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Star Trek - Timeline - 05-01

EXODUS-Freunde
von

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Transzendenz


 

2373
 


 


 

Jedes Wesen folgt in seinem Leben einem Pfad.

Keiner weiß vorher, oder wann und wo er endet.

Sie hinterlassen Spuren und manche kreuzen unseren Weg.

Einige, die wir treffen, werden wir nicht vergessen.

Auch wenn sie möglicherweise für immer gehen,

in unseren Herzen und unserer Erinnerung bleiben sie.

(Aus dem japanischen Epos: Das Rote Banner)
 


 


 


 


 

8.

Transzendenz
 

Logbuch der U.S.S. EXODUS / NCC-77007

Sternenzeit: 50741.4

Captain Valand Kuehn
 

Vor zehn Minuten hat mich auf Bajor ein Anruf von Lieutenant Gallagher erreicht. Ein Raumschiff der Föderation ist im Grenzgebiet zum Cardassianischen Raum verschollen. Es handelt sich dabei um die U.S.S. NAGOYA, einem Raumschiff der MIRANDA-KLASSE, das in diesem Gebiet auf Patrouille war. Das Schiff antwortet seit einem halben Tag auf keinerlei Funkrufe, hat jedoch andererseits auch keinerlei Notrufe gesendet.

Da die Lage unklar ist, und die EXODUS am schnellsten den betreffenden Sektor erreichen kann, übermittelte die Funkstation von Sternenbasis-375, den Befehl von Vizeadmiral Ross, dass wir uns vor Ort umschauen, und ermitteln sollen, was geschehen ist. Auf seinen Wunsch hin dient William Ross, auch nach seiner Beförderung, weiterhin als Sektorenkommandant am Rand der Grenze zum Cardassianischen Raum.
 

* * *
 

Scheinbar zufällig war Ensign Lianna Harlenoi, Valand Kuehn vor dem Schott seines Quartiers begegnet. Dass es kein Zufall war, wurde durch ihre Worte ersichtlich, nachdem sie ihn freundlich gegrüßt hatte. „Ich muss mit Ihnen sprechen, Captain. Wie ich hörte, haben Sie in den letzten Wochen ziemlich hart trainiert, zusammen mit den Leuten der Sicherheit. Das empfinde ich nicht als negativ, Sir, doch Ihnen ist hoffentlich klar, dass sie körperlich nicht mehr leisten müssen, als Besatzungsmitglieder, die zum Teil zehn Jahre jünger sind, als Sie.“

„Schaden kann es andererseits aber auch nicht“, erwiderte Kuehn, etwas überrascht. „Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Ensign?“

Während sie den Gang zum Turbolift durchschritten, sah die Betazoidin ihren Vorgesetzten von der Seite an, bevor sie nachdenklich meinte: „Ich möchte mich nur vergewissern, dass es keinen psychischen Grund gibt, für ihren Kräfteraubbau, Sir.“

„Der da sein könnte?“

Die Counselor legte ihre Hände auf den Rücken. „Um offen zu sein, Captain, ihr letzter Urlaub liegt schon eine ganze Weile zurück. Da bauen sich zwangsläufig Spannungen auf. Dasselbe gilt für die gesamte Crew. In den letzten Wochen kam es hier und da bereits zu mehreren Streits, ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Leute eine Pause benötigen. Inklusive Ihnen, Captain.“

Valand Kuehn spürte bei den Worten der Frau Ärger in sich aufsteigen. In demselben Augenblick erkannte er, dass nichts besser ihre Worte hätte untermauern können, denn Verärgerung empfand er äußerst selten. Schon gar nicht so spontan und unangemessen.

„Sie haben wohl Recht, Counselor“, antwortete Kuehn als er sich wieder beruhigt hatte. Nach diesem Einsatz werde ich mit Admiral Ross darüber reden. Eine Woche auf Risa könnte uns allen nicht schaden, schätze ich mal.“

Die Counselor lächelte zufrieden. „Ich nehme Sie beim Wort, Captain.“

Damit entfernte sich die Betazoidin und ließ einen nachdenklichen Captain zurück, der sich auf dem Weg zur Brücke befand.

Im Turbolift überlegte Kuehn, dass Lianna Harlenoi wirklich Recht hatte. Fast ein Jahr hindurch war die EXODUS im Dauereinsatz. Aber die Lage war angespannt und der Sternenflotte fehlten Raumschiffe, um alle Grenzen zu überwachen, an denen Gefahr drohte. Wenn er es recht bedachte, so war sein letzter richtiger Urlaub jener gewesen, den er mit Feyquari Lanoi auf der Erde verbracht hatte. Er seufzte bei diesem Gedanken. Erst vor wenigen Tagen hatte ihn eine Nachricht von ihr erreicht. Bei einem Urlaub auf ihrem Heimatplaneten, vor einem halben Jahr, hatte sie einen Mann kennengelernt, mit dem sie seit einiger Zeit zusammen war. Sie harmonierten perfekt auf mentaler Ebene, wie sie sich in der Nachricht ausgedrückt hatte. Er hatte Feyquari umgehend geantwortet, und sie dazu beglückwünscht, doch ihr das zu sagen hatte ihn einiges an Überwindung gekostet.

Der Turbolift hielt auf Deck-1 und als Kuehn die Liftkabine verließ war er gedanklich bereits wieder voll im Tagesgeschäft. „Bericht, Commander.“

Zaralee Scarinnan wandte sich ihm zu und meldete: „Wir haben unsererseits versucht, die NAGOYA über Subraumfunk zu erreichen, Captain. Ohne Erfolg. Die NAGOYA meldet sich nicht. Ich habe bereits einen Kurs setzen, und das Schiff beschleunigen lassen. Momentan fliegen wir mit Warp-9,5 dem letzten bekannten Aufenthaltsort des vermissten Raumschiffs entgegen. Wir werden in knapp zwei Stunden vor Ort sein.“

Valand Kuehn lächelte dünn. „Danke, Commander. Sagen Sie mir Bescheid, wenn es noch zehn Minuten sind, ich bin in meinem Bereitschaftsraum.“

Zaralee Scarinnan bestätigte und beobachtete Kuehn dabei, wie er in seinem Bereitschaftsraum verschwand. Zu Beginn hatte er ihn nur gelegentlich mal aufgesucht, doch im letzten Jahr hatte er sich angewöhnt ihn häufiger zu nutzen.

In seinem Bereitschaftsraum angekommen schritt der Norweger zunächst zu einem der beiden hohen Fenster und blickte abwesend auf die vorbei ziehenden Sternenstreifen. Erst nach einer geraumen Weile wandte er sich ab und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Dabei fiel sein Blick auf die Vitrine, in der auch das Abzeichen der RED-SQUAD lag, das er zu Akademiezeiten am Kragen seiner Uniform getragen hatte.

Valand Kuehns Blick verfinsterte sich, als er daran dachte, dass seit dem letzten Jahr, dieses Abzeichen stellvertretend für die Leichtgläubigkeit von Elitekadetten stand, und für deren Unvermögen, illegale Befehle zu erkennen. Kadetten, wie Riley Shepard, hatten im letzten Jahr, durch blinden Befehlsgehorsam, fast dazu beigetragen, dass der geplante Putsch von Admiral Leyton gelungen wäre. Dieser Gedanke machte Kuehn mächtig wütend, und das in zweierlei Hinsicht. Nicht allein deswegen, weil er von Kadetten der RED-SQUAD einfach viel mehr erwartete, sondern, vielleicht noch mehr, deswegen, weil sich ein Flaggoffizier der Flotte die absolute Hingabe junger Schutzbefohlener, für die eigene, schmutzige Sache, gewissenlos zunutze gemacht, und die RED-SQUAD nachhaltig in Verruf gebracht, hatte.

Für einen Moment starrte der Captain ins Leere, bevor seine Gedanken schließlich zu den aktuellen Ereignissen zurückkehrten. Vor drei Monaten war es einer gewaltigen Flotte des Dominion gelungen, in den Alpha-Quadrant einzudringen. Sie hatte überraschender Weise DEEP SPACE NINE nicht angegriffen, sondern sich in den Cardassianischen Raum abgesetzt, wo sie nun seit dieser Zeit lauerte. Die Cardassianer, unter der Führung von Gul Dukat, hatten insgeheim ein Bündnis mit dem Dominion geschlossen, was sie, mit der Macht des Dominion im Rücken, zur momentan stärksten Fraktion des Alpha-Quadranten machte. Eine Vorstellung, bei der ein leiser Schauer über Kuehns Nacken lief. Das war auch einer der Gründe, warum die EXODUS, in den letzten drei Monaten, fast pausenlos auf Patrouille flog, entlang der Grenze zum Cardassianischen Raum.

Dass sich nun die NAGOYA nicht mehr meldete konnte gut bedeuten, dass es zu offenen Kampfhandlungen gekommen war. Das war zugegebenermaßen die düsterste aller Möglichkeiten und Valand Kuehn hoffte inständig, dass sie nicht zutraf.

Der Captain der EXODUS brütete für eine geraume Weile vor sich hin, wobei ihm die Verschiedensten Dinge durch den Kopf gingen, bis ihn der Türsummer, der ein aufdringliches Zirpen von sich gab, zurückholte in die Wirklichkeit. Aus seinen Gedanken auftauchend, an die Oberfläche der Realität, gab Valand Kuehn den akustischen Öffnungsbefehl für das Schott seines Bereitschaftsraums. „Herein!“

Mit einem leisen Zischen glitt das Schott zur Seite und Commander Scarinnan betrat den Bereitschaftsraum des Captains. Mit fragendem Blick musterte sie ihren Vorgesetzten. „Möchten Sie lieber allein sein, Captain, oder haben Sie einen Moment?“

Valand Kuehn war versucht der Rigelianerin zu sagen, dass er seine Ruhe haben wollte, doch dann wies er mit der rechten Hand auf das Sofa, an der Wand gegenüber seines Schreibtisches. „Nehmen Sie Platz, Commander.“

Ein Zug von Erleichterung schien auf dem Gesicht der Rigelianerin zu liegen, soweit Kuehn das erkennen konnte, und ein wenig verwundert darüber fragte er: „Nun, was kann ich für Sie tun, Commander?“

Zaralee Scarinnan setzte sich geschmeidig. Dabei lächelte sie gezwungen: „Dasselbe wollte ich Sie gerade fragen, Captain. Ich bin zwar keine Counselor, aber mir ist aufgefallen, dass Sie, seit Ihrem Besuch auf Bajor, seltsam in sich gekehrt sind.“

Es dauerte einen Augenblick, bis Kuehn entschieden hatte, sich seinem Ersten Offizier anzuvertrauen. „Nun, während meiner Zeit an der Akademie gab es jemanden, der mir sehr viel bedeutet hat. Eine Bajoranerin um es zu präzisieren. Auf Bajor habe ich versucht herauszufinden, was aus ihr geworden ist. Ich konnte zwar ihre Cousine ausfindig machen, doch die war mir gegenüber verschlossen, wie eine Auster, falls Ihnen der Vergleich etwas sagt, Commander.“

Die Rigelianerin lächelte unmerklich. „Ich denke, ich verstehe, Sir. Diese Bajoranerin, an der Akademie. Sie war Ihre feste Freundin?“

Valand Kuehn zögerte eine ganze Weile, bevor er tief durchatmete und sich dazu entschloss, Zaralee Scarinnan von seiner Zeit an der Akademie zu erzählen. „Ich bin mir nicht sicher, ob man das so bezeichnen kann, Commander. Gleich in den ersten Tagen an der Akademie lernte ich Linara Enari kennen. Obwohl sie scheinbar das genaue Gegenteil von mir war, und zudem um einige Jahre älter als ich selbst, haben wir uns, trotz aller kulturellen Unterschiede, von Anfang an hervorragend verstanden. Sie gestand mir eines Tages, dass sie vor ihrem Eintritt in die Sternenflotte, auf ihrer Heimatwelt im Widerstand gewesen war, und dass sie zu dieser Zeit auch Cardassianer getötet hat. Ich merkte damals deutlich, wie diese Taten an ihr nagten, aber auch ihre Erleichterung, als sie merkte, dass ich sie dafür nicht verurteilte. Als ich zu Beginn meines zweiten Semesters der RED-SQUAD beigetreten bin, war Enari alles andere als begeistert, da sie einer Organisation innerhalb einer Organisation nicht über den Weg traute. Im Zuge dieser Entwicklung kühlte sich die bislang sehr gute Freundschaft zwischen uns merklich ab, worüber wir beide nicht sehr glücklich waren. Ich bemühte mich zwar redlich um unsere Freundschaft, doch Enari blieb dennoch reserviert. Mit der Zeit haben wir uns schließlich unseren eigenen Freundeskreisen zu gewandt und der Kontakte zu einander war von da an eher sporadisch. Als Enari, im Sommer des Jahres 2357 die Akademie abschloss, versuchte ich, am Vorabend ihres Weggangs, noch einmal, mit ihr darüber zu reden, was sich im Laufe der letzten Jahre unmerklich zwischen uns aufgestaut hatte. Es gelang uns schließlich, jene unsichtbare Mauer niederzureißen, die sich in den letzten Jahren zwischen uns gebildet hatte. Der Rest des Abends verlief sehr emotional und... intensiver, als es vielleicht für uns gut gewesen ist.

Es dauerte einen Moment lang, bis Zaralee Scarinnan die volle Bedeutung der letzten Worte erfasste. „Also haben Sie zwei...“

„Ja, haben wir“, fiel Kuehn der Rigelianerin schnell ins Wort. „Dennoch habe ich, bis zum heutigen Tag, kein Wort mehr von ihr gehört. Ich hatte gehofft, seit die EXODUS in diesem Sektor stationiert ist, wieder mit ihr in Kontakt treten zu können.“

Zaralee Scarinnan legte zwanglos ihre Arme auf die Couchlehne und musterte Valand Kuehn fragend. „Was empfinden Sie für diese Bajoranerin, Captain? Ist es noch immer mehr, als nur platonische Freundschaft?“

Valand Kuehn erhob sich aus seinem Sessel, umrundete seinen Schreibtisch, und setzte sich dann auf dessen Kante. Er blickte auf seine Schuhspitzen „Offen gestanden, ich weiß es nicht, Commander. Ich hatte wohl gehofft, es bei meinem Besuch auf Bajor herausfinden zu können.“

Als Valand Kuehn wieder den Kopf hob und Commander Scarinnan in die Augen sah, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Sie sind die erste Person, der ich von Linara Enari erzählt habe, Commander. Vielleicht sollten Sie es doch einmal als Counselor versuchen.“

„Lieber nicht, Sir.“

Die Rigelianerin erhob sich. „Kommen Sie mit, auf die Brücke?“

Valand Kuehn nickte schwach. „Ja, da bin ich momentan bestimmt besser aufgehoben, als allein hier drin. Danke, Commander.“
 

* * *
 

Als sich die EXODUS der letzten bekannten Position der NAGOYA näherte, da war Valand Kuehn bereits wieder ganz auf den Auftrag von Admiral Ross konzentriert. Sie sollten klären, was mit dem Raumschiff der MIRANDA-KLASSE passiert war, und genau das würden sie auch tun.

In die angespannte Konzentration der Anwesenden auf der Brücke des Raumschiffs sagte Karen Gallagher: „Noch zwei Minuten bis zum Ziel, Captain. Ich scanne ein Objekt, etwa eine Astronomische Einheit abseits unseres Zielpunktes. Nach seiner Größe und Masse handelt es sich um die NAGOYA. Allem Anschein nach ist es vollständig intakt. Aber ich empfange kein Erkennungssignal.“

Valand Kuehn gab ruhig zurück: „Rufen Sie das Schiff, Lieutenant.“

Einige Augenblicke verstrichen, bevor Karen Gallagher meldete: „Ich bekomme keine Verbindung, Sir.“

Commander Scarinnan wandte sich zum Taktischen Offizier der EXODUS um. „Geben Sie Gelben Alarm, Miss Gallagher. Können Sie Energiewerte orten?“

Gemeinsam mit dem gelben Aufleuchten der Alarmpaneele antwortete Karen Gallagher: „Positiv, Commander. Aber ich kann nur einen geringen Energiefluss feststellen. Außerhalb des Schiffes messe ich eine geringe Warpplasma-Strahlung an, aber der Bereich ist frei von Objekten, die so etwas verursacht haben könnten. Seltsam, Sir.“

Zaralee Scarinnan blickte fragend zu Valand Kuehn. „Was kann da wohl passiert sein, Captain? Nach einem Angriff sieht das nicht aus.“

Valand Kuehn lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Warten wir es ab.“

Kuehn blickte von der Rigelianerin zu Na´Loon Ta Regalus. „Mister Ta Regalus, bringen Sie uns, zehn Million Kilometer von der NAGOYA runter auf ein Viertel Impuls. Danach bringen Sie die EXODUS auf eine Distanz von eintausend Kilometern zum Schiff und halten die Position.“

Sich zu Karen Gallagher wendend fuhr der Norweger fort: „Miss Gallagher, sie behalten die Scanner im Auge und melden alles Ungewöhnlich. Tasten Sie die NAGOYA während der Annäherung genau ab. Scannen sie besonders nach allen Lebenszeichen.“

Sein nächster Befehl an Commander Scarinnan ging Valand Kuehn etwas gegen den Strich, doch er hatte im letzten Jahr oft an das gedacht, was Master-Chief Anzaria Harin ihm gesagt hatte, in Bezug auf die primäre Aufgabe eines Sternenflottencaptains. „Commander, bereiten Sie sich darauf vor ein Außenteam zusammenzustellen, falls uns auch nach unserer Ankunft beim Schiff nicht gelingen sollte, Kontakt zur Crew der NAGOYA herzustellen.“

„Aye, Captain.“

Die Rigelianerin lächelte, und Kuehn dachte säuerlich: Ja, ich weiß es schon, Commander: Der Captain der EXODUS verzichtet zum ersten Mal darauf selbst das Außenteam zu anzuführen. Sie hätten lieber lächeln sollen, als wir alle zum ersten Mal die neuen Uniformen getragen haben, die vor wenigen Wochen erst eingeführt worden sind. Denn die sind der wirkliche Lichtblick des Jahres.

Im nächsten Moment fiel die EXODUS unter Warp und der efrosianische Pilot des Leichten Trägers meldete: „Unser Schiff hält Kurs auf die NAGOYA, mit einem Viertel Impulsgeschwindigkeit, Captain. Eintreffen dort in zweieinhalb Minuten.“

Valand Kuehn erwiderte: „Danke, Lieutenant. Schiff auf den Hauptbildschirm. Maximale Vergrößerung.“

Es dauerte nur wenige Augenblicke, und in der Mitte des konkaven Bildschirms zeichneten sich die Umrisse eines Raumschiffes der MIRANDA-KLASSE ab.

Das Schiff schien unbeschädigt zu sein, doch die Bussard-Kollektoren und die Intercooler der beiden Warpgondeln blieben dunkel. Entgegen der veralteten Version aus dem 23. Jahrhundert, besaßen die Raumschiffe der MIRANDA-KLASSE vom Typ-II signifikant modernisierte Warpgondeln, die ihnen fast dieselbe Höchstgeschwindigkeit verlieh, wie den moderneren Einheiten der Sternenflotte. Die Raumschiffe dieses Typs waren ab dem Jahr 2350 in Dienst gegangen und hatten die älteren Einheiten dieses Klasse nach und nach ersetzt. Bis auf die etwas anders konstruierten Gondeln hatte sich diese Schiffsklasse jedoch kaum in seinen Äußerlichkeiten verändert. Wohl aber, was die Ausstattung im Innern betraf.

Während sich die EXODUS weiter annäherte konnte Valand Kuehn den Namen und die Registriernummer des treibenden Raumschiffs identifizieren. Es handelte sich tatsächlich um die U.S.S. NAGOYA / NCC-31202. Als die EXODUS noch eine Minute entfernt war, meldete Karen Gallagher: „Ich habe erneut versucht einen Kanal zur NAGOYA zu öffnen, Captain. Kein Erfolg. Ich scanne auch keinerlei Lebenszeichen. Obwohl die Lebenserhaltung, wenn auch mit ungewöhnlich niedrigen Werten, arbeitet.“

„Verstanden, Lieutenant. Man kann sich dort also gefahrlos ohne Raumanzug aufhalten, Miss Gallagher?“

„Positiv, Sir.“

Valand Kuehn blickte mit verschlossener Miene auffordernd zu seiner Stellvertreterin. „Das ist Ihr Stichwort, Commander. Nehmen Sie Mister Chirome, Mister Ran und drei Leute der Sicherheit mit und verschaffen Sie sich einen Überblick, was auf der NAGOYA passiert sein könnte. Halten Sie dabei permanent Funkkontakt und melden Sie, was sie dort drüben vorfinden. Ach, und Commander: Seien Sie bitte vorsichtig.“

Die Rigelianerin erwiderte den Blick ihres Vorgesetzten ernst. „Das werde ich sein. Lieutenant Gallagher, geben Sie bitte Mister Chirome Bescheid, dass er sich umgehend in Transporterraum-II einfinden soll. Bestellen Sie zusätzlich drei Ihrer Leute dorthin.“

Karen Gallagher bestätigte.

Valand Kuehn blickte Commander Scarinnan und Yazee Ran nachdenklich hinterher, als sie gemeinsam in der Kabine von Turbolift-I verschwanden. Für einen Moment fühlte er sich versucht doch mitzugehen, aber er ballte die Hände zu Fäusten und beherrschte sich. Zur Aufgabe eines Captains der Sternenflotte gehörte es, seinen Untergebenen zu vertrauen, und er vertraute Zaralee Scarinnan. Sie würde ihre Aufgabe erfüllen. Tief durchatmend lehnte er sich in seinem Sessel zurück und blickte wieder auf den Hauptbildschirm. Was mochte sich dort drüben abgespielt haben?
 

* * *
 

Zaralee Scarinnan zog gleich nach dem Transport auf die NAGOYA ihren Phaser und blickte sich nach allen Seiten sichernd um. Sie hatten sich direkt auf die Brücke des Raumschiffs beamen lassen.

Von der Brückencrew war keine Spur zu entdecken, ebenfalls von keinem anderen Lebewesen, und so steckte sie den Phaser wieder zurück ins Futteral und zückte dafür ihren Tricorder, um ihn zu aktivieren.

Die sechs Sternenflottenangehörigen verteilten sich auf der, im Vergleich zum Kommandozentrum der EXODUS, beengt wirkenden Brücke der NAGOYA, wobei das Augenmerk der drei Unteroffiziere der Sicherheit, primär dem Schott des Turbolifts galt. Entgegen neuerer Designs der Sternenflotte gab es auf Raumschiffen dieser Klasse immer noch keinen Bereitschaftsraum für den Captain. Geschweige denn für den Commander, wie auf Schiffen der AKIRA-KLASSE. Zudem machte das Brückendesign an sich einen leicht antiquierten Eindruck, auf Zaralee Scarinnan.

Master-Chief-Petty-Officer Anzaria Harin, die von Karen Gallagher dem Außenteam zugeteilt worden war, wandte sich der Rigelianerin zu. „Niemand auf der Brücke oder auf dieser Ebene des Raumschiffs, Commander. Ich habe den Suchbereich des Tricorders ausgeweitet, scanne aber auch auf den übrigen Decks keine Lebenszeichen. Es hat den Anschein, als wäre niemand mehr an Bord der NAGOYA.“

Commander Scarinnan spreizte bestätigend die Finger ihrer linken Hand. „Schicken Sie Chief-Petty-Officer Soerensen und Petty-Officer Devereaux zu den beiden Hangars des Schiffes. Sie sollen sich dort umsehen und berichten, ob die Crew das Raumschiff vielleicht mit Hilfe der Shuttles verlassen hat. Sie selbst kommen mit mir, wir zwei bleiben auf der Brücke und sehen die Logbuch-Dateien durch.“

Während die Trill der Aufforderung ihrer Vorgesetzten nachkam, wandte sich Zaralee Scarinnan an Chirome und Yazee Ran. „Sie zwei werden sich zum Maschinenraum begeben. Sehen Sie sich dort um und erstatten Sie mir Bericht, wie es dort aussieht.“

„Aye, Ma´am“, gab Yazee Ran zurück und gab Chirome einen Wink, ihm zu folgen.

Als der Trill mit Chirome im Lift zur Maschinendeck-Ebene hinunter fuhr, meinte der Bolianer bedrückt: „Es ist zwar schon fast elf Jahre her, dass die ALAMO havarierte, doch die leere Brücke der NAGOYA, hat mich daran erinnert, was sich seinerzeit auf der ALAMO ereignet hat. Ich hoffe, wir finden einen Hinweis auf den Verbleib der Crew.“

„Die Ereignisse auf der ALAMO waren bestimmt traumatisch“, gab Ran zurück. „Aber dieses Raumschiff macht einen unbeschädigten Eindruck. Eine Havarie schließe ich darum mal aus. Es muss einen anderen Grund geben, für das bisherige Fehlen jeglicher Hinweise auf den Verbleib der Besatzung.“

Die Liftkabine hielt an und die beiden ungleichen Männer traten auf den Gang hinaus. Langsam durch den Gang schreitend ließen sie ihre Tricorder arbeiten, doch auch jetzt gab es keinen Hinweis darauf, dass der Warpkern arbeitete.

Nach einer Weile sagte Chirome in die sie umgebende Stille: „Es macht den Anschein, als würden wirklich nur die Impuls-Aggregate das Schiff mit Energie versorgen. Ich frage mich, warum der Warpkern nicht läuft?“

Sie erreichten den Hauptzugang zum Maschinenraum, und Yazee Ran öffnete das Schott. Die beiden Männer traten ein, und sie blieben beide, wie auf ein geheimes Kommando hin, gleichzeitig wie angewurzelt stehen. Für einen Moment lang blieb es still, bevor der Wissenschaftler zu Chirome sagte: „Jetzt wissen wir definitiv, warum nur die Impuls-Aggregate des Raumschiffs laufen.“
 

* * *
 

Commander Zaralee Scarinnan sah von dem Computerterminal, im hinteren Bereich der Brücke, auf als der Anruf des Leitenden Ingenieurs der EXODUS sie über den Kommunikator erreichte.

„Commander, das ist vielleicht ein Ding! Der Warpkern ist weg!“

Die Rigelianerin blickte erstaunt zu Anzaria Harin auf und aktivierte ihren Kommunikator, um zu fragen: „Was meinen Sie, mit weg?“

Die Stimme des Bolianers klang erregt. „Fort. Verschwunden. Nicht da. Vermutlich ausgestoßen, Commander.“

„Aber wir haben, mit den Scannern der EXODUS, kein Objekt im näheren oder weiteren Umkreis der NAGOYA scannen können, Lieutenant-Commander.“

Der Bolianer gab ein vernehmliches Schnaufen von sich. „Darum sagte ich ja bereits: Das ist vielleicht ein Ding!

Die Rigelianerin sammelte sich schnell wieder. „Sehen Sie sich, zusammen mit Ran, die zuletzt durchgeführten Protokolle an, Mister Chirome. Vielleicht kommen wir dahinter, was mit dem Warpkern tatsächlich passiert ist. Commander Scarinnan, Ende.“

Der Bolianer bestätigte und Zaralee Scarinnan sah zu ihrer Begleiterin. „Wir haben einen ausgestoßenen Warpkern, aber draußen ist keiner. Was halten Sie davon?“

Die Trill schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Erklärung, Commander. Aber das ist andererseits auch nicht mein Metier.“

Zaralee Scarinnan grinste schief. „Das erlebe ich zum ersten Mal, Master-Chief. Ich werde den Captain informieren. Vielleicht muss die EXODUS nur ihren Scannerradius ausweiten, und das Mysterium löst sich auf.“

Anzaria Harin wandte sich wieder den Computerdateien zu, wobei sie unterbewusst mitbekam, wie der Commander Verbindung zum Captain aufnahm und Bericht erstattete. Die Scannerdateien des Schiffes waren ziemlich umfangreich. Offensichtlich gehörte der Taktische Offizier der NAGOYA zu jenen Offizieren, die jedes noch so geringe Detail genauer untersuchten. Diese Herangehensweise erschwerte zumindest das Auffinden der signifikanten Scannerdaten.

Nachdem Zaralee Scarinnan die Verbindung zu Kuehn unterbrochen hatte, nahm sie ihre ursprüngliche Beschäftigung wieder auf. Sie war die Logbucheinträge der letzten drei Tage durchgegangen und hatte keinerlei Hinweis darauf gefunden, dass sich etwas Ungewöhnliches ereignet haben könnte. Was immer sich auch zugetragen haben mochte, es schien die Besatzung vollkommen überrascht zu haben. Schließlich entdeckte sie einen Eintrag, der ihre Aufmerksamkeit erregte.

Fast gleichzeitig drangen die Worte von Anzaria Harin in ihre Gedanken. „Ich habe hier die Scanner-Aufzeichnung einer Subraumanomalie entdeckt, Commander. Offenbar trat sie phasenweise auf. Die NAGOYA entdeckte vor drei Tagen dieses Phänomen und der Captain des Schiffes entschloss sich dazu, es zu untersuchen.“

„Das bestätigt der Logbucheintrag, den ich gerade gefunden habe, Master-Chief“, gab die Rigelianerin bekannt. „Aber hier ist nicht vermerkt, was es mit dieser Anomalie auf sich hat, oder was die Ursache dafür gewesen sein könnte. Alles sehr mysteriös. Außerdem wüsste ich zu gerne, was aus der Besatzung geworden ist. Zumindest diesen Logbuch-Einträgen nach wurde von Niemandem der Befehl zur Aufgabe des Schiffes gegeben. Wo also sind die alle hin, Master-Chief?“

„Vielleicht können Chief-Petty-Officer Soerensen und Petty-Officer Devereaux uns mehr verraten, wenn sie die beiden Hangars des Schiffes untersucht haben“, gab Anzaria Harin optimistisch zurück.

„Ja, hoffentlich melden sich die beiden bald.“
 

* * *
 

Chief-Petty-Officer Helge Soerensen war gerade Anfang Dreißig, doch sein dichtes, dunkles Haar zeigte an den Schläfen bereits erste graue Strähnen. Soerensen behauptete gerne, das dies das Ergebnis des harten Dienstes in der Sternenflotte sei. Obwohl er es natürlich besser wusste, denn auch sein Vater und sein Großvater waren früh ergraut. Es lag schlicht in seinen Genen.

Vor wenigen Minuten hatten er und Petty-Officer Jeanette Devereaux den Steuerbord-Hangar erreicht und damit begonnen, Messungen mit ihren Tricordern vorzunehmen. Auf dem Weg hierher war ihnen keine Seele begegnet, und auch hier im Hangarbereich entdeckten die beiden Angehörigen der Sicherheit keinem Lebewesen. Das war für Soerensen absolut kein normaler Zustand, denn im Grunde gab es immer etwas an den Shuttles zu tun, die von den Sternenflottenschiffen mitgeführt wurden.

In den braunen Augen des Mannes lag Besorgnis, als er zu seiner Begleiterin sah, die sich etwas von ihm abgesetzt hatte, um eines der Shuttles zu umrunden und vor dem Shuttle wieder zum Vorschein kam. „Sieht nicht so aus, als wären zumindest in diesem Hangar noch alle Shuttles vorhanden. Was denkst du, könnte mit den Leuten passiert sein?“

Die Mittzwanzigerin fuhr sich durch das lange, braune Haar. Seit nun fast zwei Jahren verband sie eine herzliche Freundschaft mit Soerensen. „Ich habe keine plausible Erklärung. Wenn es einen Planeten in der Nähe gäbe, dann würde ich sagen, sie haben sich von Bord gebeamt. Aber einerseits würde das keinen Sinn ergeben, und zweitens gibt es keinen in Reichweite der Transporter.“

„Vielleicht haben sie sich auf ein anderes Raumschiff gebeamt?“

„Hm“, machte Jeanette Devereaux, wie immer, wenn sie etwas stark anzweifelte, selbst aber mit keiner besseren Erklärung aufwarten konnte. „Wäre möglich.“

Helge Soerensen, der seine Begleiterin mittlerweile gut genug kannte, um ihre Zweifel an dieser Hypothese zu bemerken, gab schmunzelnd zurück: „Aber du glaubst nicht an diese Möglichkeit.“

„Nicht wirklich.“

Die hochgewachsene, schlanke Frau kam zu ihrem Begleiter zurück und stellte fest: „Keine Lebenszeichen in diesem Bereich, und alle Shuttles sind an ihrem Platz. Vielleicht finden wir im Backbord-Hangar ja die Lösung des Rätsels.“

Ihr etwas beleibter Begleiter deutete zustimmend zum Schott. „Gehen wir hin und finden es heraus.“

Gemeinsam verließen sie den Hangar und traten hinaus auf den Gang, der beide Hangars miteinander verband. Als sie kurze Zeit später den Backbord-Hangar betraten, blieb Helge Soerensen stehen und machte eine umfassende Geste. „Die Theorie, dass die Crew mit den Shuttles von Bord ging, können wir wohl vergessen.“

Jeanette Devereaux sah ihren Begleiter, den sie um eine Handbreit überragte, von der Seite an. „Ja, auch hier scheinen sich alle Shuttles an ihrem Platz zu befinden.“

Nachdenklich gab Soerensen zurück: „Ich werde den Commander informieren, und...“

„Halt, warte noch“, fiel ihm Jeanette Devereaux ins Wort und deutete aufgeregt nach vorne. „Spinne ich, oder siehst du das auch, Helge?“

Helge Soerensen, der ihrem Blick folgte, erkannte augenblicklich, was seine Begleiterin aus der Fassung gebracht hatte. Geistesgegenwärtig aktivierte er seinen Tricorder und hielt ihn auf das, was er vor sich sah, aber nicht glauben konnte.

Vor den beiden Sicherheitsleuten der EXODUS schwebten zwei nebulöse Umrisse. Sie schienen zu pulsieren und die Abbilder zweier Humanoider in Sternenflottenuniformen zeichneten sich vor ihnen ab. Sie schienen etwas rufen zu wollen, doch es blieb still in der Hangarhalle.

„Da brat mir einer eins über, das gibt es doch nicht“, entfuhr es Soerensen. „Jeanette, ich sage dir, wir sind total übergeschnappt, denn Geister gibt es nicht.“

„Ich messe schwache Energiemuster an“, entgegnete die Frau tonlos. „Offenbar gehen sie von diesen beiden Erscheinungen aus.“

Im nächsten Moment waren beide Erscheinungen verschwunden, und Helge Soerensen fuhr sich ungläubig über die Augen. Verwirrt sah er zu Jeanette Deveraux und fragte entgeistert: „Hast du die Muster speichern können?“

„Ja, und nicht nur das. Auch die optischen Scanner haben das, was wir gesehen haben, aufnehmen können. Wir sind also durchaus noch ganz bei Trost.“

Noch bevor Helge Soerensen eine Entscheidung darüber treffen konnte, wie er nun reagieren sollte, erreichte die beiden Sicherheitsleute ein Anruf von Lieutenant-Commander Yazee Ran, dessen erregt klingende Stimme meldete: „Ran an Außenteam: Es mag verrückt klingen, aber Mister Chirome und ich haben mehrere Geister gesehen. Sie sahen aus, wie Besatzungsmitglieder eines Sternenflottenraumschiffs. Ich schlage vor, wir treffen uns auf der Brücke dieses Schiffes. Ran, Ende.“

Bevor Soerensen reagieren konnte, aktivierte Jeanette Devereaux ihren Kommunikator und meldete: „Hier Petty-Officer Devereaux. Chief-Petty-Officer Soerensen und ich haben ebenfalls ein solches Phänomen beobachtet. Wir machen sind auf dem Weg. Devereaux, Ende.“

Der Chief-Petty-Officer der Sicherheit sah auffordernd zu seiner Begleiterin. „Komm, beeilen wir uns, dieser Bereich des Raumschiffes wird mir unheimlich.“
 

* * *
 

Auf der Brücke der NAGOYA, wo es zu keinerlei Erscheinungen gekommen war, hörte sich Commander Scarinnan etwas ungläubig die Berichte der beiden von ihr ausgesandten Teams an, als sie bei ihr eingetroffen waren. Nachdem sie sich auch die Telemetrie der Tricorder angesehen hatte, schüttelte sie fassungslos den Kopf und fragte, zu Yazee Ran gewandt: „Was sagen Sie als Wissenschaftler dazu, Mister Ran?“

Der Angesprochene kratzte sich nervös am Kinn und erwiderte unsicher: „So etwas sieht man nicht alle Tage, Commander. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es wirklich lebende Wesen waren, die wir sahen, oder Projektionen – erzeugt von wem auch immer. Ich weiß nur, dass die Erscheinungen ziemlich ungewöhnliche Energiemuster abstrahlten, die eine Verwandtschaft mit dem Subraum zu haben scheinen. Aber das kann ich erst genau sagen, wenn ich die Energiemuster an Bord der EXODUS analysiert habe.“

Ein Anruf von Valand Kuehn unterbrach die Unterhaltung. „Captain an Außenteam, halten Sie sich bereit, wir holen Sie an Bord der EXODUS zurück. Wir haben multiple Subraum-Anomalien auf und rund um der NAGOYA angemessen. Es kam selbst auf der EXODUS bereits zu Energiefluktuationen. Achtung. Jetzt.“

Einen Moment später standen die sechs Mitglieder des Außenteams auf der Transporterplattform von Transporterraum-II, wo sie von Valand Kuehn in Empfang genommen wurden.

„Ein paar von uns haben Geister gesehen, als wir auf der NAGOYA waren“, entfuhr es Commander Scarinnan, als sie auf den Captain zu trat. Bei seinem eigentümlichen Blick, mit dem er sie musterte, fügte sie schnell hinzu: Mister Ran und Petty-Officer Devereaux haben einwandfreie Aufzeichnungen davon gemacht, Captain.“

„Das sehen wir uns später an, jetzt gilt es zunächst, die EXODUS von hier weg zu bringen. Ich habe bereits Roten Alarm geben lassen. Kommen Sie mit.“

Auf dem Weg zum Turbolift aktivierte Kuehn bereits seinen Kommunikator und sprach hinein: „Lieutenant Gallagher, aktivieren Sie die Schilde. Der Pilot soll uns mit vollem Impuls von hier weg bringen, Commander Scarinnan und ich sind bereits auf dem Weg.“

Valand Kuehn unterbrach die Verbindung, nachdem Karen Gallagher bestätigt hatte, und wandte sich zu Yazee Ran. „Sie analysieren die Aufzeichnungen, die Sie und Devereaux machen konnten, Mister Ran. Ich will wissen, was in diesem Raumsektor vor sich geht.“

„Aye, Captain.“

Der Norweger nickte zufrieden und blickte Chirome hinterher, der bereits auf dem Weg zu seinem Maschinenraum war. Gemeinsam mit Zaralee Scarinnan fuhr er im Turbolift nach oben, während sich Ran von ihnen getrennt hatte, um mit den beiden Tricordern das Wissenschaftslabor der EXODUS aufzusuchen.

Sie hatten kaum Deck-1 erreicht, als die EXODUS heftig durchgeschüttelt wurde. Instinktiv klammerte sich Zaralee Scarinnan an Valand Kuehn, der automatisch die Arme um sie legte, bevor das Schiff, bereits im nächsten Moment, wieder zur Ruhe kam.

Es war Kuehn, der die sichtlich verlegen wirkende Rigelianerin anlächelte und meinte: „Ich möchte wetten, das war das erste Mal, dass Sie ihren Captain umarmt haben. Aber das lassen wir nicht zur Gewohnheit werden, Commander.“

Schnell ihren Vorgesetzten loslassend, bevor sich das Schott der Liftkabine öffnete, flüsterte die Frau: „Ganz bestimmt nicht, Captain.“

Niemand auf der Brücke erfuhr von diesem Vorfall, als die beiden führenden Offiziere des Schiffes die Brücke betraten.

„Bericht, Miss Gallagher!“, verlangte Kuehn und trat zum Taktischen Offizier der EXODUS. „Was hat diese letzte Erschütterung verursacht?“

„Rund um die NAGOYA herum entstanden eine Reihe neuer Anomalien, Sir“, gab Lieutenant Gallagher Auskunft. „Eine von ihnen entstand direkt im Wirkungsbereich unserer Schilde, was die Erschütterung ausgelöst hat. Wir entfernen uns aus diesem Gebiet. Im Bereich der NAGOYA messe ich dafür einen signifikanten Energieanstieg an. Dort scheinen die Anomalien zuzunehmen.“

„Auf den Schirm!“, verlangte Valand Kuehn. „Maximale Vergrößerung!“

„Aye, Captain.“

Gebannt blickten Valand Kuehn und Zaralee Scarinnan auf den Hauptbildschirm der Brücke, wo sich eine dramatische Entwicklung abzeichnete. Das Raumschiff der MIRANDA-KLASSE schien von Innen heraus in einem düsteren Rot zu glühen. Gleichzeitig wurde es halb durchsichtig. Ganz deutlich konnten die beiden Führungsoffiziere die Sterne erkennen, die sich hinter der NAGOYA befanden. Ein paar mal schien die NAGOYA zu pulsieren, bevor sie immer substanzloser zu werden schien. Mit einem letzten grellen Aufglühen verschwand das Raumschiff endgültig vom Bildschirm.

Gleichzeitig meldete Karen Gallagher: „Captain, ich kann die NAGOYA nicht mehr mit den Instrumenten der EXODUS erfassen. Das Schiff ist einfach verschwunden.“

Mit ungläubiger Miene blickten sich Kuehn und seine XO an, bevor der Norweger mit beinahe heiserer Stimme die Anweisung gab: „Voller Sensorfächer mit maximaler Energie!“

„Aye, Sir“, bestätigte Karen Gallagher umgehend. „Kein Objekt in unmittelbarer Umgebung der EXODUS feststellbar. Die NAGOYA ist weg, Captain.“

Es dauerte eine ganze Weile, bevor Valand Kuehn, sichtlich erschüttert antwortete: „Danke, Lieutenant Gallagher. Gab es durch die Erschütterung Verletzte, oder wurde das Raumschiff selbst in Mitleidenschaft gezogen?“

„Nein, Captain. Für einen Moment hatte ich den Eindruck als haben die Scanner einen Energieausbruch an Bord angezeigt, doch das war offensichtlich nicht der Fall, sonst hätte es Folgeschäden gegeben. Es scheint so, als hätten wir Glück gehabt.“

„Danke, Lieutenant“, bestätigte Kuehn, atmete sichtlich auf und wechselte einen erleichterten Blick mit Zaralee Scarinnan.
 

* * *
 

Beide Führungsoffiziere wären vermutlich weit weniger erleichtert gewesen, hätten sie, auf dem Weg zur Brücke der EXODUS, mitbekommen, wie sich, in einem der unteren Lagerräume, aus einer spontanen Singularität heraus, eine kurzzeitige Subraumanomalie bildete. Sie blieb gerade lange genug stabil, um einem sechsgliedrigen Wesen von deutlich mehr als zwei Metern Körpergröße den Übergang von seinem eigenen Universum, in dieses zu ermöglichen.

Nach menschlichem Ermessen sah das Wesen, das an eine Mischung von Reptil, Raubkatze und Insekt erinnerte, geradezu furchteinflößend aus. Im ersten Moment verwirrt und desorientiert musste es sich für einige Augenblicke krampfhaft auf seine momentane Umgebung konzentrieren, um wieder zu sich zu finden. Schließlich war es soweit angepasst damit es seine Umgebung annähernd gewohnt erfassen konnte.

Die Facettenaugen schienen annähernd gewohnt zu arbeiten, und auch die beiden empfindlichen Fühler, die aus seiner Stirn ragten und sich langsam, beinahe andächtig, in verschiedene Richtungen bewegten, schienen wieder ihre gewohnte Funktion ausführen zu können. Auch die Denkprozesse beider Gehirne wurden offensichtlich immer weniger beeinträchtigt, wie es schien.

Erst als das Fremdwesen ein Gerät an seiner silbernen Uniform aktivieren wollte, stellte es erschrocken fest, dass seine dreifingerige Hand keine Substanz zu haben schien. Sie griff einfach durch sich hindurch. Sich die Hand vor die Augen haltend stellte das Wesen fest, den dahinter befindlichen Bereich der Umgebung sehen zu können.

Doch dennoch stand sie auf dem Boden des Raumes, der sich fest unter den Sohlen ihrer Uniformstiefel anfühlte. Das schien ihr seltsam.

Sie, Clyntys-Vhar-Thyn, wollte nicht hier sein, und sie war bereit, alles daran zu setzen, wieder dorthin zu gelangen woher sie gekommen war. Darum stellte sie die wissenschaftlichen Überlegungen dieses Problems vorerst zur Seite und machte sich daran, einen Rückweg in ihren angestammten Lebensbereich zu finden, wofür sie Energie brauchen würde. Eine ziemliche Menge an Energie.
 

* * *
 

Eine Stunde später saßen Valand Kuehn, Zaralee Scarinnan und Yazee Ran, im Bereitschaftsraum des Captains zusammen, wobei der Leitende Wissenschaftsoffizier der EXODUS ausführte: „Ich habe die Energie-Scanns ausgewertet. Zuerst konnte ich mit diesen seltsamen Werten rein gar nichts anfangen, doch dann erinnerte ich mich an einen Vorfall aus dem letzten Jahrhundert. Seinerzeit geriet die U.S.S. DEFIANT, ein Raumschiff der alten CONSTITUTION-KLASSE, in eine Anomalie, in der sie am Ende vollständig verschwand. Ich habe daraufhin einige Recherchen angestellt und herausgefunden, dass sich die damaligen Ereignisse mit den heutigen in gewisser Hinsicht decken. Allerdings war, nach meinen Berechnungen, die damalige Anomalie nicht natürlichen Ursprungs. Außerdem äußerten sich die sichtbaren Auswirkungen so, dass es zu einer grünlichen Leuchterscheinung kam. Anders, als die Erscheinung, die wir sehen konnten, als die NAGOYA verschwand. Es gibt auch Unterschiede in den Energiesignaturen beider Ereignisse.“

Valand Kuehn, der bis zu diesem Moment aufmerksam zugehört hatte, warf ein: „Was bedeutet das aber nun, Mister Ran?“

Der Trill machte eine wiegende Geste mit seiner Rechten. „Das ist nicht mit Sicherheit zu sagen, Sir. Doch ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es hier zu einem Kontakt mit einem Paralleluniversum kam.“

Valand Kuehns Miene versteinerte, und auch Zaralee Scarinnan wirkte nicht besonders erfreut, als sie sich vorsichtig erkundigte: „Dieses ominöse Spiegeluniversum?“

Yazee Ran zögerte eine Weile, bevor er bestimmt meinte: „Nein, das nehme ich nicht an, denn, wie ich bereits sagte, die entscheidenden Energiewerte stimmen nicht überein. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass es sich um ein anderes Paralleluniversum handeln muss, alles Andere würde nicht zu den Messwerten passen.“

„Eine gewagte Theorie“, stellte Valand Kuehn fest.

Der Trill machte eine zustimmende Geste mit der Hand. „Das ist richtig, Captain, aber wir haben momentan keine bessere.“

Die Rigelianerin sprach aus, was Valand Kuehn bisher nicht gefragt hatte. „Gibt es eine Chance, die Besatzung der NAGOYA von dort zurück zu bekommen? Immerhin hat das bei einigen Ausflügen von Wesen, zwischen dem Spiegeluniversum und dem unseren, doch auch funktioniert.“

„Die von mir ausgewerteten Energiesignaturen besagen etwas Anderes. Dieses Paralleluniversum scheint, wie soll ich es sagen, energetisch weniger stark mit unserem Universum verwandt zu sein.“

Zaralee Scarinnan wirkte verwirrt. „Sie meinen, das Spiegeluniversum ist die Schwester dieses Universums, während das andere eher eine entfernte Tante ist?“

Der Wissenschaftler schmunzelte unterdrückt. „Das ist zwar ein sehr abstrakter Vergleich, aber er trifft im Grunde zu. Es ist jedoch eher so, dass sich verschiedene Universen durch einen hyperenergetischen Wert unterscheiden, den wir gemeinhin als Felddichte kennen. Per Definition beträgt die Felddichte unseres eigenen Universums Null. Die Felddichte anderer Universen unterscheidet sich von unserem und kann einen maximalen Wert von Eins annehmen. Bereits im Jahr 2314 fand der izarianische Wissenschaftler Kaldar Merth heraus, dass die Universen relativ zueinander schwingen. Das bedeutet, dass man für den Übergang zwischen zwei Universen idealer Weise die Zeitpunkte größter Annäherung abwarten sollte, um den Übergang relativ gefahrlos vollziehen zu können. Merth hat dabei die Theorie aufgestellt, diese Universen müssten sich, mehr oder weniger deutlich, in den geltenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterscheiden. So könnte beispielsweise in einem anderen Universum die Lichtgeschwindigkeit etwas größer, die Gravitationskonstante etwas kleiner, die elektrische Elementarladung abweichend sein oder Ähnliches. Je unterschiedlicher die Naturgesetze zweier Universen sind, desto schwieriger soll nach dieser Theorie der Übergang sein. Nach Kaldar Merth haftet beim Übergang von einem Universum zu einem anderen einem Objekt oder Lebewesen seine Eigenschwingung noch eine Zeit lang an. Es stellt so zu sagen im neuen Universum einen Fremdkörper dar, und es soll zu psychischen und physischen Auswirkungen wie Desorientierung bis hin zu Bewusstlosigkeit kommen. Nach dieser Theorie wäre der Übergang zwischen zwei Universen, mit einem Felddichten-Unterschied von annähernd Eins potenziell tödlich.“

„In der Theorie“, warf Valand Kuehn feststellend ein.

„In der Theorie“, bestätigte Yazee Ran. „Jedoch wurden an den vier Offizieren der NCC-1701, die zum ersten Mal in Kontakt zu einem anderen Universum kamen, Restenergie-Signaturen festgestellt, welche die Theorie von Kaldar Merth untermauern.“

„Mein Kopf schmerzt“, bemerkte Commander Scarinnan lakonisch. „Also, grob ausgedrückt könnte man sagen, der Übergang zwischen dem Spiegeluniversum und dem unseren ist leichter zu bewerkstelligen, als der zwischen unserem, und dem, in das die NAGOYA verschwunden ist?“

Yazee Ran nickte. „So könnte man sagen.“

Valand Kuehn beugte sich in seinem Sessel nach vorne und legte die Arme auf die Schreibtischplatte. „Eins verstehe ich dabei nicht ganz, Mister Ran. Wenn der Übergang zwischen dem von uns angenommenen Paralleluniversum und unserem größer ist, als der, zwischen dem Spiegeluniversum und dem Unseren, wie konnte dann der Übergang eines ganzen Raumschiffs vollzogen werden? Das hat doch, soweit ich weiß, bisher nicht einmal beim Übergang vom oder zum Spiegeluniversum funktioniert.“

Yazee Ran legte seine Hände ineinander. „Dazu habe ich zwei Szenarien anzubieten, Captain. Entweder handelt es sich um eine zufällige Übereinstimmung der Schwingungen in diesem Raumsektor, oder auf der anderen Seite hat jemand massiv nachgeholfen.“

„Der Gedanke an die zweite Möglichkeit behagt mir absolut nicht, Lieutenant-Commander“, antwortete der Norweger düster. „Wenn eine Spezies aus einem anderen Universum eine Möglichkeit gefunden haben sollte, einen solchen Übergang bewerkstelligen zu können, und sie uns gegenüber feindlich eingestellt sein sollte, dann hätten wir einen übermächtigen Feind gegen uns. Davon haben wir schon genug in unserem eigenen Universum, finde ich.“

„Wenn die uns aber nicht feindlich gegenüber stehen, dann könnten wir sie vielleicht dazu bewegen, uns das Dominion und die Borg vom Hals zu schaffen“, betrachtete es Commander Zaralee Scarinnan von der optimistischen Seite. „Das wäre doch was.“

Valand Kuehn verzog bei den Worten der Rigelianerin keine Miene, doch seine Augen drückten plötzlich eine gewisse Heiterkeit aus. Bevor er etwas darauf erwidern konnte, erreichte ihn ein Anruf von Karen Gallagher.

„Captain, ich habe vor wenigen Augenblicken eine schwache Fremdenergie-Strahlung auf dem Schiff angemessen. Genauer gesagt, auf Deck-12 im Gang zum Maschinenraum. Die Herkunft ist momentan noch unbekannt, und sie fluktuiert, gerade so, als wäre sie mal da und einen Moment später wieder weg.“

Verwundert blickte Valand Kuehn in die Runde, bevor er eilig auf seinen Kommunikator tippte und antwortete: „Geben Sie Eindringlingsalarm und beordern Sie sämtliches Sicherheitspersonal zu Deck-12. Waffeneinsatz nur im Notfall. Warnen Sie die Besatzung des Maschinenkontrollraums und die der beiden Maschinenräume. Ich werde mich ebenfalls dorthin begeben.“

Noch während Karen Gallagher bestätigte, wandte sich Valand Kuehn an Yazee Ran. „Übernehmen Sie die Brücke, Lieutenant-Commander, und unterstützen Sie Lieutenant Gallagher dabei, den Eindringling aufzuspüren.“

„Aye, Sir.“

Zu Zaralee Scarinnan gewandt sagte der Captain: „Sie kommen mit mir, Commander. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, einen friedlichen Kontakt herzustellen, denn Kasalla hatten wir in letzter Zeit mehr als genug.“

Sie machten sich eilig auf den Weg.

Als Zaralee Scarinnan mit Valand Kuehn, in der Kabine von Turbolift-I zu Deck-12 hinunter fuhr, fragte sie neugierig: „Was meinten Sie eben, mit Kasalla, Captain?“

Der Captain schmunzelte unterdrückt, trotz der Anspannung, die er verspürte. „Das ist altes Wort aus der europäischen Region der Erde. Fragen Sie mich nicht, woher es genau stammt. Es bedeutet so viel, wie Krawall oder Ärger.“

„Aha“, machte die Rigelianerin. „Glauben Sie wirklich, dass es sich um einen Eindringling handeln könnte, Captain?“

Sie verließen die Liftkabine, und auf dem Weg durch den Gang, in Richtung des Kontrollraums des Hauptmaschinendecks, erwiderte Kuehn: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Fremdenergie allein und zielgerichtet durch unser Raumschiff bewegt. Man sollte zwar nichts ausschließen, aber ich pflege, mit dem Wahrscheinlichen zu rechnen.“

Am Schott zum Kontrollraum erwartete die beiden Führungsoffiziere ein Kommando von vier Sicherheitskräften. Master-Chief-Petty-Officer Anzaria Harin wirkte beinahe amüsiert, als sie Valand Kuehn ansah und meldete: „Laut Lieutenant Gallagher sind die fremden Energiewerte im Steuerraum des Backbord-Warpkerns zum Halten gekommen. Der Raum wurde bereits evakuiert. Wir werden Sie und den Commander dorthin eskortieren.“

„Keinen Waffeneinsatz, ohne dass ein Notfall vorliegt, oder ich es befehle“, schärfte Valand Kuehn den vier Sicherheitskräften ein. Dann setzte er sich in Bewegung, wobei Anzaria Harin nicht von seiner Seite wich.“

Vor dem Schott zum Steuerraum des Warpkerns blickte Valand Kuehn in die Runde. „Ich öffne das Schott. Master-Chief Harin: Sie und einer ihrer Männer sichern zu beiden Seiten des Schotts den Raum, sobald sie ihn betreten haben. Wenn Sie uns die Bestätigung geben, dass Sie ihn gesichert haben, werden Commander Scarinnan und ich mit den beiden übrigen Sicherheitsleuten folgen.“

Der Norweger machte Platz und stellte sich seitlich neben den Öffnungskontakt. Er legte seine Hand auf den Kontakt, und kaum, dass die beiden Schotthälften zur Seite glitten, bewegten sich Anzaria Harin und einer ihrer Begleiter schnell in den Steuerraum hinein.

