Zum Inhalt der Seite

Verborgen in 221b

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Inspektor Lestrade

Eine seltsame Stimmung ist es, die da herrscht. Man möchte meinen, sich inmitten eines kurz bevor stehenden Duells zu befinden, das Zentrum einer Federung aus Wortgefechten und Querelen zu bilden, unbeteiligt und doch hineingezwungen.

Ich war eben oben, in der gemeinsam geführten Wohnstätte der sich als Junggesellen ausgebenden Herren, um von meiner erfolgreichen Festnahme zu berichten. Aber von Gemeinsamkeit und Euphorie habe ich nicht viel gespürt. Mir wurde keineswegs in dem munteren Plauderton begegnet, den zu hören ich zur heutigen Stunde des Besuchs erwartet hatte. Eher angeschlagen. Holmes klang buchstäblich skeptisch Watson gegenüber und selbiger befremdlich missmutig.

Sie feinden sich nicht an, das nicht. Nicht laut. Eher subtil. Sie sind penibel darauf bedacht, nicht in derselben Zimmerecke zu verweilen. Fallen lieber mir ins Wort als sich gegenseitig. Einem Inspektor fällt sowas natürlich auf.

Möchte mal wissen, was da los ist. Hängt der Haussegen schief? Ich rieche die Lunte. Lagerkoller! Zu lange aufeinander gehockt? Irgendwie kann es das nicht sein, denn das tun sie doch im Grunde genommen schon immer. Ihre gegenseitige Gesellschaft bevorzugen sie seit jeher am meisten, ob körperlich beeinträchtigt oder kerngesund.

Schlechte Auftragslage? Ich hätte genug Arbeit, aber der grantige Blick des Doktors lässt mich innehalten, jedes mal, wenn ich dieser Tage davon zu sprechen ansetze. Ich muss versuchen, seinen Schützling allein zu erwischen. Kaum einer, der es mit Holmes aufnehmen kann, wie sich abzeichnet, seit sein exzentrischer Ideenwahnsinn in der Londoner Ermittlerbranche ausgefallen ist.

Einstweilen machen sich Lücken bemerkbar, dort, wo er nicht zur Verfügung steht. Hoffe doch, er ist bald wieder richtig hergestellt. Sind ab und an ein gutes Kriminalistenteam, der Herr Privatdetektiv und ich, der Polizeidetektiv. Zumindest dann, wenn ich einen Zuarbeiter von seinem Kaliber brauche, der meine Geistesblitze auch in die Tat umzusetzen versteht. Habe schließlich auch oft genug seinen Firlefanz an schrulligen Theorien erduldet. Na ja, irgendwie kamen wir doch meistens zu einer einvernehmlichen Lösung und das Resultat ist es ja schließlich, was zählt. Die Statistik meiner Inhaftierungen kann sich sehen lassen.
 

Wenn ich nur an den provisorischen Galgen in der Brick Lane zurückdenke, der hatte es in sich. Ich hätte beinahe auf Holmes' Mundart der Beweisführung zurückgreifen müssen, weil niemand von meinen Jungspunden kühn genug war, meinem methodischen Vorgehen enthusiastisch zu folgen. Stolzgeschwellter Brust kann ich berichten, diesen, meinen jüngsten Fall gelöst zu haben. Wies gewisse Ähnlichkeiten auf, zu einem anderen Delikt, bei dem Holmes mir einst unter die Arme gegriffen hat. Die Erinnerungswürdigkeit war nicht ganz unnütz in Hinblick auf ein paar Parallelen.

Das Jahr war noch jung gewesen, damals, der Tag noch keine fünf Stunden alt. Der Diwan, um den es ging, hatte dafür umso mehr Jahre auf dem Buckel. Edle Seidenstoffe von guter Verarbeitung standen im Kontrast zu seiner Abnutzungserscheinung und zierten eine Lehne, unter der sich das kleine Versteck mit dem kompromittierenden Schriftstück befand. Längenvergleiche von Bürste und Seifenlauge führten Holmes zur Dienerschaft, unter der sich dann die wahre Dame des Hauses zeigte. Im Kaminzimmer als falsche Zofe entlarvt, zog sie schließlich die Waffe, fließend in der Bewegung, als hätte sie nie etwas anderes getan- und belastete sich selbst. Ein Streifschuss traf meinen Uniformierten, der die Briefe aus dem Diwan gefischt hatte.

