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Bloody Eternity

von

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Wie du mir, so ich dir

Als Jane am nächsten Tag ihr Zimmer verließ, fiel ihr Blick unwillkürlich auf Aidens offenstehende Zimmertür. Ihr frisch gebackener Bodyguard war also schon auf den Beinen, wie sie wenig überrascht feststellte. Die Vampirjägerin wusste durch ihre Ausbildung, dass Untote bedeutend weniger Schlaf benötigten als Lebende, aber Aiden schien so oft wie möglich zu vermeiden, sich in seinen Räumlichkeiten aufzuhalten, woraus seine Gastgeberin schloss, dass er kaum schlief. Ob das nun an seinem übersteigerten Pflichtbewusstsein lag oder ihm seine Unterbringung nicht zusagte, konnte sie dabei nicht sagen.

Vielleicht lag es an ihrem Verhalten vom letzten Abend, überlegte die junge Frau auf dem Weg ins Badezimmer, und ein Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen. Ein wenig übertrieben hatte sie es ja schon; der Vampir hatte vollkommen überfordert auf das bisschen Körperlichkeit reagiert. Sie selbst war zufrieden mit sich, zeigte das doch, dass sie durchaus in der Lage war, ihre weiblichen Reize zu ihrem Vorteil einzusetzen. Obwohl er fast ein halbes Jahrtausend alt war und laut seiner eigenen Aussage bereits mit Frauen zusammen gewesen war, hatte Aiden wie ein kleiner, unerfahrener Junge gewirkt, und hätte sie nicht gewusst, dass das an ihrem Blut lag, hätte sie es fast süß gefunden.

Wie schon am letzten Abend ließ sie sich zu einem leisen Lachen hinreißen ehe sie sich um ihre Morgenroutine kümmerte.

Der Hausgast der McCollins saß bereits am Tisch und unterhielt sich mit Elizabeth, als Jane in die Küche trat. Ohne dass er sich eingemischt hätte klärten die Frauen wichtige Details bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen und Abholzeiten, dann machte die Ärztin sich schon auf den Weg zur Arbeit.

Wie zu erwarten gewesen war, gab es eine kleine Diskussion, was Aidens Anwesenheit in den Vorlesungen anbelangte. Allerdings brauchte Jane ein wenig Freiraum für sich, wollte Luft zum Atmen, weshalb sie ihm verklickerte, sie lediglich zur Universität zu bringen und abzuholen. Immerhin war die Wahrscheinlichkeit relativ klein, dass die blutrünstige Verfolgerin ihr auf dem Campus beziehungsweise im Universitätsgebäude etwas antun würde.

Ihre Vermutung bestätigte sich, da sie nach ihren Kursen wie erwartet unversehrt mit Logan nach draußen schritt und den Wagen ansteuerte, an dem ihr persönlicher Bodyguard lehnte.

Als er glaubte, noch außerhalb von Aidens Hörweite zu sein, fasste Logan Jane an der Schulter und hielt sie zurück, sodass sie ein wenig erstaunt in sein besorgtes Gesicht blickte. „Jane… Können wir kurz reden?“

„Hm? Ja, klar. Lass uns da rüber gehen“, schlug sie vor und ging mit ihrem Freund zu einer weiter entfernten Baumreihe, von der aus der Vampir an ihrem Wagen sie sicher nicht belauschen konnte. Dort angekommen sah sie ihren Kommilitonen fragend an. „Und? Was gibt´s?“

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich für dich da bin, wenn du Hilfe brauchst.“ Als er Janes verblüfften Gesichtsausdruck bemerkte, lächelte er und nahm ihre Hand. „Irgendwas bedrückt dich doch in letzter Zeit, und du sollst wissen, dass du mit mir reden kannst, wenn du möchtest. Wir können auch einfach was machen, um dich abzulenken. Wie du möchtest. Aber du bist nicht alleine, ja?“

Die Vampirjägerin hätte nicht damit gerechnet, dass man ihr ihre Sorge wegen der momentanen Situation so anmerkte. Andererseits war Logan eben sehr emphatisch und stets hilfsbereit, was sie sehr an ihm schätzte. Allerdings konnte er im Moment nichts für sie tun, weshalb sie ihn nur umarmte, vielleicht eine Spur fester, als sie es sonst getan hätte.

„Du bist echt ein Schatz.“

„Mhm… Aber wohl nicht der Richtige, um dir zu helfen…“, murmelte er, als er sich löste, mit einem Blick in Richtung von Janes Wagen – und somit zu Aiden.

„So ist das nicht“, protestierte Jane sofort, indem sie die Hand auf Logans Brust legte. Eigentlich wollte sie nicht mit ihren Freunden über ihren Job reden, nicht mal andeutungsweise, doch genauso wenig wollte sie, dass Logan etwas falsch verstand, also erklärte sie vage: „Es ist nur… Etwas, bei dem nur Aiden mir helfen kann. Aber ich weiß dein Angebot wirklich sehr zu schätzen. Mehr als alles andere. Danke, Logan.“

Als sie ihn warm anlächelte, entspannte der junge Mann sich merklich und lächelte zurück. „Für dich immer… Tut mir leid, dass ich so neugierig war.“

„Nein, ist doch klar! Mir tut´s leid, dass du dir meinetwegen Sorgen gemacht hast.“

Als sie merkten, dass sie sich nur beieinander entschuldigten, lachten die Studenten und Logan wuschelte ihr sanft durchs Haar. Sie plauderten noch ein wenig, dann begleitete er sie zu ihrem Wagen und verabschiedete sich von Jane und Aiden. Letzterer hatte sich wirklich gemacht, was seinen Umgang mit Logan anging. War er am Anfang noch herablassend gegenüber dem ´Jungen`, wie er ihn ständig genannt hatte, gewesen, so nickte er ihm jetzt höflich zu, bevor er in den Wagen stieg.

Jane war in Gedanken noch bei ihrem Gespräch mit Logan, als sie losfuhr. Er war immer so aufmerksam, freundlich und verständnisvoll. Ob er ihren Nebenjob auch verstehen würde? Doch sie konnte weder ihm noch ihren anderen Freunden davon erzählen, das würde sie nur genauso in Gefahr bringen wie ihre Mutter es im Moment schon war.

„Ich habe darüber nachgedacht, wie wir deinen Plan umsetzen können, aber mir fällt einfach nichts ein, wie wir sie aus der Reserve locken könnten“, fing Aiden an, nachdem sie eine Weile schweigend gefahren waren. „Wir haben kein Druckmittel gegen sie und wir wissen nicht mal, wo wir dich platzieren könnten, um sie aus ihrem Versteck zu locken. Es sei denn, dir ist in der Zwischenzeit etwas eingefallen?"

"Wir würden sie ja bereits aus der Reserve locken, wenn ich eine gewisse Distanz augenscheinlich alleine zurücklege. Was den Ort angeht... da bin ich mir sicher, dass Eldric etwas Geeignetes findet, sobald wir ihn von dem Plan in Kenntnis gesetzt haben", erwiderte die Brünette schlicht. Jane wollte ihre Meinung nicht ändern, sondern das Ganze endlich in die Tat umsetzen. Länger würde sie es nicht aushalten. Sie musste einfach etwas tun. Zwar war ihr noch nichts Konkretes in den Sinn gekommen, doch blickte sie dem Ganzen optimistisch entgegen.

"Aber damit sie uns abkauft, dass du ´augenscheinlich` alleine bist, müssten wir ganz schön weit weg sein. Sie kann mich immerhin wittern", gab er zu bedenken. Dann fiel ihm wohl etwas ein, das ihm ganz und gar nicht passte, denn er rümpfte die Nase, als er sagte: „Und ich lasse dich garantiert nicht alleine.“

Zuhause angekommen, wollte die Wirtschaftsstudentin sich eigentlich auf ihrem Zimmer zurückziehen, um einige Dinge zu erledigen, doch Aidens typisches Gemosere hielt sie von ihrer Ruhe ab. Allerdings kam sie gar nicht dazu, etwas zu erwidern, da sie der Klingelton ihres Handys unterbrach. Ohne zu antworten, kramte die Brünette das Mobiltelefon aus der Tasche und konnte den Namen ihrer Mutter auf dem Display erblicken, sodass sich ein ungutes Gefühl in ihr breit machte. Wieso rief sie jetzt an?

Kaum hatte die junge Frau den Anruf entgegen genommen, konnte sie schon die leise, zittrige und etwas atemlose Stimme ihrer Mutter vernehmen. "Jane... Liebes...", sprach Elizabeth kaum hörbar, worauf sich die Angesprochene sofort verkrampfte und die Tasche aus der Hand fallen ließ, um mit beiden Händen das Handy festzuhalten.

"Mom, geht es dir gut? Was ist los?"

"Jane... Ich wurde entführt. Sie möchte, dass du und Aiden... heute Abend, um 20 Uhr zu der Adresse kommt, die sie dir gleich per SMS schickt. Falls du irgendwelche Tricks versuchst oder zu spät kommst, wird sie mir für jede fünfte Minute... einen Knochen brechen", fuhr die Ärztin mit leiser Stimme fort, wobei die Vampirjägerin bereits den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Allerdings war kurz darauf schon das Freizeichen zu hören. Elizabeth hatte aufgelegt.

"Mom? Mom?! MOM!", brüllte die Vampirjägerin trotzdem laut, ehe sie verstummte und nur langsam, mit zitternden Händen das Handy vom Ohr nahm. Dabei weiteten sich ihre Augen, alle Farbe wich aus ihrem. Wie konnte das passieren? Sie hatten doch extra Leibwächter für sie arrangiert!

Noch während ihre Gedanken ratterten, piepste ihr Smartphone aufgrund einer Nachricht, in der die Adresse eines verlassenen Landhauses stand, welches sich in der Nähe eines Waldes befand.

"Was ist passiert?", fragte Aiden neben ihr, aber Jane hörte ihn kaum.

Mit geweiteten Augen starrte die Brünette auf das Display ihres Smartphones. Zwar spürte sie, wie er ihr die Hand an ihrer Schulter legte, doch reagierte sie zunächst nicht, da es einen Moment dauerte, bis der Schock nachließ. Allerdings dauerte es halb so lange, bis sich ihr Gesichtsausdruck sich änderte. Ihre Stirn legte sich in Falten, die Augenbrauen vertieften sich und ihre Augen blitzten praktisch vor blutrünstigen Mordlust. Von der anfänglichen Überraschung war innerhalb von wenigen Sekunden nichts mehr zu sehen. Vielmehr war sie immenser Wut gewichen, die auf ihren ganzen Körper überging, der unter dieser intensiven Gefühlsregung erzitterte.

„Sie hat sie“, brachte sie, tonlos vor Wut, zwischen Zähnen hervor, die sich kaum auseinander bewegen zu wollen schienen. „Diese Verrückte hat meine Mutter.“

In ihrem Zorn spürte Jane kaum, wie Aidens Griff um ihre Schulter sich verstärkte, bevor er losließ. Als wäre dies ein Kommando, stürmte Jane los in ihr Zimmer, wo sie sich für die Jagd vorbereitete. Auf den Vampir hinter sich achtete sie nicht mehr.

Ihre Hände zitterten vor Hass, als sie die gewohnte Montur aus Korsage, Funktionshosen und Stiefeln anlegte und ein halbes Dutzend Messer an ihrem Körper befestigte. Sie verbat sich die Frage nach dem ´Wie?` und ´Was wenn?`, denn das würde Elizabeth nicht retten. Jede Sekunde zählte, und sie würde die Zeit nutzen, die ihr blieb, das schwor sie sich. Tief einatmend, zwang Jane ihre angespannten Muskeln zur Ruhe und tippte einen Code in eine verborgene Stahltür am Ende ihres begehbaren Kleiderschrankes. Dahinter befand sich ihr persönliches Waffen- und Ausrüstungsarsenal. Mit gezielten Griffen schnappte sich die Vampirjägerin Munitionen, sowie eine große Schusswaffe, die sie allerdings im Wagen versteckt halten oder irgendwo in der Nähe des vereinbarten Ortes unbemerkt positionieren würde.

Nachdem Jane alles hatte, begab sie sich wieder nach unten. Aiden hatte bereits Schuhe an und lehnte, scheinbar entspannt, neben der Haustür, welche er kommentarlos öffnete, als seine Partnerin sich ihm näherte. Sein Gesicht war ruhig, nur seine sonst so freundlichen, sanften Augen glommen ebenso grimmig wie an dem Tag, als er Richard vor ihren Augen in Stücke gerissen hatte wie ein Kind eine Ameise. Gut. Heute konnte Jane es wirklich nicht gebrauchen, wenn er wieder den Moralapostel spielte.

Kaum waren sie aus der Garage heraus, da drückte Jane das Gaspedal durch, sodass ihr Audi aufheulte und die Insassen durch die Wucht in die Sitze zurückgedrängt wurden. Allerdings ließ sich die Brünette davon nicht beeindrucken, sondern hielt ihr Tempo. Dass sie dabei einen Strafzettel oder sogar eine Verfolgung der Polizei riskierte, interessierte sie nicht. