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Die Erben

Buch Eins: ANBU
von

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Familienbande I

Die Tür wurde mit einem Ruck aufgerissen und ein Mann betrat das Zimmer mit wenigen gemessenen, aber zugleich forschen Schritten. Er war eigentlich nicht besonders groß, trotzdem ließ ihn seine Ausstrahlung riesig erscheinen. Der Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass Makani immer noch auf dem Boden saß und etwa einen Meter zu dem strengen Gesicht des Eingetretenen hochschauen musste. Uchiha Fugaku, das Oberhaupt des Uchiha-Clans und Leiter der Polizei von Konohagakure, hatte die Fähigkeit, einen Raum, ohne etwas sagen oder tun zu müssen, mit seiner Autorität vollkommen zu beherrschen. Plötzlich nahm Makani eine Bewegung am Rand ihres Blickfeldes wahr. Sie wandte den Blick von Fugakus Gesicht ab und sah, dass hinter ihm halb vom Türrahmen verborgen jemand ins Zimmer lugte: Sasukes Gesichtsausdruck wirkte trotzig, aber gleichzeitig auch einen Hauch schuldbewusst, doch als der Junge merkte, dass Makani auf ihn aufmerksam geworden war, verschwand er sofort wieder.

„Itachi, wenn du Besuch empfängst, verlangt es die Höflichkeit, dass du deinen Eltern deinen Gast vorstellst“, sagte Fugaku mit kalter Stimme, jedoch ohne seinen Sohn dabei anzusehen. Sein Blick war auf Makani gerichtet, welche unbewusst den Kopf zwischen die Schultern einzog und Itachis Vater eingeschüchtert musterte. Bis auf die schwarzen Haare und Augen sowie die mittlere Körpergröße sah er ihrem Team-Captain nicht sonderlich ähnlich. Er hatte harte Gesichtszüge, einen breiten Kiefer und schmale, entschlossene Augen. Makani wusste, dass Itachi, was das Äußere betraf, eher nach seiner Mutter schlug: eine ernste, schweigsame Frau mit feinen klaren Zügen. Dann schielte sie wieder zu ihrem Team-Captain. Er saß ihr immer noch wie versteinert gegenüber, den Blick auf seinen Vater gerichtet. Was machte ihm solche Angst? Befürchtete er, Makani könnte ihn doch noch verraten? Oder hatte er etwa Angst um sie beide? Musste sie sich selbst auch vor dem Oberhaupt des Uchiha-Clans fürchten? Es stimmte, es konnte kaum gut sein, dass Fugake von ihrer Anwesenheit erfahren hatte, zumal sie doch in den letzten Jahren so gut wie nichts mit dem Clan-Erben zu schaffen gehabt hatte. Das musste ja verdächtig erscheinen. Genau aus diesem Grund war es Itachi wahrscheinlich auch so wichtig gewesen, dass man ihn, Shisui und Makani nicht zusammen sah. Der Clan sollte nicht wissen, dass sie bei der ANBU war. Oder wussten sie es längst? Verdächtigte der Clan auch sie eine Verräterin zu sein? Makani schaute ihren Team-Captain hilfesuchend an. Es gab noch so vieles, was sie nicht wusste. Doch natürlich konnte sie nichts aus seiner Miene lesen, was ihr in dieser Situation geholfen hätte, sich richtig zu verhalten. Doch je länger die beiden Fugaku wie zwei ertappte Diebe anstarrten, umso verdächtiger würden sie sich machen. Sie musste sich ganz dringend eine Ausrede für ihr Hiersein überlegen und es musste eine gute sein!

Die Kunoichi erhob sich, verbeugte sich tief und wollte gerade zum Sprechen ansetzen, doch genau in diesem Moment sprang Itachi plötzlich auf und baute sich zwischen ihr und seinem Vater auf.

„Entschuldige Tousan!“, sagte er steif. „Es war schon so spät, da wollte ich nicht stören. Wir wollten aber gerade –„

Fugake brachte seinen Sohn mit einer gebieterischen Handbewegung zum Schweigen, bei deren Anblick Makani scharf die Luft einsog, denn die Geste war absolut identisch gewesen mit jener, mit der ihr Team-Leader Shisuis Widerworte am vergangenen Tag Einhalt geboten hatte.

