Zum Inhalt der Seite

Trauer, Rache und andere Gefühle

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die, die zurückbleiben

I miss you,

miss you so bad.

I don´t forget you,

oh, it´s so sad.
 

Avril Lavigne – Slipped away
 

„Hallo, Natsume. Ich bin es, Tanuma. Es ist eine Weile her, seit ich das letzte Mal hier war, nicht wahr? Hier hat sich so viel verändert, seit du fort bist. Shigure und Touko sind weggezogen. Das Ganze war zu viel für sie. Ich habe mich ein paar Mal mit Natori getroffen. Er ist gar nicht so übel, wie ich gedacht hatte. Allerdings raucht er immer noch. Du hättest ihm das bestimmt wieder ausreden können.“ Kurz hielt der Schwarzhaarige inne und als er weitersprach, zitterte seine Stimme. „Warum nur, Natsume? Wieso musstest du diesen Weg gehen? Wie könnte ich deine Worte vergessen oder dieses Lächeln, das mich jede Nacht verfolgt? Dieses schreckliche, traurige Lächeln. Ich wünschte, wir könnten über alles reden. Ich vermisse dich...“

Mit von Tränen verschwommenem Blick sah Tanuma auf den Grabstein, auf dem der Name seines besten Freundes prangte und ein leises, heftiges Schluchzen überkam ihn, bis er völlig aufgelöst dastand, den Blick gesenkt, damit so wenige Personen wie möglich seine Tränen sehen konnten. Es war inzwischen dreieinhalb Wochen her, seit Natsume sich von der Kagurashibrücke in den Tod gestürzt hatte. Seitdem hatte Tanuma kaum geschlafen, geschweige denn richtig gegessen. Die ganze Zeit über hatte er sich zurückgezogen und niemanden an sich herangelassen. Er wurde beherrscht von dem Schmerz, der ihn zu zerfressen drohte. Von Schmerz und von Hass. Hass auf den, der seinen besten Freund erst so weit gebracht hatte. Seiji Matoba. Seit er dem Exorzisten das letzte Mal gesehen hatte, schien dieser wie vom Erdboden verschluckt. „Ich werde ihn finden.“ versprach er dem Grab vor sich. „Und wenn ich ihn gefunden habe, wird er dafür büßen, was er getan hat.“

Eine Hand legte sich ihm auf die Schulter und er hätte vor Schreck beinahe aufgeschrien. Er wirbelte herum und sah in rotbraune Augen, die ihn ernst anblickten. „Natori.“ „Hallo Tanuma. Ich habe mitbekommen, was du gesagt hast. Wer wird büßen und warum?“ „Nicht so wichtig.“ erwiderte der Schwarzhaarige eilig. Natori kam sehr nahe an ihn heran. „Ich glaube dir nicht. Du verschweigst etwas, oder? Was ist an jenem Abend wirklich passiert?“ Tanuma zögerte, ehe er den Kopf schüttelte. „Das kann ich dir nicht sagen. Tut mir leid, aber ich möchte nicht, dass du da mit reingezogen wirst.“ Seltsamerweise lächelte der Schauspieler. „Das wirst du mir jetzt vielleicht nicht glauben, aber ich bin schon groß. Vielleicht bin ich sogar erwachsen. Denk daran, dass du jederzeit mit mir reden kannst.“ „In Ordnung.“

Kurz zuckte Tanuma zusammen, als Natori die Hand ausstreckte und ihm die Tränen abwischte. „Auch wenn wir oft verschiedener Meinung waren: Ich hatte Natsume gern. Wenn jemand für das hier...“ Er deutete auf den Grabstein. „...verantwortlich ist, will ich helfen, die Person zur Rechenschaft zu ziehen.“ Tanuma nickte und Natori zog seine Hand zurück. „Also dann...bis bald.“ Damit drehte der Schwarzhaarige sich um und wollte den Friedhof verlassen. „Warte, Tanuma.“ Dieser wandte sich wieder Natori zu. „Was gibt es?“ „Es wird gleich regnen. Hast du dir einen Regenschirm mitgenommen?“ „Ist das so wichtig? Schließlich ist es nur Wasser.“ „Natürlich ist es wichtig. Oder willst du dich erkälten?“ „Und wenn schon...“ Der Schauspieler blinzelte überrascht, ehe er sehr ernst wurde. „Sag mir eines: Lebst du alleine?“ „Nein. Ich wohne bei meinem Vater im Yatsuhara-Tempel. Wieso?“ „Ich muss mit ihm reden.“ Der Exorzist griff in eine Tasche, die ihm über die Schulter hing und nahm einen Regenschirm heraus, den er aufspannte, bevor er Tanuma ein Lächeln schenkte.

„Komm, ich bringe dich nach Hause.“ „Nein, danke. Du bist immer noch ein sehr bekannter Schauspieler. Wenn du dabei bist, komme ich wahrscheinlich erst morgen nach Hause.“ „Wie gemein. Allerdings glaube ich nicht, dass du dir deswegen Sorgen machen musst. Bei diesem Wetter werden wohl kaum Leute unterwegs sein.“ Wie um seine Worte zu bestätigen, begann es heftig zu regnen. Automatisch stellte Tanuma sich unter den Schirm. Als er merkte, was er getan hatte, blickte er mürrisch zu Natori auf, dessen Lächeln eine Spur breiter geworden war. „Schon verstanden. Tu, was du nicht lassen kannst.“ Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. „Tanuma.“ „Hm?“ „Wie alt bist du eigentlich?“ „Fünfzehn.“ „Also mitten in der Pubertät. Jetzt verstehe ich, warum du dich zeitweise so stur verhältst.“ „Was soll das denn heißen?“ erwiderte der Schwarzhaarige gereizt. „Dass du noch jung bist und deswegen dazu neigst, unüberlegt zu handeln.“

Tanuma schwieg und ging schmollend neben dem Schauspieler her. Erst als sie vor dem Tempel standen, sagte er wieder etwas. „Warum willst du überhaupt mit meinem Vater sprechen?“ „Das werde ich dir später noch verraten.“ Ach, tatsächlich?“ meinte der Schwarzhaarige überrascht. „Tatsächlich.“ bestätigte Natori leicht lächelnd. Die beiden betraten das Gebäude und schon kam ihnen Tanumas Vater entgegen. Er wirkte müde, aber als er seinen Sohn erkannte, lächelte er herzlich. „Hallo, Tanuma. Wer ist dein Begleiter?“ „Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ begann der Exorzist. „Mein Name ist Natori Shuuichi. Ich würde gerne mit ihnen sprechen. Gibt es hier einen Raum, in dem wir alleine sein können?“ „Sicher. Wir können in das Wohnzimmer gehen. Tanuma, würdest du schon einmal mit dem Abendessen anfangen?“ „In Ordnung.“

Während der Schwarzhaarige in der Küche arbeitete, fragte er sich, über was Natori und sein Vater wohl sprachen. Ob der Schauspieler wohl über seine Vermutung redete, die er gegenüber Tanuma hatte? Er schüttelte entschieden den Kopf. Darüber nachzudenken würde ihn nicht weiterbringen. Außerdem hatte Natori ihm ja versprochen, es ihm zu erzählen. Davon ermutigt, vollendete er das Abendessen, füllte es in drei Schalen ab und stellte diese auf ein großes Tablett. Dann ging in Richtung Wohnzimmer und blieb an der Tür stehen, als er gedämpfte Stimmen hörte. Kurz verharrte er unschlüssig, ob er den beiden zuhören wollte, ließ es dann aber und klopfte. „Das Essen ist fertig.“ Die Stimmen verstummten und kurz darauf erschienen sein Vater und Natori vor ihm. „Danke, Tanuma. Sie bleiben doch zum Abendessen, Herr Shuuichi?“ „Ähm...“ begann dieser verlegen. „Keine Widerrede.“ schnitt der Tempelpriester ihm freundlich das Wort ab. „Nun, offenbar habe ich keine Wahl. Und wir wollten ja auch noch mit Tanuma über alles sprechen.“

„Worüber wollt ihr mit mir sprechen?“ erkundigte dieser sich misstrauisch. „Bitte setz dich. Wir sollten erst einmal etwas essen.“ Tanuma sah ein, dass Argumentieren nichts bringen würde und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Während des Essens herrschte Schweigen, nur von leisem Vogelgezwitscher draußen unterbrochen. Nach drei Bissen verließ den Schwarzhaarigen der Appetit und er legte seine Stäbchen auf die Schüssel. Sein Vater und Natori blickten kurz zu ihm, sagten aber nichts und beendeten ihre Mahlzeit. „Also, sagt ihr mir jetzt, was ihr besprochen habt?“ fragte Tanuma. „Nun, wie du weißt, wurde ich zu einer Versammlung eingeladen.“ begann sein Vater. „Ja, das weiß ich. Und?“ „Nun, ich habe vorgestern erst erfahren, wie lange ich fortbleiben werde.“ Kurz atmete der Tempelpriester durch. „Es sind insgesamt vier Wochen.“ „WAS? Aber...warum denn so lange?“ „Ich weiß es nicht. Allerdings kann ich die Reise nicht mehr absagen. Eigentlich hatte ich die Zusage von Shigure und Touko, dass du bei ihnen bleiben kannst. Aber...“ „Aber das war vor der Sache mit Natsume.“ brachte Tanuma den Satz zu Ende. „Richtig. Und nun hat Herr Shuuichi hier angeboten, dass du bei ihm bleiben kannst.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück