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Ao no Exorcist - A merry sidestory

von
Koautor:  MisaSugarStarx3

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Kapitel 1 - Mamushi

Mit einem gellenden Schrei fuhr Mamushi aus dem Schlaf. Schwer atmend blickte sie im Zimmer umher, noch nicht imstande zu begreifen, dass sie lediglich schlecht geträumt hatte. Sie war schweißgebadet und das Herz schlug unangenehm schnell in ihrer Brust, während sich ihr gesundes Auge allmählich an die Dunkelheit im Raum gewöhnte. Mit der Sicht klärte sich schließlich auch ihr Verstand und sie strich sich ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sie versuchte, sich zu beruhigen. 

"Es war nur ein Traum", redete sie sich selbst gut zu, doch zeitgleich blitzte Toudous boshaftes Lächeln wieder vor ihrem geistigen Auge auf und sie zuckte unwillkürlich zusammen. 

"Nur ein Traum", wiederholte sie mit Nachdruck, um die unangenehme Erinnerung an ihren einstigen Lehrer zu verscheuchen, doch er war hartnäckig, gerade so, als hätte sich sein Abbild in ihr Gedächtnis eingebrannt. Vielleicht war er ihr deshalb so real in ihrem Traum erschienen. 

Ihre Hand wanderte unwillkürlich zu ihrem linken Auge, was unter einer Augenbinde ruhte, wo es vor gut einem halben Jahr vom linken Auge des Unreinen Königs völlig zerstört wurde. Die Last, die sie mit ihrem fehlenden Augenlicht verband, würde wohl niemals mehr gänzlich von ihren Schultern fallen, dessen war sie sich schmerzlich bewusst. 

Neben ihr regte sich etwas und sie wandte sich Juuzou zu, der sich im Schlaf auf die andere Seite gedreht hatte. Ihr Schrei schien ihn nicht geweckt zu haben. Wenn dieser Kerl erst einmal tief und fest schlief, konnte ihn nicht einmal mehr eine weitere Detonation von Lucifers Seraphim aus dem Schlaf reißen. Mamushi verdrehte die Augen, doch insgeheim war sie erleichtert darüber, ihn nicht geweckt zu haben. 

Inzwischen hatte sich ihr Puls wieder normalisiert und ein kurzer Blick auf den Wecker neben ihrem Futon sagte ihr, dass es mitten in der Nacht war. Sie seufzte, dann kroch sie wieder zu Juuzou unter die Decke, welcher ihr lediglich mit einem unverständlichen Murmeln antwortete. Etwas umständlich versuchte sie sich wieder zwischen seine Arme zu zwängen, in der Hoffnung, die düsteren Gedanken an Toudou verscheuchen zu können, doch das war leichter gesagt als getan. Juuzou lag inzwischen so ungünstig, dass es ihr nicht recht gelingen wollte und das einzige, was sie letztendlich damit erreichte, war, dass er die Augen aufschlug. Mamushi erstarrte augenblicklich.

"Bist du schon wieder wach?", murmelte er schlaftrunken.

Als sie nicht antwortete, setzte er sich auf, rieb sich die Müdigkeit aus den Augen und rückte näher an sie heran.

"Wieder Toudou?" Es war weniger eine Frage seinerseits, eher eine Feststellung, doch sein Tonfall war sanft und Mamushis Blick musste wohl Bände sprechen, denn Juuzou lächelte mitfühlend. 

"Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber mach dir doch nicht so viele Gedanken", sagte er und legte eine Hand auf ihre Schulter, um sie zu beruhigen. Dann verdüsterte sich seine Miene. "Wir werden diesen Kerl schnappen, vertrau mir. Dieser Hund wird für das, was er getan hat, bezahlen!"

Mamushi sah ihn einen Augenblick lang an, dann nickte sie wortlos. Juuzous Züge wurden wieder weicher.

"Komm schon, Mamushi. Bald ist Weihnachten. Bon, Konekomaru und sogar Renzou kommen über die Feiertage nach Hause, hat Kinzou erzählt", erklärte er, ließ sich zurück ins Kissen sinken und zog sie mit sich. "Wir werden Weihnachten mit der ganzen Familie feiern, das bringt dich sicherlich auf andere Gedanken."

