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In the spider's web

von

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If you would die

Ich schaute auf meine Hände. So vieles ging mir durch den Kopf. Gefühle wurden durcheinander gewürfelt und ich glaubte mich in einem Karussell zu befinden, dass nicht aufhören wollte sich zu drehen.
 

„Wenn du das irgendwem erzählst, kleine Rose…dann bist du tot.“, murmelte Alois und schaute mich dabei nicht an. Ich nickte. Natürlich würde ich meinen Mund halten und kein Sterbenswörtchen von dem verraten, was Alois mir anvertraut hatte.
 

„Was werdet Ihr tun, wenn Ciel Euch gehört?“, fragte ich und hob den Blick. Alois‘ blaue Augen wirkten leer. „Um ehrlich zu sein…habe ich da noch nie wirklich drüber nachgedacht. Aber vermutlich werde ich ihn töten und Sebastian somit das rauben, was ihm wichtig ist.“
 

„Ihr habt Euren Bruder wohl sehr geliebt.“, erwiderte ich. „Sprich nicht so von Luca. Du hast ihn nicht gekannt.“, entgegnete Alois und wandte sich ab. „Das ist wohl wahr, aber auch ich habe meine Familie verloren. Ich kann Euren Schmerz nachempfinden.“, erklärte ich.
 

„Soll das heißen…du verstehst mich?“, wollte Alois wissen, griff plötzlich nach meinen Händen und kam meinem Gesicht sehr nahe. „Ich verstehe warum Ihr Rache wollt.“, antwortete ich.
 

Was ich nicht verstand war, warum Alois dafür seine Seele an einen Teufel wie Claude verkauft hatte? Aber wahrscheinlich war er so verzweifelt gewesen, dass er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte. Keinen anderen Ausweg aus der Hölle, in der er gelebt hatte.
 

„Wenn Ciel Euch gehört, was wird mit Sebastian passieren?“, hakte ich nach. „Na was wohl? Claude wird ihn töten, nachdem er dabei zugesehen hat, wie ich diesem verwöhnten Balg die Haut abziehe.“ Alois’ Griff um meine Hand festigte sich.
 

„Und dann…“ Ich ließ den Satz in der Luft hängen, weil ich genau wusste, was dann passieren würde. „Claude wird meine Seele verschlingen.“ Alois klang weder traurig, noch hoch erfreut, aber in seinen Augen spiegelte sich etwas wieder, das man ohne Zweifel als Angst interpretieren konnte.
 

„Ist die Rache denn Eure Seele wert?“, fragte ich. „Zweifelst du etwa an meinen Entscheidungen, kleine Rose?“ Alois hob die Augenbrauen und seine Fingernägel bohrten sich in meinen Handrücken.
 

„Nein, Ihr habt diese Wahl getroffen und ich werde nicht daran zweifeln, aber…seid Ihr bereit zu sterben? Ihr wisst, dass Ihr Claude nicht entfliehen könnt, wenn die Zeit gekommen ist.“, sagte ich.
 

„Natürlich weiß ich das und ich habe den Vertrag dennoch geschlossen. Ich habe keine Angst davor zu sterben.“, stellte Alois klar. „Solange…ich nicht allein bin.“
 

Aha, das war also der springende Punkt. Alois war es egal, ob er lebte oder tot war. Er wollte nur nicht allein sein. Weder im Diesseits, noch im Jenseits.
 

„Ihr seid nicht allein, nie. Nicht solange ich bei Euch bin und ich habe versprochen niemals von Eurer Seite zu weichen, wisst Ihr noch?“ Ich verschränkte meine Finger mit denen von Alois und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln.
 

„Würdest…würdest du weinen, wenn ich sterbe?“, flüsterte Alois, dessen Stimme zitterte. „Ja, ich wäre sehr traurig, wenn Ihr sterben würdet.“, hauchte ich und mein Herz wurde schwer, denn es war die Wahrheit. Das realisierte ich jetzt.
 

So sehr ich Alois anfangs auch gehasst habe, jetzt war es nicht mehr so.
 

