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Wie man es noch sagen kann

[Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wuhu! Es ist reiner Zufall, dass der 50. OS dieser Reihe mit dem Geburtstag des Projekts zusammen fällt, aber ich finde es cool XD"
(Bzw. es ist nicht komplett Zufall. Als ich in meinen Kalender geschaut und gesehen habe, dass Beides in dieselbe Woche fällt, dachte ich mir, dass ich den OS auch einfach zwei Tage hinaus zögern kann^^')

Wahrscheinlich ist es mega fies, dann ausgerechnet einen LANGEN traurigen NaLu-OS zu schreiben, aber ich denke immer noch, dass das hier keineswegs fehl am Platz ist. Es ist auch ein Teilaspekt der Liebe und ich hoffe sehr, dass das hier auch wirklich deutlich im OS geworden ist.
Außerdem... wird es ja ein Happy End für die Beiden geben? Ich habe ja schon im letzten NaLu-OS erwähnt, dass er zum selben 'verse gehört wie der NaLuYu-OS - und an selbigen möchte ich irgendwann mit einem ausführlichen Sequel in meiner Romance-Sammlung "Lieder von Luft und Liebe" anknüpfen.

Ansonsten... Grandine ist hier mal mit Igneel verheiratet, Wendy also Natsus kleine Schwester. Und in diesem 'verse habe ich mal wieder Bad Guy!Jude aus dem Hut gezogen. Hat besser so gepasst^^'

Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank im voraus für jeden Kommentar!
Und natürlich vielen, vielen Dank für jeden Kommentar bis hierher!
LG
Yosephia Komplett anzeigen

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31. “Don’t worry about me.” (NaLu) - 50er & Jahres-Jubiläum

Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Die Luft schien auf einmal viel dicker zu sein als sonst, machte Natsu das Atmen schwer, und die Stille war drückend, beinahe bohrend. Vorwürfe hingen unausgesprochen im Raum, schwer und schmerzhaft – Ergebnisse von Natsus brütenden Gedanken, die er viel zu lange nur mit sich selbst diskutiert hatte.

Wochen lang hatte er über sich selbst zu Gericht gesessen, hatte sich selbst beschuldigt und verteidigt, hatte das Für und Wider abgewogen, hatte immer und immer wieder an die Opfer seiner Entscheidungen gedacht. Es hatte ihn Nächte lang wach gehalten, hatte ihm sogar auf den Magen geschlagen…

Und jetzt saß er hier: In seinem alten Kinderzimmer auf seinem breiten Bett, das seine Eltern ihm besorgt hatten, nachdem sie gesehen hatten, wie er sich im Schlaf immer ausbreitete. Um ihn herum die Relikte seiner Kindheit und Jugend. Die Basketball- und Comicposter an den Wänden, die Drachenfiguren auf dem Nachttisch, die Eintrittkarten für Basketballspiele, Postkarten und Fotostreifen an der Pinnwand, Hanteln und Bälle unter dem Bett versteckt, das Chaos auf dem Schreibtisch. Alles war so, wie er es vor zwölf Monaten zurückgelassen und seitdem nur jedes zweite Wochenende besucht hatte. Alles roch nach einer Zeit, in der Natsu noch keine schweren Entscheidungen hatte fällen müssen, in der er unbedarft und sorglos und viel zu naiv gewesen war, in der er große Schwüre geleistet hatte.

Es war irgendwie verstörend, ausgerechnet hier einen so gewaltigen Schritt zu unternehmen. Beinahe fühlte es sich an, als würde er damit diesen Ort niederbrennen.

Aber besser hier, als anderswo.

Vor Natsu kniete Lucy am Fußende seines Bettes, den karierten Faltenrock sorgsam so gefaltet, dass er nicht von ihren Fersen zerknittert wurde, die Finger im Schoß miteinander verschränkt, der Rücken gerade. Alles in allem eine mustergültige Haltung, wie Natsu sie eigentlich schon lange nicht mehr bei Lucy gesehen hatte.

Als sie vor fünf Jahren nach Magnolia gekommen war, hatte sie immer so diszipliniert da gesessen, stets gerade und perfekt. So war es ihr in dem Mädcheninternat eingetrichtert worden, auf das ihr Vater sie immer abgeschoben hatte, bis Lucys Mutter sich hatte scheiden lassen – aber das hatte Natsu vor fünf Jahren noch nicht gewusst, als Lucy neu in seine Klasse gekommen war. Das hatte er alles erst später erfahren, als Lucy bereits zu seinen Freunden gehört hatte – zu ihm gehört hatte – und als sie endlich begonnen hatte, sich zu lockern.

Dass sie jetzt wieder so sehr darauf bedacht war, Haltung zu wahren – und Abstand zu ihm – verursachte einen schmerzhaften Knoten in Natsus Eingeweiden. Er wollte sie an sich ziehen und küssen und ihr versichern, dass alles gut werden würde. Aber er wusste, dass das eine Lüge wäre. Das hier lag in seiner Verantwortung, also musste er allein mit diesem Knoten – und allen, die da noch kommen mochten – fertig werden.

„Also…“, begann er und brach sofort wieder ab, weil seine Stimme furchtbar heiser klang.

Wie lange saßen sie eigentlich schon hier und schwiegen einander an? Natsu hatte jegliches Zeitgefühl verloren, weil er in der letzten Nacht keinen Schlaf gefunden hatte. Eben weil er gewusst hatte, dass heute der unvermeidliche Tag war. Lange genug hatte er es hinaus gezögert, hatte sich vor diesem schwersten aller Schritte gedrückt. Dabei spürte er die missbilligenden Blicke seines Vaters schon seit einer Weile im Nacken und Gray und Erza glaubten vielleicht, subtil genug zu ein, aber er hatte oft genug bemerkt, wie sie einander verstohlene Blicke zugeworfen hatten. Aber erst als er gestern Abend wieder von Lucy und ihrem traurigen Lächeln am Bahnhof in Empfang genommen worden war, hatte er gewusst, dass es soweit war, dass er sich eben nicht weiter drücken durfte. Ihr zuliebe musste er endlich mit der Sprache herausrücken.

Sein erster kläglicher Versuch, zu sprechen, hatte Lucy zusammenzucken lassen, aber jetzt saß sie wieder kerzengerade da, hatte lediglich den Blick auf ihre Finger gesenkt, deren Spitzen Natsu gerötet vorkamen, als würde Lucy zu viel Druck auf die zarten Glieder ausüben. Er widerstand dem Drang, nach diesen Händen zu greifen, die er so gerne in seinen eigenen spürte, und räusperte sich stattdessen.

„Ich… habe letzte Woche meinen Vertrag unterzeichnet“, brachte er schließlich hervor. „Ich bin jetzt für sieben Jahre verpflichtet und muss erst einmal noch ein paar Fortbildungen absolvieren. Fallschirmspringen und all so etwas…“

Als er während seines Wehrpflichtjahres die Liste mit den Möglichkeiten studiert hatte, die ihm bei einer Verpflichtung offen standen, war er furchtbar aufgeregt gewesen, aber jetzt hörte sich seine Stimme in seinen eigenen Ohren irgendwie hohl an.

Lucy schwieg. Sicher wusste sie schon längst, worauf Natsu hinaus wollte. Wahrscheinlich hatte sie es schon viel früher als er gewusst. Sie war einer der klügsten Menschen, die Natsu kannte, und manchmal glaubte er, dass sie ihn besser kannte, als er sich selbst – egal wie entnervt sie sich manchmal wegen seiner Possen gab.

Doch Natsu wusste, dass er sich nicht darauf ausruhen durfte. Er hatte eine Entscheidung getroffen und jetzt musste er die Konsequenzen tragen. Das war er Lucy schuldig: Klare Worte, einen geraden Strich. Damit es für sie Beide endlich fest stand. Damit sie Beide weiter machen konnten.

Auf einmal wurde Natsu klar, dass das auch bedeutete, dass Lucy irgendwann einen anderen Mann an ihrer Seite haben könnte. Es war ihr gutes Recht – wie könnte Natsu jemals von ihr erwarten, dass sie sieben lange Jahre lang auf ihn wartete? –, aber die Vorstellung machte Natsu beinahe wahnsinnig und ließ ihn für einen Moment vergessen, dass er noch etwas zu sagen hatte.

Seit er Lucy vor fünf Jahren kennen gelernt hatte, hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt, aber er hatte ewig gebraucht, um zu begreifen, inwieweit seine Beziehung zu ihr sich von den Beziehungen zu Gray und Erza unterschied. Er war ein Trottel gewesen – nur allzu oft hatte Lucy ihm das ins Gesicht gesagt, wenn sie sich mal wieder über seinen Kindskopf aufgeregt hatte –, aber er war ihr Trottel geworden. So lange es auch gedauert hatte, er hatte schließlich zu ihr gehört und sie zu ihm.

Sie mit all ihrer Perfektion – den chicen Kleidern, dem Make up, dem tadellosen Betragen in der Schule und den Spitzenzeugnissen. Sie mit all ihren Macken – wenn sie bis spät in die Nacht in einem neuen Buch las, wenn sie sich über eine winzige Kleinigkeit so richtig aufregen konnte, wenn sie anfing, mit Levy über vollkommen absurde Themen zu fachsimpeln, wenn sie sich über einen neuen altmodischen Schlüssel in ihrer Sammlung freute, wenn sie wieder eine ihrer komischen Diäten ausprobierte oder Sport machte, nur um dann doch nach einigen Wochen wieder aufzugeben, wenn sie bei jeder Zeitschrift und Zeitung zuerst die Horoskope las, wenn sie über kleine Makel wie einen Pickel herzzerreißend jammerte, wenn sie wegen eines romantischen Dramas Rotz und Wasser heulte, wenn sie beim Anblick einer Maus vor Angst kreischte, wenn sie ihm die kalten Füße zwischen die Beine schob, wenn sie sich am frühen Morgen beim Klingeln ihres Weckers wie eine Katze in Natsus Armen räkelte, nur um sich dann doch wieder an ihn zu kuscheln, wenn sie nach seiner Hand griff, sobald sie nebeneinander saßen, wenn sie bei jedem Liebesgeständnis aufs Neue rot wurde…

Natsu schloss die Augen und schluckte schwer, während er sich in Erinnerung rief, dass er kein Recht dazu hatte, Lucy für sich zu beanspruchen. Wenn er ihr nicht die Aufmerksamkeit widmen konnte, die sie verdiente, dann durfte er sie auch nicht mit halbgaren Versprechen an sich binden. Das Wichtigste war, dass Lucy glücklich wurde. Und wenn das bedeutete, dass sie mit einem anderen Mann glücklich wurde, dann würde Natsu dieses Opfer bringen.

„Ich weiß noch nicht, was nach den sieben Jahren passiert“, fuhr Natsu schließlich mit belegter Stimme fort. „Kommandant Clive hat mir empfohlen, mich nicht gleich für zehn oder mehr Jahre zu verpflichten. Aber vielleicht mache ich das, wenn die sieben Jahre vorbei sind. Vielleicht komme ich gar nicht mehr nach Magnolia zurück. Deshalb…“

Wieder musste Natsu schwer schlucken. Jetzt war unübersehbar, dass Lucys Finger zitterten und sich so fest umeinander schlangen, dass er sogar befürchtete, sie könnten brechen. Dieses Mal konnte er sich nicht beherrschen und griff nach den zarten Händen, bettete sie behutsam in seinen, während er sich vorbeugte, um Lucys Blick einzufangen. Ihre schönen, braunen Augen waren bereits glasig und wirkten seltsam starr. Ihm wurde klar, dass Lucy versuchte, nicht zu blinzeln.

„Es ist besser, wenn wir Schluss machen, Lucy“, hörte er sich selbst krächzen. „Wenn wir zusammen bleiben, musst du immer auf mich warten und ich kann dir nichts versprechen. Ich will dir nicht weh tun, weil…“ Er konnte nicht sagen, dass er sie liebte. Er durfte nicht! „Weil wir Freunde sind.“

Die Worte hörten sich nicht nur falsch an, sondern waren offensichtlich auch das, was bei Lucy das Fass zum Überlaufen brachte. Sie entwand ihm ihre Hände und bedeckte damit ihr Gesicht. Ihre schmalen Schultern zitterten und ihre Atemzüge klangen schwer und gequält, aber Natsu konnte nicht sehen, ob sie weinte oder nicht.