Er rückte näher heran und legte beide Arme um sie. Ihre Miene verfinsterte sich und sie warf ihm über die Schulter einen mürrischen Blick zu, dann versuchte sie, ihn von sich zu schieben, aber sein Griff war zu stark. Nach zwei weiteren erfolglosen Versuchen gab Mamushi auf, jedoch nicht ohne übellaunig vor sich hin zu murmeln - schließlich wollte sie um jeden Preis verbergen, dass ihr diese Position insgeheim doch gefiel.

Juuzou lachte leise. "Stell dich doch nicht immer so an."

Für diese Aussage erntete er einen schmerzhaften Tritt gegen das Schienbein.

"Aua, du blöde Gans!"

 

* * *

 

Am nächsten Tag ging es Mamushi schon wesentlich besser. Der Toudou aus ihrem Traum erschien ihr, nachdem sie ein paar Stunden darüber geschlafen hatte, kaum mehr wie ein schemenhafter Schatten und es gelang ihr nun, die düsteren Gedanken an ihn und ihre Vergangenheit beiseite zu schieben. Es war noch früh am Morgen; sie saß allein auf der Veranda, wie sie es oft tat, wenn sie den Kopf frei bekommen wollte, und sah dem Regen zu, der mit seiner seltsam tröstlichen Stetigkeit auf Kyoto und dessen Umland niederging. Mamushi liebte den Regen. Das Jahr neigte sich langsam dem Ende, der November stand kurz davor, dem Dezember zu weichen und zu dieser Zeit des Jahres war er ein selten gesehener Gast. Sie lauschte den leise prasselnden Tropfen, ein Geräusch, das schon immer eine beruhigende Wirkung auf sie gehabt hatte, während sie darüber nachsann, wie sie den Tag nutzen würde. Sicherlich würde sie auch heute Ryujis Mutter im Ryokan oder im Haushalt unter die Arme greifen - oder vielleicht auch an ihrem Kimono weiterarbeiten. 

Plötzlich waren Schritte zu hören, die Mamushi aus ihren Gedanken rissen und sie blickte auf. 

"Ah, da bist du ja", sagte Juuzou, der gerade um die Ecke kam, und schritt auf sie zu. Er trug seine Exorzisten-Kluft und schien aufbruchbereit für die Mission zu sein, für die er zum Kommandanten ernannt worden war und von der er ihr gestern erzählt hatte. "Ich wollte mich verabschieden."

Sie blickte stumm an ihm hinauf und es dauerte einen Moment, bis sie antwortete.

"Du kommst doch heute Abend schon wieder", erwiderte sie schließlich schnippisch und drehte den Kopf weg. Obwohl sie nun bereits ein halbes Jahr miteinander verlobt waren, schaffte sie es nur selten, nicht abweisend auf ihn zu reagieren - was nicht bedeutete, dass sie ihn nicht mochte. Juuzou wiederum schien das nicht zu stören.

Sie konnte ihn angestrengt seufzen hören, dann spürte sie, wie er ihr einen Kuss auf ihr silber-weißes Haar drückte. "Ich bin mir aber sicher, du willst, dass ich mich verabschiede."

Noch im selben Moment spürte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. 

"Das stimmt überhaupt nicht!" Ihre Hand schnellte augenblicklich zu der Stelle, wo er sie berührt hatte und Juuzou konnte sich das Lachen nicht länger verkneifen. Sie warf eine Sandale nach ihm. "Sieh zu, dass du wegkommst!"

Er duckte sich unter ihrem Schuh weg, noch immer lachend.

"Du hast auch schon mal besser gezielt!"

Die zweite Sandale traf ihn mitten ins Gesicht. Er rührte sich keinen Zentimeter, die Augen noch immer geschlossen, nachdem er sie reflexartig zusammen gekniffen hatte, während die Sandale geräuschvoll zu Boden fiel. Seine Mundwinkel zuckten gefährlich; es war offensichtlich, dass er gerade mit aller Macht um Beherrschung rang.

"Mamushiiiiiiiiiiii!", knurrte er schließlich mit zusammen gebissenen Zähnen und schlug die Augen auf. "Du kleines Biest!"

Nach ihrem erfolgreichen Treffer hatte sie ein triumphierendes Lächeln aufgesetzt, doch dieses verblasste sogleich, als Juuzou auf sie zustapfte, sich neben ihr niederließ und sie, ehe sie etwas dagegen tun konnte, bäuchlings über seinen Schoß zerrte. 

"HE! Was zum - ?!", wollte sie protestieren, doch weiter kam sie nicht, denn Juuzou gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Er war nicht allzu fest, aber dennoch schrie sie auf und warf ihm einen finsteren Blick zu. 

Er grinste hämisch. "Ich hatte den Eindruck, du wolltest mal wieder übers Knie gelegt werden."

"Du mieser Affe!" Sie riss sich von ihm los, so heftig, dass sie beinahe von der Veranda fiel und Juuzou sie festhalten musste, um dies zu verhindern. Kaum hatte sie wieder Halt gefunden, öffnete sie den Mund, um eine Salve von Beschimpfungen auf ihn niedergehen zu lassen, doch er kam ihr zuvor und kniff ihr in die Nase - so wie es ihr Vater Uwabami immer tat, wenn er seine Töchter schalt.

"Ruhig Blut", raunte Juuzou ihr zu und strich ihr besänftigend über das Haar. "Ich muss gleich gehen."

Mamushi sah ihn feindselig an und er ließ sie los, um sie daraufhin kurz an sich zu drücken.

"Wir sehen uns heute Abend", sagte er lächelnd - dieses typische Shima-Lächeln, das alle Männer aus seiner Familie besaßen und das sie so sehr hasste - meistens zumindest. Bei ihm war das ... irgendwie etwas anderes. Er strich ihr nochmal über das Haar und stand dann auf. 

Sie schaute ihm nach, bis er wieder um die Ecke gebogen und nicht mehr zu sehen war. 

Obwohl es seinen Erzählungen nach bei der Mission nur um rangniedere Dämonen ging, und sie sich sicher war, dass er spielend leicht damit fertig werden würde, konnte sie dennoch nicht umhin, sich Sorgen zu machen. Früher hätte sie ihn auf so einer Mission begleitet, aber nachdem sie die Myoda-Shu - wenn auch unbeabsichtigt - betrogen und das linke Auge des Unreinen Königs gestohlen hatte, war sie vom Orden ausgeschlossen worden. Der Gedanke schmerzte, wie jedes Mal, wenn er wieder in ihr hochkam, doch sie schüttelte energisch den Kopf. Sie bereute zutiefst, dass sie sich von Toudou derart hatte täuschen lassen und welch ein Disaster mit ihrem Diebstahl des linken Auge des Unreinen Königs einher gegangen war. Daher akzeptierte sie ihre Strafe protestlos und konnte auch ein halbes Jahr später immer noch nicht recht fassen, dass Juuzou dennoch gewillt war, eine so tölpelhafte Verräterin zu heiraten. Sie schüttelte erneut den Kopf.

'Genug jetzt', dachte sie stirnrunzelnd und stand auf. Hochzeit war das Stichwort gewesen.

Nachdem sie ihre Sandalen eingesammelt hatte, lief sie zu ihrem Zimmer, wo sie den Schrank öffnete und dort einen weißen Furisode und ihr Nähkästchen hervorholte. So früh am Morgen herrschte im Tempel noch nicht viel Betrieb, daher konnte sie bedenkenlos zur Veranda zurückkehren und dort weiter an ihrem Kimono sticken, ohne dass es jemand bemerkte. Mamushi lächelte stumm vor sich hin; niemand sollte wissen, dass sie an ihrem Hochzeits-Kimono arbeitete. 