Nicht seit ich wusste, wie sehr seine Seele hatte leiden müssen und was er alles ertragen hatte. Es war nur verständlich, dass man sich anders verhielt und anders dachte, als Menschen, die den Tod noch nicht gesehen hatten. Die nicht um ihr Leben hatten kämpfen müssen und dafür Qualen und Demütigungen in Kauf genommen hatten.
 

Vermutlich war auch genau das ein Grund dafür, warum ich Alois nun mit anderen Augen sah. Weil ich ihm sehr viel ähnlicher war, als ich anfangs geglaubt hatte.
 

„Genevieve…“ Ich zuckte zusammen, als Alois sein Gesicht in meiner Schulter vergrub und er sich gegen mich lehnte. „Bleibst du heute Nacht bei mir?“ „Wenn das Euer Wunsch ist, Hoheit.“, sagte ich.
 

„Nein, ich will, dass es dein Wunsch ist.“, erwiderte Alois leise.
 

Ich zögerte. Wollte ich? Wollte ich bei ihm sein und mich von ihm berühren lassen? Ja, ich wollte es. Ich wollte bei ihm sein, ihm zeigen, dass er nicht allein war, dass es einen Menschen gab, dem er wichtig war.
 

Dass er Claude nicht brauchte, weil dieser seine Gefühle sowieso nie erwidern würde. Dass Rache ihn nicht glücklich machen würde, egal ob er sie nun vollbrachte oder nicht. Ich musste Alois zeigen, dass es noch einen anderen Ausweg gab. Eine andere Möglichkeit, um der Dunkelheit zu entfliehen.
 

„Ja, ich möchte bei Euch bleiben.“, sagte ich und umarmte Alois, der etwas überrascht zusammenzuckte. „Wenn du mich anlügst, werde ich dich eigenhändig umbringen.“ Ich wunderte mich nicht über diese Drohung.
 

Alois sagte oft solche Dinge, wenn er nicht wollte, dass sein Gegenüber merkte, dass er verunsichert oder gerührt war. Aber das war in Ordnung. Ich kam damit klar.
 

„Geh und zieh dich um, kleine Rose. Ich warte auf dich.“ Alois drückte mich von sich weg und nickte Richtung Tür. Ich stand von seinem Bett auf und verließ das Zimmer.
 

Mein Herz schlug in einem merkwürdigen Rhythmus. Irgendwie war ich gleichzeitig aufgeregt und tiefenentspannt. War ein solcher Zustand überhaupt möglich? Offenbar schon.
 

„So spät wanderst du noch durch die Flure?“ Claude löste sich aus den Schatten und kam auf mich zu. Ich erschreckte mich nicht. Nicht dieses Mal. Dafür hatte Claude diesen Trick schon zu oft benutzt.
 

„Was willst du?“, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nichts, ich mache mir nur Sorgen um unseren kleinen Schmetterling.“, behauptete Claude und ich musterte ihn misstrauisch.
 

Seit wann kümmerte es ihn was mit mir geschah? Seit wann interessierte er sich überhaupt für irgendetwas, dass nicht mit Alois‘ Seele und dem Vertrag zu tun hatte?
 

„Warum war er hier? Sebastian, meine ich. Du kanntest ihn.“, sagte ich und hob das Kinn. Claude sollte auf keinen Fall glauben, dass er mich einschüchtern konnte. „Und wenn es so wäre?“, raunte Claude, kam mir noch näher und beugte sich zu mir herunter. Ich wich automatisch ein Stück zurück.
 

„Er ist ein Teufel, wie du. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass ihr beiden euch kennt. Also was wollte er hier? Warum war ihm dieser Tee so wichtig und warum hat er Ciel Phantomhive in einem Koffer mit sich herumgetragen?“, wollte ich wissen. Claude schmunzelte. „Warum stellst du mir all diese Fragen? Warum denkst du, dass ich sie dir beantworten kann?“
 

Ich knirschte unbewusst mit den Zähnen. Allein Claude’s Anwesenheit trieb mich beinahe zur Weißglut. „Weil du lügst, immer. Du kennst den Grund. Du verschweigst ihn Alois. Warum?“
 

„Hm, du bist wirklich sehr klug. Aber auch dumm und naiv, wenn du der Meinung bist ich würde dir einfach so alles erzählen.“, lächelte Claude und legte zwei Finger um mein Kinn. Ich drehte den Kopf weg. Claude sollte bloß seine dreckigen Finger von mir lassen.
 

„Keine Angst, du wirst sehr bald alles erfahren. Ob die Antworten dir gefallen oder du dir wünscht sie nie erhalten zu haben, ist eine ganz andere Sache.“ Claude musterte mich. Etwas ging in ihm vor, doch ich konnte beim besten Willen nicht sagen was und womöglich war es auch besser so, dass ich es nicht wusste.
 

„Wie dem auch sei. Du solltest dich jetzt besser umziehen. Der junge Herr mag es nicht, wenn man ihn warten lässt.“, sagte Claude und trat ein Stück zurück. Ich warf ihm einen verachtenden Blick zu, machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.
 

Dieser verfluchte Dämon. Konnte er nicht einfach in das Höllenloch zurückkehren, aus dem er gekrochen war? Das würde mir einiges an Unannehmlichkeiten ersparen und Alois…ihm würde es sein gottverdammtes Leben retten.
 

Ich stieß die Tür zu meinem Zimmer auf und fröstelte. Das Fenster war offen, doch ich konnte mich nicht daran erinnern, es geöffnet zu haben. Mit einem Stirnrunzeln stieg ich auf mein Bett und schloss es wieder. Draußen tobte der Sturm noch immer.
 

Hm, Alois hatte gesagt, dass ich mich umziehen soll. Aber ich besaß nicht wirklich eigene Kleidung und meistens schlief ich sowieso nackt oder in ein Laken gewickelt.
 

Mit einem Seufzen zog ich mein Kleid aus, nahm die dünne Bettdecke und warf sie mir über. Ok, wirklich anmutig sah ich nicht aus. Eher wie ein Depp, der versuchte auszusehen wie ein Gespenst. Ein sehr lächerliches und auch überhaupt nicht gruseliges Gespenst.
 

Hoffentlich lief mir Claude jetzt nicht noch mal über den Weg. Oder schlimmer, die Drillinge. Die sagten zwar nichts, aber allein ihre Blicke ließen mir das Blut in den Kopf schießen.
 

Glücklicherweise kam ich ohne Zwischenfälle bei Alois‘ Zimmer an und trat ein, ohne zu klopfen. Es schien ihn nicht zu stören, denn er saß nach wie vor auf seiner Bettkante und blickte lediglich auf, als ich hereinkam.
 

Wortlos musterte Alois mich einmal kurz, ehe er die Beine hochzog, sich zudeckte und mich abwartend ansah. Ich biss mir unsicher auf die Unterlippe. Was jetzt? Stehen bleiben bis er was sagte oder einfach ungefragt zu ihm ins Bett steigen?
 

Ich hatte ja auch keine Ahnung wie Alois reagieren würde und was gerade in seinem Kopf vor sich ging. Gott, nicht zu wissen was dieser Junge dachte, war ein echtes Problem.
 

„Genevieve…komm her.“ Alois hob die Bettdecke ein Stück an und rutschte zur Seite, um mir Platz zu machen. Mein Puls schwoll augenblicklich an, meine Beine bewegten sich wie von selbst und ehe ich mich versah, hüllte Alois mich in eine wohlige Wärme und drückte mich an sich.
 

Er war ungewohnt zärtlich, was mich verwirrte, aber auch irgendwie glücklich stimmte. Ich schob meine Gedanken bezüglich Claude und Sebastian ganz weit nach hinten und schloss die Augen und lauschte stattdessen dem Schlagen von Alois‘ Herz.
 

„Würdest du mich retten, kleine Rose? Wenn du die Möglichkeit dazu hättest?“, fragte Alois plötzlich völlig unvermittelt und ich hob den Kopf leicht an, um in anzusehen. Er meint es ernst. Und ich brauchte auch nicht zu überlegen.
 

