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Nicht dein Leben...

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Keine Ahnung, ob jemand mitliest, aber ich hab mal wieder ein Stück Vorgeschichte geschrieben. Hoffe es gefällt...

Und noch mal mein Aufruf an die, die neugierig genug sind und wissen wollen, wie es mit Richard und Family weitergeht: Nachwuchs Nr. 2 im Hause Grayson. Lieber Jamie oder Jimmy. Ich kann mich einfach nicht entscheiden...

Und nun viel Spaß... Komplett anzeigen

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[-2. Zeit auf Wiedersehen zu sagen]

[-2. Zeit auf Wiedersehen zu sagen]
 

„Wo hab ich nur das Buch hingelegt?“ Leise stellte Richard sich die Frage und durchsuchte zum wiederholten Male seinen Schreibtisch, ohne jedoch einen Erfolg zu erringen. Nirgendwo konnte er das Buch mit dem Titel 'Handbook of forensic service' finden, dabei war er doch wie so oft wieder einmal zu spät dran. Noch heute musste er das Buch zurückgeben. Ab morgen würde er keine Zeit mehr dazu haben.

Okay, in der Mitte des Zimmers, welches in den letzten Jahren sein Reich gewesen war, blieb er stehen und ließ den Blick über das, immer noch nicht gemachte, Bett gleiten, danach über den Nachttisch, den großen Kleiderschrank und das Bücherregal. Vielleicht hatte er das geliehene Buch doch mit zu seiner eigenen Literatur gestellt? Eigentlich dürfte dies nicht der Fall sein, da er schon immer die geliehenen Medien auf dem Schreibtisch aufbewahrte, aber manchmal, so tief in Gedanken versunken, wusste man nie, was man tat.

Nachdenklich trat er an das dunkelbraune Regal. Auf dem vierten Regalbrett befand sich ein Photo, welches seinen Blick wie magisch anzog. Ein trauriges, wehmütiges Lächeln kerbte sein Gesicht, als er auf seine Eltern schaute, die fröhlich strahlend, in ihrem Flying-Grayson-Kostümen, in die Kamera lächelten. Mit spitzen Fingern griff Dick nach dem Bilderrahmen, öffnete ihn und nahm das Bild seiner Eltern an sich. Den leeren Rahmen stellte er zurück, ehe er das Bild in einem Umschlag, den er in seinem Schreibtisch fand, steckte und zu dem Stapel Klamotten legte, der auf dem Sessel lag. Danach widmete er sich wieder seiner eigentlichen Suche. Buchrücken für Buchrücken nahm er sich vor, las die Titel der Bücher, die er schon lange nicht mehr in den Fingern gehalten hatte. Nein, von dem Bibliotheksmedium fehlte jegliche Spur. In dem Regal standen Klassiker, teilweise in Erstausgaben, die eigentlich gar nicht hierher gehörten, sondern in Bruce Bibliothek. Irgendwie hatte der junge Mann es zeitlich nicht geschafft, die Bücher zurück an ihren eigentlichen Standort zu bringen. Er würde Alfred bitten müssen.

Langsam ließ er die Fingerspitzen über die Buchrücken gleiten, damit er das gesuchte Werk auch ja nicht übersah. Nein, das auch nicht, jenes nicht, nein sprach er in Gedanken mit. Das Buch blieb unauffindbar. Dabei musste er doch wirklich langsam los.

Barbara Gordon, seine Lieblingsbibliothekshelferin, wartete auf ihn. Er hatte sie zu einem Abendessen eingeladen, wollte ihr auf Wiedersehen sagen.

Der ehemalige Akrobat zuckte mit den Schultern. Es ließ sich nicht ändern, das Buch blieb verschwunden. Kein Wunder, würde Alfred wohl dazu sagen. Ordnung halten war nicht gerade die Stärke des ehemaligen Zirkuskindes. Wozu auch? Wieso sollte er die Turnschuhe immer in den Schuhschrank räumen, wenn er sie kurz darauf doch wieder anzog? Aber eines hatte Alfred im Laufe der Jahre geschafft, ihm beizubringen, die dreckige Wäsche nicht einfach auf dem Boden liegen zu lassen, sondern in dem Wäschekorb in seinem Bad zu deponieren. Dick grinste, denn eben fand er eine einzelne schwarze Socke einsam und verlassen, neben seinem Kleiderschrank. Hatte Alfred nicht schon mal vor einem Monat über eine fehlende schwarze Socke geklagt? Noch immer amüsiert hob er das fehlende Stück des Paares auf. Er betrat sein Bad und versenkte die Socke in dem dafür vorgesehenen Korb. Er würde die Socke die nächsten Woche nicht benötigen.

„Scheiß auf das Buch“, murmelte er. „Dann muss ich halt Ersatz leisten.“

Beinah wäre er über den Trekkingrucksack gestolpert, den er heute Mittag vor sein Bett gestellt hatte, um ihn zu packen. Wirklich weit, war er noch nicht gekommen. Morgen früh fand sich schon noch etwas Zeit dafür. Sein Flieger ging erst kurz nach 14:00 Uhr. Nicht mal mehr zwanzig Stunden und er befand sich auf dem Weg nach Bangkok. Südostasien erwartete ihn - kein Bruce Wayne mehr, der sein Leben bestimmen wollte, kein Batman, der ihm immer noch nichts zutraute, nicht mehr Robin sein, dafür Auszeit, Freizeit, lecker Essen und einfach nur mal tun, wozu ihm der Sinn stand. Innerhalb von zwei Wochen hatte er seine Entscheidung, Gotham zu verlassen, getroffen, einen Flug gebucht und für die ersten fünf Nächte in einem Hostel, welches auf den wunderschönen Namen 'Bansabai Resort Hostel' getauft war, in der Lat Phrao Road eingecheckt. Mit Outdoor-Pool auf dem Dach, ansprechenden Zimmern und unschlagbaren Preis, der Deluxe Room gerade mal 900,- Baht, etwa 27,- $ die Nacht, was wollte man mehr.

Wie so viele andere jungen Leute wollte auch er etwas von der Welt sehen und im wundervollen Südostasien sollte seine Reise beginnen. Als Rucksacktourist durch Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. Unterdessen klebten mehrere diverse Visen, die ihn eine Stange Geld gekostet hatten, da sie für ein Jahr mit mehrmaligen Ein- und Ausreisen versehen waren, in seinem Reisepass. Dank Bruce, der ihm erst nicht helfen wollte, dann aber brummend zustimmte, war es kein größeres Hindernis gewesen, innerhalb einer Woche alle nötigen Unterlagen von den diversen Botschaften zu bekommen.

War ihr Verhältnis besser geworden, seitdem Bruce bewusst wurde, wie ernst es Dick war, Wayne Manor zu verlassen, um auf eigenen Füßen zu stehen und eigene Erfahrungen zu machen? Möglich schien es. Zumindest ließ Bruce ihn in den letzten Tagen tun und lassen was er wollte.

Heute hieß es Abschied nehmen, als erstes von Barbara Gordon, dem Mädchen, mit dem er in den letzten zwei Jahren Freundschaft schloss und die zu einer Vertrauten geworden war. Er mochte sie, da sie sich in vielen Dingen ähnelten und einig waren. Im Sommer würde sie mit ihrem Studium beginnen, Bibliothekarin, was sonst? Sie blieb sich und ihren Büchern treu, was er nicht anders erwartet hatte. Zwei Jahre lang hatte sie drei Nachmittag in der Woche ihr Taschengeld, als Bibliotheksgehilfin an der Universitätsbibliothek, aufgebessert und diese drei Tage waren zu einem festen Bestandteil in seinem Leben geworden. Barbara fand immer Zeit ein paar Worte mit ihm zu wechseln und irgendwann waren ihre Gespräche Normalität geworden. Aus der anfänglichen Bekanntschaft entwickelte sich eine ernsthafte Freundschaft. Wenigstens einmal im Monat hatten sie es hinbekommen, nach ihrem Dienst irgendwo einen Kaffee trinken zu gehen. Heute würde er das letzte mal mit ihr ausgehen, das letzte mal, für eine unbekannte Zeitspanne.

Er musste wirklich langsam los. Aus dem Schuhschrank kramte er seine schwarzen Bikerboots hervor. Die dicke rotschwarze Lederjacke hing über dem Drehstuhl, der an seinem Schreibtisch stand. Handschuhe und Helm befanden sich auf dem Schreibtisch. Fehlte nur noch der Zweithelm, der ein wenig eingestaubt oben auf seinem Kleiderschrank stand, damit er Barbara nachher auch mitnehmen konnte. Er hatte sie zum Essen eingeladen, aber nicht verraten wohin, nur das er sie mit dem Bike abholen würde. Als letzte griff er nach seinem Rucksack und siehe da, unter diesem lag das Buch, welches er vorhin noch so verzweifelt suchte. Er erinnerte sich wieder, er hatte das Buch extra zu seinem Rucksack gelegt, damit er er auch ja nicht vergaß. Über seine eigene Vergesslichkeit und Schusseligkeit grinsend verließ er sein Zimmer.

Stille hüllte das alte Haus ein. Nicht der kleinste Laut war zu vernehmen. Eilig schritt er den Gang entlang, lief die Treppe hinab und betrat die Garage. Zielstrebig begab er sich zu seiner roten Kawasaki Z 750, ein schlankes Nakedbike, welches er nach seinem achtzehnten Geburtstag kaufte und nun, kurz bevor er seine Z offen, also ungedrosselt fahren durfte, musste er sie zurücklassen.

Während sich das Garagentor, durch einen Druck auf die Fernbedienung öffnete, erschien wie aus dem nichts, Alfred. „Darf ich sie zum Abendessen einplanen?“

„Nein, Alfred, wartete nicht auf mich. Ich esse außer Haus.“ Dick, der eben den Zweithelm an dem Sozius befestigte, blickte auf. „Und wie oft muss ich dir eigentlich noch das du anbieten? Mag sein, dass Bruce auf das Herren-Diener-Getue besteht, aber ich mag es nicht.“

Ein Lächeln erhellte das Gesicht des Butlers. „Ich wünsche ihnen einen angenehmen Abend, Master Richard.“

Es brachte nichts. Würde dem älteren Herrn jemals das vertraute du über die Lippen kommen? Dick rechnete nicht damit. Er zuckte nur mit den Schultern, schloss den Reißverschluss der dicken Jacke, setzte den Helm auf, zog die Handschuhe über und sagte: „Dir auch einen schönen Abend, Alfred!“ Danach schloss er das Visier, klappte den Seitenständer hoch und gab Gas.

Während der Fahrt in die City, drehten sich seine Gedanken um den gestrigen versuchten Bankraub, bei dem vier Menschen ihr Leben lassen mussten. Ein gerade mal vierzehnjähriger Junge, ein Straßenkind, das anscheinend keinen anderen Ausweg aus seiner Notsituation mehr sah, hatte tatsächlich versucht eine Bank auszurauben. Mit gezogener, entsicherter Waffe hatte der Junge ganz alleine die Bank gestürmt und dann ging wohl schief, was nur schief gehen konnte. Es endete in einem Blutbad und dies alles nur, weil der Junge nicht daran dachte, dass die Bargeldbestände mit einem Zeitschloss gesichert waren oder es einfach nicht wusste.

Robin und Batman waren es später, die den Jungen überwältigen konnten, nachdem er sich hinter einem der Auszahlungstresen verschanzt hatte und auf alles schoss, was sich der Eingangstüre näherte. Ihnen war es gelungen unbemerkt in die Filiale einzudringen. Während Batman das Kind überwältigte, blieb Robin nur eins, sich um die Verletzten zu kümmern, bis die Notärzte eintrafen.

Was mochte in einem Kind vorgehen, wenn es sich mit vierzehn dazu entschloss ganz alleine eine Bank zu überfallen? Dick würde es nicht mehr erfahren, morgen befand er sich auf dem Weg in ein neues Leben. Nur noch ein letzte Mal Robin sein, heute Nacht, dann würde das Kostüm, sein Kostüm in der Bathöhle zurückbleiben. Was Bruce oder eher Batman dann damit anfing, war ihm egal. Heute Nacht würde er sich von Gotham verabschieden, von der Stadt, die ihm zur Heimat geworden war, die ihn aber auch immer an den tragischen Tod seiner Eltern erinnern würde. Ob er noch einmal auf Batgirl traf? Schon alleine der Gedanke, an die unbekannte Schöne ließ sein Herz schneller schlagen. Wann nur, hatte er sich in sie verliebt? Diese Frage konnte er nicht wirklich beantworten. Es war ein schleichender Prozess gewesen, seitdem sie vor einem halben Jahr plötzlich auftauchte. Er war von ihrer Dreistigkeit fasziniert gewesen, mit der sie wie selbstverständlich Batmans Outfit kopierte und sich ihnen anschloss. Batman wäre es am liebsten, wenn das selbsternannte Batgirl wieder von der Bildfläche verschwand, aber so dachte Robin nicht. Er fand Gefallen an einer Partnerin, mit der man scherzen und flirten konnte und ganz ehrlich, sie sah heiß in ihrem Dress aus. Dick war sich sicher, dass Bruce seit dem ersten Auftauchen ganz genau wusste, wer sich hinter der Maske verbarg, aber er hütete dieses Geheimnis. Und egal, wie oft Dick versuchte Bruce etwas zu entlocken und wenn es nur ein paar Hinweise waren, es misslang. Selbst in ihrer Datenbank war er nicht fündig geworden und Batgirl, die verstand es ihr Geheimnis zu bewahren, so wie er und Bruce es auch konnten. Nächtelang hatte er recherchiert, war Batgirl sogar gefolgt, aber sie hatte stets gewusst, wie sie ihn abhängen konnte, was ihn wurmte, aber sie in seinem Ansehen steigerte.

Kurz vor 19:00 Uhr parkte er auf seinem Platz an der Uni. Eigentlich gab es keine Stammplätze, aber seine Parklücke fand er immer frei vor.

Den Helm in der Hand betrat er kurz darauf die Bibliothek. Wie immer achtete Miss Fitzwater ganz genau darauf, wer eintrat. Nur selten grüßte sie verbal, auch heute brachte sie nur ein kurze Nicken zustande. Dennoch ließ es Dick sich nicht nehmen, die zu grüßen, dabei machte er das freundlichste Gesicht, zu dem er fähig war: „Guten, Abend Miss Fitzwater!“

Nein, damit würde er sie nicht aus der Reserve locken. Sie ignorierte ihn, wie immer.

„War das heute nicht ein wunderschöner Tag?“

Wieder nur ein knappes Nicken, nicht mehr und nicht weniger. Okay, zumindest hatte er es mal wieder versucht. Suchend ließ er seinen Blick über die Regalreihen gleiten. Er konnte Barbara nicht entdecken und so schritt er die Gänge ab, tat dabei so, als würde er sich für die Bücher interessieren, die ordentlich auf Kante gestellt auf den Regalböden verweilten und darauf wartete, dass sie jemand ausleihen wollte. In der Ecke mit der Literatur zu den Sozialwissenschaften wurde er endlich fündig. Lächelnd blieb er ein wenig abseits stehen, beobachtete die junge Frau, die unterdessen so groß war wie er und lauschte ihrem Beratungsgespräch. Wieder fiel ihm der warme Rotton ihrer Haare auf und das Glitzern in den wunderschönen grünen Augen. Aus dem Mädchen, das er vor zwei Jahren hier zum ersten Mal traf, war eine wunderschöne junge Frau geworden. Eigentlich passte sie hervorragend in sein Beuteschema, aber da gab es ja noch das Batgirl, welches sein Herz erobert hatte und das Wissen darum, dass er morgen Amerika verließ. Und nur für eine Nacht? Er dachte tatsächlich darüber nach, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Nein, das wollte er Barbara nicht antun, außerdem war ihm ihre Freundschaft zu ihm viel zu wichtig. Er würde diese Freundschaft nicht wegen einer Nacht aufs Spiel setzen.

Geduldig wartete er ab, bis der Leser, ein Student älteren Semesters, zufrieden mit einem Stapel Bücher Richtung Verbuchungstheke abzog, ehe er sich Barbara Gordon näherte.

„Hey!“, grüßte er.

„Hallo Dick.“ Langsam, mit einem Strahlen auf den sanften Gesichtszügen wandte sie sich ihm zu. „Wie immer zu spät?“

„Dieses mal nicht“, lachte er auf und folgte ihr zu der Theke. Dort angekommen zog sie seine Klappkarte aus einem der Katalogkästen und entnahm dieser die Karte mit den bibliographischen Angaben. Nachdem er das Buch aus seinem Rucksack geholt hatte, schlug sie es auf der letzten Seite auf und steckte die kleine Karte in die vorgesehen Lasche.

„Wie weit seit ihr mit der Umstellung?“ Seit etwa zwei Monaten standen auf der Verbuchungstheke zwei Rechner. Die Universitätsbibliothek stellte endlich auf die elektronische Verbuchung um.

„Nicht so weit, wie sie schon sein wollten.“ Sie zuckte mit den Schultern und sortierte Richards Karte in einem anderen Katalogkasten wieder ein.

„Ich geh dann, Miss Fitzwater.“

Die ältere, sehr strenge Dame, die sie die ganze Zeit über beobachtet hatte, erinnerte Barbara: „Freitag, 15:00 Uhr!“

„Ich werde pünktlich sein, wie immer.“ Sie grinste Dick an. „Wartest du kurz, ich hol meine Sachen.“

„Mach ich.“

Es dauerte keine fünf Minuten, die er sich mit dem Blättern in einer bunten Zeitschrift vertrieb, bis Barbara wieder auftauchte. Über der blauen Bluse trug sie nun eine schwarze, auf Taille geschnittene Lederjacke, die ihr ausgezeichnet stand.

„Erwartet dein Dad dich zu einer bestimmten Uhrzeit zurück?“ Dick ging vor, zog die Tür auf und hielt sie für Barbara auf.

„Spätestens 23:00 Uhr soll ich wieder zu Hause sein.“

„Sollten wir schaffen.“ Er würde sich an die Zeit halten. Es schien ihm von Vorteil zu sein, es sich nicht mit Commissioner Gordon zu verscherzen.

„Wohin entführst du mich eigentlich?“, wollte die Frau, die an seiner Seite lief wissen. Eben zog sie einen Haargummi aus der Hosentasche der engen Jeans und flocht sich geschickt einen Zopf.

„Lass dich überraschen.“ Er hatte ihr nicht gesagt, was er plante, hatte nur erwähnt, dass er sie nach Dienstende mit dem Motorrad abholen würde und sie irgendwo essen gehen würden. Er spürte, wie es ihm in den Fingern zuckte. Beinah hätte er nach ihrer Hand gegriffen, da aber tief in ihm eine leise, kleine Stimme wisperte: tu ihr nicht weh, ließ er es bleiben.

Mit einem Schnellgurt hatte er, noch in der Garage, den Zweithelm auf dem Notsitz befestigt. So sehr er sein Bike liebte, so unpraktisch war es, wenn er etwas transportieren wollte. Er löste den Spanngurt und reichte dem Mädchen, welches ihm in den letzten zwei Jahren echt ans Herz gewachsen war, den Helm. „Vielleicht ein wenig zu groß, aber für heute Abend ausreichend.“ Hilfreich nahm er ihr die Brille ab, damit die den Helm aufsetzen Konnte. Verdammt war die Kleine niedlich. Wieso war ihm dies nur nie früher aufgefallen? Nun war es zu spät, wie so oft im Leben.

„Gib mir deinen Rucksack!“, bot sie an, nachdem sie die Brille wieder aufgesetzt hatte und Dick nahm das Angebot an.

„Halt dich gut fest“, erinnerte er, nachdem er auf seiner Kawasaki saß und Barbara hinter ihm Platz genommen hatte. Purer Eigennutz, nichts anderes und schon spürte er, wie sich ihre Finger fest an seine Hüfte legten. „Alles klar? Kann es losgehen?“

Vorsichtig rutschte Barbara näher zu ihm. „Ja.“

Er gab Gas, dann verließ er, mit einem, wie er zugeben musste, sehr interessantem Extragepäck, das Universitätsgelände.

Barbara schien ein Naturtalent zu sein, was das Gefühl für ein Motorrad betraf. Er bemerkte ihr Extragewicht nicht wirklich. Alles, was er von ihr wahrnahm, war ihre Nähe und der Griff an seiner Taille, wenn er an einer Ampel stoppte und danach etwas zu heftig am Gashahn drehte. Beinah glaubte er, ihre Körperwärme durch das Leder seiner Jacke zu spüren, aber da betrogen ihn sicher seine Hormone.

Noch ewig hätte er, mit Barbara auf dem Sozius, durch die Gegend fahren können und für einen Augenblick dachte er tatsächlich darüber nach, auf die Schnellstraße zu fahren, um Gotham City zu verlassen. Den Weg zu dem Badesee, in dem kleinen Wald vor den Toren Gothams, kannte er wie seine eigene Hosentasche. Auf dem Weg dahin würden sie genügend Truckstops finden, um sich mit etwas zu Essen und zu Trinken einzudecken. Wieso war er nicht schon früher auf diese Idee gekommen? Ein Picknick im Grünen, im Mondschein an einem See, was gab es romantischeres? Weil das hier kein Date ist, erinnerte er sich.

Keine zwanzig Minuten später erreichten sie das 'San Sebastian', das standesgemäß einen Parkservice anbot. Hinter einem lackschwarzen Porsche hielt Dick an, spürte sofort die neugierigen, fragenden Blicke der beiden jungen Männer, die darauf warteten, die Wagen wegzufahren.

„Ich bin nicht passend angezogen“, vernahm er hinter sich Barbara, die ihr Visier geöffnet hatte und nach seinem Okay abstieg.

„Ich auch nicht“, lachte er, wobei er an seine Biker-Boots, die Jeans und das einfache Sweatshirt dachte, das er trug. „Sie werden uns schon nicht abweisen.“

Er klappte den Seitenständer runter, nahm den Helm ab, legte ihn vor sich auf den Tank und wartete ab. Niemand kümmerte sich um sie. Die beiden Männer, mit den schwarzen Anzügen, starrten einfach nur stumm vor sich hin.

„Was denn, hat keiner von euch einen Motorrad-Führerschein?“ Wie zwei aus dem Schlaf gerissene Eulen, blickten die beiden nun zu ihnen. Ansonsten tat sich nichts. Dick zuckte mit den Schultern. Wenn er jetzt mit Bruce mit einem Motorrad aufgetaucht wäre, würden sie sich nur so um sie reißen, aber so.

„Okay, Jungs, wo kann ich parken?“, wollte Dick nun doch ein wenig ungehalten wissen. So vollkommen ignoriert zu werden, war nicht sein Ding, bevor er jedoch den Schnösel raushängen lassen konnte, öffnete sich die Tür zum Restaurant und Thomas Sebastian, der Sohn des Inhabers des Restaurants trat an die frische Luft. Anscheinend wollte dieser nach dem Rechten schauen. Mit verkniffenem Gesicht, sah er zu Dick. Es schien einen Moment zu dauern, doch dann erkannte er, wer auf der Kawasaki saß und ein Lächeln erhellte die Gesichtszüge des beinah Vierzigjährigen.

„Mister Grayson-Wayne!“ Der schon leicht graumelierte Mann kam auf ihn zu, reichte ihm die Hand und wandte sich dann an einen der Parkboys. „Ramirez!“ Mehr war nicht nötig. Der angesprochene Latino, nun aus seiner Starre erwacht, kam auf sie zu. Er schien den Rüffel, der ihn darauf hinwies, das jeder Gast, ob nun zu Fuß, auf einem Motorrad oder einem Fahrrad, in der gleichen freundlichen Art und Weise zuvorkommend behandelt werden musste.

„Schön vorsichtig!“ Grinsend reichte Richard Ramirez den Schlüssel, nachdem er abgestiegen war. Seine Aufmerksamkeit galt nun alleine wieder Barbara, die auf den Gehsteig stand und abwartete. Er nahm ihr den Rucksack ab, dann betraten sie, die Helme in der Hand, das Nobel-Restaurant. Freundlich wurden sie begrüßt und zu ihrem Tisch, der sich beinah am anderen Ende befand, begleitet. Sie fanden ihren Platz ruhig abgelegen in einer kleinen Nische. Genau richtig um sich ungestört unterhalten zu können, zu flirten oder der Angebeteten einen Antrag zu machen. Zum Service dieser Tische gehörte ein eigener Kellner. Ihrer stellte sich als Julio vor. Julio sah man den Spanier schon von weiten an - kohlrabenschwarze Haare, ein fein geschnittenes Gesicht, ein freundliches Lächeln auf den sanft geschwungenen Lippen. Er schob Barbara den Stuhl zurecht, danach entzündete er die beiden schlanken, roten Kerzen, die in silbernen Kerzenhaltern steckten und reichte ihnen danach die schon aufgeschlagenen Menü-Karten.

„Verrätst du mir den Anlass?“ Nickend bedanke Barbara sich bei ihrem Kellner.

Ohne große Umschweife kam Dick direkt zur Sache. Es brachte nicht, wenn er drumherum reden würde. „Ich möchte mich angemessen von dir verabschieden.“

„Verabschieden?“, wiederholte die schlanke Rothaarige seine letzten Worte und blickte irritiert von der Karte auf. „Was hast du vor?“

Dick zuckte mit den Schultern. „Morgen um die Zeit sitze ich im Flugzeug. Ich werde ein Auslandssemester in Bangkok an der Dhurakij-Pundit-Universität wahrnehmen.“ Das flackernde Licht der Kerzen zauberte schimmernde Reflexe auf ihr Haar, ließen es golden und bordeaux glitzern. Wieso er ihr gerade nicht die Wahrheit, dass er einfach nur weg wollte, mitteilte, war ihm nicht ganz klar, aber er ahnte, dass sie versuchen würde ihn aufzuhalten, ihn umzustimmen. Sie wusste von seinen Zwistigkeiten mit Bruce. Ihr hatte er sich anvertraut. Sie war nicht nur eine gute Freundin und Zuhörerin, nein, sie verstand es wie kein andere, ihn aufzumuntern. Sie hatte ihm immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, wenn er und Bruce mal wieder in einem Streit auseinander gegangen waren und die Fronten als verhärtet galten.

„Vor zwei Wochen kam die überraschende Zusage. Deswegen ging jetzt alles so schnell“, versuchte er zu erklären. „Ich war mir nicht sicher, ob es überhaupt gelingt dort angenommen zu werden, darum hab ich dir gegenüber nichts erwähnt.“

„Freut mich für dich“, lächelte sie, wenn auch ein wenig gequält. „Wie hat Bruce darauf reagiert?“ Und wie so oft, stellte sie ihre eigenen Interessen hinten an und ging auf ihn ein.

„Wie schon? Schweigend, nickend, brummelnd. Später hat er mir einen guten Flug gewünscht. Das wars eigentlich schon.“ Okay, ganz so war es nicht abgelaufen, aber doch ähnlich und nicht weit davon entfernt. In Wirklichkeit hatte Bruce ihn ohne viele Worte und zwischen den Zeilen,dem Haus verwiesen. Frei nach dem Motto, ich kam vor dir alleine zurecht und werde es auch nach dir wieder schaffen. Batman benötigt keinen Partner und Bruce Wayne eigentlich keinen Sohn. Wenn Bruce dies wirklich so sah, dann war dem Milliardär nicht zu helfen. Natürlich hatte es Dick verletzt, nach all den Jahren die sie Seite an Seite gegen die Unterwelt Gothams antraten, sozusagen entlassen zu werden. Gemeinsam waren sie durchs Feuer gegangen, als Partner, als Freunde, ja beinah sogar wie Vater und Sohn. Wenn er diese Jahre nun wie ein altes Paar Socken wegwerfen wollte, dann sollte er dies tun. Dick würde darüber hinwegkommen, auch wenn es ihn schmerzte. Sein Leben als Robin, als Partner von Batman würde der Vergangenheit angehören und einfach nur ein Abschnitt seines Lebens sein, der nun beendet war. Ab morgen würde er ganz alleine auf sich gestellt sein.

Über den Tisch hinweg griff er nach ihrer Hand und lächelte entschuldigend: „Tut mir leid, dass ich dich nicht eher in meine Pläne einweihte.“

„Du bist nicht aus der Welt...“ Sacht, aber bestimmt, entzog sie ihm ihre Finger. „ ... nur in einem anderem Land und Internet gibt es unterdessen überall.“

Er hatte sie verletzt, spürte es sehr deutlich und sah es auch daran, dass sie sich hinter dem Menü verschanzte. Er ließ sie erst mal alleine mit ihren Gedanken, gab ihr Zeit, seine Mitteilung zu verdauen und die Ruhe die sie benötigte, um sich wieder fassen zu können. Mehr zum Schein, als aus Interesse blätterte er durch die Karte. In den letzten Jahren war er so oft mit Bruce hier essen gewesen, dass er die Gerichte, die es im 'San Sebastian' gab mit ihren Preisen auswendig aufsagen könnte. Er würde die Pasta mit den Trüffeln nehmen, wie so oft, dazu ein Wasser.

„Hast du was gefunden?“, zerbrach er nach einer Weile, dass für ihn unangenehme Schweigen.

Nickend legte sie die Karte zur Seite und sah ihn an, nachdenklich, mit einer winzigen, kaum zu erkennenden, Falte auf der Stirn, die darauf hinwies dass sie noch immer verstimmt war.

„Du wirst mir fehlen.“ Es kostete ihn einiges an Überwindung, diese vier einfachen Worte auszusprechen, aber sie entsprachen seinen Gefühlen, also wieso sollte er sie Barbara vorenthalten?

Ein wunderschönes, warmes Lächeln legte sich auf die sanften Züge. Die melancholische Stimmung, die zwischen ihnen herrschte, schien wie weggeblasen. „Du mir auch!“

Errötete sie gerade tatsächlich? Dick war sich nicht sicher, da der Rotton auf ihren Wangen auch von den Kerzen auf dem Tisch herrühren konnte.

„Ich schreibe dir so oft wie möglich“, versprach er. „Deine Adresse hab ich ja, auch deine E-Mail-Adresse. Abends können wir chatten, wenn du magst und Telefone gibt es nun wirklich überall auf der Welt.“ Ja, sie würde ihm wirklich fehlen, als Freundin, als Vertraute, als die Person, bei der er sich sogar vorstellen konnte, sie irgendwann in sein Geheimnis einzuweihen.

Bevor sie jedoch weiter über die Pflege ihres zukünftigen Kontaktes reden konnten, trat Julio an ihren Tisch und nahm ihre Bestellung entgegen. Es verwunderte Dick nicht wirklich, als sich auch Barbara für die Pasta mit den Trüffeln entschied. Sie lagen eben doch auf einer Wellenlänge.

Leise unterhielten sie sich über all die Dinge, die ihnen gerade durch den Kopf schwirrten, was sie planten, wie ihr Leben in den nächsten Monaten aussehen könnte, wobei Dick hier und da flunkerte. Viel zu schnell verrann die Zeit und plötzlich war es schon 22:30 Uhr.

„Ich glaube, wir müssen los“, unterbrach er ihr Gespräch, welches sich eben um den neuste Kinofilm drehte und die Tatsache, dass er ihn wohl auf Thai sehen musste. Am liebsten hätte er die Zeit zurückgedreht oder diese einfach angehalten, damit dieser Abend niemals endete, denn es war gefühlt der schönste, den er seit langer Zeit hatte verbringen dürfen und wieder fragte er sich, wieso er Barbara in den letzten zwei Jahre nicht ein einziges mal auf ein Date eingeladen hatte. Er hatte sich lieber in seinem Studienumfeld umgeschaut. Es hatte sich nie etwas ernstes ergeben, hier und da mal eine Romanze, ein schöner Abend, eine heiße Nacht, aber nie mehr. Seine längste Beziehung, wenn man es denn so nennen konnte, hielt gerade mal einen Monat. Es war eben nichts fürs Herz dabei gewesen. Außerdem gab es da ja seit einem halben Jahr ein geheimnisvolles Batgirl, welches ihn schier um den Verstand zu bringen drohte. Unerwartete hatten Batman und er tatkräftige Unterstützung erhalten und als er sich der Tatsache bewusst wurde, dass es ein Mädchen gab, das wie er bei Nacht auf die Jagd ging, um die Stadt sicherer zu machen, schaffte sie es, ihn zu erobern. Außerdem sah sie wirklich heiß in ihrem Dress aus. Welcher Mann würde dem schon widerstehen können? Er jedenfalls nicht.

Ohne mit der Wimper zu zucken, beglich Dick den Betrag und legte noch ein ordentliches Trinkgeld für Julio drauf. Er dachte nicht darüber nach, ob er demnächst genug Geld zum Leben besitzen würde oder nicht. Im Augenblick hatte er noch genug. Für eine Weile würde er sich damit ohne große Nöte durch Südostasien schlagen können. Zum Glück war er vor über zwei Jahren so schlau gewesen, ein eigens Konto zu eröffnen. Auf dieses Geld würde Bruce nicht so einfach zugreifen können, selbst wenn es einst von dessen Konto überwiesen wurden war. Dick vertrieb die trüben Gedanken. Über seine finanzielle Situation konnte er später grübeln.

Schweigend, sich bewusst, dass ihre letzten gemeinsamen Minuten angebrochen waren, verließen sie Seite an Seite das Restaurant. Ramirez, sich der Tatsache bewusst, dass Dick nicht irgendjemand war, sondern der Sohn des reichsten Manns der Stadt, eilte sich, fuhr die rote Kawasaki vor und reichte Dick den Schlüssel.

Bis zu der Wohnung von Commissioner Gordon war es nicht weit, dennoch genoss der junge Mann die kurze Fahrt und vor allen Dingen die Nähe zu Barbara. Sie schmiegte sich enger an ihn als vorhin. Beinah schien es, als wollte sie ihn nie wieder loslassen und ihm gefiel es. Wieso nur, hatte er nie bemerkt, dass die Frau, die hinter ihm saß, eigentlich total seinem Geschmack entsprach? Eine einfache Frage, die er nicht beantworten konnte.

Vor dem Haus, in dem Barbara mit ihrem Adoptivvater, noch eine Gemeinsamkeit die sie verband, wohnte, parkte er und schaute die Fassade hinauf. Der Commissioner schien vor dem Fernseher zu sitzen und seinen Feierabend zu genießen oder er wartete angespannt auf Barbara.

„Jetzt heißt es wohl Abschied zu nehmen“, stellte Dick leise, mit einem leichten unangenehmen Ziehen im Magen fest, dann erst öffnete er das Visier. Nach Barbara stieg auch er ab, zog den Helm von Kopf, legte ihn auf den Tank und blieb unschlüssig, was er tun sollte, stehen. „Zeit auf Wiedersehen zu sagen.“

„Meldest du dich, wenn du angekommen bist?“ Sie reichte ihm den Helm, den Rucksack und fuhr sich mit den Fingern durch das lange Haar.

„Sofort“, versprach er und suchte ihren Blick.

„Ich wünsch dir ein schönes Semester und ganz viele tolle Erlebnisse. Wenn du wieder da bist, möchte ich ganz viele Photos sehen.“ Ihr Lächeln wirkte ehrlich, aufmunternd, aber der Situation angepasst traurig.

„Hiermit lade ich dich schon jetzt zu einem Video- und Bilderabend ein. Datum, Uhrzeit und Ort muss ich dir leider später mitteilen.“ Und wieder verspürte er den Drang nach ihren Händen zu greifen.

„Und ich sage hiermit zu.“ Sie nickte. „Pass auf dich auf, im fernen Thailand!“

„Mach ich.“ Wieso fiel ihm der Abschied so verdammt schwer?

„Ich muss los“, murmelte sie, wand ihm den Rücken zu und ging langsam auf die Treppe zu, die zur Eingangstür, des dreistöckigen Hauses, hinaufführte.

Er sah ihr nach, würde erst losfahren, wenn sie in dem Hausflur verschwunden war. Sie zog die Schlüssel aus der Jackentasche und verharrte. „Dick?!“

„Ja?“ Er kam gar nicht dazu zu reagieren, denn Barbara wirbelte herum, eilte die Stufen hinab und warf sich in seine Arme. Im Reflex zog er sie an sich, barg das Gesicht in dem angenehm nach Kokosnuss duftenden Haar und atmete ganz tief ein.

„Du fehlst mir jetzt schon.“

Heiß und kalt lief es ihm den Rücken hinab. Vorsichtig schob er sie ein kleines Stück von sich fort. „Ich weiß...“ Er versenkte die Finger in ihrem Haar, zwang sie ihn anzusehen und strich mit den Daumen über ihre Wangen, fühlte den feuchten Bahnen darauf nach. „Ich komme zurück, versprochen.“ Dick konnte sich nicht erinnern, wann und ob er sich jemals so zerrissen gefühlt hatte. Es fehlte nicht viel und er hätte seine Pläne einfach über den Haufen geworfen. Hier bleiben und die Zeit mit Barbara verbringen wirkte verlockend auf ihn. Er konnte sich eine kleine Wohnung in der Stadt suchen und einen Job. Auch auf diese Weise würde er Bruce in der nächsten Zeit aus dem Weg gehen können. Nein, dies war definitiv keine Option für ihn. Er musste so weit weg wie möglich und erst mal zu sich selbst finden. Er wollte erfahren, was er eigentlich wirklich mit seinem Leben anfangen wollte, wer er sein wollte, ob Bruce Sohn und Partner oder der Sohn seiner Eltern und eigenständig.

Wie von selbst näherte er sich Barbara wieder, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und lächelte sie an. „Ich bin schneller zurück, als du denkst.“

„Versprochen?“

„Versprochen.“ Zärtlich strich er ihr einige widerspenstige Haarsträhnen aus der Stirn und hinters Ohr, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung hinter dem Fenster im zweiten Stock wahrnahm. „Dein Dad wartet.“

Sie nickte und löste sich nur widerwillig von ihm. Die Hände an seiner Taille, verweilte sie einen Augenblick und sah ihm fest in die blauen Augen. Blind tastete Richard hinter sich nach seinem zweiten Helm und reichte ihn ihr. „Behalt ihn. Du wirst ihn brauchen, wenn ich wieder da bin.“

„Danke.“ Sie gab sich einen Ruck und verschwand eilig im Haus, ohne sich noch einmal umzuschauen.

Tief durchatmend blieb der Dunkelhaarige noch eine Weile neben seinem Bike stehen, ehe er den Rucksack aufsetzte. Auf Wiedersehen Nummer eins hatte er hinter sich gebracht. Der Abschied von Barbara schmerzte ihn mehr, als er gedacht hätte. Anscheinend hatte sie sich doch tiefer in sein Herz geschlichen, als erwartet. Es nützte alles nichts, es gab kein Zurück mehr. Er schwang sich auf seine Z und fuhr noch immer über Barbara und sich grübelnd zurück nach Wayne Manor, das er kurz nach Mitternacht erreichte.

Dort angekommen schob er seine Kawasaki in der riesigen Garage ganz weit nach hinten, damit sie in den nächsten Monaten nicht im Weg rumstand. Er griff nach einer der Abdeckplanen und zog sie darüber.

„Master Richard!“

Wie machte Alfred das nur, immer dort aufzutauchen, wo er sich gerade befand?

„Ich bin hier, Alfred“, antwortete er und trat aus dem Schatten des Jeeps, der neben ihm stand.

„Hatten sie einen schönen Abend?“

„Einer sehr schönen Abend, Alfred.“ Vor dem langsam ergrauenden Mann blieb er stehen.

„Das freut mich für sie. Benötigen sie noch etwas?“

„Nein, danke, Alfred.“ Ja, den älteren Herrn, die gute Seele des Hauses würde er vermissen. Alfred Pennyworth, immer die Aufmerksamkeit in Person und immer da, wenn man ihn brauchte. Ab und zu hatte Dick sich tatsächlich gefragt, ob Alfred im Stande war, seine Gedanken zu lesen, so oft wie der Butler genau das richtige tat, um ihn aufzumuntern. Und auch jetzt bewies Alfred, wie gut er in Dicks Gesicht lesen konnte.

„Auch keine heiße Schokolade mit Marshmallows?“

Leise lachte Dick auf und schüttelte den Kopf. Wirkte er wirklich so genickt? Wie oft hatte der Butler ihn mit seiner selbstgemachten heißen Schokolade verwöhnt? Als er noch ein Kind war beinah täglich, immer dann, wenn er sich nach seinen Eltern sehnte, wenn er sich vor Trauer in sein Zimmer verzog und niemanden sehen wollte und später, wenn er nach einem harten Training, dass Gefühl nicht los wurde, das es für Bruce Anforderungen nicht ausreichte. Alfred lächelte ihn immer an, erklärte: Besser als jede Medizin und gut für die Seele und Dick nahm die Schokolade jedes mal dankbar an.

„Wie hat Miss Gordon ihren Abschied aufgenommen?“

„Gefasst, Alfred.“ Mit den Schultern zuckend wand Dick sich ab. „Ich dreh noch eine Runde.“ Er eilte nach oben in sein Zimmer, stellte den Rucksack ab, ließ den Helm neben dem Schrank auf dem Boden stehen und ging hinab in die Höhle, die er verlassen vorfand. Kein Bruce, kein Batman, kein Batmobil. Nachdenklich blieb er vor seinem Robin-Kostüm stehen, ließ die Finger über den Stoff gleiten und atmete tief durch. Er nahm nicht nur Abschied von Freunden, sondern auch von Dingen, die ihm in den letzten Jahren ans Herz gewachsen waren, wie Wayne Manor, die Höhle, die Jagd nach Verbrechern, sein Dasein als Robin und eben sein Kostüm. Er würde all dies hinter sich lassen müssen.

Er ließ sich Zeit beim Umziehen. Sein letzter Auftritt, dass letzte Mal als Robin im nächtlichen Gotham unterwegs. Morgen früh gehörte Batmans junger Partner der Vergangenheit an. Es würde keinen Robin mehr geben. Er würde einfach von der Bildfläche verschwinden, beinah so, als hätte es ihn nie gegeben. Einzig in der Erinnerungen der geretteten Menschen und der Verbrecher, die er hinter Gittern brachte, würde er weiterhin existieren und auf einigen unscharfen Photos, die im Laufe der Jahre von ihm gemacht worden waren. Einsam und verlassen stand sein rotschwarzes Robin-Motorrad in der Höhle. Auch das würde er nie wieder fahren.

Die Gedanken an sein Dasein als Robin konnte er abschütteln, aber nicht die wirbelnden Gedanken, die sich noch immer um Barbara drehten. Die letzte Umarmung begleitete ihn, als er auf seinem Bike die Höhle verließ und in der Dunkelheit der Nacht verschwand.

Ohne wirkliches Ziel fuhr er durch die Gegend und hoffte unterwegs nicht auf Batman zu treffen. Er ließ die bekannte Silhouette der Stadt auf sich wirken, die Farben der Reklametafeln und die Gerüche der Gassen und die Düfte, die aus den verschiedensten noch geöffneten Dinern zu ihm zogen. Er konnte es nicht leugnen, er liebte diese Stadt, war sie ihm doch zu einer Heimat geworden.

In einer der engen Gasse stellte er sein Bike ab. Ungesehen erreichte er seinen Lieblingsplatz und bezog dort Stellung. Die Gefühle die ihn durchtobten, würde er nicht in Worte fassen können, falls ihn jemand danach fragen sollte. Trauer, weil er wegging, paarte sich mit Reisefieber und der Freude auf das Kommende. Tief in seine Grübeleien versunken, bemerkte er die schlanke Gestalt nicht, die sich ihm näherte. Erst als sie ihn ansprach: „Ganz alleine heute?“, fuhr er erschrocken herum, ärgerlich darüber, dass sie ihn überraschen konnte. Normalerweise schaffte es niemand, sich von hinten an ihn heranzuschleichen, aber heute schien alles sonderbar. Diese Nacht fühlte sich anders an, als all die Nächte davor, irgendwie fremd, einsam, verloren, aber irgendwie auch verheißungsvoll.

Sein Herz schien ein paar Schläge zu überspringen, geriet einfach ins Stolpern. Plötzlich fühlte er sich als wäre er wieder sechzehn Jahre alt, mit feuchten Händen, Schmetterlingen im Bauch und feuchten Händen. Kein Wunder, denn nur ein paar Schritt von ihm entfernt, stand die Frau seiner Träume

„Nicht mehr“, antwortete er und war sich durchaus bewusst darüber, dass sein Grinsen viel mehr über ihr verriet, als er beabsichtigte. „Du bist da, ich bin da, sind wir schon zu zweit.“

„Batman?“ Ohne ein Geräusch zu verursachen, trat sie näher.

„Irgendwo unterwegs.“ Verträumt betrachtete er Batgirl, die seit beinah sechs Monaten an ihrer Seite kämpfte. „Wollen wir zusammen losziehen?“ Er stellte die Frage nicht ganz ohne Hintergedanken.

„Nimmst du mich mit? Mir steht leider kein so großer Fuhrpark, wie eurer, zu Verfügung. Ich kann mir kein Batmobil leisten.“

„Ich mir auch nicht“, lachte Robin. „Reicht nur für ein Motorrad, aber auf dem dürften wir beide Platz finden.“ Innerlich einen Flickflack nach dem anderen schlagend, nickte Dick ihr zu und verließ das Dach auf dem kürzesten Weg. Batgirl folgte ihm, leise, gewandt und genauso sicher in ihren Bewegungen, wie er. Gentleman, wie er war, reichte er ihr seinen rotgrünen Helm. Musste er halt ohne fahren.

Still triumphierend nahm er Platz. „Bitte aufzusteigen!“ Über den Seitenspiegel beobachtete er seine Angebetete. Batgirl schien nicht zum ersten mal auf einem Motorrad mitzufahren. Und so kam es, dass Dick innerhalb von ein paar Stunden, wieder eine Sozia mitnahm. Aber im Gegenteil zu Barbara, suchte Batgirl keinen Halt bei ihm. Schade, zu seinem Leidwesen musste er auf ihre Nähe verzichten.

„Wo wollen wir hin?“ Der Fahrtwind riss ihm die Worte regelrecht vor den Lippen weg, dennoch schien sie ihn verstanden zu haben.

„Ins Eastend?“, rief sie gegen die Fahrtgeräusche an.

„In Ordnung.“ Robin drehte am Gasgriff, fuhr schneller, als die vorgeschriebene Richtgeschwindigkeit und und genoss diese Nacht, seine letzte Nacht als Robin und was ihm den Abschiedsschmerz versüßte, war die Tatsache, dass er mit Batgirl alleine sein konnte. Kein Batman in der Nähe, was wollte er mehr?

Schon von Weitem erkannten sie das Blaulicht, das in der Finsternis der Nacht hell erstrahlte und vernahmen die Sirenen. Als sie den Tatort erreichten, bemerkten sie, dass sie zu spät kamen. Batman war ihnen zuvor gekommen. Einige Polizisten führten Männer, dem Anschein nach Angehörige der vietnamesischen Hanoi Tens, ab und andere verhörten Latinos, die zum Drogenkartell Rio Colorado gehörten. Zwischen zwei schwarzen Nobelkarossen lagen zwei silberne, geöffnete Koffer, einer Randvoll mit gebündelten Geldscheinen, der andere voller Kokain. Dieser Drogendeal war mit Sicherheit von Batman, der den Ort der Übergabe schon verlassen hatte, vereitelt worden.

„Zu spät“, kommentierte Batgirl, die näher an ihn gerückt war, um ihm über die Schulter blicken zu können. Mit keiner Silbe erwähnte sie die Tatsache das Batman und er getrennt unterwegs waren.

„Er scheint alles ganz gut alleine im Griff zu haben“, kommentierte Dick, mit einer gewissen Spur Bitterkeit in der Stimme. Noch vor drei Wochen hätten sie gemeinsam diesen Deal vereitelt und Robin war sich sicher, dass Batman nicht durch Zufall während der Übergabe anwesend gewesen war. Der Dunkle Ritter hatte ihn schon die letzten vierzehn Tage nicht mehr in seine Recherchen miteinbezogen, was Robin stoisch hingenommen hatte.

„Irgendwo finden wir etwas zu tun und wenn es nur ein Taschendieb ist, der eine Oma beklaut“, versuchte Batgirl ihn aufzumuntern.

Eine Gänsehaut rann ihm über den Rücken, als sie ihm eine Hand zwischen die Schulterblätter legte und mit fühlbaren Druck dort liege ließ.

„Ihr geht euch aus dem Weg?“

Sein Nicken war ihr Antwort genug. Sie fragte nicht nach und beließ es dabei. Einzig ihre Finger strichen über seien Rücken, bevor sie wieder verschwanden.

„Lass uns nach Miller Harbour fahren. Schauen wir mal, was im Rotlichtviertel und im Hafen los ist.“

Ihm war es im Augenblick wirklich egal, wohin es sie verschlug. Zwei Stunden durchkämmten sie systematisch die berüchtigsten Viertel der Stadt, ohne einen Erfolg.

„Nichts los“, grummelte Robin, der sich seinen letzten Einsatz ein wenig anders vorgestellt hatte. Es war zum Haare raufen. Das Beste war wohl, wenn sie einfach nach Hause fuhren. Sie kamen einfach ständig zu spät. Batman hatte seine Stadt im Griff. Ein Robin wurde tatsächlich nicht mehr benötigt.

„Kann ich dich irgendwo absetzen?“ Mit jeder Minute die verging, sank seine Laune. Nicht mal eine anständige letzte Prügelei war ihm vergönnt gewesen, dabei stand ihm doch gerade jetzt der Sinn danach.

„Ich muss dahin zurück, wo ich dich gefunden habe.“

Nickend gab er Gas und obwohl sein Wunsch, nur einmal mit Batgirl alleine zu sein, erfüllt worden war, fühlte er nur Wut und Enttäuschung in sich, keinen Triumph. Was nützte es ihm, mit ihr alleine zu sein, wenn so gar keine Anzeichen von Zuneigung von ihr kamen?

Kurz nach 3:00 Uhr hielt er wieder in der engen Gasse. Das war es dann wohl wirklich gewesen? In einigen Minuten gehörte Robin zur Geschichte der Stadt.

„Danke.“ Ein Lächeln kerbte die roten vollen Lippen, als sie ihm den Helm zurückgab. Auf ihn wirkte sie nicht enttäuscht. Sie schaute eher zufrieden aus, ganz im Gegensatz zu ihm. „Sehen wir uns morgen?“

Ein Schrei zerriss die Stille der Nacht und enthob Dick seiner Antwort. Er schwang sich von dem Bike und lief los. In den schmalen Gasse, zwischen den hohen Häusern, brach sich der Schrei und wurde als Echo zurückgeworfen. Es war nicht einfach zu ermitteln, in welcher Richtung die Frau, die noch immer schrie, sich befand. Nebeneinander rannten sie durch die Dunkelheit, übersprangen Pfützen und Unrat am Boden. Nur zwei Querstraßen entfernt entdeckten sie das Opfer und die Täter.

Acht Männer, Rocker, dem Äußeren nach zu urteilen, bedrängten eine blonde noch junge Frau. Sie trug silberne Highheels, einen kurzen schwarzen Rock, eine beige Bluse, darüber einen schwarzen Blazer und die farblich passende Handtasche, alles edel und teuer. Entweder kam sie von einem Clubabend oder aber von einem geschäftlichen Termin. Die langen Haare zu einer aufwendigen Steckfrisur gebunden, wirkte sie wie eine Tochter aus reichem Hause.

„Hey, ihr Möchtegern-Rocker!“ Hinter den Männern, die durchweg derbe schwarze Lederjacken trugen, baute er sich auf. An seiner Seite Batgirl, wie er zum Kampf bereit. „Lasst sie gehen!“

Wie in Zeitlupe drehte sich der Zwei-Meter-Mann, dem Anschein nach, der Rädelsführer der Bande, um. Langes, wohl eigentlich blondes Haar, hing ihm strähnig, wirr in das kantige, brutal wirkend Gesicht. Ein hochnäsiges Grinsen auf den Lippen, lachte er: „Sieh mal einer an, der junge Vogel und das flatternde Mädchen...“

Woher der etwa vierzig jährige Typ plötzlich das Springmesser hatte, konnte Robin nicht sagen. Wahrscheinlich war, dass der Mann das Messer schon in der Hand verborgen gehalten hatte.

„Euer Boss ist nicht zufällig in der Nähe?“ Der Schläger ließ seinen Blick kurz schweifen, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf Robin und Batgirl richtete. „Schade, dann macht es ja nur halb soviel Spaß.“

Die restlichen Typen des Schlägertrupps, die in Aussehen und Bewaffnung, ihrem Anführer in nichts nachstanden, bildeten vor ihnen einen Halbkreis. Dick erkannte diverse Messer, Totschläger, aber auch Eisenketten in den Händen der Angreifer. Durch ihre Bewaffnung ließ Robin sich aber nicht aus der Ruhe bringen, solange er keine Pistolen, Revolver oder Maschinengewehre entdeckte, war für ihn alles in Ordnung. Er stand gut im Training, beherrschte diverse Kampfsportarten, war wendig und flink und sich sicher, dass er diesen Kampf gewinnen konnte. Sein Blick wanderte zu der blonden Frau, die an der Hauswand hinabgerutscht war und sich mühsam aufrappelte. Sie zog ihre Handtasche zu sich, sammelte den herausgefallenen Inhalt, der sich auf dem Gehweg verteilte hatte, ein und starrte sie aus großen blauen Augen an. Soweit Robin sah, schien sie nicht verletzt zu sein.

„Verschwinden sie!“, rief er ihr gerade noch so zu, denn dann musste er sich auch schon ducken, da der Riese seine Faust ballte und diese direkt auf die Reise in sein Gesicht schickte. Dick konnte nicht mehr auf die Frau achten, da die Meute mit einem gemeinsamen Kriegsgeheul über sie herfiel.

Seite an Seite kämpfte er mit Batgirl. Zusammen wirkten sie, wie ein seit Jahren eingespieltes Team, als hätten sie nie etwas anderes getan. Gemeinsam schafften sie es der Rockerbande Herr zu werden. Robin interessierte es gerade gar nicht, ob er einem der Typen die Nase oder den Kiefer brach. Es ging ihm um seine Knochen und die von Batgirl, die wie er alles gab. Und mal ehrlich, es tat gut, all der aufgestauten Wut und seiner Enttäuschung freien Lauf zu lassen. Jeden Schlag den er ausführte, richtete er gedanklich gegen Batman, gegen Bruce, der ihn maßlos enttäuscht hatte.

Nach und nach zogen die Angreifer von dannen, mehr oder weniger auf den eigenen Beinen stehend. Zum Schluss stand ihnen nur noch der Riese gegenüber.

„Wir können es gerne auf die harte Tour zu ende bringen“, knurrte Robin außer Atem. Er wusste schon jetzt, dass ihn morgen der eine oder andere blaue Fleck im Spiegel anlachen würde.

Schnaufend, seine Niederlage nicht akzeptierend, stürzte der Rockerboss sich auf Robin, der ruhig abwartend dastand, um im rechten Moment einen Schritt zur Seite zu machen.

Wie ein wild gewordener Stier flog der Mann an ihm vorbei und da der Aufprall nicht folgte, geriet er ins Straucheln und schlug der Länge nach auf den Asphalt. Mit der Stirn schlug er hart auf der gegenüberliegenden Bordsteinkante auf. Robin war sich sicher, das der Typ Sterne sah, aber dies hielt ihn nicht auf. Der Schläger schüttelte sich kurz, knurrte wie ein Wolf und kam schwankend auf die Füße. Die Hände über dem Kopf ausgestreckt, schien er sich wieder auf Robin stürzen zu wollen, überlegte es sich dann jedoch anders. Mit dem Zeigefinger deutete er auf Dick und knurrte: „Dich krieg ich noch!“, danach funkelte er Batgirl an: „Und dich auch!“, ehe er die Beine in die Hand nahm und davon hetzte, als wäre eine Meute wilder Hunde hinter ihm her.

Heftig jagte das Adrenalin durch Dicks Körper. Seine Atem flog dahin, ihm war heiß und er spürte, wie die Anspannung von ihm fiel, wie er innerlich ganz ruhig wurde und entspannt. Gerade fühlte er sich, als könnte er die Welt aus ihren Angeln heben.

„Bei dir alles in Ordnung?“ Fragend schaute er sein Batgirl an.

„Ein klein wenig durchgeschüttelt“, lachte sie. „Aber nicht verletzt.“

Jetzt oder nie. Mit dem Hochgefühl, welches der gewonnene Kampf in ihm hinterlassen hatte und der abflauenden Wut in seinem Bauch, trat Dick vor seine Kampfgefährtin. Er suchte ihren Blick und bemerkte zum ersten mal, dass Batgirl tatsächlich größer als er war, was allerdings auch an den Stiefeln, die sie trug, liegen konnte. Es war egal, es spielte keine Rolle. Dieser Moment bot ihm die Chance seines Lebens. Kurz nur rief eine Stimme in ihm nein, die andere, die stärkere, lautere Stimme bat ihn, es zu tun und er gab dem Drang nach. Fest, aber nicht grob, griff er nach Batgirls Taille und zog sie an sich, ehe er ihre warmen, weichen Lippen mit den seinen aufsuchte, dass er dafür ein wenig auf die Zehenspitzen gehen musste, störte ihn reichlich wenig. Alles, was er gerade wollte, war diese wundervolle Frau in seinen Armen zu halten und zu küssen.

Wie gut sie roch, wie samtig sich ihre Lippen anfühlten und wie wundervoll ihr Körper an dem seinen. Diese unglaubliche Nähe sorgte dafür, dass ihm wohlige Schauer durch den Leib rollten und sich ein unglaubliches Kribbeln in seinem Magen und seinen Lenden ausbreitete.

Erst noch steif in seinen Armen liegend, schmiegte Batgirl sich nur Sekunden später an ihn. Ihre Hände suchten an seinen Seiten vorbei, den Weg unter sein Cape und legten sich besitzergreifend auf seinen Hintern. Ein heiseres Keuchen entfleuchte ihm, während sie den Kuss erwiderte. Er konnte nicht mehr anders, vertiefte den Kuss verlangend und zog ihr Becken enger an seines. Es war ein unglaubliches Gefühl ihr so nah zu sein, sie zu schmecken und ihren Körper zu spüren. Gerade als er die Hände auf ihrem Rücken auf Wanderschaft gehen lassen wollte, entzog sie sich ihm und trat ein wenig zurück. Heftig atmend schaute sie ihn an, griff nach seinen Händen, die noch immer an ihrer Taille lagen und schob sie bestimmt weg.

„Keine gute Idee, Robin“, murmelte sie sichtlich verwirrt.

Die Augen für einen Moment schließend, ließ Robin die Arme hängen. Was hatte er erwartet, dass sie Freudensprünge vollführte und sich ihm hier in dieser Gasse hingab? Was wusste er schon von ihr? Nichts, rein gar nichts, weder wie alt sie war, noch wie sie hieß, ob sie Single war oder gar verheiratet?

„Sorry!“ Er zuckte mit den Schultern. Zu mehr war er gerade nicht fähig. „Die Hitze des Gefechts.“

„Nichts für ungut, Robin, aber...“ Sie richtete ihr Cape, ließ ihn dabei aber nicht aus den Augen. „Vielleicht sollten wir uns erst mal besser kennenlernen und...“

„... ein Date haben?“, vollendete er und lächelte ein wenig schief.

„So was in der Art, ja“, lachte sie und kam wieder näher. Eine Hand legte sie flach auf seine Brust, direkt über sein Robin-Symbol, dann streiften ihre Lippen seine Wange. „Wir sehen uns...“ Mit wehendem Cape lief sie davon und tauchte in der Dunkelheit der Gasse unter. Alles was von ihr zurückblieb war ein Hauch ihres Parfums, welches Dick seltsam vertraut vorkam.
 

© by Grayson

Juni 2016



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Grayson
2016-09-27T14:10:17+00:00 27.09.2016 16:10
ups, hab ich was verdoppelt *g*...
Schön, dass es dir gefällt, gerade dieser Teil der Vorgeschichte lag mir irgendwie am Herzen... Gerade schreib ich an dem Teil, wo Dick zurückkehrt... Tja, wie wird sein Treffen danach mit Barbara verlaufen und wie mit Batgirl? Was denkst du, an wen musste Dick in den sechs Monaten eher denekn, an Babs oder an sein Batgirl *g*... Den Teil gibts in den nächsten Tagen...
Antwort von:  Ryukin
01.10.2016 17:00
Hmm ich denke, er wird an Batgirl denken! Aber auch seine Gefühle für Barbara kann er nicht unterdrücken. So wird er hin und her gerissen sein! Vielleicht wird er auch wissen wollen, wer hinter der Maske steckt.
Antwort von:  Grayson
02.10.2016 09:25
Na dann, Deiner Neugierde kann geholfen werden... Der Teil ist on... Wer weiß, vielleicht hat er ja das Rätsel, wer sich hinter der Maske verbirgt, ganz alleine gelöst... Viel Spaß...
Von:  Ryukin
2016-09-26T18:13:58+00:00 26.09.2016 20:13
Wunderbar! Es war ein voller Genuss, dass zu lesen! Gerne würde ich dir konstruktive Kritik geben, aber die Story ist einfach toll! Ein Fehler beim Text konnte ich lesen. Da war was doppelt geschrieben!


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