Wieder auf der Veranda angekommen, hatte sie dort eine Decke ausgebreitet, damit der weiße Stoff ihres Kimono nicht schmutzig wurde und sie nicht auf dem kalten Boden sitzen musste, und eine ihrer Nagas beschworen, die ihr nun Gesellschaft leistete. Sie saß oft alleine hier, wenn sie sich sicher sein konnte, dass niemand zugegen war, und stickte an den Kranichen ihres Kimono, die ein langes und von Glück erfülltes Leben versprechen sollten.  Ihr Naga zischelte leise, während sie sich an sie schmiegte und Mamushi streichelte ihr kurz lächelnd über die kühlen Schuppen ihres Kopfes, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Den Furisode selbst hatte sie schon vor einiger Zeit fertig genäht, seither saß sie an der aufwendigen Stickerei der Kraniche. Dabei stand noch nicht einmal ein Termin für ihre Hochzeit mit Juuzou fest, aber Mamushi wollte sich Zeit damit lassen, damit der Kimono so schön wie nur möglich wurde. 

Für gewöhnlich heirateten Töchter der Houjou-Familie im Hochzeits-Kimono ihrer weiblichen Ahnen, was also bedeutete, dass Mamushis Mutter eigentlich den Furisode, den sie bei Ihrer Eheschließung mit ihrem Vater Uwabami getragen hatte, an ihre Tochter weitergegeben hätte. Allerdings waren bei dem Vorfall vor 16 Jahren, der im True Cross-Orden allgemein als "Blaue Nacht" bekannt war, weite Teile des Tempelgeländes durch die Flammen Satans zerstört worden und dabei war auch der Hochzeits-Kimono der Houjous verbrannt. Nachdem ihr Vater der Hochzeit mit Juuzou zugestimmt hatte, hatte er ihr angeboten, sich um einen neuen Kimono für seine Tochter zu kümmern, doch Mamushi wusste, dass seit jener Nacht das Geld der Myoda-Shu ein stets knappes Gut war, daher weigerte sie sich schlichtweg, dieses Angebot anzunehmen. Den Furisode selbst zu nähen war um einiges günstiger, sie hatte nach dem Ausschluss aus dem Orden eine sinnvolle Beschäftigung und wenn er fertig war, hatte ihre Familie auch einen besonderen Hochzeits-Kimono, der wieder von Mutter zu Tochter weitergegeben werden konnte - insofern er so wurde, wie sie es sich vorstellte. 

Es regnete noch immer und Mamushi war so in ihre Arbeit und Gedanken vertieft, dass sie die herannahenden Schritte erst bemerkte, als ihre Naga aggressiv zu zischen begann. Sie hob den Kopf und erkannte Kinzou vor ihr, den vierten Sohn der Familie Shima, der ebenso erschrocken darüber zu sein schien, sie hier vorzufinden, wie sie selbst. Auch wenn sie wusste, dass es bereits zu spät war, ließ sie den Kimono hastig hinter ihrem Rücken verschwinden, doch Kinzou hatte ihn längst entdeckt, und starrte überrascht auf ihren Schoß, wo der Furisode eben noch gelegen hatte. Ihre Naga fauchte erneut und Mamushi strich ihr beruhigend über den Kopf, murmelte eine leise Formel und ließ sie damit verschwinden. Sie war sich bewusst, dass sie besser daran tat, sich keinen größeren Fehltritt mehr zu erlauben, wenngleich sie eine tief sitzende Abneigung gegen die Shima hegte.

Dann wandte sie sich wieder Kinzou zu. Für einen Moment wusste sie vor Schreck nicht, was sie sagen sollte, doch dann fand sie ihre Stimme wieder. 

"Was hast du denn hier zu suchen?", fauchte sie ihn an, obwohl sie eigentlich eher wütend auf sich selbst war, dass ihn nicht hatte kommen hören. Kinzou hob abwehrend die Hände, allerdings nicht weniger verärgert. "Alter, ich lauf' hier nur vorbei! Was willst'n du eigentlich immer von mir, du blödes Schlangenweib?"

Mamushi blickte ihn feindselig an, während sie versuchte, den Kimono möglichst gut hinter sich zu verbergen, was sich aber als nahezu unmöglich erwies, so ausladend wie er war. "Wieso begleitest du Juuzou nicht auf seiner Mission?"

Noch während sie fragte, musterte sie ihr Gegenüber skeptisch und stellte fest, dass er nur ein T-Shirt und eine zerfetzte Jeans trug, barfuß und ungekämmt war und somit ganz und gar nicht danach aussah, als wäre er für irgendeine Mission eingeteilt. 

"Hä? Mission?", fragte Kinzou wie zur Bestätigung und kratzte sich am Hinterkopf. "Die galt doch nur der ersten Einheit. Ich hab' heut' frei."

Darauf wusste sie keine direkte Antwort, also schnaubte sie nur verächtlich und wartete darauf, dass er endlich verschwand. Doch Kinzou verschränkte stattdessen ratlos die Arme hinter dem Kopf und sein Blick wanderte zu dem weißen Stoff, den sie so verzweifelt versuchte, hinter sich zu verbergen, und Neugier schlich sich auf seine Züge.

"Was ist das?", wollte er wissen und trat näher an sie heran. 

Sie konnte spüren, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss und wich augenblicklich vor ihm zurück. "Das geht dich überhaupt nichts an!"

"Entspann' dich doch mal, Giftzwerg!" Er umrundete sie einmal; sie konnte den Kimono weder rechtzeitig vor ihm verstecken noch schnell genug aufstehen, bevor er vor ihm in die Hocke ging. Ihm klappte die Kinnlade herunter.

"... Kraniche...?" Er starrte Mamushi ungläubig an. "Ist das etwa ...?"

"Kein Wort zu irgendwem!", zischte sie ihn aufgebracht an und verhinderte damit, dass er es aussprach. Es war nun eh nicht mehr zu ändern, dass er es herausgefunden hatte und das war schon Ärger genug. "Sollte das irgendjemand erfahren, wirst du dir wünschen, du hättest die Blaue Nacht nicht überlebt!"

Eigentlich hatte sie mit einen postwendendem, bissigen Konter seinerseits gerechnet, so wie immer, wenn eine Konfrontation zwischen den Shima und den Houjou stattfand, doch Kinzou hockte noch immer neben ihr und schien nicht recht glauben zu wollen, was er sah. Sein Blick lag auf ihren fein säuberlichen Stickereien und irgendetwas an seiner Miene war ihr unwillkürlich unangenehm. 

Schließlich hob er den Kopf und sah sie an.

"Ich hab' dich eigentlich immer für 'ne blöde Ziege gehalten, auch nachdem Juu-Nii diese fragwürdige Idee hatte, dich zu heiraten",gab er zu und sein Blick wanderte ein weiteres Mal kurzweilig zu dem Furisode. "Aber ... das ist ja schon beinahe süß."

Nun war es an Mamushi, ihn mit offenem Mund anzustarren. 

"I-Ich ... Du ...." Im ersten Moment war sie zu keinem zusammenhängenden Satz fähig. "... Halt die Klappe!"

Kinzou seufzte, dann setzte er sich schwungvoll neben sie auf die Veranda. 

"Versteh' einer euch Schlangenweiber."

Mamushi sah ihn mit einer Mischung aus Verwirrung und Entsetzen an. Wieso setzte er sich nun zu ihr? Sie hatte diesen blonden Vollidioten noch nie sonderlich leiden können; er war laut und ungestüm und handelte so oft unüberlegt, dass es verwunderlich war, dass er jetzt überhaupt noch neben ihr saß. Außerdem hatte auch er nie einen Hehl aus seiner Abneigung ihr gegenüber gemacht und umso mehr irritierte sie nun dieses Zugeständnis seinerseits. Sie wusste nicht recht, wie sie nun reagieren sollte, wo sie doch für gewöhnlich nur Antipathie gegen ihn gehegt hatte.

Kinzous Blick ruhte noch immer auf dem Furisode, der nun zwischen ihnen lag, doch er sagte nichts und so saßen die beiden eine ganze Weile lang schweigend nebeneinander. Mamushi hätte sich nichts Unangenehmeres vorstellen können.

"... Für eure Hochzeit steht doch noch gar kein Termin fest, oder?", brach Kinzou schließlich das Schweigen. "Und trotzdem stickst du schon an deinem Kimono?"

