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Blutsband 1

von

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Kapitel 4 Katy

Ganz Gentleman hielt er mir die Tür seines mattschwarzen Mercedes auf. Meine Kleidung war völlig durchnässt und ich zitterte am ganzen Leib.

„Zieh deine Jacke aus.“ Hin und wieder bekam Jurij etwas sehr Dominantes in seiner Stimme, was seinen russischen Akzent noch verstärkte. Auf einer Seite war es wirklich erotisch ihn so reden zu hören, auf der anderen Seite veranlasste es mich, genau das Gegenteil zu tun. Dieses Mal tat ich was er sagte und zog meine kalte Lederjacke aus. Er legte sie auf den Rücksitz und betätigte ein paar Knöpfe an seinem Wagen. Sofort blies mir warme Luft entgegen und auch der Sitz unter mir begann sich aufzuheizen. Ich zog meine Beine eng an mich und konnte spüren, wie das Zittern langsam nachließ.

„Ist es besser?“ Ich nickte und lächelte in seine wunderschönen grauen Augen. Sein Blick veränderte sich sofort. Er hatte mir bereits gestanden, wie er über mich dachte, auch wenn es mehr aus einer Wut heraus entstanden war. Dieses Wissen ließ mein Herz schwer werden, denn auch ich musste mir eingestehen, das er mir mehr bedeutete als irgendein kurzer Bekannter. Irgendetwas an ihm ließ mich nicht los und sorgte dafür, dass ich alles über diesen Mann erfahren wollte. Er war das Interessanteste, was mir seit längerem begegnet war. Erneut strich seine Hand über meine Wange und führte eine Strähne meines störrischen Haares zurück hinter mein Ohr. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich wollte ihn, wollte seine Lippen auf meinen Spüren, aber das hätte unseren Abschied nur noch schwerer gemacht. Übermorgen würde die Reise von Zoe und mir bereits weitergehen.

Er ließ von mir ab und startete das Auto. Wir bogen auf eine der Schnellstraßen und fuhren ein kleines Stück.

„Wir fahren nicht zum Hotel zurück?“ Fragte ich überrascht.

„Nein oder möchtest du bereits wieder zurück?“ Sein Blick war auf die Straße gerichtet.

„Nein.“ Ich musste ihn mir einfach immer wieder ansehen. Sein kantiges Gesicht, das ihn älter aussehen ließ, der schattige Bart und seine schönen Lippen. Er war der wohl schönste Mann, dem ich je begegnet war. „Aber wo fahren wir dann hin?“ Sein Lächeln ließ mein Herz jedes Mal höherschlagen.

„Wir brauchen doch etwas Trockenes zum Anziehen.“

„Und wieso fahren wir dann nicht ins Hotel?“

„Weil ich dir etwas Neues kaufen möchte.“

„Gefällt dir mein Kleidungsstil etwa nicht?“

„Es ist egal, was du trägst, du wirst mir immer gefallen.“ In seiner Gegenwart wurde es zur Normalität, dass ich rot anlief. Er wusste genau, was eine Frau hören wollte.

„Gerade noch so gerettet Kovalewskij.“ Sein Lachen erfüllte das Auto und ließ mein Herz einen Schlag aussetzen.

Er bog bereits wieder ab, auf den Parkplatz eines kleineren Einkaufszentrums mit dem Namen „Galerie Aktjor“. Von außen sah es aus, wie ein altes Hotel doch sein inneres zeigte, das es sehr wohl zum Einkaufen geeignet war. Ein Geschäft reihte sich neben das andere. Ich überließ Jurij die Führung und lief neben ihm her. Wir hatten bereits ein paar Geschäfte besucht aber noch nichts gefunden, was uns überzeugte. Jurij machte nicht den Anschein, als würde er ebenfalls für sich suchen. Am Ende des langen Ganges erkannte ich ein sehr modisches Geschäft für junge Leute, ich zog Jurij hinter mir her und eilte direkt in die Männerabteilung. Seine Hochgezogene Augenbraue bestätigte, dass er nicht gerade begeistert darüber war. Ich reichte ihm verschiedene T-Shirts und Hemden und schickte ihn in die Umkleidekabinen. Nach dem dritten Outfit fing er an aufzutauen und präsentierte sich in verschiedenen Modelposen. Dieser Mann konnte einfach alles tragen. Vorbeilaufende Frauen und auch Männer warfen ihm beeindruckte Blicke zu, doch er hatte nur Augen für mich und schien die anderen nicht einmal zu bemerken. Der Vorhang öffnete sich erneut. Dieses Mal trug er eine graue, enge Hose mit einem weißen Shirt das einen leichten V-Ausschnitt besaß das seine Muskeln in Szene setzte. Darüber ein offenes, helles Jeanshemd, dessen Arme er hochgekrempelt hatte. In Kombination mit seinen dunklen Haaren, die ihm wirr ins Gesicht vielen sah er einfach umwerfend aus. Nicht mehr ganz so düster mit seinem sonst dunklen Kleidungsstil.

„Das ist es!“ Rief ich aus und zupfte an seinem Oberteil.

„Das? Bist du dir da sicher?“ Ich lächelte und wusste, dass ich damit gewinnen würde.

„Zu 100% sicher.“ Skeptisch beäugte er sich im Spiegel.

„Na ja, es ist etwas sehr Neues.“ Ich lachte und er strich mir über meinen Kopf. „Wenn es dir gefällt, behalte ich es an.“ Seine Hand legte sich an meine Wange und hob mein Gesicht ein wenig an. „Und jetzt suchen wir etwas für dich.“ Jurij behielt die Kleidung tatsächlich an und ließ die Preisschilder von einer Mitarbeiterin des Geschäftes abschneiden.

„Warte hier, ich suche dir etwas aus.“ Sein breites Grinsen brachte die kindliche Seite in ihm zum Vorschein. Ich setzte mich also auf einen der Sessel vor den Umkleiden und wartete auf seine Rückkehr. Mit was er wohl zurückkommen würde? Was würde einem Mann wie Jurij wohl an einer Frau am besten gefallen. Ich vertrieb mir die Zeit damit, auf Zoes Nachricht zu antworten. Es war ein Bild von ihr und Kirill vollbepackt mit Tüten. Jurij war bereits auf seinem Rückweg und hielt einen Stapel Kleidung auf seinen Armen. Er hang sie in eine der freien Kabinen und überließ mir das Feld. In der hell beleuchteten Kabine betrachtete ich erst einmal seine Ausbeute. Ein weinrotes Kleid mit langen Armen, eine schwarze Lederhose zusammen mit einem weißen Strickoberteil und ein grünkariertes Hemd zu einer zerrissenen dunklen Jeans. Nicht schlecht. Ich zog mich aus und stand in meiner Unterwäsche vor den vielen Spiegeln, jetzt hasste ich das helle Licht. Es ließ einen mehr als nur unvorteilhaft aussehen. Schnell zog ich das rote Kleid über den Kopf und zupfte es zurecht. Es war etwas kurz und ging mir bis zu der Mitte meiner Oberschenkel, ohne eine Strumpfhose würde sich das wohl nicht tragen lassen. Ich zog den Vorhang auf und grinste über die weit aufgerissenen Augen, die mich ansahen.

