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Unerwarteter Familienzuwachs

An Unexpected Addition
von

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Kapitel 28


 

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An Unexpected Addition – Unerwarteter Familienzuwachs

 

Teil 28

 

Autor:

 

karategal

 

Übersetzer:

 

Lady Gisborne

 

P16-slash

 

Inhalt:

 

[Autorisierte Übersetzung] Alle Zwerge überleben die Schlacht der fünf Heere, doch Bilbo muss ins Auenland zurückkehren, um sein altes Leben in Ordnung zu bringen und den Weg für ein neues Leben im Erebor zu ebnen. Ein Jahr später kehrt er mit einem vor kurzem verwaisten Frodo zum Einsamen Berg zurück. Thorin ist sich nicht ganz sicher, was er von diesem neuen, winzigen Zuwachs zu seiner Gemeinschaft halten soll.

 

Disclaimer:

 

Bei dieser Geschichte handelt es sich um eine autorisierte Übersetzung von karategals englischer Originalstory An Unexpected Addition. Die Charaktere und Orte gehören selbstverständlich Professor Tolkien bzw. seinen Erben und ich verdiene mit dieser Story bzw. Übersetzung kein Geld, sondern schreibe nur aus Spaß an der Freude. ^^

 

Link zur Originalstory:

 

An Unexpected Addition
 

Anmerkung:

 

Wie einige von euch vielleicht bemerken werden, habe ich mich bei der Übersetzung dieser Story ausdruckstechnisch etwas vom Original entfernt, was in diesem Fall aber beabsichtigt war. Zwar bemühe ich mich, wenn ich Geschichten übersetze, so nah wie möglich am Original zu bleiben, aber mir ist auch und vor allem wichtig, einen flüssigen und sinnvollen deutschen Text zu schreiben und die erwähnten Abweichungen habe ich in diesem Fall vorgenommen, weil ich hoffe, dass die Geschichte für euch dann „flüssiger“ ist und ihr mehr Spaß beim Lesen habt. ^^
 

♔~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ♥ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~♔
 

„Bitte sag mir, dass ich nicht das gehört habe, was ich gerade gehört zu haben glaube?“
 

Das Problem mit den Dachsen in der vergangenen Nacht war einfach zu lösen gewesen, indem die Honigkuchen aus Kílis Taschen genommen und den honigliebenden Wesen gegeben worden waren. Wie sie alle erfahren hatten, hatten die Honigdachse und ihre Vettern ihre Spitznamen und ihren berüchtigten Ruf aus sehr gutem Grund erhalten. Currin zufolge war selbst der schwächste Geruch nach Honig mehr als genug, um ihre Gefährten in Raserei verfallen zu lassen und dazu führten, dass ihre natürliche Bedürfnisse und ihr maßloses Verlangen nach Honig den grundlegenden Anstand und den gesunden Verstand überwältigten. Es war keinerlei Schaden oder sonstiges Unheil angerichtet worden, aber Bilbo hegte den starken Verdacht, dass sich der jüngste Prinz in der nächsten Zeit von allem fernhalten würde, das Honig enthielt und hatte an diesem Morgen nur für alle Fälle die Honigtöpfe in der hintersten Ecke des Küchenschrankes gestellt, wo sie hinter dem süßen Geruch von Äpfeln und einer ungewöhnlich großen Kartoffel versteckt waren.
 

„Hä? Was hast du gesagt?“
 

Bilbo blinzelte und seufzte im Stillen über das Hörrohr, das nun über den Tisch hinweg auf sein Gesicht gerichtet war. Im Privatleben war das Gehör des älteren Zwerges viel schärfer, doch in einer lauten Umgebung, wie dem westlichen Speisesaal des Erebor, war der Heiler taub für alle um ihn herum.
 

„Hör mal. Am Tisch hinter mir.“
 

Der königliche Heiler hielt inne und seine dunklen Augen verengten sich, als er sich auf die Gruppe von Bergarbeitern und Schmieden konzentrierte, die genau hinter dem Hobbit saß. Einige Sekunden vergingen, ohne dass Bilbo oder Óin irgendetwas hören konnten, doch dann brach die Gruppe in lautes Kichern aus und der stämmigste der Zwerge deutete auf die Schlange an der Essensausgabe. Und obwohl sein Mund mit Essen vollgestopft war, konnte Bilbo noch immer jedes Wort verstehen, das aus seinem großen, fetten, ungehobelten Mund kam.
 

