Zum Inhalt der Seite

Peace and Love

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein brennendes Gefühl

Langsam, fast schon bedächtig schnitt das junge Mädchen die Sandwiche in zwei gleichgroße Hälften.  Zufrieden betrachtete sie ihr Werk, bevor sie das nächste Sandwich in die Hand nahm und ihre Arbeit fortsetzte. Bei jedem Schnitt wurde das Mädchen ein wenig selbstsicherer, was zur Folge hatte, dass sie nicht nur ihre Angst, sondern auch ihre Vorsicht zurückschraubte. Ein kleiner, unachtsamer Moment reichte vollkommen aus – einen Herzschlag später fiel ein heller Blutstropfen auf das helle Holz. Erschrocken ließ Firiel das Messer fallen und betrachtete ihren Zeigefinger. Eine feine, rote Linie hatte sich darauf gebildet, aus ihr flossen weitere winzige Mengen an Blut. Sofort hielt sie sich den Finger an die Lippen, mit dem Versuch, keinerlei Blutstropfen auf ihre Kleidung zu bekommen. Mit der anderen Hand durchsuchte sie eine Schublade, bis sie fündig wurde.

Unter fließendem Wasser reinigte sie die Wunde ein wenig, dann klebte sie ein kleines Pflaster darüber und erlaubte sich wieder normal zu atmen. Zwar war es kein tiefer Schnitt, dennoch hatte sie der kleine Vorfall ein wenig nervös gemacht. Angesichts des vielen Blutes, der Bilder, die sich immer noch in ihre tiefsten Albträume hineinschlichen, vertrug sie den Anblick der roten Körperflüssigkeit weitaus weniger als zuvor. Sie zuckte zusammen. Die Wunde begann zu jucken und zu brennen, ein positives Zeichen für Firiel, dass der Heilungsprozess begonnen hatte. Mit einer vorsichtigen Bewegung wischte sie das Blut von der Klinge, halbierte die letzten Sandwiches und verpackte sie in die dafür bereitgestellten Boxen.

Kein Wunder, dass mich Mrs. Holy nie in die Nähe der Küche gelassen hat …

Lächelnd sah sie die Sandwiches ein letztes Mal an, bevor sie die Deckel verschloss und diese in einem Weidenkorb hinauf zum Observatorium trug. Die Sonne schien ihr auf die leuchtend roten Haare, sie spürte die angenehme Wärme auf ihrem gesamten Körper. Sie hoffte, sie konnte Roux dazu überreden, dass er sich eine kurze Pause von seinen Stern-Studien nehmen und mit ihr den wunderschönen Sonnentag genießen würde.

 

Dieser saß, wie bereits des Öfteren in den vergangenen Wochen und Tagen, über seine Sternenkarten gebeugt und skizzierte einen neuen Planeten mitsamt seinen zwei Monden hinein. Er war gerade dabei, den Planeten um seinen ausladenden Ring zu ergänzen, als Firiel vorsichtig die Tür hinter sich schloss. Dann wurde ihr klar, dass ihre Vorsicht, keine unnötigen Geräusche zu machen, unbegründet war. Sie sah den üblichen konzentrierten Gesichtsausdruck ihres Freundes, der ihr verriet, dass er seine komplette Umwelt ausblendete. Dass er nichts weiter wahrnahm als seine eigenen Gedanken und das Blatt Papier vor ihm. Immer wieder und wieder musste er das Blatt erneuern, so viele verschiedene Entdeckungen und Korrekturen musste er darin vornehmen.

Schon lange wusste sie, dass er auf ihre Worte wage, bis gar nicht reagieren würde. Daher beugte sie sich zu seinem Gesicht herunter, schob ihre Haare auf die Seite und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Sie wusste, egal wie konzentriert er in seine Studien war, damit fing sie immer wieder seine Aufmerksamkeit.

