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Magnetismus

von

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Family Business

Vorwort:

Entschuldigt! Dieses Kapitel ist endlos lang und auch ein bisschen gefühlsduselig geworden. Hoffentlich macht es euch trotzdem ein bisschen Freude.

Und wer ist mein Held oder meine Heldin und findet das wunderbare Serienzitat, dass ich hier versteckt habe? ;-)
 

Liebe Grüße,

Ginger
 

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„Was, wenn sie mich zur Ballkönigin nominieren und mir dann bei der Krönung einen Eimer Schweineblut über den Kopf gießen?“ murmelte Stiles in Dereks Achselhöhle.
 

Loba war heute bei Peter, um mit ihm Großonkel-Qualitätszeit zu verbringen; erst große Mengen Fast-Food und dann ein Animationsfilm. Stiles hatte geglaubt, er höre nicht richtig, als Dereks Onkel das vorgeschlagen hatte.

Das war auch der Grund, aus welchem Derek und Stiles an einem ganz gewöhnlichen Mittwochabend Zeit für süße, ungezogene Exzesse gehabt hatten und nun lagen sie postorgasmisch beieinander.
 

Derek bemühte sich, Stiles zu folgen und erwiderte verwirrt:

„Ballkönigin? Du bist ein Kerl, Süßer! Ich habe mich gerade erst wieder Höchstselbst davon überzeugen können:

„Weiß ich selbst!“ grummelte Stiles: „Aber was, wenn du und ich auf diesem Ball auftauchen und dann endgültig alle mitkriegen, dass wir...ich meine dass ich...also was ich bin!

Was wenn sie mich dann zur Ballkönigin nominieren, um mich zu verspotten?

Und was, wenn ich dann, um Größe zu zeigen so tue, als mache es mir gar nichts aus?

Und was, wenn ich dann für die Krönung auf diese Bühne steige, um schließlich von oben eine Dusche aus Schweineblut zu erhalten?“
 

„Ernsthaft, Stiles? Darüber denkst du jetzt nach?“knurrte Derek beleidigt: „Ich meine, wir haben doch gerade...also, das war doch schön, oder nicht? Und nun denkst an SCHWEINEBLUT?“

„Nein, ich denke an den Abschlussball und wie es da wohl wird. Und dann musste ich an diesen Film denken!“ rechtfertigte sich Stiles: „Diesen Horrorfilmklassiker `Carrie´.“
 

Derek holte erst mal tief Luft und betete still um Geduld und Einsicht in die Psyche eines Achtzehnjährigen, der an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt stand; dem bevorstehenden Schulabschluss, damit verbunden dem Abschied von einigen seiner Freunde und natürlich nicht zuletzt die unerwartete Elternschaft. Er setzte sich also im Bett auf, versuchte sich an so etwas wie einem Lächeln, verwarf die Idee jedoch wieder, blickte dann auf Stiles hinab und erwiderte ruhig:

„Dein Abschlussball ist doch erst in einigen Wochen? Warum regst du dich jetzt schon auf?Aber wenn du nicht da hinwillst, gehen wir eben nicht. Und wenn du dich wegen uns beiden schämst und lieber allein mit deinen Freunden gehen willst, oder mit eine Mädchen, dann tust du das, in Ordnung Süßer?“
 

„Ich...waa…?“ stammelte Stiles: „Du denkst, ICH würde mich wegen DIR schämen! Bist du irre? Ich wache morgens auf, blicke zu dir herüber und denke `Verdammt! Das ist ja Derek Hale, der da bei mir liegt! Und er gibt sich mit MIR ab?´ Wie könnte ich mich für DICH schämen? Im Gegenteil; ich bin wahnsinnig stolz, dein Freund zu sein. Und glücklich!

Ich bin glücklich und stolz!“
 

Derek schüttelte schmunzelnd den Kopf:

„Ich bin auch glücklich und stolz, dein Liebhaber zu sein!“
 

Stiles blickte ihn an; skeptisch, misstrauisch, so, als habe er sich verhört. Vorsorglich schaute er nochmal hinter sich, um sich zu vergewissern, ob da nicht noch jemand anders läge, mit dem Derek gesprochen haben könnte, was diesem ein nachsichtiges Lachen entlockte:

„Ja, ich rede mit dir, du kleiner Spinner!“ Derek, brachte sich über Stiles und raunte: „Ich bin verrückt nach dir! Weißt du das denn immer noch nicht?“
 

Stiles machte Kulleraugen und schüttelte den Kopf.
 

„Willst du, dass ich es dir noch einmal beweise?“
 

Ein freches kleines Grinsen kräuselte Stiles Lippen.
 

Er nickte!
 

Es fühlte sich eigenartig an, wie Lobas kleine, knochige Hand so vertrauensvoll in der von Peter lag. Er blickte hinab auf das Mädchen und schaute sich dann ein wenig nervös nach den Leuten im Einkaufszentrum um, wo sich das Kino befand. Irgendwie hatte Peter die wahnwitzige Idee, irgendwer könnte ihn jede Minute fragen, was er denn mit dem Kind vorhabe und ob er wohl einer von diesen ein kranken Mistkerlen sei, die kleine Mädchen entführten, doch niemand achtete auch nur im Geringsten auf die beiden und Loba wirkte völlig entspannt.

Oder zumindest so entspannt, wie es dem traumatisierten, kleinen Mädchen eben möglich war:

„Hungrig!“ verkündete sie nun.

Peter nickte:

„Ich weiß, kleine Maus! Wir gehen jetzt los und füllen dein Bäuchlein mit Burgern und Pommes! Was hältst du davon?“
 

Loba legte den Kopf schief, denn sie hatte offensichtlich keine Ahnung, wovon Peter sprach, doch diese Wissenslücke würde sich nun schließen.

Sie betraten die Filiale einer großen Burgerkette und als Peter an der Reihe war, dachte er kurze Zeit über eine Juniortüte für seine Begleiterin nach, doch dann betrachtete er das magere, kleine Ding genauer und bestimmte:

„Fünf Hamburger, fünf Cheeseburger, zweimal große Pommes und Cola bitte.“
 

Es sollte sich schnell zeigen, dass diese Bestellung keineswegs übertrieben war.

Im Gegenteil!

Peter musste sich sogar ein bisschen ranhalten, um überhaupt etwas abzubekommen. Das Mädchen schien die Mahlzeit geradezu einzuatmen und ihre Augen leuchtete beim Essen, also spendierte Peter auch noch ein Eis hinterher.

Im Kino erhielt Loba dann sogar noch eine Badewanne voll Popcorn. Butter, Zucker und Mais verströmten einen verführerischen Duft und Loba schnupperte begeistert. Dann sah es mit einem Mal aus, als wolle sie regelrecht in das gepuffte Getreide hinein krabbeln und Peter musste lachen:

„Na komm´ Süße! Das Beste kommt erst noch.“ Versprach er.

Sie betraten den Kinosaal und suchten sich gute Plätze.
 

Es ging in dem Film offenbar um einen Fisch mit Alzheimer, auch wenn Peter von der Handlung selbst nicht viel mitbekam. Das war jedoch auch nicht weiter schlimm, denn das eigentlich Sehenswerte spielte sich ohnehin auf dem Sitz neben ihm ab. Loba gluckste vor Vergnügen, rupfte zwischendurch aufgeregt an Peters T-Shirt, wenn sie etwas besonders begeisterte und rief immer wieder Peters Namen, um sicherzugehen, dass dieser auch ja mitbekam, wie großartig das Ganze war:

„Ja, ich weiß Prinzessin!“ bestätigte er dann jedes Mal.
 

Peter betrachtete das Mädchen neben sich nachdenklich und fragte sich, wie es möglich war, dass ein Kind mit ihrer Geschichte ein derart freundliches, friedfertiges Wesen besitzen konnte. Eigentlich sollte sie doch mit einer Stinkwut herumlaufen und den Wunsch verspüren, jedes lebende Wesen in Fetzen zu reißen.
 

So wie es ihm zuzeiten in seinem Leben ergangen war.

So wie er sich heute noch manchmal fühlte.
 

Er legte unbeholfen den Arm um die Kleine.
 

Vielleicht in der Hoffnung, dass etwas von dem, was sie war auch auf ihn abfärben möge?
 

Als der Film vorüber und der Zentner Popcorn verputzt waren, wollte Peter von Loba wissen:

„Hungrig!“

Und er war beinahe überrascht, dass Loba den Kopf schüttelte. Die kleine Raupe Nimmersatt war also endlich einmal vollständig zufrieden.

„Müde?“ Wollte er also von dem Mädchen wissen.

Loba nickte und rieb zur Bestätigung ihr Gesicht an Peters Seite, welchen die unerwartete Annäherung in Schockstarre verfallen ließ.
 

Er hatte diese ganze Daddy-Sache wirklich noch nicht ganz raus. Bei Malia hatte er nicht die Gelegenheit dazu gehabt und nun hatten Stiles und Derek ihm tatsächlich heute dieses zarte, zerbrechlich kleine Ding als Übungsobjekt überlassen.

Was, wenn er etwas falsch machte?

Was, wenn er ihr wehtat?
 

Peter seufzte, nahm Lobas Hand in seine und sie kehrten zum Auto zurück, wo er sich dreimal versicherte, dass ihr Gurt auch wirklich fest war.

Zurück im Loft richtete Peter für Loba das Sofa her. Er hatte einen riesigen, albernen, rosafarbenen Teddybären besorgt, von dem er Derek und Stiles natürlich nichts erzählen würde, von dem er sich aber erhoffte, dass er Loba dabei helfen würde, sich in seinem zugigen, für Kinder absolut ungeeigneten Zuhause ein wenig behaglich zu fühlen.

Das Mädchen strahlte, als sie das Ungetüm erblickte und schmiegte sich an den weichen Plüsch.
 

Peter war gerade dabei wegzudämmern, als er das Patschen nackter Füßchen auf Steinfußboden hörte, welches am Fußende seines Bettes endete.

Als er sich erhob, sah er dort Loba abwartend stehen; das Kuscheltier im Gebäck.
 

Peter seufzte.

Dann hob er sein Decke an und Loba kroch zu ihm, schmiegte sich in seine Armbeuge und legte ihm einen Arm um die breite Brust.

Das letzte Mal, dass Peter so mit einem Kind gekuschelt hatte, war vor sehr langer Zeit gewesen. Damals, als es noch ein großes, gemütliches Haus voll mit Familie gegeben hatte, mit Nichten, Neffen, Geschwistern, Cousins und Cousinen.

Plötzlich hatte Peter das Bedürfnis, Loba ganz fest zu halten, nur um sicher zu gehen.
 

Er fragte sich kurz, wie es seinem Neffen wohl ging, seitdem die Kleine bei ihm war, denn schließlich war auch er Überlebender.
 

„Denkst du etwa immer noch über den verflixten Abschlussball nach?“ knurrte Derek ärgerlich in die Dunkelheit hinein, nachdem er Stiles eine halbe Stunde lang dabei zugehört hatte, wie dieser sich schlaflos von einer Seite auf die andere geworfen hatte:

„Entschuldige!“ murmelte Stiles zerknirscht: „Ich dachte, du schläfst schon. Ich wollte dich nicht wach halten.“

Derek seufzte. Er hatte natürlich mittlerweile mitbekommen, dass ein gesunder Nachtschlaf für seinen Freund leider keine Selbstverständlichkeit war.

Er knipste die Nachttischlampe an, zog Stiles zu sich heran und fragte, diesmal sanfter:

„Was geht da wieder in deinem Kopf vor, hmm? Wieso schläfst du denn nicht, Süßer?“

Stiles schluckte:

„Ich habe Angst vor dem Termin übermorgen! Was, wenn sie uns Loba wegnehmen?“

„Das sollen sie ruhig versuchen. Dann jage ich ihnen eine ganze Armee von Anwälten auf den Hals!“ erklärte Derek entschlossen und fügte hinzu: „Aber ich glaube daran, dass alles gut gehen wird, Stiles. Die Leute von den Social-Services werden sehen, dass Loba es gut bei uns hat und dann lassen sie sie hier bleiben; ganz offiziell und mit staatlicher Zustimmung! Dann sind wir eine von diesen Regenbogenfamilien aus den Talkshows und leben glücklich bis an Ende unserer Tage. Oder zumindest, bis unser Mädchen in die Pubertät kommt, uns an allem die Schuld gibt und uns hasst.“
 

Stiles Mund stand eine Weile offen. Entdeckte Derek da gerade ihm zuliebe die Kunst des positiven Denkens? Was war das hier? Eine Alternative Realität etwa, in der die Flüsse aufwärts flossen und Grummelwölfe plötzlich anfingen, ausgelassen singend über Blumenwiesen zu hoppeln?
 

Stiles küsste seinen Freund und grinste:

„O.K., wir kriegen also unser Happy End, richtig? Dann brauchen wir aber einen Plan!“

Und dann fing Stiles an, zu beschreiben, was ihm vorschwebte.
 

Am nächsten Tag stürzte sich Stiles nach der Schule mit Derek gemeinsam in die Vorbereitungen. Erst gingen sie zusammen mit Loba einkaufen. Zwar gab es in Dereks Apartment mittlerweile ein improvisiertes Kinderzimmer; ein Bett, einen Kleiderschrank, ein Regal für ihre Spielsachen und ein Nachttischchen, doch Stiles befand, dass dem Raum `Wärme´ fehlen würde, was immer das heißen mochte.

Und nun stand Stiles im Baumarkt und betrachtete mit versonnenem Blick Wandtattoos, bis Derek mit zweifelnd zusammengezogenen Augenbrauen fragte:

„Im Ernst Mann? Feen, Einhörner und Prinzessinnen? Das ist ja zum Fürchten!“

Doch dann schaute Stiles ihn auf diese spezielle Art an; unschuldig, von unten her, wie Bambi, wenn sie in die Gewehrläufe der Jäger blickte.“

Derek gab ein kleines resigniertes Knurren von sich:

„Du weißt, dass das nicht fair ist Kleiner, oder? Dass ich zu allem `Ja´ sagen würde, wenn du so guckst?“

Stiles grinste, entschuldigte sich mit einem Kuss und legte die rosafarbene Abscheulichkeit Loba zur Beurteilung vor.

Ihr Strahlen gab schließlich den Ausschlag und die visuelle Beleidigung wurde im Einkaufswagen verstaut, zusammen mit ein paar Bildern, die ebenfalls dazu angetan waren, die Wände von Lobas Zimmer freundlicher zu gestalten.
 

Dann bestand Stiles darauf, dass Loba einen Schreibtisch brauchen würde. Derek blickte ihn fragend an:

„Na ja, irgendwann wird sie in die Schule kommen!“ erklärte Stiles.

Derek runzelte die Stirn:

„Baby, sie kann noch nicht einmal richtig sprechen und du denkst schon über Hausaufgaben nach?“

Stiles nickte eifrig:

„Das wird kommen!“ versicherte er: „Früher, als du denkst! Sie ist intelligent. Ich werde sie unterrichten!“ Er legte einen Arm um Loba und sagte zu ihr: „Stimmt´s nicht, Spätzchen? Wir schaffen das, oder?“

Loba, die natürlich keine Ahnung hatte, wovon die Rede war, fand es dennoch schön, dass Stiles mit ihr kuschelte, schlang die Arme ihrerseits um ihn und versicherte:

„Ja Daddy!“

„Hörst du?“ rief Stiles begeistert: „Unsere Tochter ist meiner Meinung.“

Und so wurde auch noch ein Schreibtisch mit allem Zubehör angeschafft.
 

Zuhause machten sich die drei zunächst an die Einrichtungsarbeiten im Kinderzimmer, doch damit war für Stiles die Arbeit noch lange nicht getan. Im Anschluß begann er, Dereks Apartment zu putzen und spannte hierfür auch eine erstaunte Loba und einen unwilligen Derek ein. Letzterer betrachtete griesgrämig den Stubsauger, der ihm an die Hand gegeben wurde und kommentierte:

„Ich habe geglaubt, du wüsstest gar nicht, wozu dieses Ding gut ist. Wozu habe ich eine Reinigungskraft, hmm? Bei mir ist es doch immer sauber!“

Stiles antwortete ihm nicht, hatte ihm höchstwahrscheinlich nicht einmal zugehört und war längst mit etwas anderem beschäftigt, nämlich damit, saubere Fenster zu putzen.
 

Zwei Stunden lang putzte, wienerte und schrubbte Stiles alles, was er erreichen konnte und Derek half ihm artig, doch als sein Freund dann auch noch anfing, Möbel abzurücken, um auch darunter sauber zu machen, trat Derek offen in einen Streik:

„Also wirklich Stiles! Diese Jugendamtleute werden nicht den Kühlschrank abziehen, um zu sehen ob darunter Krümel liegen. Du musst dich jetzt bitte endlich wieder entspannen, in Ordnung?“
 

Als Stiles von seiner Arbeit aufschaute, konnte Derek die Panikattacke in seinem Blick erkennen, die gerade anrollte:

„Shht!“ machte Derek und zog ihn in seine Arme: „Alles wird gut werden! Diese Leute sollen froh sein, dass es Leute wie uns gibt, die Loba liebhaben und sie aufnehmen wollen. Bitte Stiles, hab´ein bisschen Vertrauen!“
 

Stiles war klar, dass etwas grundlegend falsch lief, wenn ausgerechnet Derek Hale ihm Vertrauen predigte!
 

Nun stieß auch noch Loba zu ihnen und blickte Stiles sorgenvoll an. Es war also höchste Zeit, sich ein wenig zusammenzureißen:

„Ist schon wieder gut, mein Schatz!“ versicherte er: „Es wird Zeit, dass du ins Bettchen kommst!“
 

Sie gingen also gemeinsam zum Zähne putzen ins Bad und das klappte mittlerweile auch schon recht gut. Stiles hatte es geschafft, dass das Mädchen sich nun nicht mehr jedes Mal in einen bösen, kleinen Werwolf verwandelte, während sie das taten. Sie biss nicht mehr auf der Zahnbürste herum, oder leckte die Kinderzahnpasta mit Erdbeergeschmack herunter, sondern hielt einfach still und ließ Stiles machen.
 

Später zog Stiles Loba seinen alten Star-Wars-Pyjama über, der mittlerweile in den Besitz seiner Ziehtochter übergegangen war und dann legten sich Derek und er für einen Moment mit ihr ins Bett. Sie lasen ihr aus einem Bilderbuch vor und blieben bei ihr und kraulten sie, bis sie eingeschlafen war. Auf diese Weise zu Bett gebracht, klappte es in manchen Nächten sogar, dass sie bis zum Morgen hier blieb und nicht irgendwann im Laufe der Nacht zu Stiles und Derek gekrochen kam.
 

Dennoch machte Derek sich auf eine weitere schlaflose Nacht gefasst, denn natürlich war ihm klar, dass Stiles noch immer nervös war beim Gedanken an den morgigen Tag:

„Vielleicht sollte ich das College sausen lassen und mir lieber gleich einen Job suchen.“ murmelte er tatsächlich irgendwann in die Dunkelheit hinein:

„WAS?“ fragte Derek entsetzt: „Wie kommst du denn auf diesen absolut blödsinnigen Gedanken?“

„Na ja, ich sollte Geld verdienen.“ gab Stiles zurück: „Immer kaufst du alles für Loba. Das ist nicht fair! Ich sollte etwas beisteuern!“

„Du spinnst doch! Du kannst anfangen, Rechnungen zu bezahlen, wenn du erst einmal Arzt oder Anwalt bist. Ich werde bestimmt nicht zulassen, dass du in irgendeiner Burgerbude für einen Hungerlohn arbeitest! Du tust so vieles für Loba, was ich ich nicht kann. Du verstehst, was sie braucht. Alles was sie bis jetzt bereits gelernt hat, kann sie nur wegen dir. Ohne dich wäre ich mit ihr völlig aufgeschmissen. Was macht es da schon, wenn ich die Rechnungen bezahle?“

„Aber du wolltest sie doch erst gar nicht haben. Ich habe dich ja quasi in diese ganze Sache hineingedrängt.“ gab Stiles zurück: „Und damit ist Loba ja wohl auch allein meine Verantwortung.“

„Ich war ein Idiot und ich habe mich geirrt, O.K!“ erwiderte Derek aufrichtig: „Loba gehört zu uns und mittlerweile habe ich die kleine Maus genauso lieb wie du, Stiles. Darum wird sie auch bei uns bleiben! Und das ist genau das, was wir den Social-Services-Leuten klarmachen müssen.“
 

Etwa eine Stunde später, Derek hatte eigentlich schon die Hoffnung gehabt, Stiles sei nun endlich eingeschlafen, ließ dieser ihn zusammenzucken, indem er völlig unvermittelt feststellte:

„Wir müssen das Zeug aus dem Nachtisch wegschließen!“

Derek seufzte und zählte innerlich langsam bis zehn:

„Welches Problem sollte das Jungendamt mit Kondomen und Gleitgel haben?“

„WIR HABEN EIN KIND IM HAUS!“ erwiderte Stiles heftig:

„Das haben andere Eltern auch.“ erwiderte Derek mit einem kleinen Lächeln: „Und falls dein Dad das bei deiner Sexualerziehung vergessen haben sollte zu erwähnen: Die Tatsache, dass sie Sex haben ist bei vielen Leuten sogar schuld daran, dass sie überhaupt Eltern geworden sind! Das ist kein Verbrechen, weißt du?“

„Ich will diesen Leuten doch bloß keinen Grund liefern, dass sie uns Loba wegnehmen!“

Derek nickte:

„Weiß ich doch, Süßer, aber wir werden uns auch nicht verstecken! Wir sind zwei Kerle und wir lieben uns; und manchmal eben auch körperlich, Basta! Daran ist nicht falsch und es ist nichts, was Loba einen Schaden zufügen kann. Wir tun es doch nicht vor ihren Augen! Und könntest du mir jetzt bitte einen Gefallen tun und noch ein paar Stunden schlafen? Sonst bist du doch morgen total fertig und das macht auch keinen guten Eindruck.“
 

Stiles ließ sich nun klaglos von Derek in den Schlaf streicheln und am Ende war es der Werwolf selbst, der keinen Schlaf fand, weil er sich von der Sorge seines Liebhabers hatte anstecken lassen.
 

Am folgenden Tag trat Stufe Zwei von Stiles Plan in Kraft, um das Jugendamt davon zu überzeugen, dass Loba bei Derek und ihm bestens aufgehoben sei.

Nachdem sie gestern die räumlichen Voraussetzungen optimiert hatten, ging es heute darum, die sozialen Bedingungen darzustellen.

Wirklich alle, die mit der Erziehung von Loba zu tun haben würden waren eingeladen und saßen nun abwartend bei Tee und Keksen auf verschiedenen Sitzmöbeln im Wohnzimmer verteilt und erwarteten den hohen Besuch.
 

Peter war der Letzte, der eintraf. Er umarmte Stiles zur Begrüßung im Flur und flüsterte ihm zu:

„Wenn Mr. Social-Services nicht so spurt, wie wir wollen, kann ich ihn immer noch für dich um die Ecke bringen, Süßer. Ich lasse es wie einen hässlichen Unfall aussehen. Die kriegen unser Mädchen nicht!“

Stiles wären beinahe die Tränen gekommen, als er diese eigenartige Loyalitätsbekundung ausgerechnet von dieser unerwarteten Seite hört. Dennoch erwiderte er:

„Nennen wir das einfach `Plan B´, in Ordnung Peter? Vielleicht lassen wir den Auftragskiller für´s Erste an der Leine und du bist einfach nur der liebe Onkel, der den schwulen Dads den Rücken stärkt. Kriegst du das hin?“

„Sicher Schätzchen. Ich kann einen netten Kerl glaubhaft imitieren, wenn ich will!“ versicherte Peter zwinkernd und begab sich zu den Anderen ins Wohnzimmer.
 

Als es an der Tür klingelte, zuckten die Anwesenden kollektiv zusammen und auch Loba schien die Anspannung zu spüren. Derek hatte den ganzen Vormittag mit ihr geübt, sich nicht zu verwandeln, komme was wolle, doch nun funkelten ihre Augen dennoch hellblau auf:

„Nein, Loba!“ sagte Derek streng, denn wenn die Person vom Jugendamt sah, was Loba war, hätten sie eine Menge zu erklären gehabt; und zwar Dinge, die man ihnen ohnehin nicht glauben würde.
 

Stiles erhob und straffte sich und öffnete die Wohnungstür. Er führte den Mann vom Jugendamt, der sich als Eric Whittaker vorstellte ins Wohnzimmer, wo dieser stirnrunzelnd seinen Blick über die versammelte Mannschaft schweifen ließ und dann mit Loba, Stiles und Derek am Esstisch Platz nahm.
 

Als erstes richtete der Fremde sein Wort an Loba, indem er sagte:

„Wir wollen heute über dich sprechen und darüber, wo du zukünftig leben wirst. Hast du eine Meinung dazu?“
 

Loba hatte keine Ahnung, wovon der fremde Mann sprach. Sie spürte nur das Misstrauen, dass alle anderen Anwesenden ihm entgegenbrachten, also hielt sie seinem Blick stand, so lange sie konnte und griff dann in Stiles T-Shirt um ihr Gesicht darin zu verstecken und Derek knurrte:

„Entschuldigung, aber haben sie Lobas Akte überhaupt gelesen? Sie kann nicht sprechen! Wie soll unsere Tochter ihnen auf ihre Frage antworten?“

„Das wollen wir doch erst mal sehen!“ beharrte Eric-Whittaker-Social-Services: „Habla espaniol, Loba?“

Das Mädchen blickte ängstlich zu Stiles auf. Sie war sich scheinbar deutlich bewusst, dass hier etwas von ihr erwartet wurde, nur nicht, was das sei. Schließlich legte Stiles beide Arme um sie streichelte ihren Kopf und versicherte:

„Es ist alles in Ordnung, Baby! Du musst keine Angst haben!“ an Eric Whittaker gewandt fragte er ärgerlich: „Glauben sie wirklich, wir wären in der ganzen Zeit, in der Loba bei uns ist noch nicht auf die Idee gekommen, sie auf spanisch anzusprechen? Sie hat das sprechen nicht gelernt, weil sie dort, wo sie hergekommen ist nichts außer Grausamkeit und Misshandlung erfahren hat. Sie fängt langsam an, einige Worte zu sagen und einfache Sätze zu verstehen, doch das reicht sicherlich nicht aus, um mit ihr diese Art Gespräch zu führen, welches sie sich gerade vorstellen!“
 

Der Jugendamtsmitarbeiter ignorierte Stiles zunächst und richtete sein Wort an Derek:

„Sie wollen also ein Pflegekind aufnehmen? Wie mir scheint, haben sie bereits eins!“ Dann wandte er sich wieder Stiles zu und fragte: „Wie alt bist du, Sohn?“

Stiles fiel die Kinnlade herunter, als er hörte, welche Richtung dieses Gespräch nehmen sollte und ihm fiel auf die Schnelle wirklich nichts ein, was er auf diese Unverschämtheit antworten könnte, doch das musste er auch nicht, denn sein Vater übernahm das für ihn:
 

„Bei allem Respekt Sir, aber dieser junge Mann ist nicht IHR Sohn, sondern meiner und er ist alt genug, um zu entscheiden, mit wem er sein Leben verbringen möchte. Nicht dass Stiles meine Einwilligung brauchen würde, um mit seinem Freund zusammen zu sein, denn er ist volljährig, doch er hat sie dennoch. Diese beiden Jungs lieben sich! Sie sind füreinander geschaffen, auch wenn ich als Vater eine Weile gebraucht habe, um das zu verstehen. Aber noch wichtiger ist, dass sie dieses kleine Mädchen lieben und bereit sind, für sie zu sorgen und alles dafür zu tun, was notwendig ist!“
 

Die feurige Rede des Sheriffs lenkte nun die Aufmerksamkeit von Eric Whittaker auf die übrigen Anwesenden:

„Ich verstehe! Und darf ich erfahren, wer sie alle sind und warum sie bei unserem Gespräch anwesend sein müssen?“
 

Diese Frage beantwortete Scott und erhob sich dafür:

„Sie kennen doch sicher das Sprichwort, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen? Und das sind wir! Wir sind ein Dorf! Ich zum Beispiel bin Scott McCall. Stiles ist mein bester Freund; mein Bruder sozusagen und dieser Umstand macht mich zu Lobas Onkel.“
 

In diesem Augenblick erhob sich Scotts Mutter. Sie lächelte, knetete sanft die Schulter ihres Sohnes und sagte:

„Ich bin Melissa McCall, seine Mutter und das macht mich wohl zu Lobas Großtante.“

Sie ging hinüber zu dem Mädchen, welches sich immer noch an Stiles klammerte und küsste sie auf den Kopf.
 

Als nächstes stand der Sheriff vom Sofa auf und sagte seinen Text:

„Ich bin John Stilinski, der Sheriff dieser Stadt. Und ich bin Lobas Großvater!“
 

Dann folgten alle Anderen dem Beispiel ihrer Vorredner.
 

Peter stellte sich zu den Anderen und sagte:

„Ich bin Dereks Onkel und damit der Großonkel des Mädchens.“
 

„Malia Tate, Peters Tochter, Dereks Cousine und damit Lobas Großcousine.“ verkündete daraufhin die Werkoyotin.
 

Liam, Mason, Danny, Lydia und Kira erhoben sich gemeinsam, nahmen einander bei den Händen und ratterten ihren zuvor einstudierten Text herunter:

„Wir sind enge Freunde der Familie, Babysitter und Ratgeber. Wir geloben, die Dads von Loba nach Kräften in ihrer Aufgabe zu unterstützen!“
 

Whittaker hatte all´ dies zunächst kommentarlos hingenommen. Dann stellte er an Stiles und Derek gerichtet fest:

„Also gut; wie es aussieht, haben sie eine ganze Menge Unterstützung, meine Herren. Doch können sie mir auch erklären, was sie beide qualifiziert, ein schwer traumatisiertes, kleines Mädchen zu erziehen? Loba ist schätzungsweise elf bis zwölf Jahre alt. Damit sind sie gerade mal sechs bis sieben Jahre älter als Loba, Mr. Stilinski. Sie gehen noch in die Schule und werden demnächst mit dem College beginnen. Wie sollten sie da jetzt schon in der Lage sein, ein Kind zu versorgen?“
 

Derek warf einen zärtlichen Seitenblick auf Stiles und erwiderte sanft:

„Das ist eine gute Frage. Ich kann nur sagen, dass er es kann! Er hat sowahnsinnig viel Geduld mit ihr, er versteht, was Loba braucht, auch wenn sie es uns noch nicht sagen kann. Er hat sie von der ersten Minute an geliebt und das erste Wort, dass unsere Tochter gelernt hat war „Daddy“ und damit hat sie ihn gemeint. Wenn sie nur ein bisschen was von ihrem Job verstehen, dann werden sie Loba nicht von ihrem Vater trennen.“

Während er sprach, war Derek nah an Stiles herangerückt, welcher sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischte und küsste ihn. Ihm war gleichgültig, wie Eric-Whittaker-Social-Services das beurteilte: „Ich bin stolz auf dich, Baby!“ fügte er leise hinzu.
 

Der Mann vom Jugendamt verzog keine Miene und wollte lediglich wissen:

„Und was ist mit ihnen, Mr. Hale? Ich habe nämlich meine Hausaufgaben gemacht und Einblick in ihre Polizeiakte genommen. Sie sind mehrfach festgenommen und schwerer Verbrechen beschuldigt worden; unter anderem Mord.“
 

Es war wiederum der Sheriff, der an Dereks Stelle antwortete:

„Jetzt machen sie aber mal einen Punkt, Mann!“ schimpfte er: „Derek ist vollständig rehabilitiert! Eines Verbrechens beschuldigt zu werden ist nämlich nicht dasselbe, wie es begangen zu haben, müssen sie wissen!“ Als er dies sagte, wanderte der Blick des Sheriffs unwillkürlich hinüber zu Peter Hale, welcher immerhin den Anstand besaß, beschämt den Kopf zu senken.
 

Whittaker nickte, ohne die Ausführungen des Sheriffs zu kommentieren und verlangte dann zu wissen:

„Also gut, aber da gibt es noch etwas, was sie mir erklären müssen! Mir sind die Umstände immer noch nicht ganz klar, unter denen das Mädchen zu ihnen gekommen ist. In der Akte war zu lesen, sie hätten sie `auf der Straße gefunden´? Wie sind sie auch die Idee gekommen, dass es in Ordnung sei, einfach so ein wildfremdes Kind mitzunehmen?“
 

Stiles seufzte, sagte sich, dass es nun einmal der Job dieses Mannes war, diese Fragen zu stellen und er am Ende vermutlich auch nur das Beste für Loba wollte. Und so kramte er die Erinnerung an diesen furchtbaren Abend wieder aus seinem Hirn hervor, während er Loba unbewusst ein wenig enger an sich heranzog und ihr gleichmäßig den Rücken zu streicheln begann:
 

„Wir kamen zurück aus Mexiko. Es wurde bereits dunkel und Loba lag mitten auf der Fahrbahn. Wir hätten sie um ein Haar überfahren. Sie war verletzt und kurz vor einer Bewusstlosigkeit. Weit und breit war nichts; keine Ortschaften, keine Häuser, keine Menschen. Und glauben sie mir; sie war nicht einfach bloß irgendein Mädchen, das aus ihrem Elternhaus abgehauen war: Sie war vollständig verwahrlost, verdreckt, mit verfilzten Haaren, abgemagert. Sie hatte Angst, sprach kein Wort...“

Whittaker unterbrach Stiles mit der naheliegenden Frage:

„Wieso haben sie ein Kind in diesem Zustand nicht den zuständigen Behörden übergeben? Wieso haben sie sie nicht in ein Krankenhaus gebracht?“
 

Stiles stockte.

Was sollte er darauf antworten, wenn nicht die Wahrheit, die da lautete: Loba war eine völlig verwilderte Werwölfin, die ihren Arzt wohl zerfetzt hätte, wenn man sie in ein Krankenhaus gebracht hätte. Überdies verfügte sie über Selbstheilungskräfte und hat daher kein Krankenhaus gebraucht?

Wohl eher nicht!
 

An dieser Stelle schaltete sich Melissa ein:

„Derek und Stiles riefen mich an und ich habe die Wunden des Mädchens versorgt. Es handelte sich um nichts Ernsthaftes. Sicher, Loba war in einem furchtbaren Allgemeinzustand; erschöpft, ausgehungert, traumatisiert, verwahrlost, aber es war nichts, was wir nicht genauso gut auch vor Ort hätten behandeln können. Wir befanden daher gemeinsam, dass sie hier am besten aufgehoben sei, wo es ruhig war und man sich liebevoll um sie kümmerte.“ Log sie.
 

Whittaker runzelte die Stirn:

„Sie sind keine Ärztin Mrs. McCall, richtig?“
 

Melissas Gesicht verfinsterte sich, als sie mit unterdrücktem Ärger antwortete:

„Nein Sir, bin ich nicht! Ich bin Krankenschwester. Ich weiß nicht, ob sie Ärzte kennen, ich hingegen habe jeden Tag mit ihnen zu tun. Sie sind diejenigen, die kurz hereinschweben, die Diagnosen in den Raum bellen, Rezepte unterschreiben oder ihre Patienten aufschneiden, um das zu beheben, was im Körper falsch läuft und dann den blutigen Menschen hinter sich lassen, ohne einen Blick zurück zu werfen. Wir Krankenschwestern hingegen sind diejenigen, die trösten, Menschen aus ihrem eigenen Dreck holen, Verbände anlegen, Medikamente verabreichen und vieles mehr. Glauben sie mir, wenn ich ihnen sage, dass ich mehr als kompetent war, den Zustand von Loba einzuschätzen. Sie war bestens versorgt. Und nur zur Information: Die örtlichen Behörden waren informiert!“

Sie warf einen Seitenblick auf John Stilinski und nun fuhr der Sheriff fort:

„Das ist wahr. Ich war der Erste vor Ort. Die beiden Jungs haben mich gleich nach ihrer Ankunft angerufen. Und nachdem Melissa mir versichert hat, dass die Verletzungen nur oberflächlich wären und ich gesehen habe, dass Loba sich bei meinem Sohn und seinem Freund offensichtlich sicher fühlte, hielt ich es für das Beste, sie genau hier zu lassen, um sie zur Ruhe kommen zu lassen.“
 

„Sie sagen immer wieder, Loba sei in einem so verwahrlosten Zustand gewesen. Gibt es dafür eigentlich irgendwelche Beweise?“ Fragte Whittaker nun skeptisch:

„Es gibt die Augenzeugenberichte von meinem Sohn, Derek Hale, Melissa McCall, Malia Tate, Peter Hale und natürlich von mir!“ erwiderte Sheriff Stilinski giftig: „Doch wenn ihnen das nicht reicht, dann sagen Bilder ja immer noch mehr als tausend Worte, richtig?“ Er zückte sein Handy und zeigte Whittaker ein Foto, dass er von Loba am allerersten Abend gemacht hatte.

Stiles hatte damals gar nicht mitbekommen, dass sein Dad dieses Bild geschossen hatte, doch nun war er wahnsinnig froh, dass es existierte, denn es würde ihnen nicht nur jetzt, sondern auch später vor Gericht helfen, wenn man Lobas Folterknechten den Prozess machen würde. Es zeigte Loba; schmutzig, mager, in Lumpen gekleidet und mit verfilzten Haaren. Doch das eindrücklichste war wohl der Gesichtsausdruck des Mädchens; verzweifelt und wild.
 

Das hatte Stiles schon beinahe wieder vergessen.
 

Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und blickte hinüber zu Whittaker, der beim Anblick der Fotografie ein wenig blass geworden war und nun seine Augen zwischen dem Bild und dem Mädchen von heute hin- und herwandern ließ:

„Sie ist wirklich sehr mager.“ kommentierte er.

„Loba hat zwölf Pfund zugenommen, seit sie bei uns lebt!“ erwiderte Stiles schlicht.
 

Whittaker schien genug gehört zu haben. Er warf einen Blick in die Runde und resümierte dann:

„Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass das Wohl eines Kindes gewährleistet ist. Ich will ehrlich zu ihnen sein, ich denke immer noch, dass ein Kind einen Vater UND eine Mutter haben sollte. Ich finde es überdies befremdlich einen Achtzehnjährigen in einer Beziehung mit einem Neunundzwanzigjährigen zu sehen und mir überdies vorzustellen, dass diese beiden ein Mädchen wie Loba erziehen sollen.“ Ein empörtes Raunen ging durch den Raum, doch noch ehe irgendwer protestieren konnte, fuhr Whittaker fort: „Dennoch muss ich feststellen, dass Loba sich hier wohlzufühlen scheint. Insbesondere zu ihnen, Mr. Stilinski hat sie ganz offensichtlich eine sehr enge Bindung entwickelt. Sie hat sich an sie geklammert, seit wir hier beieinandersitzen und hat sie keine Minute lang losgelassen. Ich kann überdies sehen, dass sie beide eine Menge Rückhalt haben; ein großes soziales Netz von Menschen, die alle um Lobas Wohl besorgt sind. Diese beiden Umstände lassen mich nun zu der Entscheidung kommen, dass es vorerst das Beste für das Kind sein dürfte, sie bei ihnen zu belassen Mr. Hale und Mr. Stilinski, im Sinne einer Kurzzeitpflege und bis ein geeigneteres Paar, oder aber die leiblichen Eltern gefunden wurden, bei denen Loba aufwachsen kann. Machen sie sich in der Zwischenzeit auf Hausbesuche einer unserer Außendienstmitarbeiterinnen gefasst. Einige werden mit Vorankündigung erfolgen, andere werden hingegen überraschend sein. Außerdem verpflichte ich sie dazu, dafür zu sorgen, dass Loba schnellstmöglich das Sprechen erlernt und in einer Schule angemeldet werden kann. Ich denke, dies sollte in etwa einem halben Jahr möglich sein.“
 

Nun erhob sich Protest bei den Anwesenden.
 

Melissa wollte von Mr. Social-Services wissen, ob er wohl den Verstand verloren habe und wie Derek und Stiles es bitteschön schaffen sollten, ein Mädchen, dem sämtliche Grundlagen fehlten in sechs Monaten auf den Schulbesuch mit Gleichaltrigen vorzubereiten.
 

Der Sheriff beschimpfte Whittaker als einen `Ewig Gestrigen´, als einen Homophoben und einen Einfaltspinsel.
 

Peter knurrte leise und stieß üble Flüche aus.
 

Scott versuchte es mit Vernunft und legte seine Argumente dar, warum seiner Ansicht nach Loba bereits genau an dem Ort angekommen sei, an dem sie aufwachsen sollte.
 

Malia stampfte mit geballten Fäusten und knirschenden Zähnen im Zimmer auf und ab.
 

Danny erklärte, dass seine Mutter die Ortsverbandsvorsitzende von PFLAG sei und das Whittaker es mit mit sämtlichen LGBTIQ-Verbänden des Landes zu tun bekommen würde; Presse, Unterschriftenaktionen, Demonstrationen, sofern er es wagen sollte, Loba von Derek und Stiles wegzuholen.
 

Nur Stiles und Derek selbst schwiegen.

Whittaker schien von all´ dem wenig beeindruckt und erklärte schließlich:

„Ich habe alles gesagt, was zu sagen war. Sie dürfen sich gerne bei meinen Vorgesetzten über meine Entscheidung beschweren. Ich wünsche ihnen allen einen schönen Tag!“
 

Und mit diesen Worten zog er sich zurück.
 

Derek erhob sich und verschwand ohne einen weiteren Kommentar im Schlafzimmer, wo er die Tür lautstark hinter sich zuschlagen ließ.

Die anderen blickten ihm ratlos hinterher und Stiles sagte schließlich müde:

„Ich danke euch, dass ihr heute Abend hier gewesen seid, um uns zu unterstützen, aber ich denke, Derek und ich brauchen jetzt erst mal eine Weile, um mit dem klar zu kommen, was heute passiert ist. Macht es euch etwas aus, uns nun allein zu lassen?“
 

Die Anwesenden erklärten ihr Verständnis und erhoben sich.
 

Melissa sagte nicht viel zum Abschied, doch sie legte ihre Arme um Stiles und küsste ihn auf die Wange wie eine Mom.

Bloß eine kleine Geste, doch sie führte dazu, dass Stiles in Tränen ausbrach, also hielt sie ihn eine Weile fest, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte.
 

Der Nächste war Scott, der seine Stirn an die von Stiles legte und versprach:

„Das Rudel steht hinter euch! Wir werden alles tun, was wir können!“
 

Danny bebte immer noch vor Wut und versicherte:

„Die werden was zu hören bekommen! Meine Mutter wird ihnen die Hölle heiß machen! Die gesamte Community wird dem Jungendamt von Beacon Hills auf´s Dach steigen. Die Schweine machen wir fertig!“

Stiles konnte nicht anders; er musste ein wenig lachen. Danny klang gerade genauso, wie seine Mutter und in seinem überaktiven Hirn entstand eine Vision davon, wie eine Armee aus Drag-Queens, Lederkerlen und Motoradlesben über Beacon-Hills hereinbrach, wie ein Schwarm Heuschrecken:

„Danke!“ murmelte er zu Abschied: „Es tut gut, das zu hören!“
 

Der Sheriff versprach, dass er Loba mitnehmen und heute Nacht auf sie achten wolle, damit Stiles und Derek sich erst einmal um einander kümmern und könnten.

Als Peter einwarf, dass er genauso gut auf Loba aufpassen könne, brach ein kleiner Disput zwischen den beiden aus, in dessen Verlauf der Sheriff ausrief:

„Ich traue ihnen nicht im Geringsten, Hale! Ich verstehe nicht, wieso Derek und mein Sohn sie überhaupt in die Nähe von Loba lassen! Mein Sohn muss etwas in ihnen sehen, was mir entgeht, aber so viel steht fest: Loba kommt mit mir!“
 

Stiles rieb sich angestrengt die Stirn und bat:

„Bitte nicht heute Abend, Dad. Ich kann das jetzt nicht ertragen. Loba geht heute mit dir und wir reden ein anderes Mal über Peters Sozialprognose, in Ordnung?“

Der Sheriff nickte und warf Peter noch einen letzten finsteren Blick zu, während Stiles für Loba eine Tasche für die Nacht packte und ihr das Versprechen abnahm, lieb zu ihrem Grandpa zu sein.
 

Das Mädchen blickte ihn ratlos an und Stiles erklärte:

„Ja ich weiß, Süße; du verstehst gar nicht, was heute hier passiert ist, richtig? Aber du musst dir keine Sorgen machen. Alles wird gut! Niemand wird dich uns wegnehmen! Eher flüchte ich mit dir einmal um die halbe Welt!“

Er drückte das Mädchen fest an sich und dann verblüffte Loba ihn, indem sie sagte:

„Liebe, Daddy!“

Stiles lachte und weinte zur gleichen Zeit und platzierte dann dicke, fette Küsse überall in Lobas Gesicht, bis diese kichernd und spielerisch versuchte, ihn abzuwehren:

„Ich liebe dich auch, Kleines!“ versicherte Stiles: „Und nun lauf und hab´ viel Spaß mit deinem Großvater.“
 

Peter war der letzte, der sich zum Gehen wandte, doch nicht ohne sein Angebot von zuvor zu wiederholen:

„Ich kann diesen Whittaker immer noch umlegen. Ich kann dafür sorgen, dass man nie wieder ein Haar von ihm findet.“

Stiles schüttelte den Kopf:

„Manchmal weiß ich nicht, ob du einen Scherz machst, oder nicht und ehrlich gesagt habe ich Angst zu fragen.“ erwiderte er müde:

„Ich will nur, dass du weißt, dass ich euch helfen werde, wenn ich kann! Ich...habe Loba irgendwie gern!“

Peter klang verlegen, als sei es ein unglaublich schmutziges Bekenntnis, zuzugeben, dass das kleine Mädchen ihm ans Herz gewachsen war.

Stiles küsste ihn auf die Wange und flüsterte:

„Ich danke dir, aber versuch´es bitte ohne Gewalt, in Ordnung?“

Peter gab ein kleines Lachen von sich und wollte wissen:

„Und wie stehst du zu Sachbeschädigung? Ich könnte Whittakers Auto zerkratzen und seine Reifen aufschlitzen.“

Über diese Vorstellung musste Stiles lachen und hatte folgenden Gegenvorschlag:

„Oder du stellst ihm eine brennende Papiertüte mit Hundekacke auf die Fußmatte, klingelst und läufst dann weg!“

„Wie wär´s mit Zahnpasta auf seiner Türklinke. Das sieht Whittaker bestimmt nicht kommen!“ wandte Peter zwinkernd ein.

Stiles drückte Peters Hand und forderte:

„Geh´ nachhause, du Spaßvogel! Ich muss mich um Derek kümmern!“

„Sicher, dass du jetzt zu diesem eingeschnappten Humorallergiker ins Bett krabbeln willst? Du könntest auch mit mir kommen. Dann bringe ich dich noch eine Weile zum Lachen. Und später haben wir dann auf andere Weise unseren Spaß.“

Stiles rollte genervt mit den Augen und erwiderte nachsichtiger, als Dereks Onkel es verdiente:

„Verschwinde Peter!“
 

Als endlich alle fort waren, folgte Stiles Derek ins Schlafzimmer, knipste die Nachttischlampe an und hockte sich auf die Hüfte seines Freundes, welcher auf dem Bett ausgestreckt dalag und griesgrämig an die Decke schaute.
 

Eine ganze Weile sagte keiner von beiden ein Wort, ehe Derek schließlich den Anfang machte:

„Denkst du ich bin...?“

„NEIN!“ erwiderte Stiles energisch:

„Du weißt gar nicht, was ich sagen wollte.“ beschwerte sich der Werwolf.

Stiles gab ein kleines Lachen von sich:

„Doch Derek, das weiß ich, denn ich kenne dich schließlich schon ein bisschen! Du wolltest mich in etwa folgendes fragen: `Denkst du ich bin ein alter Perverser, der einen Schuljungen missbraucht und hat Mr. Wichtig vom Jungendamt möglicherweise recht, wenn er mir nicht zutraut, mich um ein Kind zu kümmern?´ Und die Antwort lautet ganz klar `Nein!´ Der Typ ist ein homophobes Arschloch, das höchstwahrscheinlich nur deswegen so schlecht drauf ist, weil er schon seit einer Ewigkeit nicht mehr flachgelegt wurde!“

Gegen seinen Willen musste Derek lächeln, doch Stiles hatte noch mehr zu sagen:

„Und ich will, dass du das Eine weißt, mein Liebling: Vor dem heutigen Termin hatte ich zwar große Angst, dass sie uns Loba wegholen, doch die habe ich nun nicht mehr! Wir werden kämpfen, Derek! Spätestens morgen früh stehen sämtliche Lesben- und Schwulenverbände des Landes auf deiner Fußmatte und am Ende werden wir gewinnen. Außerdem steht das ganze Rudel hinter uns und wird uns helfen!“

„Hab´s gehört!“ Knurrte Derek: „Ich habe alles gehört, was die Anderen gesagt haben, als ich hier lag; auch auf welche Weise Peter gedenkt `hinter dir zu stehen´!“

Stiles kicherte:

„Und du bist gar nicht angeflitzt gekommen, um meine Ehre zu retten, mein Prinz?“

„Wieso? Du hattest doch alles im Griff!“ gab Derek zurück. Dann murmelte er sehr leise: „Aber irgendwann drehe ich dem Scheißkerl den Hals um!“
 

Stiles lächelte leise, küsste Derek und schmiegte sich an seine Seite.

Dann wollte er von seinem Freund wissen:

„Bereust du das mit uns gerade?“

„Wie bitte?“ fragte Derek entsetzt: „Wie kommst du denn auf so etwas!“

Stiles zuckte unzufrieden mit den Schultern:

„Na ja, jetzt hast du zum ersten Mal die Schattenseite unseres Zusammenseins zu spüren bekommen. Wenn du noch mit Braeden zusammen wärst und ihr wolltet einen kleinen Wolfswelpen adoptieren, dann hätte Whittaker wahrscheinlich keine Sekunde gezögert, hätte dir hier heute die Hand gereicht und dich beglückwünscht. Aber du bist mit mir zusammen und aus diesem Grund hat er dir das Gefühl gegeben, als wäre irgendetwas grundlegend verkehrt mit dir. Das tut mir leid. Irgendwie fühle ich mich schuldig deswegen.“

„NEIN STILES!“ Erwiderte Derek: „Ich bereue es nicht und es ist nicht deine Schuld dass der Kerl ein Idiot ist! Ich liebe dich, Mann. Und mir tut es leid, dass ich vorhin einfach rausgestürmt bin, wie ein beleidigtes Baby! Ich bin froh, dass wir Loba vorerst behalten dürfen und wir geben sie auch nicht wieder her! Versprochen! Und wenn ich dafür durch sämtliche Talkshows tingeln, Prozesse führen und für alle Welt nur noch der `schwule Vater´ sein muss! Ich tue alles, was nötig ist“
 

Stiles lächelte zärtlich auf ihn hinab:

„Ich bin wahnsinnig stolz auf dich!“ versicherte er. Dann fiel ihm noch etwas ein: „Wir haben `sturmfreie Bude´. Solltest du dir diesen Umstand nicht irgendwie zunutze machen?“ fragte er listig.



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