„Ich habe die Möglichkeit und ich werde Euch retten.“ „Du…!“ Bevor Alois etwas erwidern konnte, presste ich meine Lippen auf seine und hinderte ihn somit am weitersprechen. Eine sehr effektive Methode, nebenbei bemerkt.
 

Und Alois war offenbar viel zu überrascht von meinem Kuss, als dass er sich an das, was er hatte sagen wollen, noch erinnern könnte, als er sich von mir löste.
 

„Genevieve…“ Er klang etwas atemlos und mit einem Schlag war es mir peinlich, dass ich die Initiative ergriffen hatte und ich vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Alois kicherte. „Was? Erst küsst du mich und dann schämst du dich? So kenn ich dich ja gar nicht, kleine Rose.“
 

So war ich ja normalerweise auch nicht. Doch Alois stellte irgendetwas mit mir an, dessen Auswirkungen ich nicht einschätzen konnte und dann passierten eben solche Dinge, wie das gerade eben.
 

Allerdings wollte ich ihm gegenüber auf keinen Fall zugeben, dass ich seinetwegen gerade rot wurde und klammerte mich deswegen wie ein Äffchen an ihn. Alois lachte. Ich schien ihn zu amüsieren.
 

„Keine Sorge, ich lass dich nicht weg. Niemals. Schon vergessen? Du gehörst mir und nur mir.“ Alois zog das Laken, in das ich nach wie vor eingewickelt war, zur Seite und bedeckte meine Schulter mit Küssen. Ich bekam augenblicklich eine Gänsehaut. Verdammt, seit wann war ich denn so sensibel? Das war ja furchtbar.
 

„Gefällt es dir?“, schnurrte Alois und rieb seine Wange an meiner Schulter, wie eine Katze. Was sollte ich darauf bitte antworten? Wenn ich nein sagte, würde Alois bestimmt wütend werden, aber mir die Blöße geben und mir einzugestehen, dass ich es sehr wohl mochte, wollte ich auch nicht.
 

Deshalb entschied ich mich einfach dazu nichts zu sagen, sondern den Spieß umzudrehen, weshalb ich mein Knie zwischen Alois‘ Beine schob und es nach oben wandern ließ.
 

Der Earl hatte damit offenbar nicht gerechnet, denn er biss überrascht die Zähne zusammen, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Blöderweise befand sich zwischen seinen Zähnen noch immer meine Schulter, sodass er unbeabsichtigt ziemlich heftig zubiss und ich gerade noch so verhindern konnte, dass ich einen äußert mädchenhaften Schrei von mir gab.
 

„Tut mir leid…ich hatte nicht erwartet, dass du das tun würdest.“, hauchte Alois und leckte entschuldigend über die schmerzende Stelle an meiner Schulter. Ich schüttelte wortlos den Kopf.
 

„Du kannst Schmerz ertragen nicht wahr? Du bist innerlich genauso hässlich wie ich. Man hat uns beide verunstaltet und verdorben. Du bist wie ich, kleine Rose.“ Alois schob das Bettlaken wieder über meine Schulter, legte ein Bein über meine Hüfte und zog mich an sich.
 

„Mach das Licht aus.“ „Aber ich dachte…“ „Mach es aus. Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit.“, behauptete Alois und ich löschte stirnrunzelnd die Kerze, die auf dem Nachttisch stand.
 

Dann war es still. Alois sagte mir nicht gute Nacht. Er strich mir stumm übers Gesicht, schloss dann die Augen und nach einer Weile hörte ich nur noch seinen regelmäßigen Atem.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-12-23T16:14:48+00:00 23.12.2017 17:14
Alleine hat er eben keine Angst mehr.
Kawaiiiiiiiiiiiiii, der Schluss war echt total niedlich! <3

Ach, ich bin ein hoffnungsloser Alois-Fan und würde ihn am Liebsten einfach durchknuddeln! Wobei ich ihn so gerne vor seinem Schicksal gerettet hätte!

Nun genug von mir ;)
Aber einen kleinen Tipp an dich hätte ich noch: Schreib vielleicht etwas mehr von dir selbst her. Am Ende/Anfang eines Kapis zum Beispiel. Das regt zum kommentieren an ;D

Lg. Ookami-chan


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