„Wenn es zu spät ist, um deinen Besuch vorzustellen, dann ist es wohl auch zu spät, um Besuch zu empfangen. Aber sei’s drum… Ich werde Makani jetzt nach Hause bringen.“

Itachi versteckte seine Emotionen zwar wie gewohnt gut, aber Makani sah ihm seine Irritation deutlich an – und sie konnte es ihm nur allzu gut nachempfinden. Schon allein, dass das Clan-Oberhaupt auf Anhieb ihren Namen wusste, hätte sie kaum erwartet. Eigentlich war sie immer davon ausgegangen, dass Fugaku von ihrer Existenz nie wirklich Notiz genommen hatte. Und jetzt schien er noch nicht einmal wissen zu wollen, warum sie hier war, sondern wollte sie stattdessen mitten in der Nacht selbst nach Hause bringen… Was um alles in der Welt konnte er damit bezwecken? Sie musste unbedingt auf der Hut sein!

Der ältere Uchiha trat einen Schritt auf Makani zu. Gleichzeitig wich Itachi einen Schritt zurück und streckte leicht einen Arm nach hinten aus; ganz als wolle er sichergehen, dass Makani ja hinter seinem Rücken in Sicherheit blieb. Es sah tatsächlich so aus, als würde er jeden Moment einen Angriff vonseiten Fugakus erwarten. Plötzlich kam der Kunoichi das Ganze irgendwie übertrieben und sogar ein wenig lächerlich vor. Als ob Fugaku sie plötzlich hier in seinem eigenen Haus anfallen würde, ausgerechnet er, der Oberbefehlshaber der Polizei. Ja, er war durchaus eine furchteinflößende Persönlichkeit, aber er war doch wohl nicht komplett irre. Und überhaupt, was hatte sie sich denn bitte zu Schulden kommen lassen? Sie hatte lediglich dem Befehl des Hokage folgegeleistet und war in die ANBU, die angesehenste Kampfeinheit ihres Dorfes, eingetreten. Nein, sie hatte keine Lust mehr, sich von allem und jedem einschüchtern zu lassen und mal hier und mal dort hin schubsen zu lassen! Entschlossen machte sie einen Schritt zur Seite und dann noch einen weiteren auf das Clan-Oberhaupt zu.

„Entschuldige, Fugaku-sama, dass ich so spät noch gestört habe! Vielen Dank für dein Angebot, aber ich finde auch allein nach Hause.“

Was für ein lächerlicher Gedanke war das denn auch? Traditionelle Höflichkeit hin oder her sie war eine kampferprobte Kunoichi! Doch kaum hatte sie ausgesprochen, da traf sie der eiskalte Blick Fugakus unerwartet heftig und Makani erstarrte, denn ganz genau auf diese furchtbar unangenehme Weise hatte Itachi sie bereits einige Male zuvor angesehen… Offenbar war sie zu voreilig gewesen anzunehmen, ihr Team-Captain sei seinem Vater überhaupt nicht ähnlich.

„Ich werde dich jetzt nach Hause bringen“, sagte er und Makani sah buchstäblich, wie ihr mühsam zusammengerafftes Selbstbewusstsein abermals in sich zusammenfiel. Itachi schien es jedoch ähnlich zu gehen, wie die Kunoichi nicht ohne Erstaunen feststellte. Er stand einfach mit starrer Miene da, als sie mit gesenktem Blick auf Fugaku zulief, der ihr gebieterisch den Weg zur Tür wies. Halb erwartete sie, dass er noch irgendetwas tun, dass er noch irgendwie eingreifen würde.

Doch dann war sie auch schon im Flur und nichts war geschehen. Sie blickte stur vor sich auf den Boden und spürte die Präsenz des Uchiha-Oberhauptes unangenehm hinter sich. Nun war sie auf sich allein gestellt; sie musste ohne Itachis Hilfe mit dieser Situation zurechtkommen. Für den Moment fiel ihr nichts Besseres ein, als zügig den Weg zurückzulaufen, den ihr Team-Captain zuvor mit ihr gegangen war: durch den Flur des Seitenflügels bis zum Eingangsbereich. Dort schlüpfte sie flink in ihre Schuhe und eilte dann, ohne sich umzusehen, in den Garten hinaus. Und auch hier hielt die Kunoichi nicht an, sondern steuerte schnurstracks die Gartenpforte an. Dabei hielt sie ein Tempo, das noch gerade so als gehen durchgehen und nicht schon als rennen bezeichnet werden musste. Trotzdem hörte sie bald Fugakus forsche Schritte auf dem Kiesweg dicht hinter sich. Wahrscheinlich hätte man von ihr erwartet, dass sie warten und sich von ihm führen lassen würde – Makani biss sich auf die Unterlippe und legte noch einen Hauch an Geschwindigkeit zu. Sie verließ das Grundstück und überquerte den völlig verlassen daliegenden Uchi-niwa, den zentralen Platz des Uchiha-Viertels. In die Mauer, die den runden Platz etwa zur Hälfte umgab, war in der Mitte ein Fächer aus farbigem Glas eingelassen. Durch diesen schien gerade der Mond und tauchte den Platz in ein gespenstisches rotes Licht. Obwohl die Nacht ausgesprochen mild war, fröstelte Makani. Sie fragte sich, wie spät es wohl war; während des Gesprächs mit Itachi schien sie vollkommen das Zeitgefühl verloren zu haben. Es kam ihr wie eine Ewigkeit her vor, dass sie auf dem gleichen Weg hergekommen war, um ihren Team-Captain aufzusuchen. Als sie auf die schmale Straße einbog, die in westliche Richtung vom Uchi-niwa weg und schließlich nach etwas mehr als einem halben Kilometer zu Tekkas Haus führte, schloss Fugaku zu ihr auf. Makani warf ihm einen verstohlenen Blick von der Seite zu. Der Ältere schwieg ebenso beharrlich wie sie selbst und hatte den Blick fest nach vorne gerichtet. Die Kunoichi machte sich in Gedanken einen weiteren Haken auf ihrer Vater-Sohn-Vergleichsliste.

Je länger sie so nebeneinander herliefen, desto größer wurde Makanis Verwunderung. Sie war fest davon ausgegangen, dass Fugake mit seiner Order, sie zu begleiten, irgendetwas bezweckt hatte, aber auch als das Haus ihres Adoptivcousins schließlich in Sicht kam, hatte das Clan-Oberhaupt immer noch keinen Ton von sich gegeben. Hatte er sie etwa tatsächlich einfach nur nach Hause bringen wollen? – um seinem Sohn irgendeine Lektion zu erteilen und eine hoffnungslos überholte Tradition zu wahren? Doch dann waren sie auch schon da und Makanis Grübeleien kamen vorerst zum Erliegen. Unschlüssig blieb sie vor dem Eingang zum Garten stehen.

„Tja, ähm… danke, ich werde dann jetzt - “, setzte sie an, doch brach dann ab.

Fugaku hielt nämlich nicht an, sondern ging zielstrebig auf die Haustür zu. Makani verdrehte die Augen und trottete widerwillig die letzten Meter hinter ihm her. Aber auch hier verabschiedete er sich nicht von ihr, sondern hämmerte dermaßen laut an die Tür, dass der Schall von der Wand des gegenüberliegenden Hauses zurückgeworfen wurde und Makani erschrocken einen Schritt zurückwich. Als daraufhin nichts geschah, wiederholte er den Vorgang und steigerte die Kraft, mit der er auf die Tür eindrosch, sogar noch. Da endlich regte sich etwas im Haus: Es rumpelte, ein Shōji wurde unwirsch aufgestoßen und Tekkas Stimme drang aus dem Inneren: „Verdammt noch mal! Wer ist da? Was soll das um diese Zeit?“ Das gedämpfte Fluchen näherte sich und schließlich erschien Tekkas ebenso verschlafenes wie verärgertes Gesicht im Türrahmen. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, wer da vor ihm stand, doch dann wich mit einem Mal die Schläfrigkeit aus seinem Ausdruck und ihm klappte vor Verwunderung leicht der Mund auf.

„Fu- Fugaku-san… Was? Ist etwas passiert?“

Er sah Makani scharf an. Offenbar schien er davon auszugehen, dass sie irgendetwas angestellt haben musste. Fugaku legte eine Hand auf die Schulter der Kunoichi.

„Dein Schützling hat meinem Sohn einen nächtlichen Besuch abgestattet“, sagte er kühl.

Tekka klappte die Kinnlade komplett herunter und Makani schoss augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht… So wie er es ausgedrückt hatte, musste es ja falsche Assoziationen wecken, völlig falsche Assoziationen! Ihr Cousin wirkte nun vollends überfordert mit der Situation. Er stammelte: „Äh, was?! Wieso? Ich meine… das ist ja –„

„ – unangebracht, sehr richtig. Und ich finde angesichts der späten Stunde sollte sie auch nicht noch länger hier draußen herumstehen.“

„Sicher!“, rief Tekka hastig. „Los, ab ins Haus mit dir Makani und dann sofort ins Bett!“

Die Kunoichi spürte angesichts des kommandierenden Tons Ärger in sich aufsteigen. Der Neffe ihrer Ziehmutter hatte seit Wochen so gut wie kein Wort mit ihr gewechselt. Sie war in letzter Zeit immer ziemlich spät von ihren Trainingseinheiten nach Hause gekommen; er hatte dann meistens bereits geschlafen oder war selbst im Dienst und nicht zu Hause gewesen. Doch so weit sie das beurteilen konnte, hatte es ihn nicht allzu sehr gestört, dass er sie noch seltener als sonst zu Gesicht bekommen hatte… Und jetzt tat er auf einmal besorgt und verantwortungsvoll?! Sie warf ihm einen giftigen Blick zu und machte Anstalten, an ihm vorbei ins Haus zu gehen, doch Fugaku verstärkte den Druck seiner Hand auf ihre Schulte und hielt sie so zurück.

„Einen Moment noch. Es stimmt, es ist sehr spät, aber ich würde trotzdem gerne noch etwas mit dir und Makani besprechen. Ist das möglich?“

„Ah, sicher, sicher! Natürlich!“, erwiderte Tekka und sah Fugaku zerstreut an, doch dieser hob bloß die Augenbrauen und wartete schweigend ab, bis bei dem anderen Uchiha endlich der Groschen fiel.

„Oh ja, verzeih… komm doch rein!“

Er führte sie in die Küche. Dort setzte sich Fugaku an den kleinen Tisch am Fenster und beobachtete Tekka bei seinem kläglichen Versuch, Tee zuzubereiten. Unter anderen Umständen hätte der in Haushaltsdingen völlig unfähige Shinobi seine Frau das übernehmen lassen, doch Kyoko war zu Besuch bei ihrer Familie. Makani, die bei der Tür stehen geblieben war, verfolgte Tekkas Bemühungen ebenfalls mit vor der Brust verschränkten Armen und zusammengezogenen Brauen. Sie verspürte keine besonders große Lust, ihm zu helfen. Als er dann endlich drei dampfende Becher auf den Tisch stellte, breitete sich im ganzen Raum ein penetranter Geruch nach Suppe aus. Sie vermutete, dass es sich bei dem, was Tekka als Tee identifiziert hatte, um getrocknete Zwiebeln und Pilze handelte, eine Mischung, die Kyoko als Zutat für ihre Eintöpfe verwendete.

„Nun“, begann Fugaku den ihm zugeschobenen Becher ignorierend, „setz dich doch, Makani.“

Er wies auf einen dritten Stuhl. Die Kunoichi zögerte, doch dann trat sie widerwillig aus den Schatten und setzte sich dem Uchiha gegenüber. Dieser nickte mit einem Ausdruck im Gesicht, den man beinah schon als wohlwollend bezeichnen konnte, und betrachtete Makani eine Weile schweigend. Sie wich seinem Blick aus uns sah stattdessen Tekka an, dem die Situation sogar noch unangenehmer zu sein schien als ihr. Um irgendetwas zu tun zu haben, nahm er einen Schluck von seinem Gebräu und erschauerte.

„Ich freue mich zu sehen, zu was für einer prächtigen Kunoichi du dich in den letzten zwei Jahren entwickelt hast“, sagte Fugaku schließlich und die Angesprochene sah irritiert auf.

„Ich weiß, es war sicherlich nicht leicht für dich nach Akanes Tod… umso beeindruckender ist, was du trotz dieser widrigen Umstände erreicht hast.“

Als Makani den Anführer des Uchiha-Clans daraufhin nur schweigend anstarrte, versetzte Tekka ihr unter dem Tisch einen Stoß mit seinem Knie.

„Danke…“, sagte sie tonlos.

„Ich fürchte, der Clan hat dir bei dieser Entwicklung nicht immer die Aufmerksamkeit und Unterstützung zukommen lassen, die dir zugestanden hätte… Ich hoffe, dass zumindest Tekka dir in der Zeit ein angemessenes Zuhause bieten konnte.“

Makani schielte zu ihrem Cousin rüber. Dieser stierte grimmig in seinen Teebecher und schien am liebsten darin versinken zu wollen. Fugaku jedoch sah sie mit hochgezogenen Augen an und schien tatsächlich eine Antwort von ihr zu erwarten.

Was wollte er denn von ihr hören? Dass sie sich im Grunde nie ganz im Clan zuhause gefühlt hatte, vor Akanes Tod ebenso wenig wie danach? Dass es eine denkbar schlechte Idee gewesen war, sie bei Tekka unterzubringen, denn das stellvertretende Oberhaupt der Polizei von Konaha war mit Sicherheit ein begnadeter Gesetzeshüter, aber mit trauernden Teenagern hatte er absolut nichts anfangen können? War sie dem Clan wirklich so gleichgültig, dass das alles niemandem aufgefallen war?

„Wir sind ganz gut zurechtgekommen“, murmelte Makani und wich dem Blick Fugakus erneut aus.

„Das freut mich“, erwiderte er. „Dann wundert es mich aber umso mehr, dass du bisher noch zu keiner Ratssitzung erschienen bist… Du bist alt genug und die nötigen Qualifikationen als Ninja erfüllst zu schon eine ganze Weile.“

Da hatte er nicht ganz Unrecht; sie war nun schon seit über zwei Jahren Chunin. Normalerweise wurde ein junges Mitglied des Uchiha-Clans bald nach der Prüfung von seinen engsten Angehörigen in den Familienrat eingeführt. Aber Akane hatte es damit nicht eilig gehabt und schließlich war es gar nicht mehr dazu gekommen.

„Naja, ich habe nie eine Einladung erhalten – „

Doch dann stockte die Kunoichi und sah Tekka scharf an. Nein, das stimmte nicht ganz. Er hatte es versucht, damals als sie zur Feldübung mit der ANBU aufgebrochen war.

„Das ist ein äußerst bedauerliches Versäumnis“, sagte Fugaku und sah sie durchdringend an.

„Dann, Uchiha Makani, spreche ich hiermit eine offizielle Einladung an dich zu unserer nächsten Ratssitzung aus. Nimmst du sie an?“

Er stand auf und streckte ihr seine Hand entgegen. Makani sah skeptisch und etwas überrumpelt zu ihm hoch. Sie war sich nicht sicher, was sie von all dem halten sollte. Noch vor wenigen Wochen hätte sie sich aufrichtig über diese Einladung gefreut, hätte vielleicht sogar endlich die alte Bitterkeit wegen des Verhältnisses zu ihrer Familie hinter sich lassen könne – aber jetzt? Sie hielt es für äußerst unwahrscheinlich, dass Fugaku ausgerechnet jetzt ganz von selbst darauf gekommen war, das arme halbherzig aufgenommene Findelkind stärker in die Clan-Gemeinschaft zu integrieren… Itachi hatte versucht, sie vor seinem Vater zu schützen, vielleicht hatte er genau diese Situation verhindern wollen? Andererseits, es war nur eine Ratssitzung. Was sollte schon passieren? Und mit etwas anderem hatte ihr Team-Captain definitiv Recht gehabt: Sie musste selbst entscheiden, was sie für richtig hielt. Und momentan wusste sie immer noch viel zu wenig über ihre eigene Familie, um sich ein Urteil bilden zu können… Nein, sie mochte Fugaku nicht, aber er allein war nicht der Clan – auch wenn sein Führungsstil gelegentlich einen solchen Anspruch zu erheben schien. Aber es gab andere Clanmitglieder, die Makani sehr wohl mochte… Es half nichts; sie musste selbst sehen, was dran war an den Dingen, die Itachi ihr anvertraut hatte!

Makani straffte die Schultern und stand ebenfalls auf. Sie ergriff die Hand des Clan-Oberhauptes und versuchte ihm dabei möglichst fest in die Augen zu schauen.

„Ich werde kommen.“
 

Nachdem Tekka Fugaku zur Tür gebracht hatte, kam er zurück in die Küche, setzte sich wieder an den Tisch und blieb dort einfach schweigend und mit hängenden Schultern sitzen. Makani war gerade damit beschäftig, den ‚Tee‘ zu entsorgen und die Becher abzuspülen, doch währenddessen schielte sie immer wieder zu ihrem Cousin hinüber, der so bedröppelt aussah, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Schließlich war sie fertig mit dem Geschirr. Sie trocknete sich die Hände ab und wandte sich dann zögerlich zum Gehen.

„Äh, gute Nacht“, sagte sie, aber es klang eher wie eine Frage.

Tekka sah eindeutig so aus, als wolle er noch etwas sagen, aber hätte plötzlich vergessen, wie reden funktionierte. Er tat Makani fast ein wenig leid.

„Es ist… schön, dass du endlich mal zu einer Sitzung kommst“, brachte er schließlich mühsam hervor.

Makani verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Tekka räusperte sich.

„Ja, ja, ich weiß, ich hätte dich schon viel früher einladen sollen… ach was, ich hätte…“

Der breitschultrige Uchiha sackte noch weiter in sich zusammen.

„Ich hätte sehr vieles tun sollen. Dir ein schöneres Zuhause bieten zum Beispiel! Aber Fugaku hat Recht; du hast dich wirklich prächtig entwickelt!“

Plötzlich verzog sich sein Mund zu einem etwas schiefen Lächeln.

„Wenn ich an das Häuflein Elend denke, das hier vor zwei Jahren ankam… Ich meine, es war ja verständlich, du hattest gerade deine Ziehmutter verloren. Aber du hast über Wochen kein einziges Wort gesprochen. Ich dachte schon, mit dir stimmt ernsthaft etwas nicht. Man hat gar nicht gemerkt, ob du da warst oder nicht. Nur manchmal bist du plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht, wie ein kleiner Hausgeist oder sowas…“

Dann sah er wieder betreten auf seine Hände hinunter.

„Also, ich fürchte, ich war dir damals keine große Hilfe. Aber sieh dich jetzt an! Du bist eine gestandene Kunoichi! Der Clan kann wirklich stolz auf dich sein. Und… und das wird er auch, da bin ich sicher.“

Tekka schien auf einmal selbst erschrocken über seine ungewohnt emotionale Rede zu sein. Er kratzte sich verlegen am Kopf. Dann stand er langsam auf und ging ein paar zögerliche Schritte auf Makani zu; seinen Blick hatte er dabei auf den Boden gerichtet.

„Wie auch immer“, murmelte er. „Ich kann meine früheren Versäumnisse wohl kaum wieder rückgängig machen und du bist mittlerweile fast erwachsen, aber vielleicht… vielleicht können wir ja trotzdem…“

Er verstummte. Seine rhetorischen Fähigkeiten schienen offenbar nicht auszureichen, um in Worte zu fassen, was er denn nun gern versuchen wollte. Aber Makani glaubte, ihn dennoch ganz gut verstanden zu haben.

„Okay“, sagte sie schlicht.

Tekka sah auf und brachte ein weiteres schiefes Halblächeln zustande, dann schien er abermals nicht weiterzuwissen. Nach einer keinen Weile verlegenen Schweigens breitete er die Arme etwas aus, bewegte sich ein paar weitere Zentimeter auf Makani zu, hielt dann aber mit einem ziemlich verkrampften Gesichtsausdruck inne. Als könne er sich einfach nicht überwinden, die angedeutete Handlung in die Tat umzusetzen.

Schließlich erlöste ihn Makani, indem sie ihm ihre Hand entgegenstreckte und sagte: „Einverstanden, ich freue mich auf die Ratssitzung.“

Der Ältere atmete hörbar aus und ergriff die Hand der Kunoichi.

„Gute Nacht, Tekka“, murmelte sie mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und wandte sich der Tür zu.

„Ah, Makani, noch etwas…“

Sie drehte sich wieder um und sah, dass Tekka plötzlich besorgniserregend rot im Gesicht geworden war.

„Äh, ich wollte nur sagen… also, lass besser die Finger von Fugakus Sohn.“

Die Kunoichi spürte, wie ihr Gesicht sofort eine ganz ähnliche Farbe annahm wie das ihres Cousins.

„Nein, wirklich, so ist das nicht! Ihr habt da was missverstanden!“, versicherte sie hastig und hob abwehrend die Hände. Tekka schaute verlegen und grimmig zugleich drein.

„Wie es auch immer ist“, brummte er, „es wäre mir lieber, wenn du nicht so viel Umgang mit ihm hättest.“

Makani stutzte und plötzlich war die Neugier größer als die Verlegenheit.

„Wieso nicht?“

Tekkas Gesichtsausdruck wurde daraufhin noch grimmiger. Er zögerte einen Moment, dann antwortete: „Ach, dem ist sein Talent zu Kopf gestiegen und fängt dort an, ihm das Hirn zu vernebeln. Kein guter Charakter. Geh auch bald ins Bett, ja?“

Er klopfte ihr auf die Schulter und verließ die Küche.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Uchiha--Itachi91
2019-01-09T22:34:41+00:00 09.01.2019 23:34
Hi. Klasse Kapitel... mit sowas habe ich nicht gerechnet. Bin schon sehr gespannt auf das nächste.

Und dir auch frohes neues 😊
Von:  NiOniOn
2019-01-06T17:13:14+00:00 06.01.2019 18:13
Frohes Neues Jahr :D
Antwort von:  Toggle35
06.01.2019 18:34
Frohes Neues


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