Holmes misstraute der Zofe von Anfang an. Er misstraut den meisten Frauen. Mehr als den Männern, soviel ist gewiss. In den edelsten Damen des Landes sieht er potenzielle Biester. Merkwürdig finde ich das, wo ich jetzt darüber nachdenke. Ich habe nie ergründet, warum das so ist. Aber es erklärt seinen Lebensstil.
 

Briefe. Immer wieder sind es Briefe mit inne stehenden Informationen, die Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen. So auch bei meiner Stippvisite, die zeitgleich mit mir eingetroffene Depesche machte die komische Atmosphäre nur noch unklarer.

Kaum, dass ich geklingelt hatte, als die Vermieterin zur Haustür geeilt kam. Die Tür war noch nicht zur Gänze geöffnet worden, da vernahm ich schon das flötende “Wen darf ich melden? Ah, Sie sind das, Herr Inspektor! Reichen Sie mir Stock und Umhang. Oh, Moment, da kommt der hinkende Bote mit einem Schreiben, adressiert an den Doktor. Nehmen Sie es gleich mit hoch? Und erschrecken Sie nicht über den verkohlten Dunst, der stammt nicht von meinem Braten, sondern von der heutigen Versuchsanrichtung, die noch nicht abgezogen ist!"
 

“Sie haben ihn geschnappt!”, wurde ich am Ende der siebzehn Stufen begrüßt. Zeit, mir Gedanken zu machen, woher Holmes schon wieder von meinem Tagewerk wusste, blieb keine, denn Watson nahm mir das Schriftstück aus der Hand und begab sich damit zur Lichtquelle. “Wo hat der Gauner gesteckt, in dem ausgebauten Eichenfass des River Inn oder südlich der Docks auf dem Dachboden des Vetters vom Pfandleiher?”, drängelte Holmes derweil und trat hinter einer Aufreihung Reagenzgläser hervor, in denen giftgrüne Substanzen schillernd leuchteten. Zwei Augenpaare richteten sich fest auf mich.

“Ich denke jetzt lieber nicht darüber nach, wer Ihnen das zugetragen hat”, erwiderte ich scharf und machte es mir zwischen Zeitungsblättern rechtschaffen bequem. Holmes bot mir kommentarlos mit der Kohlenzange ein angesengtes Mehlgebäck an, das ich, weil es eindeutig unter zu großer Hitzeeinwirkung gestanden hatte, knurrenden Magens zurückwies.

“Das beantwortet meine Frage nicht!”

“Hinter den Dachbalken.”

“Ha, ich hab´s gewusst!”

Holmes knallte ein zusammengerolltes Tagesblatt auf den Tisch.

Watson stockte kurz beim Studium seines Schreibens, vertiefte sich aber sogleich wieder darin und ich überlegte kurz, ob der Inhalt oder sein Freund ihm so sichtlich aufs Gemüt geschlagen war. Wahrscheinlich war er diese Art Temperamentsausbrüche aber gewohnt. Eher als ich zumindest, der nur zu Gast war.
 

Als er mit seinem Brief fertig war und erstaunten Gesichts das Blatt zusammenfaltete, wurde ich Zeuge einer Unterhaltung, die zu führen nicht den Anschein erweckte, als wenn meine Anwesenheit in irgendeiner Wiese hinderlich wäre. Holmes war ebenfalls involviert und wurde ebenso zunächst im Unklaren gelassen. Manchmal wirkte die Unterhaltung allerdings, als würden Bekundungen wohlwollender Gunst nur hinter einer gewissen Scharfzüngigkeit zurückfallen.

“Schlechte Nachrichten, Doktor?”, fragte ich nach.

“Ach wo, nur eine Anfrage von Dr. Coyle.” Ich konnte beobachten, wie er wieder das Gesicht verzog. In ihm spiegelte sich bei genauerem Hinsehen nun eine Art Genugtuung wider, vielleicht ein wenig Wohlgefallen. ”Nun, dazu später. Was gibt es von Hampersons und Helfern zu berichten?”

Holmes kam meinem Bestreben, nähere Ausführungen über die Festnahme preiszugeben, mit einer anders gearteten Frage zuvor. Ich will auch nicht ausschließen, dass ihm der Inhalt meiner geplanten Darlegungen sowieso schon bekannt war.

”Werden Sie zusagen, Watson?”, fragte er.

“Können Sie von da hinten über Kopf lesen?”

Sein Ton war etwas schroff angelegt, nicht so freundlich wie üblicherweise. Holmes hingegen ließ zwei kicherige, hohe Laute vernehmen, bevor er mitteilte: “Ich erkenne nur die Schriftneigung. Und ich kenne Coyles Intention.”

Wir wurden nun doch über den Brief aufgeklärt: “Ich soll ihm ein paar Wochen im Barts assistieren.”

“Sie können mir assistieren.”

“Ich assistiere Ihnen, wenn Sie wieder soweit sind, als Detektiv angefragt zu werden. Er ist sehr bald für einige Projekte auf der Durchreise und bleibt ein paar Wochen in der Stadt.”

“Warum hat er dann keinen medizinischen Helfer dabei, wenn er herumreist?”

Holmes ließ von nun an seine gewisse Lässigkeit vermissen, Watson zuckte die Schultern und wandte sich mir zu, um sich auch meiner Fragerei zu stellen.

“Was sind das denn für Tätigkeiten, denen Sie da im Amt seiner Assistenz nachgehen sollen?”

“Was eben so anfällt, es wird sich genug ergeben. Ich bin gerne gewillt, Beschäftigung auf neuem Territorium anzunehmen, das kann den Horizont nur erweitern, nicht wahr, Holmes?”

“Möglich. Ich bevorzuge, angerissene Studien an Leib und Leben erstmal zu beenden, bevor ich mich in neue flüchte. Variablen, ganz gleich welche, kann man vertauschen, wenn die Gleichung nicht aufgeht.”

Watson runzelte die Stirn und ich versuchte zu ergründen, was Holmes angetrieben hatte, so genau nachzuforschen, denn ich bemerkte wieder diese leichte Unstimmigkeit. So ging ich dazwischen, verbal und Macht meiner Körperpräsenz.

“Haben Sie ihm denn in der Highlander Klinik auch geholfen, Doktor?”

“Nein. Keine Gelegenheit. Leider”, wurde mir knapp Auskunft erteilt. “Ich konnte Coyles Behandlungsmethoden bisher nicht allzu oft beiwohnen. Meines Erachtens haben wir den Kurort sowieso viel zu früh verlassen, um die angestrebte kontinuierliche Stabilität zu erzielen. Wir hätten uns mehr Zeit lassen sollen. Und auch bekommen, wie ich anmerken möchte, wenn der Hamperson-Fall nicht mit einem Mal so dringlich aufzuklären gewesen wäre.”

Ich hörte ein Grunzen.

“Er war nicht mit einem Mal dringlich geworden, sondern vom Tag der ersten Konfrontation mit diesen rabiaten Ganoven an“, mischte Holmes, der sich angesprochen fühlte, wieder ein. Ausnahmsweise sprach mir sein vorlautes Mundwerk, das bei sich bietender Gelegenheit wie dieser selten still stand, aus der Seele.

“Das hier ist auch dringlich”, knurrte Watson, tippte auf seinen Zettel und machte sich auf, das Zimmer zu verlassen. Wie er uns mitteilte, wollte er seinen Kalender holen und zeitnah eine Antwort verfassen gehen. Wir blieben zurück, ich zog die Augenbrauen hoch, bevor ich ansetzte: “Also, Holmes…”

Er hob seufzend die Arme.

“Fragen Sie mich nicht…”

“Woher wissen Sie, was ich fragen wollte?”

“Weil es offensichtlich ist, wenn man Ihre Gedankengänge kennt.”

Kein Wunder, dachte ich eine Sekunde und das nicht frei von Gehässigkeit, dass der Doktor sich zurückgezogen hatte.

Ein leichter Zornesschauer überkam mich. Nicht nur, weil mir diese Durchschaubarkeit einmal mehr präsentiert worden war, sondern auch, weil es ihm sichtlich Freude bereitete, mich zu traktieren.

“Schön. Ich weiß nicht, ob mir diese Vorhersehbarkeit schmeicheln soll, aber ich frage Sie nicht nach Watsons Gemütslage.”

“Ich versichere Ihnen, ich habe keine Ahnung, warum er nicht in besserer Stimmung ist und muss gestehen, dass ich seiner Laune nicht folgen kann.”

“Nun ja…”, hörte ich mich stammeln. Ich begann, mir einen Zusammenhang zu dem Schotten auszumalen, der plötzlich zum Mittelpunkt allseitigen Interesses geworden war. “Ich will mich ja nicht einmischen, aber vielleicht tut unser Freund hier wirklich gut daran, sich auch mal wieder mit anderen Schicksalen als dem Ihren zu befassen. Er wirkt ziemlich angespannt durch all die Ereignisse, die seinen Einsatz erfordern.”

Schattierungen aus Unverständnis zeichneten sich auf Holmes' Gesicht ab und ließen mich ahnen, mit welcher Fehlbarkeit manche Befindlichkeiten vor Ort behandelt wurden.

“Sie meinen, er erscheint Ihnen durcheinander?”, bestätigte er meinen Verdacht durch seine nächsten Worte, getränkt in Ahnungslosigkeit. Ich war schon immer der Ansicht gewesen, dass er ein wenig Problemstellung bei diesbezüglicher Differenzierung nötig hatte, weshalb ich es mir nicht nehmen ließ, meinen Eindruck noch einmal zu beschreiben.

“Gefühlsmäßig bewegt, ja.”

“Nun, vielleicht hat er nicht solche Nerven aus Stahl, wie Sie, mein Guter. Aber vertiefen wir uns nicht in Mutmaßungen!

Warum schielen Sie über meine Schulter? Hat es Ihnen die Flasche angetan? Wollen Sie sich einen Schluck genehmigen? Keine Angst, das ist kein Produkt meiner eigenen Braukunst. Unser lieber Arzt ist auch schon die ganze Zeit erpicht auf das Öffnen dieses schottischen Tropfens, hat bloß permanent seine Schonkostverordnung verlängert.”

“Nein danke, bedauerlicherweise. Aber vielleicht, so habe ich tatsächlich gerade überlegt, sollten Sie ihm einen stimmungsaufhellenden Schlummertrunk anbieten”, schlug ich vor. “Bin selbst leider noch zwei Stunden im Dienst.”

“Noch zweieinhalb.”

“Ja, zweieinhalb. Dann werd ich mal wieder. Aber hören Sie, nehmen Sie ihm seine Entscheidung nicht krumm! Ihr Hirn gräbt ja regelrecht nach neuen Rätseln. Erstens habe ich sicher bald das eine oder andere für Sie und zweitens habe ich diesen Neuwissenschaftler auch ein paar Mal erlebt. Er scheint einen bleibenden Eindruck beim Doktor hinterlassen zu haben. Der stellt dessen umstrittene Fertigkeiten ja über die des gesamten Klinikpersonals”, versuchte ich, etwas Beschwichtigung herbeizuführen. Wie sich herausstellte, löste meine Bemerkung nur noch mehr Unruhe aus.

“Woran machen Sie das fest?”

“An meinem berufsbedingten Instinkt.”

“Dessen untrügliches Können sich worin niederschlägt?”

Ich dachte nach, suchte ein Beispiel. Sein konzentrierter Gesichtsausdruck ermutigte mich nicht gerade, irgendein beliebiges aus meiner Erinnerung hervorzukramen. Schließlich fand ich eins, das mir aussagekräftig schien.

“Sie waren bereits ein Weilchen im Barts, da sprach ich mit Watson. Viel Hoffnung, dass ich bald etwas aus Ihnen herausbekommen würde, hat er mir nicht gemacht und die, längere Dialoge über die Ecken und Kanten des Falles mit Ihnen zu führen, erst recht nicht. Allerdings habe ich gehört, was Sie sicher nicht gehört haben, jedenfalls sahen Sie nicht so aus…”

“Ersparen Sie mir die Details, Lestrade! Was ist mit Watson?” Ein scharfer Blick traf mich. “Worüber sind Sie stutzig?”

“Nun, nicht direkt stutzig. Aber die ganze Zeit hat er Sie gehegt und gepflegt. Und dann, eines Tages, hörte ich ihn fordern: ´Ich brauche hier Hilfe, ein Rückfallpatient! Ich will einen zweiten Arzt für Mr. Holmes, besorgen Sie mir Dr. Coyle! Und eine Krankenschwester, letztere rund um die Uhr, wenn ich mal nicht hier bin!´ Noch nicht mal mich hat er aus den Augen gelassen, als würde ich eine potenzielle Gefahr abgeben. Als ich Sie befragen wollte, stand er keine zwei Fuß neben mir, mit verschränkten Armen rückwärts an Ihre Liege gelehnt und soufflierte mir regelrecht per Augenkontakt, wie weit ich gehen durfte.”

“Was war mit Coyle?”

“Das war so ziemlich der Einzige, den er an Sie herangelassen hat. Und es gibt durchaus hoch qualifizierte Ärzte im Barts, Dr. Flammeryn und Professor Edge beispielsweise. Sie trafen ihn mal in der Pathologie. Das ergibt doch in einer Notlage keinen Sinn, oder?”

“Coyle war dann auch ständig um mich herum, sagen Sie?”, fragte er mich achtsam und mit, wie ich fand, auf einmal leicht blass getönten Wangen.

“Soweit ich das gesehen habe, ja. Nun, Sie kennen sich ja schließlich schon ein paar Jährchen, oder? Während Ihrer Bewusstlosigkeit haben Sie sicher versäumt in Erfahrung zu bringen, ob er zu den Quacksalbern übergetreten ist, wie manche ihn schimpfen.”

“Ganz recht. Wir haben ja wohl beide nicht die Profession, das zu beurteilen, Inspektor. Aber, sofern Sie einen triftigen Grund kennen, warum Watson nicht mit ihm zusammen arbeiten sollte, nennen Sie mir einen!”

“Den habe ich nicht, war nur so ein leichtes Gefühl von Missempfinden. Und ich dachte, das sollten Sie wissen, wo sich sein Assistentenangebot so ungereimt darstellt. Wollte Ihnen bloß einen Informationsvorschub leisten. Sie sind in dieser Hinsicht schließlich recht machtlos durch die damaligen Versäumnisse Ihrer Wahrnehmung.”

“Was soll das sein, ein gefühltes Missempfinden? Übersetzen Sie mir das! Sie sind Polizist, nennen Sie mir greifbare Fakten, wenn Ihnen welche vorliegen!”

“Oh, langsam, Holmes! Das war vielleicht eine ungünstige Wortwahl. Ich wollte ganz gewiss nicht zum Ausdruck bringen, dass…”

“Versprecher hin oder her. In jeder Aussage steckt ein Stückchen Absicht, nicht wahr?”

“Da müsste ich erst genauer drüber nachsinnen. Vielleicht gibt es ja auch gar keinen Grund für mein mulmiges Gefühl. Und wenn doch, nun, vielleicht spüren Sie irgendwann selbst einen auf.”

“Ich könnte Ihnen jetzt schon sieben nennen, die dieser Eventualität unterliegen.”

“Sieben? Nein, jetzt wirklich nicht, später vielleicht. Ich habe genug mit meinen Untersuchungen in der Brick Lane zu tun. Ich sollte endlich gehen. Wegen der anderen Sachen werde ich Sie kontaktieren, wollte Sie nur auf dem Laufenden halten. Und meine Eindrücke nicht vorenthalten.” Da mir in unserer Unterhaltung nicht entgangen war, wie sein Gefährte zum neuen Opfer seiner gesteigerten Neugier posiert war, blickte ich mich noch einmal um. Ich suchte nach möglichen Anzeichen einer hier geführten illegalen Beziehung, während ich zum Abschied an meine Hutkrempe tippte. Der Raum sah allerdings unverändert aus und bedenklich liebevoll waren seine Mieter auch nicht miteinander umgegangen, weitere Hinweise entzogen sich meiner Kenntnis. Davon ganz abgesehen, war ich zu beschäftigt und nicht gewillt, dieser These heute noch weitere Beachtung zu schenken. “Und…”, setzte ich deshalb zur Verabschiedung an.

“Ja?”, fragte Holmes, ließ sich auf dem Sofa nieder, zog die Füße vor die Brust und griff nach dem Whisky.

“Meine besten Grüße an den Doktor.”

“Ja, ja, Lestrade. Ach, und nebenbei bemerkt, waren es Winkel und Schnittlänge der Fingernägel, die auf die schlecht ausgeleuchtete Dachkammer gedeutet haben.”

“Wie meinen?”, fragte ich in der Hoffnung, den Zusammenhang zu meinem Fall noch genauer erläutert zu bekommen. Vergebens, er inspizierte bereits Etikett und Inhaltsstoffe. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück