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Niños de la noche

von

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1. Kapitel

„Ich wusste doch, dass wir uns wieder sehen würden.“

Obwohl Camille genau genommen kleiner war als Simon, schaffte sie es, auf ihn herab zu sehen, wie eine Katze auf eine Maus, während sie mit langen, eleganten Schritten auf ihn zu kam.

„Schon sehr . . . sehr . . . bald.“

Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Grinsen und die Geräusche ihrer Absätze auf dem Asphaltboden hallten laut auf der Straße wieder.

„Was . . . willst du von mir?“ Er bemühte sich, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, was ihm mehr schlecht als recht gelang.

Die raubtierhaften Augen fixierend auf ihn gerichtet kam sie direkt auf ihn zu und Simon wich stolpernd einen Schritt zurück. Scheiße, weg zu laufen würde ihm hier überhaupt nichts bringen.

Bis vor wenigen Minuten hatte er die Abkürzung, die durch einige abgelegene Straßen auf schnellerem Weg zurück zum Hotel Dumort führte, noch für eine fabelhafte Idee gehalten. Auch wenn er noch ausreichend Zeit gehabt hatte, machte ihn der Gedanke an den nahenden Sonnenaufgang nervös.

Jetzt bereuhte er es, sich mitten in der Nacht allein hier draußen herum zu treiben. Welch Ironie, kam es ihm in den Sinn. Ein Vampir, der sich alleine draußen im Dunklen fürchtete? Er gab wirklich eine Witzfigur ab. Kein Wunder, dass er bisher keinen Anschluss fand und der Clan ihn auf die selbe herablassende Art ansah, mit der ihn zuvor die Schattenjäger als Mundi bezeichnet hatten.
 

Camille streckte ihren bleichen Arm aus und stieß mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. Ihr langer, blutrot lackierter Fingernagel bohrte sich unangenehm durch den dünnen Stoff des T-Shirts hindurch.

„Was ich mit dir vorhabe? Sag, hast du unser letztes Treffen etwa nicht vermisst?“

Panik machte sich in dem jungen New Yorker breit. Ihm war klar, dass sie ihm vermutlich mit einer einzigen Bewegung die Kehle aufschllitzen konnte. Obwohl . . . würde ihn das überhaupt umbringen? Vermutlich nicht. Was ihn jedoch nicht im Geringsten daran zweifeln ließ, dass sie ihn in wenigen Sekunden töten könnte. Wobei er genau genommen ja schon tot war.
 

Sie blickte ihn noch immer mit diesem bittersüßen Lächeln an, sodass ihm ganz schlecht wurde. Dann ging plötzlich alles sehr schnell.

Mit einem Fauchen stürzte sie sich auf ihn, stieß einen Dolch auf sein untotes Herz zu – welcher im nächsten Augenblick klirrend zu Boden fiel.

Gleich neben der silbrig schimmernden Klinge landete Simon auf der Straße. Reflexartig griff er danach und hielt das Messer abwehrend von sich gestreckt, drohend in Richtung der dunklen Gestalt vor ihm. Als diese sich zu ihm herunter beugte, verfehlte er nur knapp, was seinem Gegenüber einen erschreckten Laut entlockte.

„Woha, Idiota! Pass doch auf, fuchtel nicht so damit in der Gegend herum.“

Einen Augenblick konnte Simon ihn nur anstarren. Sein Gehirn ratterte auf Hochtouren, wärend er versuchte die Geschehnisse der letzten Sekunden zu erfassen und zu verstehen.
 

Camilles toter Körper – also toter als tot – lag zusammengesackt etwa zwei Meter neben ihm. Blut verschmierte ihr hübsches Kleid und fassungslose, leere Augen starrten ihn unbewegt an. Gerade, als er sich von diesem gruseligen Anblick losreißen wollte, zerfielen die Überreste der Vampirin vor seinen Augen zu Staub.

Vor ihm, gerade so außerhalb der Reichweite seiner bewaffneten Hand, hockte Raphael auf dem Boden.
 

„Du hast sie umgebracht . . .“, hörte Simon sich sagen.

„Sie war schon tot.“, erwiderte der Vampir trocken.

„Ja schon“, entgegnete Simon und rappelte sich auf. Seine Beine fühlten sich noch immer an wie Wackelpudding. „Aber ich meine . . . Du hast sie wirklich umgebracht.“

Er konnte seine Verblüffung nicht verbergen und er fragte sich, ob das irgendwelche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Falls es so etwas wie ein Handbuch als Einführung in das Vampirdasein gab, sollte er es dringend einmal lesen.
 

„Alles okay bei dir?“, riss Raphael in aus seinen Gedanken.

„Ja . . . Ja, denke schon.“ Simon rappelte sich auf und sah den Schattenweltler an.

„Gut. Fuck . . .“, presste dieser zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, fasste sich an die Schulter und Blut lief über seine Hand.

Erschrocken eilte Simon zu ihm und kniete sich vor ihm hin. „Du blutest.“

„Echt? En siero? Wäre mir nicht aufgefallen.“, zischte Raphael mit ironischem Unterton. „Lass das!“, fauchte er ihn an, als Simon nach seiner Hand griff und sie von der Stichwunde nehmen wollte. Er stand er auf und entzog sich dem jüngeren.
 

„Es geht schon.“

Seine Worte waren jetzt weicher und weniger bissig. Viel mehr klang er erschöpft und resigniert aufgrund dessen, was gerade vorgefallen war.

Camille war tot.
 

„Wir sollten zurück zum Hotel.“, sagte Raphael schließlich. „Die Sonne geht bald auf.“
 

Als sie wieder im Dumort waren, folgte Simon dem anderen Vampir die Stufen hinauf und bis zu seinem Zimmer – dem einzigen, abgesehen von seinem eigenen, vom dem er mitlerweile ganz genau wusste, wem es gehörte.
 

„Was ist?“, drehte Raphael sich um und sah den Jungen fragend an, der ihm wie ein schwanzwedelnder Golden Retriever gefolgt war und ihn nun treudoof ansah.
 

„Das sollte verbunden werden.“, erklärte der Golden Retriever und Raphael seufzte ergeben. Er war müde und hatte einfach keine Lust mehr zu diskutieren. Er stieß die Zimmertür auf und ging, gefolgt von Simon, in einen kleinen seperaten Raum, der sich als Badezimmer entpuppte.
 

Vorsichtig zog er sich das Shirt über den Kopf und ließ es zu Boden fallen. Dann öffnete er den Spiegelschrank über dem Waschbecken und holte Verbandszeug heraus.

„Setz dich mal hin.“ Simon, der beim Anblick der Verletzung das Gesicht verzog, drückte ihn nach hinten auf den Toilettendeckel und der Vampir ergab sich seinem Schicksal. Er hatte wirklich schon genug Stress für eine Nacht gehabt.

Allein den dummen Irdischen ausfindig zu machen, war schwer genug gewesen. Er hatte von Anfang an kein gutes Gefühl dabei gehabt, ihn alleine losziehen zu lassen. Aber der Junge hatte ja unbedingt darauf bestehen müssen, seine beste Freundin zu besuchen.

Es war nun wirklich nicht so, dass er ihn aus Spaß hier im Hotel einsperrte. Viel mehr galt es seiner eigenen Sicherheit.
 

Erschrocken zuckte er zusammen und zog scharf die Luft ein, als Simon, der mitlerweile neben ihm auf dem Rand der Badewanne hockte, mit einem Tuch über die Wunde tupfte und das Desinfikationsmittel sich in sein Fleisch brannte.

„’Tschuldigung.“, murmelte er, ließ sich jedoch nicht von seinem Vorhaben abbringen. Er griff nach einer Mullbinde und wickelte sie sorgfältig um Raphaels Oberarm.
 

„Gracias.“ Vorsichtig bewegte Raphael seinen Arm. Die Verletzung würde sehr bald wieder geheilt sein. Der große Vorteil seines Vampirdarseins.

Er stand auf und ging zurück zum Schlafzimmer.

„Ich werd ins Bett gehen.“

Simon sah ihm nach und ihm fiel auf, wie der matte Schein des Badezimmerlichts sich an den scharfen Konturen seines Rückens brach. Der Vampir war nicht besonders groß, zierlicher als die Schattenjäger, aber dennoch deutlich durchtrainiert. Einen Augenblick starrte er ihn an und eine Spur von Neid machte sich in ihm breit.

Dann machte er sich auf den Weg in sein eigenes Zimmer.

„Okay . . . Schlaf gut.“

Er drehte sich noch einmal um. „Und ähm, danke. Für alles.“

Raphael blieb stehen und sah ihm in die Augen.

„Warum wollte sie mich töten?“, fragte Simon den Hispanoamerikaner. Dieser zuckte mit dem Schultern und warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass man nicht alles so genau hinterfragen sollte.

„Sie hatte schon immer ein bösartiges Wesen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yanthara
2016-05-17T22:28:52+00:00 18.05.2016 00:28
Klingt schon mal klasse der Anfang!
Ich bin echt gespannt wie es weiter geht. Ich finde auch klasse wie du das umsetzt und ch mag deinen Schreibstil (ganz überraschend XD)
Antwort von:  Kanji
19.05.2016 22:37
Ich stimm Alex zu *-* Ich bin auch gespannt wie es weitergeht und will mehr! XD dein Schreibstil ist Zucker süß <3


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