„Kein Kontakt, Captain“, meldete Anzaria Harin gleich darauf.

Valand Kuehn nickte Zaralee Scarinnan zu und sie betraten entschlossen den Steuerraum, gefolgt von den beiden übrigen Sicherheitskräften.

Sie verteilten sich in dem Steuerraum und sahen sich aufmerksam um, wobei Anzaria Harin und ihr Begleiter, mit dem sie vorangegangen war, mit Tricordern den gesamten Bereich scannten. Schließlich sagte die Trill aufgeregt: „Die Werte kommen jetzt zyklisch aus dem unmittelbaren Bereich des Warpkerns.“

„Dann weiter, Master-Chief.“

Sie begaben sich zum Sicherheitsschott, mit dem der Bereich rund um den Warpkern hermetisch vom Rest des Raumschiffes abgeriegelt werden konnte. Chirome hatte es offensichtlich sicherheitshalber heruntergelassen.

Durch die getönten Panzer-Duralum Scheiben blickend erkannte Valand Kuehn zunächst nichts Außergewöhnliches. Doch dann glaubte er, einen schemenhaften Umriss zu erkennen, und er fragte tonlos: „Was ist denn das?“

Zaralee Scarinnan, die das Phänomen gleichzeitig entdeckt hatte, erwiderte: „Es sieht aus, wie eine Mischung aus Raubkatze, Echse und Insekt, mit sechs Extremitäten. Nur ist es halb transparent, und man sieht es mal deutlicher, und mal fast gar nicht.“

„Es schwebt auf die Reaktionskammer zu“, stellte Anzaria Harin fest.

Fast zeitgleich meldete sich Yazee Ran über seinen Kommunikator bei Valand Kuehn. „Captain, die Energiewerte des Backbord-Warpkerns beginnen zu fluktuieren. Was immer dafür verantwortlich ist, wir müssen es stoppen, ansonsten droht uns, innerhalb einer Minute, ein Warpkernbruch.“

„Verdammt!“, entfuhr es dem Norweger. „Verstanden, Lieutenant-Commander.“

Kuehn eilte zur Konsole der Warpkern-Steuerung. Er versuchte die Notabschaltung und den Ausstoß des Warpkerns zu initiieren, nur um festzustellen, dass die Steuerung nicht auf seine Eingaben reagierte.

„Öffnen Sie das Sicherheitsschott, Captain“, verlangte Zaralee Scarinnan drängend, als sie den verzweifelten Blick des Captains auffing. „Schnell, vielleicht kann man das Wesen davon überzeugen, sein zerstörerisches Werk zu beenden. Lassen Sie es gleich wieder herunter, wenn ich drin bin.“

Was die Rigelianerin von ihm verlangte war gegen Alles, woran er glaubte, doch ungewöhnliche Ereignisse erforderten ungewöhnliche Maßnahmen. Es gab auch keine Alternative um 450 Sternenflottenangehörige zu retten, deshalb reagierte Kuehn und nahm die entsprechende Schaltung vor.

Das breite Schott hob sich und Zaralee Scarinnan huschte geduckt darunter hinweg. Bereits einen Moment später ließ Kuehn das Schott wieder hinunter. Auf einen Evakuierungsalarm verzichtete er, da niemand rechtzeitig die Rettungskapseln erreicht, und Zeit genug gehabt hätte, um sie zu starten und genug Abstand zur EXODUS zu gewinnen, bevor es zur Katastrophe kam.

Durch die Scheibe des Schotts beobachtete Valand Kuehn, wie sich die Rigelianerin furchtlos den Konturen des Wesens näherte und es ansprach.

Für einen Moment lang schien nichts weiter zu geschehen, doch dann entfernte sich das fremde Wesen etwas vom Warpkern und streckte einen seiner vier Arme nach der Rigelianerin aus.

Die Augen des Captains weiteten sich, als er beobachtete, wie der Körper von Zaralee Scarinnan sich aufzulösen schien und schließlich ebenfalls halb transparent wurde, wie der Körper des fremden Wesens.

Ohne darüber nachzudenken öffnete Valand Kuehn das Sicherheitsschott. Für das Schicksal der EXODUS würde es ohnehin keinen Unterschied bedeuten, falls der Warpkern wirklich brach. Seinen Blick auf das Wesen und Zaralee Scarinnan gerichtet schritt er auf die beiden Wesen zu. Erst, als die durchscheinende Gestalt eine abwehrende Geste in seine Richtung machte, hielt der Norweger an.

Fast unverständlich leise hörte Valand Kuehn die Worte: „Bleiben Sie stehen, Captain. Ich konnte dem Wesen, das sich selbst Clyntys-Vhar-Thyn nennt, erfolgreich vermitteln, was es gerade anrichtet. Doch dabei bin ich ihr etwas zu nahe gekommen. Clyntys-Vhar-Thyn wollte nicht in dieses Universum kommen. Es war ein Unfall. Sie hat den Energieabzug, nach meinen Anweisungen, so weit verlangsamt, dass der Warpkern stabil bleibt. Sie kann jedoch nicht verhindern, dass ich ihre Rückkehr in ihr Universum mitmachen werde.“

Valand Kuehn schluckte und Tränen traten in seine Augen. „Werden Sie den Übergang überleben, Commander?“

Leiser, als zuvor kam die Antwort. „Das konnte Clyntys-Vhar-Thyn mir nicht sagen, doch ich bin vorsichtig optimistisch. Lächeln Sie, Captain. Es ist für mich der erste Übergang in ein anderes Universum. Bitte informieren Sie meine Familie.“

Valand Kuehn bemerkte das angedeutete Lächeln der Rigelianerin, die nun von Sekunde zu Sekunde substanzloser zu werden schien. Er musste sich zusammenreißen um ihr Lächeln zu erwidern. „Das werde ich, Zaralee.“

Der Kommandant der EXODUS glaubte zu erkennen, dass ihr Lächeln sich vertiefte. Im nächsten Moment löste sie sich ganz auf, und mit ihr das fremde Wesen.

Tränen rannen über die Wangen des Norwegers, als ihn der Anruf von Chirome erreichte, der von der Brücke aus die Maschinenkontrollen überwachte.

„Captain, die Werte des Energieausstoßes, für den Backbord-Warpkern, normalisieren sich. Wir haben es geschafft.“

Mechanisch aktivierte Valand Kuehn seinen Kommunikator und erwiderte: „Nein, Mister Chirome, das haben wir nicht. Wir haben Commander Scarinnan verloren.“

Kuehn wartete keine Antwort ab. Immer noch an den Punkt starrend, an dem sich Zaralee Scarinnan vor seinen Augen aufgelöst hatte, wischte er sich mechanisch die Tränen ab. Dabei bekam er nur unterbewusst mit, dass Master-Chief-Petty-Officer Anzaria Harin langsam an seine Seite trat.

Sanft sagte sie: „Kommen Sie, Captain. Hier können Sie nichts mehr tun.“

Tief durchatmend straffte sich die Gestalt des Norwegers. Ohne die Trill anzusehen antwortete er: „Es geht schon, Master-Chief. Ich möchte nur einen Moment hier allein sein.“

Die Trill zog sich zurück, und mit seinen Gedanken allein, dachte Kuehn: Ich werde Sie so in Erinnerung halten, wie Sie im Leben gewesen sind, Commander, und ich werde Ihrer Familie berichten, was sich zugetragen hat. Und auch von Ihrem persönlichen Mut.



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