„Der Wicht ist immer noch so kahl wie der Hintern eines Babys.“
 

„Das ist eine Schande für die gesamte Linie Durins. Meine zwanzig Jahre alte Tochter hat einen dichteren Bart als er.“
 

„Er sieht mehr wie ein Elb als wie ein Zwerg aus.“
 

„Er sieht auch seinem Vater, der von den Feuerbärten abstammt, kein bisschen ähnlich. Viel zu zart gebaut. Wenn der Junge nicht so dunkle Haare hätte, würde man niemals vermuten, dass er mit der Prinzessin und seinen beiden Onkeln verwandt ist. Äußerst seltsam.“
 

„Die anderen Bogenschützen haben wenigstens Backbärte.“
 

„Diese Feuerbärte waren den Elben und den ansässigen Menschen schon immer merkwürdig freundlich gesonnen. Es würde mich nicht überraschen, wenn dieser Junge ein Mischling ist.“
 

„Ja, es ist viel zu eigenartig, dass er in diesem Alter immer noch so kahl ist.“
 

„Das muss der Grund dafür sein, dass der König ihm die Osttunnel zugewiesen hat. Aus den Augen, aus dem Sinn. Schreckliche Geschichte.“
 

„Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich ihn für ein Mädchen gehalten…“
 

Der Hobbit streckte seine Hand aus, um Óin an der Schulter zu packen und sein kurzer Arm spannte sich an, als der ältere Zwerg Anstalten machte, von seinem Stuhl aufzustehen und sein Hörrohr, das er in der Hand hielt, dabei wie eine tödliche Waffe schwang. Zähneknirschend und mit geblähten Nasenflügeln sah Óin aus, als wäre er bereit, die respektlosen Zwerge zu erwürgen, die den jüngsten Prinzen des Erebor beleidigt hatten.
 

„Warte, Óin! Warte!“ zischte Bilbo. „Wir müssen diese Sache gut durchdenken. Mögen mich die Valar vor der Unbesonnenheit der Zwerge bewahren. Setz dich wieder hin!“
 

„Aber du hast doch gehört, was sie gesagt haben! Das ist ausgesprochen...“
 

„Ja, ja, ich weiß, ich weiß“, versicherte Bilbo ihm. „Aber es würde nicht gut für uns aussehen, wenn wir sie sofort angreifen, nicht wahr? Nein, sieh mich nicht so an. Es ist mir gleich, wie ihr Zwerge gegen Beleidigungen und was nicht noch alles vorgeht. Ich habe eine bessere Idee.“
 

„Wirklich?“
 

„Natürlich, wir Hobbits können ganz schön listig sein, wenn wir es wollen“, erwiderte Bilbo und rümpfte hochmütig die Nase. Er warf einen Blick über seine Schulter und seine blauen Augen verengten sich, als er die kichernde Zwergengruppe hinter sich sah. „Und ich verspüre den starken Drang, diese Listigkeit genau jetzt einzusetzen. Sie werden nicht wissen, wie ihnen geschieht.“
 

Óin schnaubte. „Also, was hast du im Sinn, Junge?“
 

Der Hobbit schenkte ihm ein boshaftes Lächeln. Bilbo hatte nicht lange gebraucht, um zu bemerken, dass Kílis nicht vorhandene Gesichtsbehaarung eine Quelle großer Verlegenheit und Scham für den jüngeren Prinzen war. Selbst Gimli und der kleine Donel  hatten mehr Gesichtsbehaarung als Kíli und diese Tatsache schien die Selbstachtung des Prinzen ständig in winzige Stücke zu zerschlagen. Bilbo hegte den Verdacht, dass bedauerlich viele Schikanen das unmittelbare Ergebnis von Kílis weicheren Gesichtszügen und Kílis nicht vorhandenem Bart, Schnurrbart oder Backenbart gewesen waren. Und dem Klang des Kicherns hinter ihm verriet Bilbo, dass es nicht nur Kílis Altersgenossen waren, die wahrscheinlich jahrzehntelang auf ihm herumgehackt hatten.
 

„Hast du immer noch alle Medikamente von Fíli bei dir?“
 

„Natürlich.“
 

„Dann weiß ich eine perfekte Möglichkeit, damit sie ihre Worte zurücknehmen. Und dabei zuzusehen, wird auch ein riesiger Spaß werden.“ Bilbo schnaubte voller Verachtung. „Auf der anderen Seite ist es sehr bedauerlich, dass Ori nicht hier sein wird, um es zu zeichnen.“
 

„Ich habe gerade keinerlei Gift bei mir, Bilbo.“
 

„Oh, das werden wir auch nicht brauchen, mein Freund. Ich habe eine viel bessere Idee.“
 

„Rachsüchtiger Hobbit…“
 

„Nein, das wäre Lobelia Sackheim-Beutlin. Ein schreckliches Frauenzimmer ist das.“
 

„Grimmiger Hobbit…“
 

„Wenn es um die Jungs geht? Oh ja. Äußerst grimmig.“
 

„Das wird mir allmählich bewusst.“
 

„Nun ja, mit einem wahnsinnigen Skelett um die Wette zu rätseln und mit einem feuerspeienden Drachen zu spielen kann die Risikobereitschaft einer Person auf merkwürdige Weise verändern. Jetzt gib mir die Tasche. Ich möchte meine Rache bitte noch irgendwann heute bekommen.“
 

„Kein Wunder, dass du dich mit Dís so gut verstehst. Ihr seid alle beide vollkommen mitleidlos und blutdurstig. Armer, armer Thorin…“
 

„Das betrachte ich als Kompliment.“
 

Die nächsten paar Minuten verbrachte Bilbo damit, Óins Medizintasche zu durchwühlen und war so in seine Suche vertieft, dass er nicht einmal bemerkte, wie Kíli und Bifur sich neben ihn setzten. Sein Abendessen, das aus  gebratenen Kartoffeln, Schweinefleisch und gemischtem Gemüse bestand, lag vergessen auf seinem Teller und fiel schnell Kílis flinken Fingern und hungrigem Magen zum Opfer. Bilbo, der wegen der Dummköpfe, die auf dem jungen Zwerg herumgehackt hatten, bereits schlechte Laune hatte, hatte keinerlei Bedenken, den Jungen an diesem Tag zu verwöhnen und ein Korb voller Himbeerscones sowie Kílis erfreutes Aufkeuchen waren genau das, was Bilbo brauchte, um für den Augenblick seine Vernunft zu bewahren.
 

„Wann hast du die gebacken?“ fragte Kíli mit vollem Mund.
 

„Ganz früh heute Morgen“, murmelte der Hobbit. Mit einem listigen Lächeln betrachtete er eine Flasche, in der sich ein Tonikum befand und steckte sie dann in einer seiner Westentaschen, bevor er die Medizintasche über den Tisch wieder Óin zuschob. „Ich musste die Himbeeren, die dein Onkel mir besorgt hat, in dieser Woche aufbrauchen, bevor sie verfaulen. Ich fürchte, wir werden die Desserts mit Beeren und Obst bis zum Frühling rationieren müssen.“ Bilbo tätschelte Kílis Wange, als dieser einen Schmollmund zog. „Aber Bombur hat versprochen, alles, das ich nicht verbrauche, in wundervolle Marmelade und Grütze zu verwandeln, deshalb wird es nicht allzu schlimm werden. Du lebst nun mit einem Hobbit zusammen, kleiner Vogel und wir lieben unser Essen.“
 

„Mûkh khâli ma.“
 

„Danke, Bifur. Ich dachte mir, dass du den Zimtgeschmack mögen würdest. Es ist nur eine Prise, aber zusammen mit den Himbeeren entwickelt er einen äußerst unverkennbaren Geschmack, nicht wahr?“ Er beugte sich näher zu Kílis Ohr. „Was hat er gerade wirklich gesagt?“
 

Kíli zuckte mit den Schultern. „Deine Schätzung ist so genau wie meine. Sein Iglishmêk ist recht einfach zu deuten, aber ich spreche oder verstehe das alte Khuzdul nicht. Und das war wirklich altes Khuzdul. Oder wenigstens glaube ich das. Bei Bifur ist das schwer zu sagen.“
 

„Bist du für heute fertig?“
 

Kíli nickte. „Wegen des Schnees und des Windes mussten wir drinnen üben. Als wir versucht haben, die Schießanlage im Freien zu benutzen, wurden mehrere Pfeile von den Wällen hinuntergeweht. Es ist ein Jammer, das die Anlage hier drin noch immer so verfallen ist. Genau in ihrer Mitte liegt ein riesiger Felsbrocken.“
 

„Nun, im Gegensatz zu dem armen Bard habt ihr wenigstens etwas, womit ihr arbeiten könnt.“ Bilbo warf einen Blick hinüber zu Bifur, der mit den Armen in der Luft herumfuchtelte. „Und Bifur hat Recht. Ich bin sicher, dass das Training im Schießen auf große Entfernung den Lehrlingen gute Dienste leisten wird. Das Gelände des Erebor ist alles andere als eben und flach.“
 

„So habe ich das noch nie betrachtet“, gestand der Prinz. „Hey, wo ist Frodo? Ist er nicht mit dir in die Bibliothek gegangen?“
 

„Heute nicht“, antwortete Bilbo. „Wir hatten zuviel mit den zahlreichen anderen Problemen zu tun, die die verschiedenen Zwergenstämme miteinander zu haben scheinen. Er ist gerade bei Dori und wird wahrscheinlich so sehr bemuttert, wie ich es niemals im Leben tun könnte.“
 

„Ich wette, Ori ist froh, dass er ein neues Opfer gefunden hat“, lachte Kíli. „Dem armen Kind wurde jahrzehntelang nicht erlaubt, auch nur ein bisschen Spaß zu haben. Hmmm, die sind gut!“
 

Der Heiler starrte Bilbo unterdessen nur stumm an und sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er wusste, welche Flasche der Hobbit aus seiner Medizintasche genommen hatte. Er wartete, bis Kíli und Bifur vollkommen mit ihrer Mahlzeit beschäftigt waren und folgte dann Bilbos zwielichtigem Blick durch den Raum zu der Stelle, an der die Hautwechsler ihr eigenes Abendessen zu sich nahmen. Wenn es irgendjemanden in der Gemeinschaft gab, dem es gelang, griesgrämig und misstrauische dreinzuschauen, dann war es Óin.
 

„Was hast du damit vor, Bilbo?“
 

Der Hobbit schenkte Óin ein unschuldiges Lächeln und tätschelte Kíli geistesabwesend den Kopf, während dieser die Scones verschlang, die vor ihm standen. Nach wie vor konnte Bilbo die gedämpften Gespräche genau hinter sich hören und seine empfindlichen Ohren nahmen ihr deutliches Murmeln über Halblinge und die Kahlheit eines gewissen Prinzen wahr. Eine deutlich ausgeprägte, rachsüchtige Ader durchströmte den Hobbit in diesem Moment und er klopfte mit den Fingern seiner freien Hand gehässig auf die grüne Flasche. Was die Zwerge über ihn selbst sagten, kümmerte Bilbo nicht, da er für die meisten von ihnen ein Fremder und ein recht seltsamer Außenseiter war. Aber grausame Bemerkungen über Kíli? Das konnte er nicht hinnehmen.
 

„Ich habe die Absicht, mich danebenzubenehmen.“
 

Und mit einem letzten leichten Klaps auf Kílis struppigen Kopf machte sich Bilbo auf den Weg in die Küche und betrat ohne zu zögern die vertraute Domäne der wunderbaren Gerüche. Seit seiner Ankunft hatte er Bombur gelegentlich unterstützt, deshalb waren die meisten Köche und Küchengehilfen es gewohnt, dass Bilbo zu allen möglichen Zeiten die Essenshallen betrat und wieder verließ. Und Bilbo brauchte nicht länger als eine Minute, um die Zwergin zu entdecken, die er suchte. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und rührte in mehreren großen, mit Rindfleischeintopf gefüllten Töpfen.
 

„Guten Abend, Hania.“
 

„Oh, hallo, Meister Beutlin“, erwiderte die Zwergin mit einem breiten Lächeln. Drei glänzende Spangen waren in ihren Bart geflochten, wie Bilbo mit einem glücklichen, innerlichen Aufjubeln für Bombur bemerkte. "Was kann ich heute Abend für Euch tun? Hat Euch das Gemüse geschmeckt? Ich habe versucht, es für Frodo und Euch selbst so frisch wie möglich zu halten, aber ich habe damit nur sehr wenig Erfahrung.“
 

„Es war köstlich, Hania. Ich glaube, Bombur hat eine Rivalin gefunden, wenn es um die Zubereitung von Speisen mit Gemüse geht“, lobte sie der Hobbit. „Aber im Augenblick habe ich ein kleines Problem, bei dem ich deine Hilfe gebrauchen könnte…“
 

Bilbo erklärte Bomburs Auserwählter mit sehr knappen Worten die Situation und die Zwergin sah angesichts des ungehobelten Benehmens ihrer großmäuligen und gemeinen Verwandten finster drein. Hanias Reaktion ließ große Erleichterung in Bilbo aufsteigen, zeigte sie ihm doch deutlich, dass nicht alle so fies in ihrer Einstellung gegenüber Kílis ungewöhnlicher Erscheinung waren. Die traurige Geschichte, die hinter Kílis Entscheidung stand, keine Zöpfe zu tragen, hatte Bilbos hohe Meinung von den Zwergen mehr als nur ein wenig erschüttert und Thorins zorniger und finsterer Gesichtsausdruck, als der  Zwergenkönig ihm von den drei Raufbolden erzählt hatte, die einem dreißig Jahre alten Kíli die Zöpfe abgeschnitten hatten, war Bilbo nach wie vor in lebhafter Erinnerung. Thorin hatte alle Missetäter persönlich bestraft, mit der Hilfe eines ebenso zornigen Dwalin und einer ebenso zornigen Dís, doch der arme Kíli hatte sich seit diesem schicksalhaften Tag geweigert, Zöpfe zu tragen.
 

„Ich erinnere mich daran, was diese Mistkerle dem Prinzen in den Ered Luin angetan haben“, antwortete Hania und ein wütender, finsterer Ausdruck überschattete ihr rundliches Gesicht. §Es war schändlich, ein kleines Kind auf diese Weise anzugreifen. Verbannung und Schur waren meiner Meinung nach eine zu milde Strafe für diese vorschnell urteilenden Welpen. Und wenn derartige Verleumdungen die Runde machen, wird es das Beste sein, sie so schnell wie möglich im Keim zu ersticken, sage ich.“
 

„Aber kannst du das tun?“
 

Bei dieser Frage entfuhr Hania ein ungläubiges Schnauben. „Selbstverständlich! Was wäre ich für eine Küchenchefin, wenn ich nicht dafür sorgen konnte, dass ein paar großmäulige Dummköpfe von ihrem Abendessen Durchfall bekommen. Gebt mir einfach die Flasche und sagt mir, an welchem Tisch sie sitzen und ich werde dafür sorgen, dass sie sich bis Sonnenuntergang in die Hosen machen. Wie es sich anhört, haben diese Narren außerdem keinen gesunden Verstand und eine dringend notwendige Lektion in Sachen Anstand wird ihnen gut tun. So über den jungen Prinzen zu sprechen.  Respektlosigkeit erlebt hätte! Das ist eine Schande für die gesamte Linie der Langbärte.“
 

„Sorge nur dafür, dass du es ihnen gibt’s, bevor sie die Halle verlassen“, erinnerte Bilbo sie. „Und lass sie nicht wissen, dass irgendetwas darin…“
 

„Keine Sorge, Meister Beutlin. Sie werden überhaupt keinen Verdacht schöpfen“, versicherte Hania ihm und bereitete mit ihren Händen bereits einen ganzen Haufen mit Abführmitteln versetzter Törtchen für die unflätigen Zwerge zu. „Bereitet Ihr inzwischen den zweiten Streich vor, den Ihr erwähnt habt und dann lehnt Euch zurück und genießt die Vorstellung. Diese Dosierung ist vollkommen sicher, aber sie werden sie innerhalb weniger Minuten spüren.“
 

Bilbo schenkte ihr ein breites Lächeln. „Danke, Hania. Ich stehe in deiner Schuld.“
 

„Bereitet mir einige von diesen wunderbaren Apfelchips zu, mit denen Bombur letzte Woche geprahlt hat und ich sage, wir sind quitt“, erwiderte Hania augenzwinkernd. „Nun lasst mich zaubern. Zwergen Durchfall zu verpassen ist keine ganz einfache Aufgabe. Mägen aus Eisen und so weiter.“
 

„Das kann ich mir vorstellen“, lachte Bilbo. „Sie sitzen genau hinter Kíli und Bifur. Bis du hier fertig bist, sollte ich wieder zurück sein.“
 

„Kein Problem.“
 

Bevor er ging, durchsuchte Bilbo einen Schrank in der Nähe und steckte für den zweiten Teil seines Racheplanes einen Topf mit Honig in seine Tasche. Dann kehrte Bilbo in den Hauptspeisesaal zurück, wandte sich nach rechts und ging auf den Tisch zu, an dem die Hautwechsler ihr Abendessen verzehrten. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis die Anführerin ihm ein Zeichen gab, dass er sich setzen sollte und einer ihrer Kameraden zur Seite rutschte, um ihm Platz zu machen. Im Augenblick aßen nur zwei von ihnen, während der dritte Wolf sich mit derselben unverhohlenen Neugier, die auch den Rest der Gruppe zu erfüllen schien, in dem großen Saal umsah. Ein seltsamer Haufen mit seltsamen Angewohnheiten, war am vergangenen Abend Balins sehr zutreffende Beschreibung von ihnen gewesen.
 

„Kann ich Euch behilflich sein, Meister Hobbit?“
 

Anders als in jener Nacht, waren nun alle Hautwechsler mit weiten Hosen und Tuniken bekleidet, doch ihre Füße waren nach wie vor nackt, weil sie es zum einen bevorzugten und weil es zum anderen für ihre nächste Verwandlung notwendig war. Currins Mähne aus Locken und ihre scharfen Nägel sahen nun wenigstens sauber aus, was eine merkliche Verbesserung zu dem Zustand war, in dem sie und die anderen angekommen waren. Zusammengekauert, um an Tischen essen zu können, die für ihre hochaufragenden Gestalten viel zu niedrig waren, sahen die Hautwechsler nicht annähernd so bedrohlich aus, wie bei ihrem Eintreffen in der Stadt. Und wenn Currins an die Dachse gerichteter Tadel irgendetwas zu bedeuten hatte, schienen die Hautwechsler nicht annähernd so wild oder tierähnlich zu sein, wie Bilbo im Thronsaal vermutet hatte.
 

„Vielleicht. Ich habe mich gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn ich die… Dachse in Eurer Verwandtschaft für einen kurzen Moment entführen würde?“ Er stellte den Topf mit dem Honig auf den Tisch. „Sie werden für ihre Hilfe belohnt werden, das versichere ich Euch.“
 

Die Wölfin starrte ihn an und versuchte mit hellen, goldenen Augen und leicht gespitzten Ohren zu ergründe, ob das kleinere Wesen boshafte Absichten gegenüber ihren Verwandten hegte. Als Currin jedoch nichts dergleichen zu spüren schien, , schenkte sie Bilbo ein Lächeln, bei dem sie ihre Zähne zeigte und das zu gleichen Teilen schön und furchteinflößend. Ihr Kinn ruhte auf ihren ineinander verschränkten Fingern, während ihre Kameraden vor Belustigung schnauften. In diesem Moment sahen sie alle drei wie zu groß geratene Hundewelpen aus.
 

„Ich höre.“
 

Die bloße Erwähnung, dass ein Kind schikaniert wurde, reichte aus, damit Currin einwilligte, dass er ihre Dachsverwandten entführte. Die einzigen Bedingungen, die Bilbo für Currin erfüllen musste, war die Zusicherung, dass Thorin mit diesem Streich einverstanden sein würde und dass die im Saal postierten Wachen nicht versuchen würden, ihre Verwandten währenddessen aufzuspießen. Anscheinend saß den Hautwechslern doch ein wenig der Schalk im Nacken.
 

„Ratet den Wachen, nicht einzugreifen, dann bereitet alles vor und ich bin in fünf Minuten wieder zurück“, sagte Currin und ihre Verwandten kicherten angesichts der Vorstellung, die ihnen an diesem Tag geboten werden würde. „Oh und sag dem Prinzchen, dass er ihnen dieses Mal aus dem Weg bleiben soll, in Ordnung? Sich zwischen einen Dachs und seinen Honig zu stellen ist eine gute Möglichkeit, einen Arm oder ein Bein zu verlieren – oder das Glied, im Falle eines Mannes.“
 

Bei diesen Worten knurrten die übrigen Hautwechsler und Bilbo ergriff daraufhin die Gelegenheit, sich von dem Tisch voller pelziger Wahnsinniger zu entfernen. Er ging mit schnellen Schritten um den Speisesaal herum und sprach mit den Wachen, wobei er absichtlich seine Stellung als Auserwählter des Königs, wichtiges Mitglied der Gemeinschaft und enger Freund von Dwalin einsetzte, um sie auf ihren Posten zu halten, während seine Streiche ausgeführt wurden. Keiner von ihnen erhob einen Einwand gegen Bilbos Wünsche und besonders nicht, als er erwähnte, dass die Ehre eines gewissen Mitgliedes der königlichen Familie der Grund für diesen ganzen Aufruhr war.
 

„Was hast du gemacht?“ fragte Kíli.
 

„Oh, nicht viel“, antwortete Bilbo, als er sich wieder zu seinen Freunden setzte. Er bemerkte, dass Kíli nun viel bedrückter war und seine Schultern jedes Mal zusammenzuckten, wenn von dem Tisch der anderen Zwerge ein Lachen ertönte. Der Anblick brachte Bilbos Tukblut vor Zorn zum Kochen. „Hast du alle meine Scones aufgegessen, kleiner Vogel?“
 

„Nein, das war Bifur.“
 

„Ut kâhl!“
 

„Ja, ja, das sagen sie alle, Bifur.“
 

„Kíli…“
 

„Was? Ich hatte Hunger.“
 

Während dieser gesamten Unterhaltung bestrich Bilbo heimlich einen kleinen Löffel mit einer dicken Honigschicht und warf ihn dann leise unter den Tisch. Mehrere Honigtröpfchen landeten auf den Waden aller Zwerge, die an dem Tisch hinter ihnen saßen. Mit einer leichten Drehung seines Handgelenkes rollte Bilbo auch den nun leeren Honigtopf rückwärts über den Boden und grinste im Stillen hämisch, als er hinter sich von Zeit zu Zeit ein Stöhnen oder Murren vernahm.
 

„Hania hat gerade ein paar wundervolle Törtchen hereingebracht“, meinte Óin und als er Bilbo davon erzählte, lag ein wissendes Lächeln auf seinem Gesicht. „Es sind genug für fast jeden im Saal. Desserts wie diese werden während der langen Wintermonate nur noch schwer aufzutreiben sein.“
 

„Oh, da bin ich mir sicher.“
 

An dem anderen Tisch erklang ein lauter Pups. Kíli kicherte. Und dann durchbrach ein noch feuchterer und lauterer die Luft. Bifur verschluckte sich beinah an seiner Suppe. Der Heiler reagierte mit einem tiefen Seufzen.
 

„Oha“, rief Kíli und hustete. „Also, das ist ganz schön starkes Gas dort drüben.“
 

„Ich glaube, das könnte Glóin Konkurrenz machen.“
 

„Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist“, meinte Kili. „Verdammt, das ist wirklich…“
 

Ein weiterer dröhnender Pups und ein Stöhnen kamen von dem Zwerg direkt hinter Bilbo und der Hobbit lachte innerlich über den bislang grandiosen Erfolg seines genialen Streiches. Er konnte das üble Grummeln der Zwergenmägen hören und wie das unbehagliche und leidvolle Ächzen und Stöhnen der Zwerge immer lauter wurde, während die Minuten vergingen.
 

„Was ist das für ein Geruch?“ kreischte eine Stimme an einem anderen Tisch. „Hat Malors Köter schon wieder den Kadaver irgendeines toten Tieres in den Saal gezerrt?!“
 

„Bei Mahâl, ich glaube, der Gestank ist schon in meinem Mund!“
 

Gleich darauf kehrte Currin in Begleitung der Dachse zurück und ihr Gesicht blieb ausdruckslos, als deren Nasen plötzlich in die Luft schossen und am Eingang herumzuschnüffeln begannen. Die beiden wandten sich um und gingen auf den Tisch zu, an dem die leidenden Zwerge saßen. Bilbo musste die ganze Zeit über ein schadenfrohes, tuksches Kichern unterdrücken.
 

„Was zum…“
 

„Lass mein Bein los, du elender Fellball!“
 

„Ah! Er leckt mich ab!“
 

„Geht mir aus dem Weg! Wo ist der nächste Waschraum?!“
 

Bilbo beobachtete alles mit einem zufriedenen Lächeln und schämte sich nicht im Geringsten für die Belustigung, die ihm der Höhepunkt seines Streiches bereitete. Auf die ungesunden Dämpfe hätte er natürlich verzichten können, doch sie waren nun einmal unentbehrlich, damit diese Zwerge verstanden, dass es einfach nicht richtig war, einen anderen schonungslos zu quälen und zu schikanieren. Als sich einer der unflätigen Zwerge umwandte, zögerte Bilbo deshalb nicht, dem ungehobelten Bergarbeiter ein boshaftes, höhnisches Grinsen zu schenken.
 

Niemand legte sich mit seinen Jungs an und kam ungeschoren davon.

 

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