass ihr Mann Mohn da schon verschwunden war. Dennoch haben sie auch zu dritt versucht eine glückliche Familie zu sein. Samantha versteht einfach nicht, was dieses Glück zerbrochen ist, wann ihr die beiden zu entgleiten begannen. „Weißt du, wir waren mal sehr glücklich. Eine ganz normale, glückliche Familie. Mein Mann und ich haben gemeinsam in der Æther-Foundation in der Forschung gearbeitet. Irgendwann geschah ein Unglück bei einem Experiment und mein Mann verschwand dabei spurlos. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen, obwohl ich alles versucht habe, um ihn wiederzufinden. Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt...“, setzt sie an und starrt dabei unentwegt auf das Foto von Gladio und Lilly.
 

Die Art, wie du mich fühlen lässt

Du machst mich richtig an
 

„Yo, dass tut mir echt leid...“, wirft Bromley ein, doch sie scheint es gar nicht zu hören. „Danach habe ich versucht allein weiterzumachen. Meine Kinder großzuziehen und einen Weg zu finden, in diese andere Welt zu gelangen, die mir meinen Mann genommen hat. Bisher leider vergebens. Ich dachte, dass Gladio und Lilly das verstehen würden, ihnen fehlt ihr Vater doch ganz sicher auch. Doch die beiden hatten nichts Besseres zu tun, als von Tag zu Tag immer aufmüpfiger zu werden und sich meiner Liebe und meiner Forschung in den Weg zu stellen. Sie behaupten, ich wäre richtiggehend besessen davon. Meinen, es würde mir nicht um meinem Mann gehen, sondern nur darum, diese andere Welt betreten zu können und, dass ich damit das Gleichgewicht zu zerstören würde. Schlussendlich sind sie sogar so weit gegangen und haben mir zwei sehr wichtige und überaus seltene Pokémon gestohlen, die für meine Forschung unverzichtbar sind. Ist das denn zu fassen?“, entsetzt blickt sie ihn an und er kann die brennende Leidenschaft für die Forschung förmlich in ihren Augen sehen. Er schweigt, erwidert nur ihre Betroffenheit. Mehr kann er im Moment wohl eh nicht tun, da er sich nicht ganz sicher ist, was sie mit alledem meint und ob es wirklich eine andere Welt gibt. Dunkel erinnert er sich daran, dass auch Burnett öfter von so etwas geredet hat und dahin ihre Forschung ausrichten wollte.
 

Du haust mich glatt um

Meine einsamen Tage sind vorbei
 

„Das Pokémon, das Gladio mitgenommen hat, wurde eigens in einem meiner Labore gezüchtet, um diese fremde Welt betreten zu können und dort mit möglichen Lebewesen fertig zu werden. Wenn sich nun wieder ein Riss auftut, wie damals bei meinem Mann, und diese Wesen in unsere Welt kommen, dann können wir dem nichts entgegenbringen! Von daher ist es von äußerster Wichtigkeit, dass ich diese beiden Pokémon wiederbekomme!“, eindringlich sieht sie ihn an. In ihrem Blick liegt die pure Ehrlichkeit und Sorge, doch in ihr sieht es ganz anders aus. Natürlich vermisst sie ihren Mann, doch sein Verschwinden hat sie verändert. Was aus dieser Welt wird, kümmert sie nicht mehr und auch nicht, was aus ihren Kindern wird. Sie sind ihr inzwischen völlig egal. Sie will nur diese fremden Wesen sehen und begreifen, wie sie leben. Ihnen nahe sein, ein Teil von ihnen werden. Doch dafür braucht sie Hilfe und dieser Streuner kommt ihr da gerade recht. Er hat ihren Köder schon geschluckt, da war er noch nicht einmal ganz ausgeworfen. Ihr jugendliches Aussehen macht ihn völlig verrückt und da scheint noch mehr zu sein. Er wirkt irgendwie leicht beeinflussbar, sogar verwirrt und mindestens ebenso sitzengelassen, wie sie sich fühlt. Das verbindet sie.
 

Ich war noch nie so verliebt wie jetzt,

Versprich mir nur, dass du mich für immer lieben wirst
 

„Yo Mann, das klingt ja alles echt mies. – Ich wünscht‘ ich hätt‘ so’ne nette Familie gehabt, wie du sie hattest. So viel Liebe. – Ich dacht‘, dass ich sie gefunden hätt‘, die wahre Liebe. Doch das war’n schwerer Fehler. Und jetz‘ hat er ‘ne andere geheiratet und ich sitz‘ auf der Straße...“, betrübt lässt Bromley die Schultern hängen und stochert in den wenigen Resten seiner riesigen Mahlzeit herum. Etwas verwundert lässt Samantha seine Worte auf sich wirken. Scheinbar hatte der junge Streuner keine besonders glückliche Kindheit und wenn sie sich nicht verhört hat, war er zudem auch noch mit einem anderen Mann leiert gewesen, was ihn aber wohl nicht davon abhält, etwas für Frauen zu empfinden. Das wird ja immer interessanter! Das kann sie mit Sicherheit ausnutzen, um ihn dazu zu bringen, ihr zu helfen. Langsam gleitet ihre Hand über den Tisch und legt sich herrlich warm auf die seinige. Liebevoll lächelt sie ihm zu, als er den Blick hebt. „Dieser Dummkopf weiß doch gar nicht, was für ein wundervoller und wertvoller Mensch du bist, mein Hübscher. Also hat er definitiv einen schweren Fehler begangen, sich von dir zu trennen und nicht du. Somit sein Pech. Doch dir wird es bessergehen, glaube mir. Ich werde dafür sorgen, dass es dir an nichts mehr fehlen wird und du ihn ganz schnell vergisst!“, raunt ihm die Blondine zu.
 

Ich schwöre, ich stelle dich zufrieden,

Weil du die Richtige bist
 

Überrascht sieht er sie an, hatte er doch gedacht, dass sie es vielleicht unschön finden könnte, zu hören, dass er mal mit einem Kerl zusammen war. Aber das Ganze ist ihm einfach so rausgerutscht ohne, dass er es verhindern konnte. Doch scheinbar kümmert sie das nicht. „Yo, dass klingt echt prima. Versteh‘ das jetz‘ aber nich‘ wieder falsch, denn ich hab‘ so das Gefühl, dass du doch was von mir willst...“ Bromley sieht sie durchdringend an. In ihm brodelt es förmlich und wenn sie hier nicht in einem Restaurant wären, würde er sie liebend gern auf den Tisch werfen und ihr zeigen, wo es langgeht. Allerdings fürchtet er, allein für den Gedanken schon einen schmerzhaften Tritt kassieren zu werden, weshalb er lieber nachfragt. Ungerührt seiner Worte, hält sie weiterhin seine Hand und lächelt ihn sanft an. „Oh, ich habe nie ausgeschlossen, dass zwischen uns etwas passieren wird, mein Hübscher. Ich habe lediglich gesagt, dass ich mich für solche Dinge nicht bezahlen lasse, Herzchen. Doch darüber können wir später noch reden. Erst einmal will ich dir wieder auf die Beine helfen und wäre hocherfreut, wenn du mir im Gegenzug dabei helfen könntest meine Forschung voranzutreiben. Du scheinst mir genau der Richtige dafür zu sein. Groß, stark, unerschrocken, beeindruckend. Wir haben viel gemeinsam und das macht uns zu sehr guten Partnern, findest du nicht?“
 