So auch dieses Mal. Erstaunt darüber, wie viel Zeit seit dem gemeinsamen Frühstück vergangen war, blickte er auf und erwiderte ihren Blick. Nun waren sie seit wenigen Monaten ein Paar und dennoch errötete er jedes Mal aufs Neue, wenn sie ihn an dieser Stelle küsste. Er würde zu keiner Zeit leugnen, auch er war glücklich über ihr jetziges Zusammenleben. Früher, bevor all die Ereignisse rund um die Königinnennachfolge und den Kämpfen stattgefunden hatten, musste er seine Gefühle stets unterdrücken, mit dem Wissen, dass sie nicht erwidert wurden. Oft genug hatte er sich ausgemalt, wie es sich anfühlen würde, ihre sanften Lippen auf den seinen zu spüren. Als er dann schließlich allen Mut zusammengekratzt, sie auf seinen Schoß gesetzt und geküsst hatte, war die Realität weit von seinen Vorstellungen entfernt. Sie hatte seine kühnsten Träume bei weitem übertroffen.

Und nun, waren sie gemeinsam zurück in ihrer Heimat, sie hatte ihm ihr Herz geschenkt und er würde dafür sorgen, dass sie es nicht eine Sekunde lang bereuen würde. Zwar lebten sie im Frieden, woran auch die Schutzgarde um Adel und ihren Bruder nicht ganz unschuldig war, dennoch war es auch in seinem Sinne, dass seine Firiel in einer ungefährlichen Gegend wohnte. Seit sie in diesem schrecklichen Vorfall vor seinen Augen ins Nichts gezogen wurde, war seine Angst, sie zu verlieren, deutlich gewachsen. Auch jetzt konnte er sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen, unabhängig davon, wie sehr sie sich in den Haaren hatten. Das war eine weitere Eigenschaft, die er an ihr so liebte. Dass sie immer, trotz ihrer Naivität, einen eigenen Willen besaß.

Er liebte den Blick, mit dem sie ihn immer ansah. Manchmal fragte er sich, ob sie sich der Macht, die sie über ihn besaß, überhaupt bewusst war. Über ihn und sein Herz, welches nur für sie allein schlug. Doch auch das würde er nicht allzu schnell zugeben. Ein paar Geheimnisse wollte er nach wie vor für sich behalten.

 

„Roux, willst du nicht für einen Augenblick Pause machen und dich ein wenig zu mir setzen? Ich habe uns auch etwas zu essen gemacht.“

Neugierig richtete sich der Junge auf, zu einer solchen Einladung konnte er nicht nein sagen. Anfangs hatte er wie auch die Jahre zuvor kaum auf seine Ernährung geachtet, immer war es Firiel, die ihn zu einem halbwegs anständigen Ernährungsplan gezwungen hatte. Doch neuerdings brachte sie ihm nicht einfach nur das Essen vorbei und verschwand wieder, sie verbrachte ihre Zeit lieber bei ihm im Turm und genoss es, zusammen mit ihm das Essen von Mrs. Holy zu teilen. Besonders ihre Bemerkung hatte ihn neugierig gemacht. Seine Gedanken über den neuen Planeten schob auf die Reservebank, darum würde er sich später noch kümmern können. Erst einmal gab es nur noch zwei Dinge, auf die er sich konzentrieren wollte. Dabei fiel ihm das Pflaster auf, auf welches er sie direkt ansprach.

„Ach, das… das ist nur ein kleiner Kratzer. Ich hatte einen kleinen Unfall, als ich die Sandwiches geschnitten habe“, meinte das Mädchen verlegen und drückte ihm seine blaufarbige Lunchbox in die Hand. Doch die Ablenkung gelang ihr nicht.

„Du musst mit solchen Dingen aufpassen, du bist viel zu tollpatschig dafür. Warum hast du nicht einfach Mrs. Holy das Essen machen lassen?“

Er griff nach ihrer Hand und betrachtete das kleine Pflaster. Dass er kein durchsickerndes Blut entdecken konnte, stimmte ihn ein wenig zufrieden. Firiel dagegen zog ihre Hand beleidigt weg.

„Was soll das den heißen, bedeutet es, dass du meine Kochkünste nicht zu schätzen weißt?“

Roux wollte ihr gerade etwas entgegen, doch sie wich seinem Blick aus. Stattdessen blickte sie auf ihre eigene Lunchbox.