Mamushi zuckte unwillkürlich zusammen. 

"Wer sagt denn, dass der für mich ist?!", blaffte sie ihn an, woraufhin er nur die Augen verdrehte. 

"Für wen soll der denn sonst sein?"

Darauf wusste sie keine Antwort, also wandte sie stumm den Kopf ab und starrte auf ihre Füße, während sie unbewusst die Fäuste in ihrem Schoß ballte. Was wollte dieser Kerl eigentlich von ihr? Wieso konnte er sich nicht einfach verziehen?

Nachdem sie ihm stur keine Beachtung schenkte, seufzte Kinzou vernehmlich, dann streckte er sich einmal ausgiebig und ließ sich dabei hinterrücks auf die Veranda fallen, wo er mit hinter dem Kopf verschränkten Armen liegen blieb.

"Dir scheint ja doch etwas an meinem Bruder zu liegen", stellte er fest und klang dabei seltsam erleichtert. Mamushi blinzelte überrascht und kam nicht umhin, ihn widerwillig anzusehen. "Anfangs dachte ich, du wärst einfach nur froh, dass dich nach der ganzen Sache überhaupt noch einer haben will. Da hab ich mich wohl getäuscht."

Sie öffnete den Mund, empört über seine Worte, doch er hatte sich zwischenzeitlich wieder aufgesetzt und tätschelte ihr sanft den Kopf, bevor sie etwas sagen konnte. Bereits der zweite Shima, der seine Griffel heute in ihren Haaren hatte!

"Das war nur'n Scherz, nicht aufregen." Er lachte so unbeschwert, dass Mamushi das dringende Bedürfnis hatte, ihm sein Shima-Lächeln aus dem Gesicht zu wischen, doch sie unterdrückte diesen Impuls - sie wusste selbst nicht, warum. 

"Ich schau mir die Leute nur genau an, an die ich meine Geschwister abgeb'. Bei 'ner Houjou ist das echt nicht einfach, okay?", fuhr er fort und verschränkte die Arme vor der Brust. "Vielleicht bist du ja doch ganz in Ordnung."

Mamushi starrte ihn ungläubig an. Für einen Moment wusste sie nicht, was sie darauf sagen sollte, doch dann fing sie sich wieder.

"Tu nicht so, als ob ich deine Erlaubnis bräuchte", zischte sie, jedoch ohne ihn anzusehen und deutlich weniger aggressiv als ihr Gegenüber es von ihr gewohnt war. Die geballte Faust in ihrem Schoß zitterte ein wenig. 

Kinzou lachte abermals, dann erhob er sich. "Schon gut, schon gut. Ich geh dann mal Renzou, diesen Trottel, anrufen, und ihm sagen, dass er über Weihnachten nach Hause kommen soll."

Mamushi stutzte bei dieser Aussage und sah stirnrunzelnd zu ihm hoch. "Wie? Wenn ich mich recht entsinne, meinte Juuzou gestern, du hättest ihm bereits erzählt, dass der Kleine nach Hause kommt."

"Tut er ja auch." Kinzou zuckte grinsend mit den Schultern. "Ich muss es ihm bloss noch sagen!"

Mit diesen Worten hob er zum Abschied eine Hand und wandte sich zum Gehen. Mamushi sah ihm kopfschüttelnd nach und nachdem er um die Ecke des Ganges gebogen war, wollte sie sich gerade wieder ihrem Kimono widmen, als er den Kopf nochmal zurück in den Flur steckte.

"Ach ja, bevor ich's vergesse!"

Abermals hob Mamushi stirnrunzelnd den Kopf. Was wollte er denn jetzt noch?

"Mach was mit deinen Brüsten. Die sind zu klein. Juu-Nii ist für Größeres geboren!"

Bei einer solchen Dreistigkeit konnte ihr nur der Mund aufklappen. Wie aus Reflex sah sie an sich hinunter, und als sie den Blick aufgebracht wieder auf Kinzou richten wollte, stellte sie fest, dass er bereits geflohen war. Sie fluchte. Dieser dämliche Affe schien zu wissen, warum!

 



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