Die Art, wie du mich fühlen lässt

Du machst mich richtig an
 

Als Bromley hört, dass er ihr bei seiner Forschung helfen soll, muss er unweigerlich wieder ein Kukui denken. Ein wehmütiger Schmerz gleitet über sein Herz hinweg. Dann wird ihm klar, dass sie gerade zugegeben hat, an ihm interessiert zu sein, ja sogar vielleicht mit ihm ins Bett zu steigen und schlagartig ist Manuel völlig vergessen. Unschlüssig sieht er sich an, während der Kellner die Rechnung auf den Tisch legt und wieder geht. „Und? Was sagst du dazu, mein Hübscher? Kommen wir ins Geschäft?“, fragt sie zuckersüß. Er sucht noch nach den passenden Worten, da spürt er wieder ihren Fuß an seinem Bein. Diesmal ist es jedoch nicht die harte Spitze ihres Schuhs, die ihm nachdrücklich ihren Standpunkt verdeutlichen will, sondern nur das sanfte Rauschen ihres Seidenstrumpfs, der zärtlich seinen Unterschenkel auf und abstreicht. Als er dann geschickt Bromley’s Knie erklimmt und sich auch noch verstohlen auf die Innenseite seines Oberschenkels stiehlt, schluckt der junge Mann schwer.
 

Du haust mich glatt um

Meine einsamen Tage sind vorbei
 

Ihr Gesicht ist dabei so ungerührt, als würde sie sich immer noch nett mit ihm unterhalten und rein gar nichts deutet daraufhin, was sie gerade unter dem Tisch anstellt. Krampfhaft sucht der Käfer-Trainer nach seiner Beherrschung, doch es fällt ihm wirklich schwer, sie zu finden. Angestrengt beißt er sich auf die Unterlippe, bis es schmerzt. Was macht sie nur mit ihm? Noch nie ist er einer so aufregenden Frau begegnet, die ihm nicht schlagartig auf die Nerven ging und allerhöchstens für einen Quickie oder One Night Stand genügt hätte. Nein, Samantha ist weit mehr. Jemand, den er um jeden Preis beschützen will, lieben und für den er alles tun würde, nur um sie lächeln zu sehen. Sie macht ihn völlig blind und willenlos und dennoch könnte er sich nichts Schöneres vorstellen, selbst wenn er nicht einmal in die Nähe ihrer Unterwäsche kommen dürfte. Seit der Trennung von Manuel hat er mit unzähligen Frauen geschlafen, aber auch mit allerhand Männern, doch es war nie etwas auch nur halbwegs Bedeutungsvolles dabei. Nie hat er den Wunsch verspürt, diese Personen im Nachhinein wiedersehen zu wollen. All das passiert nur zwischen Tür und Angel, im Schutz der Dunkelheit und war spätestens mit dem ersten Sonnenstrahl vorbei.
 

Doch Samantha ist anders. Er würde zwar unglaublich gern mit ihr schlafen, doch es würde ihn auch nicht stören, dürfte er sie nur ansehen. Er hat nicht das Verlangen sie fallen zu lassen, wie all die anderen. Ganz im Gegenteil. Sie ist die Eine, die ihn aus dem Sumpf seiner Einsamkeit wieder herausholen kann. Die Eine, die er lieben kann, bis zum bitteren Ende. „Yeah, das hört sich toll an. Wär‘ echt klasse dir helfen zu könn‘.“ Er hat seinen Satz kaum beendet, da freut sie sich auch schon wie ein kleines Schulmädchen. „Wunderbar! Ich danke dir so sehr dafür! – Bist du denn auch satt geworden?“, fragt sie dann und besieht sich die wenigen Reste auf den vielen Tellern. „Mehr als das, kannste mir glauben. Ich platz‘ gleich...“ „Das freut mich. Ich hoffe nur, dass dir bei der Überfahrt dann nicht schlecht wird...“, entgegnet sie ihm etwas sorgenvoll und legt dann ungeachtet seiner Blicke das Geld in die Rechnung.
 

„Was’n für ‘ne Überfahrt?“, kommt es verdutzt von Bromley. „Mein Wohnsitz und die Æther-Foundation befinden sich auf einer künstlichen Insel draußen im Meer vor Mele-Mele und Akala, dem Æther Paradies. Um dorthin zu gelangen, müssen wir ein Schiff nehmen.“, erläutert ihm die Blondine. „Ach so. Nee, das is‘ kein Problem. Bin schon oft mit ‘nem Boot gefahren.“ „Dann ist es ja gut und bis zum Pier von Malihe City ist es auch noch ein ganzes Stück. Die frische Luft hilft dir sicher beim Verdauen und dann wird es bestimmt gehen.“ Sie lächeln ihn wieder an, dann erhebt sie sich und markiert damit den Moment des Aufbruchs.
 


 

4
 

Unter den immer noch argwöhnischen Augen der Kellner und des Geschäftsführers verlassen die beiden schließlich das Restaurant. Durch den Regen ist die Luft regelrecht rein gewaschen und tatsächlich noch etwas frisch. Doch das wird sich schnell wieder ändern und die Sonne die Oberhand gewinnen. Aber noch ist es angenehm und in der Ferne kann Bromley sogar die hauchzarten Reste eines Regenbogens erkennen. Gemeinsam betrachten sie ihn, bis er vollständig verschwunden ist und wenden sich dann in Richtung des Piers. Nicht gerade ein kurzer Fußmarsch, aber doch ziemlich angenehm, wie der Käfer-Trainer zugeben muss. Angenehm durch seine nette Begleitung und die Hoffnung, dass es jetzt endlich mal bergauf für ihn geht.
 

Den Großteil des Weges redet Samantha fröhlich vor sich hin. Über ihre Forschung, das Æther Paradies, ihr Kinder und ihren Mann, einfach über Gott und die Welt. Ganz typisch Frau eben. Bromley schafft es nicht, ihr die ganze Zeit aufmerksam zuzuhören, dafür ist sein Magen zu voll und er einfach zu erschöpft, obwohl er sonst ein recht guter Zuhörer ist. Dennoch gelingt es ihm ganz ausgezeichnet an den richtigen Stellen die richtigen Antworten zu geben, damit es ihr nicht auffällt. So vergeht die Zeit ziemlich gut und der junge Mann ist schon fast erstaunt, wie schnell sie dann doch die Pier erreichen.
 

Zwischen ein paar kleinen Booten tut sich dort eine riesige Yacht auf, die sich strahlend weiß aus dem Blau des Meeres erhebt und dadurch irgendwie völlig fehl am Platz wirkt. „Geiler Scheiß...“, ist alles, was der Käfer-Trainer dazu sagen kann. Kichernd führt Samantha ihn auf die Yacht und kurz darauf schippern sie auch schon los. Es dauert eine ganze Weile, doch dann tauchen am Horizont die Umrisse der künstlichen Insel auf, die sich ebenso weiß wie die Yacht aus dem blauen Meer erhebt. Ehrfürchtig betrachtet Bromley das von Menschenhand geschaffene Eiland, das eigentlich dem Schutz und Erhalt von Pokémon dienen soll. Hier werden bedrohte oder geschwächte Populationen oder Einzel-Pokémon betreut und wieder aufgepäppelt, um sie dann wieder in die Wildnis zu entlassen.
 

Doch das ist nur der äußere Schein, wie ihm Samantha schnell klar macht, auch ohne ihm konkret zu sagen, was sie so alles macht. Aber nur eine Hand voll ihrer eigenen Mitarbeiter wissen überhaupt von den wahren Absichten ihrer Präsidentin und helfen ihr bei der Durchführung des Ganzen. Der Rest der Leute beschäftigt sich hingebungsvoll und ehrgeizig damit, die unzähligen Pokémon aufzupäppeln und erforscht die bestmögliche Pflege für jede Art. Das Wort Paradies steht dabei ganz hoch oben, doch jedes Paradies hat auch einen Haken und wenn man ihn erst einmal gefunden hat, bricht alles zusammen, was man sich mühevoll aufgebaut hat...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Lied: Michael Jackson – The way you make my feel - Übersetzung Komplett anzeigen

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