Joe
Takeru stand in der Bibliothek und sah über das Verzeichnis der verschiedenen Abteilungen. Irgendwo hier sollte Joe, laut seines Bruders, sein. Und das vermutlich bei... “Ah, Medizin, da ist es ja.” Der Blonde nickte zufrieden, als er auf dem Plan der Bibliothek die Medizinabteilung fand. Dort sollte er den Ältesten ihrer Gruppe doch finden. Seit Joe dieses Semester mit seinem Medizinstudium begonnen hatte, traf man ihn noch öfter als sonst in der Bibliothek an. Er war nur noch am Lernen.
Takeru benutzte die Treppe, um in den dritten Stock zu kommen, in dem die Medizin-Abteilung sein sollte. Er dachte daran, dass er vorgestern erst zehn Stockwerke gestiegen war, um zu Kari zu kommen. Und dann war sie nicht einmal da gewesen. Aber immerhin konnte Tai ihm ein paar Tipps geben. Mädchen standen auf sportliche Kerle, die einen tollen Körper hatten. Er war sportlich, er war kein schlechter Basketballspieler und sein Körper war dementsprechend auch nicht schlecht. Vielleicht sollte er einfach engere Oberteile tragen, so dass man mehr von seinem Oberkörper sah. Und vielleicht auch mehr T-Shirts oder welche ohne Ärmel. Und seine Trikots! In denen konnte man seine trainierten Arme sehen. Darauf würde Kari sicher stehen.
“Kann ich ihnen helfen?”
Takeru wurde von einer netten Stimme aus seinen Gedanken gerissen. Er musterte die vor ihm stehende ältere Frau, die ihn anlächelte. Sie schien eine Bibliothekarin zu sein und genau so sah sie auch aus, graue Haare zu einem Dutt, eine Brille auf der Nase. Das Einzige, das das Bild der typischen Bibliothekarin wiedersprach war das Lächeln auf ihren Zügen.
Takeru schüttelte seinen Kopf. “Nein danke, ich suche nur einen Freund.” entgegnete er freundlich.
“Na dann.” Erneut lächelte die Frau und ging weiter.
Takeru sah sich um und schließlich fand er denjenigen auch, wegen dem er hier war. Joe saß an einem großen Tisch, um sich herum viele Bücher, drei davon aufgeschlagen vor ihm und einen Block, auf dem er fleißig herumkritzelte.
“Hallo Joe.” begrüßte Takeru den Brillenträger, der erschrocken zusammenzuckte und aufsah.
“Oh, hallo T.K. Was machst du denn hier? Musst du auch lernen?”
“Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich wollte zu dir.” Der Blonde zog sich einen Stuhl am Tisch vor und setzte sich neben den Älteren.
“Wirklich?” Erstaunt sah Joe ihn an und schob seine Brille zurück.
T.K. nickte. “Ja… ich wollte dich etwas fragen.”
“Oh. Und was?” Neugierig und auch ein wenig stolz sah Joe seinen Freund an. Dieser hatte ihn extra gesucht, weil er eine Frage an ihn hatte.
“Ich wollte von dir wissen…” Unsicher begann T.K. eines der Bücher auf dem Tisch hin und her zu schieben. “Was du denkst, was Mädchen an Jungs toll finden.” beendete er seinen Satz und sah Joe an.
Dieser erwiderte den Blick mit großen Augen. “Du … du willst von mir wissen, was… was Mädchen mögen?” erwiderte der Ältere mit roten Wangen.
Takeru nickte. “Ja.”
“Da muss ich kurz nachdenken.” Joe starrte auf den Block vor sich, der von oben bis unten vollgeschrieben war.
Takeru wartete gespannt auf Joes Antwort. Der Ältere wüsste sicher, was Mädchen mochten. Wobei… eigentlich hatte er Joe noch nie mit einem Mädchen zusammen gesehen. Und wenn zum Beispiel Mimi mit ihm redete, dann wurde er immer ganz rot und stotterte. Vielleicht war Joe doch nicht die richtige Person zum fragen.
“Ich denke,” gab dieser plötzlich von sich und Takeru sah ihn erwartungsvoll an. “Also ich denke, dass es wichtig ist, einer Frau Sicherheit zu geben. Und das zum Beispiel durch einen guten Job. Wenn du einen guten Job hast und Geld verdienst, dann wissen Frauen, dass du dich um sie kümmern kannst. Das mögen sie sicherlich. Und dann kannst du sie auch öfter einladen, zum Essen gehen oder ihr Blumen kaufen. Das mögen Frauen.” Joe nickte zufrieden, von seiner eigenen Antwort begeistert. “Daher habe ich später sicher auch gute Chancen bei Frauen. Denn Arzt ist ein guter Beruf. Da hat man sehr gute Chancen. Und man wird auch nicht schlecht bezahlt und spätestens dann,” Joe wurde rot, “stehen sie auf mich.”
Takeru sah Älteren ungläubig an. “Du meinst, wenn du mit deiner Ausbildung fertig bist und arbeitest?”
Joe nickte. “Genau.”
“Aber dein Studium dauert doch fast elf Jahre. Bedeutet das, dass du solange keine Freundin haben möchtest?” Mit großen Augen sah Takeru Joe an.
Der erwiderte den Blick und plötzlich wurden seine Augen auch größer. “Was? Nein, natürlich nicht! Ich, oh mein Thor. Ich soll erst in zehn Jahren eine Freundin bekommen? Aber das geht doch nicht! Ich muss dringend jetzt schon jemanden kennenlernen, aber wie soll ich das nur machen? Ohje, ich…”
Takeru schlug sich eine Hand ins Gesicht. Was hatte er da nur getan? Es war ja nicht so, als würde Joe so schon oft genug durchdrehen und jetzt hatte er ihn auch noch auf dieses Thema gebracht. Langsam schob der Blonde seinen Stuhl zurück und stand auf. “Das passt schon Joe, mach dir keinen Kopf. Du wirst die Richtige schon zur richtigen Zeit finden.”
Takeru klopfte Joe auf die Schulter und machte sich dann vorsichtig auf den Rückweg. Das bekam der Ältere aber gar nicht mit, da er seinen Block herangezogen hatte und Aufrechnungen machte, wann er eine Freundin haben sollte, damit zeitlich alles perfekt lief. Takeru schüttelte seinen Kopf, als er an den Älteren dachte. Den hatte er mit seiner Frage jetzt ja ganz schön durcheinander gebracht. Und eine wirkliche Antwort auf seine Frage hatte er auch nicht bekommen.
Er selbst war jetzt 15 Jahre alt. Er würde nicht warten können, bis er eine Ausbildung fertig hatte und Geld verdiente. Vorallem wusste er jetzt ja noch nicht einmal genau, was er arbeiten wollte. Aber Joe hatte eine Sache gesagt, die ihm doch gefiel. Er hatte gemeint, dass Frauen es mochten, wenn man sie irgendwohin einlud und ihnen Blumen schenkte. Kari würden Blumen sicher gefallen, davon war er überzeugt.
Trotzdem hatte er Joe ganz schön durcheinander gebracht. Jetzt stellte der Berechnungen darüber an, wann er eine Freundin bekommen sollte. Takeru grinste. Wenn es Izzy gewesen wäre, dann hätte er jetzt ein Programm für den Computer programmiert, welches das genau ausrechnen würde. Takeru blieb stehen. Izzy… doch, diesen könnte er doch auch noch aufsuchen. Er hatte noch Zeit, also warum nicht?