„Darin siehst du viel zu gut aus.“ Ich konnte sehen das er schluckte, während er jeden Zentimeter meines Körpers betrachtete. Ich zog mich in die Kabine zurück und probierte das nächste Outfit an. Es gestaltete sich schwieriger als gedacht in die schwarze, zerrissene Hose zu steigen. Immer wieder blieb ich in den Löchern hängen. Sie saß etwas locker auf meinen Hüften. Ich knöpfte die grüne Bluse zu und trat erneut heraus. Jurij schüttelte den Kopf, nun war das letzte Outfit an der Reihe. Die Lederhose lag hauteng an meinen Beinen und ließ meinen Po noch runder wirken. Das weiße, gehäkelte Oberteil fiel mir über eine Schulter. Ich strich mir meine Haare über die andere, bedeckte Schulter und trat ein letztes Mal aus der Kabine. Jurij staunte nicht schlecht, als ich mich vor ihm drehte und meine hintere Seite präsentierte. Spielerisch schlug ich mir selbst auf den Po. Er sagte nichts, nickte nur und stand auf. Mit seiner Hand an meiner Taille zog er mich zu sich heran und fuhr mit der anderen Hand meinen Hals entlang.

„Wie findest du es?“ Ich war ihm so nah, dass ich meine Hände auf seine Brust legen musste um ihn etwas von mir zudrücken.

„Ich versuche gerade meine Beherrschung nicht zu verlieren.“ Meine Wangen glühten auf. Eine ältere Dame räusperte sich hinter uns. Neben ihr stand ein kicherndes, junges Mädchen. Jurij ließ mich gehen und trat aus den Umkleiden, nur um kurze Zeit später mit einem Paar Ankle Boots wieder zu kommen. Ich zog sie an und betrachtete mich erneut im Spiegel, meine Beine erschienen endlos lang. Jurij schnappte sich meine Tasche und gab die restliche Kleidung an die Mitarbeiterinnen weiter, die bereits unsere Preisschilder abgeschnitten hatten. Er reichte mir seine Hand, die ich sofort ergriff und lief gemeinsam mit mir zu den Kassen.
 

Draußen schien bereits wieder die Sonne, sie hatte die Luft um uns herum etwas erwärmt. Zurück im Auto hörte ich das Surren meines Telefons. Zoe hatte mir erneut ein Bild geschickt diesmal mit einer Pizza und der Frage wollt ihr auch? Ich lächelte Jurij an und zeigte ihm das Foto.

„Hast du Hunger?“

„Hast du denn Hunger?“

„Eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten ist nicht besonders nett.“

„Ich würde lieber noch etwas Zeit mit dir alleine verbringen aber, wenn du mit deiner Freundin Pizza essen möchtest, ist das auch kein Problem für mich.“ Mein Lächeln wurde nur breiter.

„Und was wäre deine nächste Option für unser Date?“ Jetzt lachte auch er.

„Wie wäre es, wenn wir etwas Essen gehen?“

„Sehr einfallsreich, Kovalewskij.“ Er zwinkerte mir zu und fuhr los.

„Ich habe mich lediglich inspirieren lassen.“ Ich gab ihm einen kleinen Schlag auf den Oberarm, den er gar nicht gespürt hatte.

„Und darf ich raten? Du hast an einen Italiener gedacht?“

„Kannst du Gedanken lesen?“

„Gute Menschenkenntnis würde ich sagen.“

„Und was für ein Mensch bin ich?“ Die Unterhaltung hatte eine gewisse Ernsthaftigkeit bekommen.

„Hmm.“ Ich überlegte. „Ich denke, du bist ein sehr dominanter Mensch mit einem guten Herzen.“

Er ließ meine Antwort unkommentiert und schwieg. Ich mochte das Schweigen nicht, es hatte etwas Bedrohliches an sich, das mir eine Gänsehaut verursachte. Nervös rutschte ich auf meinem Sitz hin und her. Jurij sah zu mir herüber und legte eine Hand auf mein Bein.

„Wie alt bist du eigentlich?“ Begann ich schließlich ein neues Thema.

„Viel zu alt.“ Er lachte.

„Komm, jetzt sag schon.“

„25“

„Na siehst du, geht doch und so alt ist das doch nicht.“

„Was ist mit dir?“

„19“ Seine Lippen formten ein freches Grinsen.

„Also mache ich mich nicht strafbar.“ Ich versetzte ihm einen erneuten Schlag. Sanft drückte er mein Bein. „Und was machst du, sobald du wieder zurück zu Hause bist?“

„Ich werde nach England ziehen, um dort eine Ausbildung zu beginnen.“ Ein Stich durchfuhr mein Herz. Ich wollte nicht von ihm fort und doch wollte ich das Versprechen an meinen Großvater halten.

„Was ist das denn für eine Ausbildung?“

„Ich weiß es nicht.“ Überrascht sah er mich an.

„Du weißt es nicht?“

„Nein.“ Gab ich zu. Mein Großvater hat mir nie erzählt wobei es sich darum handelt, nur das er wollte, dass ich die Familientradition weiter führte. Selbst mein Vater hatte mir nie verraten, worum es dabei ging. Er schien nur nie begeistert davon zu sein und hatte mir gesagt, dass ich genau darüber nachdenken sollte. Die Ausbildung zu beginnen würde heißen, das ich meine Freunde und mein bisheriges Leben verlassen müsste. Der Gedanke alles zurückzulassen tat weh aber ich wollte meinen Großvater nicht enttäuschen. Er war immer ein wichtiger Teil meiner Familie, besonders nachdem meine Mutter verstorben war. Ich war noch sehr klein und hatte nicht verstanden wieso sie auf einmal nicht mehr da war. Jetzt hatte ich nur noch meinen Vater.

„Was ist los? Du siehst so traurig aus.“ Jurijs Finger strichen über meine Hand und verschränkten sich mit meinen Fingern.

„Ich weiß wie es sich anfühlt nur noch ein Familienmitglied zu haben.“ Mein Blick war auf unsere Hände gerichtet.

„Das tut mir sehr leid, Katherina.“ Überrascht sah ich zu ihm auf.

„Katherina?“ Mir fehlte der russische Akzent, um es genauso schön auszusprechen, wie Jurij es gerade getan hatte.

„Ich… ähm … es tut mir leid.“

„Nein, mir gefällt der Name.“ Jurij lächelte und strich mit seinem Daumen über meine Hand.
 

Wir betraten das Restaurant eines kleinen Italieners und staunten nicht schlecht als wir Zoe und Kirill an einem der Tische sahen. Als Kirill seinen Bruder erkannte, verschluckte er sich an seinem Getränk. Zoe, die sich schnell zu uns rumdrehte, sog scharf die Luft ein.

„Wusstest du, dass sie hier sind?“ Fragte ich an Jurij gerichtet.

„Ich hatte wirklich keine Ahnung. Lass uns ein anderes Lokal suchen.“ Er war gerade dabei sich wieder zum Gehen zu wenden, als ich ihn zurückzog.

„Sie haben uns schon gesehen, wir können jetzt nicht einfach gehen.“ Er seufzte und legte seinen Arm um meine Taille. Gemeinsam gingen wir auf die beiden zu. Sie starrten uns noch immer an, als könnten sie nicht glauben, wer da vor ihnen steht. Kirill grinste, während er den neuen Kleidungsstil seines Bruders betrachtete.

„Was ist denn mit dir passiert, Bruder?“ Zoe versetzte ihm einen Schlag auf den Arm.

„Mir gefällt es sehr gut und wow Katy! Du siehst aus wie eine Granate! So hast du unser Hotel aber nicht verlassen.“ Schüchtern strich ich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr.

„Wir waren einkaufen.“ Gestand ich.

„Wolltet ihr nicht eigentlich die Kultur bewundern?“

„Uns hat ein kleiner Regenschauer erwischt.“

„Und dann dachtet ihr euch, dass ihr ein komplett neues Styling braucht?“ Lachte Zoe.

„Katy hat die Sachen für mich ausgesucht.“ Brachte sich nun auch Jurij mit ein.

„Das habe ich mir fast gedacht.“ Kirill betrachtete seinen Bruder aufs Neue. „Schick und so… hell.“

„Kirill…“ drohte Jurij seinem Bruder.

„Was hast du nur mit meinem Bruder getan Katy.“ Erschrocken sah ich Kirill an.

„Ist es so schlimm?“ Jurij strich mich über den Rücken.

„Es ist alles in Ordnung. Mein Bruder hat auch beschlossen, jetzt zu schweigen, nicht wahr?“

„Ich habe nicht gesagt das es negativ ist, nur das ich dich so einfach nicht kenne.“

„Kirill!“ Jurij sah seinen Bruder eindringlich an. „Es reicht jetzt.“

Es herrschte eine bedrohliche Stimmung bis Zoe, als erste ihr Wort wiederfand.

„Setzt euch doch zu uns.“ Sie deutete auf die freien Plätze neben sich.

„Vielleicht sollten wir wieder gehen.“ Jurijs Akzent war wieder stärker geworden, er grollte die Worte in Richtung seines Bruders. Beschwichtigend legte ich meine Finger auf seine starke Brust.

„Nein, es ist alles in Ordnung. Lass uns etwas Essen.“

„Entschuldige mich, ich werde nach draußen gehen und eine rauchen.“ Ich nickte und sah ihm hinter her. Zoe klopfte auf den Stuhl neben sich. Ich nahm Platz und bestellte ein Nudelgericht mit Pilzen.

„Katy, was ich eben gesagt habe meinte ich in keinster Weise bösartig.“ Begann Kirill. „Du hast sehr großen Einfluss auf meinem Bruder und ich glaube, das er das nicht gerne von anderen hört.“

„Was meinst du mit großem Einfluss?“ Kirill beugte sich zu mir über den Tisch.

„Ich habe meinen Bruder noch nie etwas anderes als seine schwarzen Klamotten tragen sehen. Normalerweise meidet er auch die Öffentlichkeit und ist lieber für sich alleine.“

„Vergiss nicht die Blicke, die er ihr zuwirft.“ Ergänzte Zoe ihn und lächelte mich an.

„Das er sich überhaupt auf ein Gespräch mit einer Frau einlässt, ist schon ein wirkliches Wunder.“

Ich errötete und dachte über die letzten beiden Tage nach in denen ich ein kleines Bild von diesem tollen Mann bekommen konnte. Die Tür öffnete sich und Jurij trat durch sie hindurch. Sofort lag sein Blick wieder auf mir. Mein Herz machte einen Sprung.

„Hast du schon bestellt?“ Ich nickte. „Weißt du was du als Nächstes machen möchtest?“

„Wir könnten doch etwas zu viert unternehmen.“ Fragte Zoe vorsichtig.

„Nein.“ War die einzige Antwort, die sie von Jurij bekam.

„Jetzt sei doch bitte nicht mehr böse auf mich.“

„Du hast es zu weit getrieben Kirill.“ Seine Stimme hatte sich noch nicht ganz wieder beruhigt.

„Und dafür möchtest du jetzt unsere zwei schönen Begleiterinnen bestrafen?“ Der Gentleman in Jurij erwachte. Eindringlich sah er mir in die Augen, während seine Finger sich ihren Weg zwischen meine suchten.

„Was möchtest du?“ Mal wieder blieb es an mir zu entscheiden. Ich wollte noch mehr Zeit alleine mit diesem wunderbaren Mann verbringen, aber es war auch Zoe und mein letzter gemeinsamer Urlaub bevor wir uns für lange Zeit nicht mehr sehen würden. Ich sah zu meiner besten Freundin, die mich beschwichtigend anlächelte und mir damit sagte das jede Antwort für sie in Ordnung wäre.

„Ich würde noch gerne die Basilius Kathedrale näher betrachten.“ Antwortete ich leise.

„Also wieder zurück zum Roten Platz.“ Lachte Kirill.

„Aber erst nach dem essen.“ Setzte Zoe mit ein. Jurij sah mich noch immer an. Ich hatte das Gefühl ihn enttäuscht zu haben. Mein Essen kam und wurde mir von einem jungen Kellner serviert, der mir zuzwinkerte. Jurij legte einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich heran. Der Kellner verschwand und ließ uns alleine. Ich spürte Jurijs Atem an meinem Ohr.

„Hätte er dich weiter so angesehen, wäre ich aufgesprungen und hätte ihm den Hals umgedreht.“

„Jurij. Sag sowas bitte nicht.“ Er zog mich noch enger zu sich. „Ich kann so nicht essen.“

„Ich möchte dich aber noch nicht gehen lassen.“ Er vergrub sein Gesicht in meinem Haar.

„Ist es für dich okay, wenn die anderen mitkommen?“

„Ich würde es immer vorziehen mit dir alleine zu sein aber wenn es dein Wunsch ist füge ich mich.“

Er entließ mich aus seiner Umarmung und aß zusammen mit mir die riesige Portion Nudeln auf.
 

Die gemeinsame Zeit in seinem Auto war schnell vorüber, wir parkten die Autos und liefen den altbekannten Weg über den Roten Platz. Vorbei an der Tafel an der wir uns kennengelernt hatten. Jurij, der sein Jeanshemd gegen seine Lederjacke eingetauscht hatte, sah aus wie ein Model. Meine eigene hatte er mir über die Schultern gelegt. Zoe strahlte uns an.

„Ihr seht aus wie ein Starpärchen.“ Kirill gesellte sich zu ihr und legte ihr seinen Arm um die Schulter.

„Das liegt nur an seiner entzückenden Begleiterin.“ Mir stieg wie schon so oft die Röte ins Gesicht.

„Lasst mich schnell ein Foto von euch machen!“ Rief Zoe begeistert. Jurij zog mich an meiner Taille noch enger zu sich heran und lächelte. Nachdem Zoe mir das Bild gezeigt hatte, blieb mir der Mund offen stehen. Jurij sah nicht in die Kamera, sondern hatte seinen Blick auf mich gerichtet. Neben ihm sah ich umwerfend aus und hatte eine ganz andere Ausstrahlung. Ich fühlte mich sexy. Jurijs Hand suchte sich ihren Weg über meinen Rücken, während wir weiter über den großen Platz zur Basilius Kathedrale liefen. Von weitem erkannte man bereits die bunten Zwiebeltürme, die das Erkennungszeichen der Kirche waren. Sie sah von Nahen noch viel märchenhafter aus.

Die Menschen an denen wir vorbei kamen, warfen uns interessierte Blicke zu. Einige musterten uns von oben bis unten, andere flüsterten leise miteinander. Wir zogen mehr Aufmerksamkeit auf uns als die farbenfrohe Kathedrale vor uns. Ich warf Kirill die Kamera zu und zog meine beste Freundin mit mir, wir umarmten uns während Kirill ein paar Bilder von uns Schoss.

Die Kathedrale hatte nur noch für kurze Zeit geöffnet, also beeilten wir uns, um noch ihr Inneres sehen zu können. Von innen war sie genauso bunt wie von außen, neben den üblichen Bildern der heiligen Geistlichen sah man viele blaue und rote Verzierungen. Zoe staunte und fotografierte unauffällig in die große Kuppel. Ich schritt an den Wänden entlang und berührte sie vorsichtig mit meinen Fingerspitzen. Jurij hatte sich auf eine der Bänke gesetzt und verfolgte mich mit seinen grauen Augen.

„Ich könnte dir den ganzen Tag dabei zusehen, wie du vor mir her schreitest.“ Ich zwinkerte ihm zu und lief bewusst nah an ihm vorbei. Er packte mich und zog mich auf seinen Schoß.

„Das ist eine Kirche Jurij.“ Tadelte ich ihn und versuchte von ihm herunter zu klettern. Er hatte bereits wieder sein Gesicht in meinen Haaren vergraben.

„Die Sünde ist aber so viel interessanter.“ Mein Atem wurde schneller, als ich seine Lippen an meinem Hals spüren konnte. Die Sanftheit seiner Berührung ließ mich erzittern. Er war kein Junge mehr der seine Grenzen austestete, er war ein erfahrener Mann der wusste was den Frauen gefiel. Dennoch respektierte er mich und würde nicht zu weit gehen. Seine kräftigen, grauen Augen sahen in meine und ich verlor mich in ihnen. Dieser sinnliche Blick mit, dem er mich ansah, ließ mich verrückt werden.

„Красивая (Krasivaya)“ hauchte mir dieser atemberaubende Mann entgegen.

„Was bedeutet das?“ Langsam strich ich über seinen schattigen Bart. Er schloss die Augen und genoss meine Berührungen.

„Es bedeutet Schöne.“ Ich lächelte und gab ihm einen kleinen Kuss auf seine Wange.

„Du sorgst dafür das ich mich schön fühle.“ Sein Griff um mich wurde fester.

Hätte Kirill uns nicht mit seinem Räuspern unterbrochen, hätte ich alles mit diesem Mann getan. Jurij Kovalewskij schaltete meinen Verstand aus und sorgte dafür, dass meine Hormone mich steuerten. Ich bestand nur noch aus der Begierde für diesen Mann und das Feuer, das er in mir auslöste. Und ich war mir ziemlich sicher, dass ich mich an diesem Feuer verbrennen würde. Auf dieser Welt könnte es nur einen Menschen wie Jurij geben. Diese sanfte, beschützende Art die er mir entgegenbrachte in der ich mich, wie das Wichtigste dieser Welt fühlte. Seine kleinen, machtvollen Berührungen, die mich um den Verstand brachten. Ich fühlte mich, als würde mir das Herz nur bei dem Gedanken daran, ihn zu verlassen, in 1000 Teile zerspringen. Wenn es für jeden Menschen nur ein Gegenstück gäbe dann, wäre meines Jurij Kovalewskij.

Jurij ließ nicht von mir ab, auch als sein Bruder näher zu uns herantrat.

„Stör uns nicht, Kirill.“ Befahl er seinem Bruder.

„Ich sehe das ihr beschäftigt seid, aber die Kathedrale schließt in wenigen Minuten.“

„Dann bleiben wir eben die ganze Nacht hier.“ Ich drückte diesen wunderschönen Mann etwas von mir.

„Ich möchte die Nacht aber nicht in einer kalten Kirche verbringen.“

„Mach dir darüber keine Gedanken, meine Schöne. Ich werde mir etwas einfallen lassen, um dich warm zu halten.“ Er grinste frech, was es mir schwer machte ernst zu bleiben.

„Jurij. Lass mich los.“ Widerwillig löste er seine Arme von mir und ließ mich von ihm absteigen.

„Hinter jedem dominanten Mann steht eine noch dominantere Frau, nicht wahr Bruderherz?“ Ich rollte mit den Augen und eilte zu meiner besten Freundin, die das ganze Spektakel aus der Ferne beobachtet hatte. Sie grinste und harkte sich bei mir unter.

„Weigerst du dich immer noch, zuzugeben, dass er es dir angetan hat?“

„Nein.“ Ich seufzte. „Können wir nicht einfach für immer hierbleiben?“ Zoe lachte, gemeinsam verließen wir das Innenleben der Basilius Kathedrale.

„Das ist nicht die Katy, die ich kenne, aber sie gefällt mir.“ Ich stimmte in ihr Lachen ein.

Draußen dämmerte es bereits, die Zeit war schnell vergangen.

„Ich habe herausgefunden, das unser Hotel eine Sauna hat, na Lust?“ Sanft stieß sie mich zur Seite. „Sofern du dich von deinem Göttergatten trennen kannst.“

„Er ist nicht mein Göttergatte…“

„Natüürlich.“ Wir liefen ein paar Schritte. „Und was sagst du zu meiner Idee?“

„Klar, warum nicht.

Unsere beiden Männer schlossen zu uns auf, während wir zurück zu den Autos liefen.



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