„Ich weiß, dass Mrs. Holy das viel besser kann als ich, immerhin habe ich noch nie in der Küche aushelfen müssen, mit ein paar wenigen Ausnahmen. Besonders in der Zeit, in der ich im Schloss gelebt habe, habe ich vieles davon wieder vergessen. Aber wenn du es nicht möchtest, musst du es auch nicht essen.“

Mit dem letzten Satz versuchte sie sich zu schützen, oder zumindest schlagkräftig zu wirken. Als Reaktion darauf legte Roux seine Arme um ihren Körper und drückte sie sanft gegen seinen eigenen, sie konnte seinen aufgeregten Herzschlag spüren.

„Es … tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Es ist nur, du bist nun einmal ein Tollpatsch und ich habe Angst, dass du dich eines Tages schlimm verletzen könntest. Dass du für mich versucht hast etwas zu kochen, macht mich dagegen sehr glücklich. Wenn du doch nur wüsstest, wie sehr …“

Er ließ von ihr ab, drehte sich wieder zurück und öffnete seine Box. Natürlich sah der Inhalt bei weitem nicht so professionell aus wie das, was er sonst von Mrs. Holy bekam, aber er konnte die Mühe sehen, die in diesen Boxinhalt gesteckt wurde. Neugierig biss er ein Stück ab, dann sah er seine Freundin an und konnte sich ein Kompliment nicht verkneifen.

„Danke schön – für dein erstes Mal ist es dir echt gut gelungen.“

Rosarot liefen ihre Wangen an, auch sie fing an das kleine Mal zu essen und stellte erstaunt fest, dass ihr die Sandwiches besser gelungen waren als erwartet.

„Vermutlich hatte Mrs. Holy recht. Wenn man mit Liebe kocht, schmeckt alles gleich viel besser.“

 

Stumm, aber zufrieden aßen sie ihre Sandwiches auf, bis auch das letzte in ihren Mündern verschwunden war. Anschließend rieben sie sich ihre Bäuche, die Sonne war bereits weiter gen Westen gewandert, der Tag hatte jedoch nichts von seiner Schönheit eingebüßt. Roux sah abwechselnd seine Freundin und den großen, hölzernen Tisch an. Lange überlegte er, ob er seine Gedanken wirklich aussprechen sollte. Er wusste, es würde ihr nicht gefallen, wenn er über dieses Thema sprach, aber er musste es einfach in Erfahrung bringen. Seit Tagen gab es etwas, das ihm keine Ruhe gelassen hatte und er wollte dies ein für alle Mal klären.

„Firiel, du warst doch neulich wieder auf einen Ball der Prinzessin Adel eingeladen, nicht wahr?“, fing er vorsichtig an. Firiel, die keine Ahnung davon hatte, wohin dieses Gespräch führen würde, nickte ihm einfach nur zu.

„Ja, es stimmt, ich war auf dem Sommerfestival-Ball eingeladen und es war wirklich wunderschön. Ich habe dir doch alles von diesem Abend berichtet, was möchtest du denn darüber wissen?“

Unbemerkt von ihr verkrampften sich seine Hände, er wurde das Gefühl nicht los, dass Firiel etwas in ihrer Erzählung über den Ballabend ausgelassen hatte. Zwar war sie verschwitzt zurückgekehrt, es gab keine sichtbaren Zeichen von Gewalt oder jeglichen Verletzungen, dennoch wurde sein Beschützerinstinkt aktiv. Wie auch seine Eifersucht. Er hatte sie die letzten Tage erfolgreich unterdrücken können, doch nun war er an seine Grenzen gekommen.

„Sag mal, war es … ein schöner Ball für dich?“

Verwundert über die Frage sah sie ihren Freund an. Sie verstand nicht, warum er sie nach etwas fragte, was sie ihm bereits am Morgen danach in ausführlicher Form erklärt hatte.

„Kann es sein, dass du mir beim letzten Mal nicht zugehört hast? Ja, der Ball war sehr schön, es war ein sehr angenehmer Abend. Und wie versprochen habe ich keine fremden Männer geküsst. Oder Frauen, falls du das denkst.“

Roux schüttelte den Kopf. Er hatte großes Vertrauen in seine Freundin.

„Das ist es nicht. Firiel, ich vertraue dir und ich weiß, dass du dich an unser Versprechen halten würdest. Es ist nur …“

Seine Stimme stockte, doch er wusste, es war bereits zu spät, um jetzt zurückzurudern. Er hatte dieses Gespräch begonnen und musste es nun zu Ende bringen, ob er es wollte oder nicht. Sein Blick sank Richtung Boden, wie auch sein Mut.