Hilflos blieb er vor ihr sitzen, die eigenen Hände noch erhoben, aber er wagte es nicht, Lucy anzufassen. Er hatte das Gefühl, dass es ihr nur noch mehr Schmerzen bereiten würde, wenn er ihr jetzt nahe kam.

Dabei hatte er so lange daran gearbeitet, Lucy nahe kommen zu dürfen. Am Anfang hatte sie sich immer so sehr von Allen distanziert, schien immer auf der Hut zu sein – als dürfte sie sich nie auch nur die geringste Blöße geben. Zweifellos ein Ergebnis der vermurksten Erziehung durch ihren Vater. Es hatte Monate gedauert, bis Lucy Natsu und die Anderen an sich heran gelassen hatte.

Für einen Moment befürchtete Natsu, dass er soeben all das zunichte gemacht haben könnte. Dass Lucy wieder so diszipliniert und abweisend wie früher werden könnte. Aber dann schalt Natsu sich. Lucy war viel zu stark und zu klug, um sich ihr Leben von einem Trottel wie ihm verderben zu lassen. Sie war unabhängig und ehrgeizig und noch tausend andere Dinge. Lucy war einfach Lucy. Sie brauchte Natsu nicht.

Was nicht hieß, dass es ihr jetzt gerade gut ging…

„Es tut mir Leid“, krächzte Natsu mühsam. „Ich will dir nicht weh tun, wirklich nicht, aber ich… du…“

„Sei still, du Dummkopf!“

Als Lucy die Hände sinken ließ und ihn mit Tränen in den Augen anfunkelte, blinzelte Natsu verblüfft. Es war nicht das übertriebene Feuerwerk aus Hysterie und Pedanterie, wenn sie sich über eine Kleinigkeit aufregte. Und es war auch nicht die kalte Wut, die ihre Züge erstarren ließ, wenn sie über ihren Vater sprach, der ihrer Mutter so lange Zeit das Leben schwer gemacht hatte. Nein, das hier war ein unglaublich heißes, wildes Lodern, so entschlossen und unbeugsam und so gefährlich wie ein Vulkan.

„Wir wissen Beide ganz genau, warum du das hier tust!“, fauchte Lucy und stemmte die Hände in die Hüften. „Du tust das nicht aus Spaß oder weil du nicht mehr weiter weißt, sondern gerade weil du endlich weiter weißt! Du hast das gefunden, was du machen willst, und dafür musst du dich nicht entschuldigen!“

Verunsichert blieb Natsu vor seiner Freundin – Ex-Freundin, ermahnte er sich selbst mit einem Anflug von Schmerz – sitzen. Sie hatte Recht, er hatte endlich – endlich, endlich, endlich! – das gefunden, was er machen wollte. Bei der Armee konnte er körperlich aktiv sein, hatte jeden Tag Herausforderungen und konnte anderen Menschen helfen. Insbesondere, wenn er dem Katastrophenschutz beitrat, wie Erza und Gray es auch vorhatten. Er konnte Gutes tun!

Während des gesamten letzten Schuljahres hatte Natsus Umfeld ihn direkt oder indirekt damit genervt, was er machen wollte, sobald er sein Abschlusszeugnis in der Tasche hatte. Eine Ausbildung oder ein Studium? Ein Handwerk oder eine Wissenschaft? Etwas im Verkauf oder in der Produktion? Etwas mit Tieren oder mit kleinen Kindern? Jeder einzelne Lehrer hatte ständig Vorträge über das bevorstehende Ende ihrer Schullaufbahn gehalten. Sein Tutor hatte Flyer von Ausbildungsmessen verteilt. Die Schulleitung hatte auf Schnuppertage an der Universität von Magnolia aufmerksam gemacht – und gefühlt jeder in seinem Umfeld hatte bereits gewusst, was er nach der Schule machen wollte. Es hatte Natsu schlicht und ergreifend wahnsinnig gemacht!

Der Wehrdienst war ursprünglich nur der Versuch gewesen, noch ein Jahr Zeit zu schinden, um bei weiteren Recherchen endlich den richtigen Job zu finden. Von der Armee selbst hatte Natsu nicht viel erwartet, hatte immer geglaubt, es gehe dort viel zu steif zu, als dass er es länger als ein Jahr aushalten könnte.

Aber es war alles anders gekommen…

„Es fühlt sich aber so an, als müsste ich mich entschuldigen“, murmelte Natsu schließlich und ließ langsam seine Hände auf die Knie sinken. „Ich habe dir weh getan und lasse dich einfach zurück. Das ist nicht fair.“

Lucys zierliche Hände tauchten in seinem Blickfeld auf und ergriffen behutsam die seinen. Selbst jetzt noch war Natsu fasziniert davon, was für einen starken Kontrast ihre Hände darstellten. Früher hatte er nie auf so etwas geachtet, aber Lucys Finger waren wunderschön, ihre Haut herrlich weich und immer ein wenig kalt, selbst im Sommer. Es kostete Natsu einige Beherrschung, nicht einfach diese Hände hochzuheben und Küsse auf die Handteller zu drücken, wie er es früher immer gemacht hatte, um sie aufzuwärmen.

Als Lucy behutsam an seinen Fingern zog, hob Natsu wieder den Blick. Ihre Augen waren gerötet und das Lächeln auf ihren Lippen wirkte unglaublich müde. Als würde sie mit allerletzter Kraft lächeln.

„Mach’ dir meinetwegen keine Sorgen, Natsu. Das alles ist nicht deine Schuld. Ich will, dass du das machst, was dich glücklich macht.“

Ihre Stimme war rau, aber sie zitterte nicht. Woher nahm Lucy bloß diese Selbstbeherrschung?

„Und was wird aus dir?“, fragte Natsu, obwohl Lucy ihm gerade erst gesagt hatte, dass er sich darum keine Sorgen machen sollte. Aber wie könnte er nicht? Lucy hatte ihm schon viel bedeutet, bevor er sich auch noch in sie verliebt hatte.

„Was soll schon mit mir sein? Ich studiere weiter“, erwiderte Lucy, als wäre das alles kein Thema mehr. Sie ließ Natsus Hände los und rutschte vom Bett. Als sie aufrecht stand, verschränkte sie ihre Finger miteinander, um die Arme über ihrem Kopf ausgiebig strecken zu können. „Ich denke darüber nach, an diesem Quellenprojekt mitzuarbeiten, und ich wollte mich als HiWi bewerben… Ich werde schon genug zu tun haben, keine Sorge.“

Wortlos beobachtete Natsu, wie sie sich so ausgiebig streckte, als ginge es in ihrem Gespräch gerade nicht um die Auflösung einer langjährigen Beziehung. Wem wollte sie damit etwas vormachen?

Als Lucy sich zu ihm herum drehte, zuckte Natsu beinahe zusammen. Schon wieder lag dieses müde Lächeln auf ihren Lippen. „Ich denke, ich sollte jetzt gehen.“

Natsu war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte. Auf Anraten seines Vaters hatte er dafür gesorgt, dass dieses Gespräch hier stattfand, damit Lucy selbst entscheiden konnte, wann sie es beenden wollte – und damit sie im Notfall auch die Flucht ergreifen konnte. War das hier jetzt eine Flucht? War es so schlimm für Lucy?

Als Lucy sich langsam in Bewegung setzte, beeilte Natsu sich, ihr zu folgen. Er stolperte vom Bett und ging hinter ihr her die Treppe hinunter. Außer ihnen war keiner im Haus. Natsus Eltern waren mit Wendy im Park – wahrscheinlich hatten sie ihnen die Möglichkeit geben wollen, das alles wirklich alleine zu klären, aber Natsu wusste nicht, ob er ihnen dafür wirklich dankbar sein konnte. Unangenehm berührt stand er daneben, während Lucy in ihre Sandalen schlüpfte. Doch als sie auch noch einfach so die Haustür aufzog, griff er hastig nach ihrer Hand.

Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen, und Natsu zog seine Hand sofort wieder zurück. „T-tut mir Leid“, stammelte er mit enger Kehle.

„Mach’ dir meinetwegen keine Sorgen“, sagte Lucy. Es waren genau dieselben Worte wie vorhin, aber sie klangen viel schwächer. Das Lodern in den schönen braunen Augen war zu einem schwachen Glimmen geworden und die Unterlippe zitterte verräterisch.

„Darf ich… nur noch einmal…?“

Als Lucy zaghaft nickte, hob Natsu vorsichtig die Arme und schlang sie um Lucys zierliche Schultern, zog sie an seine Brust. Er spürte, wie ihre Arme sich um seine Hüfte schlangen, spürte das Zittern der Schultern. Lucys Haare rochen anders, als er seine Nase darin vergrub. Wahrscheinlich ein neues Shampoo, Lucy konnte Ewigkeiten damit zubringen, in der Drogerie an unterschiedlichen Shampoo-Flaschen zu schnuppern. Natsu versuchte, zu erraten, was für ein Blumenduft das war, versuchte, ihn in eine starke, unauslöschliche Erinnerung zu bannen, damit ihm zumindest das von Lucy bleiben würde.

Hektisch blinzelnd löste er sich schließlich von Lucy und sie blickte mit glasigen Augen zu ihm auf. Als sie dieses Mal lächelte, wirkte es aufrichtig, aber genau das machte alles noch viel schmerzhafter für Natsu.

„Vielen Dank für die schöne Zeit mit dir, Natsu“, krächzte sie.

„Ich… ich muss dir danken, dass du dich mit mir abgegeben hast“, murmelte Natsu und versuchte, gegen den Kloß in seiner Kehle anzukommen. „Soll ich dich… nach Hause bringen?“

Mitten im Satz wurde ihm bewusst, dass diese Frage entsetzlich dumm war. Es war eine alte Angewohnheit aus der Zeit, als er jede Gelegenheit ausgenutzt hatte, um noch ein wenig länger mit Lucy zusammen sein zu können.

Doch Lucy schüttelte nur mit einem verständnisvollen Lächeln den Kopf und trat noch einen Schritt rückwärts – raus aus dem Haus, fort von Natsu.

„Ich komme schon zurecht, Natsu, wirklich. Mach’ dir meinetwegen keine Sorgen.“

Schon wieder dieser Satz. Der Gedanke, dass das vielleicht die letzten Worte waren, die er jemals von Lucy gehört haben würde, tat entsetzlich weh. Aber das war wohl seine verdiente Strafe dafür, dass er so verkorkst war und Lucy damit so weh getan hatte. Er konnte bloß hoffen, dass Lucy von ihrer Mutter und ihrer alten Freundin Levy genug Unterstützung bekommen würde.

Er blieb im Türrahmen stehen und blickte Lucy hinterher, wie sie langsam den gepflasterten Weg bis zum Gartentor entlang ging und dort dann nach rechts abbog in Richtung der Bushaltestelle. Sie war schon beinahe bei der Kreuzung, als Natsu sah, wie sie die das Gesicht in den Händen barg.

Schon machte Natsu einen Schritt aus der Tür heraus, als von links Erza auftauchte. Sie trat einfach neben Lucy und schlang einen Arm um ihre Schultern. Lucy lehnte ihren Kopf gegen die Schulter der Freundin und so setzten sie sich wieder in Bewegung.

Erst das Klappern des Gartentores lenkte Natsus Aufmerksamkeit auf Gray, der mit einem Sixpack Bier auf ihn zukam.

„Woher…?“, begann Natsu, brach jedoch schnell wieder ab, weil seine Stimme so schwach klang.

„Igneel hat uns Bescheid gesagt“, erklärte Gray vorsichtig. „Wir haben abgewartet, bis Lucy raus kommt.“

Natsu war erleichtert, dass Lucy nicht alleine nach Hause gehen musste, aber ob er seinen Nachbarn und Freund jetzt hier bei sich haben wollte, wusste er nicht so recht. Doch er hatte auch keine Kraft, um jetzt zu argumentieren. Wortlos ließ er die Tür offen und ging durch Flur und Wohnzimmer hinaus auf die Terrasse, wo er sich auf die niedrigen Treppe setzte, die von der erhöhten Plattform in den liebevoll gepflegten Garten seiner Mutter hinunter führte.

Ebenfalls wortlos setzte Gray sich neben ihn, zog sein Offiziersmesser aus der Hosentasche und öffnete damit zwei Bierflaschen, um eine davon Natsu in die Hand zu drücken. Seine eigene Flasche stieß er gegen Natsus, dann genehmigte er sich einen Schluck.

Als Natsu sich zusammen krümmte und sein Gesicht gegen seine Knie drückte, spürte er Grays Hand auf seiner Schulter – und obwohl sie nichts von seinem Schmerz linderte und auch nicht Lucys letzte Worte an ihn aus seinen Gedanken vertrieb, war er doch froh, jetzt nicht alleine zu sein…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Arianrhod-
2018-02-11T17:29:57+00:00 11.02.2018 18:29
Uhhhh, that was intense. >.<

Also, zuerst mal: den OS hast du super hingekriegt!
Außerdem ist das so etwa der fünfte Anlauf, einen Kommentar schreiben und ich krieg es einfach nicht gebacken. >.<

Die Atmosphäre ist dir absolut klasse gelungen – angespannt, geladen, aber gleichzeitig auch niedergeschlagen (wenn man das so sagen kann) und einfach … naja, gelungen. Sie hat total zur Story gepasst und war einfach hervorragend (um das noch einmal zu betonen. XD“)
Was ich da auch toll fand, war Lucys Körpersprache. Dass sie so zurückgefallen ist in alte Muster, die sie schon längst verloren glaubte. Aber so hat sie wohl (unbewusst, nehme ich an) Abstand zwischen sich und Natsu bringen wollen, weil sie ja ganz genau wusste, was jetzt kommt. Sie hat das ja schon lange gewusst, vor Natsu möchte ich mal meinen.
Auch Natsus Zögerlichkeit, die ja gar nicht zu ihm passen mag, fügt sich da gut ein. Er will sie einfach nicht verletzen, obwohl er genau das tun wird und das weiß er. Das ist wohl das Schwerste für ihn an der Sache.

Lucy und Natsu tun mir beide leid. :( Das ist keine leichte Situation, in der sie sich befinden, und versuchen, das Beste draus zu machen. Ob es da eine andere Möglichkeit gegeben hätte, sei mal dahingestellt, aber sie haben sich eben beide dafür entschieden.
Ich kann sehr wohl verstehen, warum sie beide denken, dass eine Trennung das beste wäre, obwohl sie sich noch lieben und das auch wissen. Immerhin sind Fernbeziehungen anstrengend und erfordern viel Arbeit, zumal ein Ende davon ja absolut nicht in Sicht ist bzw. in 7 Jahren… Das ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr weit weg. Aber das macht die ganze Sache nicht einfacher, weil sie ja wissen, dass die Gefühle nicht nachgelassen haben. (Das kommt vor allem durch, als Natsu all ihre Macken aufzählt. Das hat gut gepasst.)

Trotzdem fand ich es toll, wie Lucy auf Natsus Ansage reagiert ist. Natürlich liebt sie ihn und die Trennung trifft sie hart. (Obwohl sie sie schon vorausgesehen hat. Aber das so kommen sehen ist ein Paar Schuhe, es zu erleben ein anderes.) Aber gleichzeitig ist sie stolz und freut sich, dass er endlich, endlich seinen Platz im Leben gefunden hat und diesem Pfad auch folgen kann. Sie wird ja wohl sehr gut gewusst haben, wie es um seine Gefühle um dieses Thema stand und auch um seine Zweifel, die damit einhergingen.
Das ist dann aber doch nur ein kleiner Trost in all dem. Kein Wunder, dass sie danach so steif ist und eigentlich nur noch die Flucht ergreifen will. Und Natsu… :(

Das Ende fand ich dennoch sehr schön. Ich finde es toll, wie du Gray und Erza in diesem ‘Verse einbindest. Sie sind einfach gute Freunde und für die beiden da. Das ist einfach herzerwärmend und toll und klasse. :) (Außerdem mag ich es, wenn dem Kernteam von FT mal ein wenig Screentime geschenkt wird. Irgendwie geht das manchmal unter, habe ich das Gefühl.)

Bin sehr gespannt auf den nächsten OS! :)
Gruß
Arian


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