„Es geht um Eusis … hat er dir wieder einen Antrag gemacht?“

Schweigen lag zwischen den Beiden, eines, das Roux gar nicht gefiel. Die Antwort konnte er sich bereits denken, so schwer es ihm fiel zu akzeptieren, doch das Schweigen war für ihn unerträglicher. Er wusste auch, dass seine Freundin bereits jeden Antrag, den ihr der Ritter machte, abgelehnt hatte und dennoch verkrampfte sein Herz jedes Mal aufs Neue. Auf eine seltsame Art und Weise mochte er den Ritter sogar, er wusste, dass er niemals eine Gefahr für Firiel werden würde. Doch dass er ihr weiterhin Anträge machte, dafür zeigte er nach wie vor kein Verständnis.

„Ja, er hat mir wieder einen Antrag gemacht. Er weiß wohl einfach nicht, wann Schluss ist. Obwohl ich glaube, dass er es mittlerweile nicht mehr ernst meint“, meinte sie auf ihre naive Weise. Roux ahnte, dass es der Wahrheit entsprach, dennoch stimmte ihn die Antwort nicht zufrieden. Auch als ihm seine Freundin bestätigte, dass sie den Antrag ein weiteres Mal abgelehnt hatte, es für ihn kaum erträglicher. Stumm starrte er auf den Boden vor sich, kein einziger Muskel seines Körpers bewegte sich noch mit Ausnahme seiner Brust. Firiel wusste, wie Roux über den Ritter dachte, doch diese Reaktion war selbst für sie neu.

„Roux? Ist alles in Ordnung bei dir?“

Vorsichtig streckte sie die Hand nach ihm aus, doch der Ausdruck in seinem Gesicht verhärtete sich immer weiter. Langsam bekam Firiel das Gefühl nicht los, einen großen Fehler begangen zu haben, doch sie konnte sich nicht erklären, welcher genau ihren Freund so betrübte.

„Roux …“

Kaum hatte ihre Hand seine Schulter erreicht, riss er sich ruckartig von ihr weg. Mit einer schnellen Bewegung erhob er sich aus seinem Sessel und ging in die Richtung des Fensters. Mit unbewegter Miene starrte er in die Ferne, er schien jedoch mehr in seinen Gedanken verloren zu sein, als dass er wahrnahm, was außerhalb des Turms vor sich ging. So blieb er für eine Weile stehen, bis ihm einfiel, dass er sich nach wie vor nicht allein im Raum befand. Ein wenig unsanft führte er Firiel zum Ausgang und versuchte, sie aus der Türe zu schieben. Dabei konnte er ihr nicht ins Gesicht sehen.

„Es ist besser, wenn du jetzt gehst, Firiel. Lass mich bitte für ein paar Stunden allein … wir treffen uns heute Abend am Bach, unser alter Treffpunkt“, sagte er tonlos, bevor der die Türe vor ihrer Nase zuknallte.

Verdattert blinzelte sie die Türe an, sie brauchte erst ein paar Sekunden, um die ganze Situation zu verstehen. Dann begann sie auf die Türe einzuhämmern, nachdem sie feststellen musste, dass diese von ihnen verschlossen war. Roux hatte sich von innen im Turm eingesperrt.

„Roux, was soll das denn bitte werden? Was habe ich falsch gemacht? Mach sofort die Türe auf und lass uns darüber reden!“

Sie versuchte es mit ein paar gezielten Tritten, doch die Türe blieb standhaft. Ohne irgendeinen Kratzer oder sonstige Spuren davon, dass Firiel gerade versucht hatte sie zu beschädigen. „Wenn du unbedingt allein in diesem Turm bleiben willst, tu dir keinen Zwang an. Ich hoffe, du wirst mit deinen ganzen Zeichnungen und Büchern glücklich!“

Sie seufzte auf, stemmte die Arme in die Hüfte und stapfte wütend davon.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das zweite und letzte Kapitel ist ebenfalls schon vorhanden, ich denke mal, ich werde es bereits Samstag oder Sonntag hochladen, je nach Zeit/Lust. Auf jeden Fall noch im Januar. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück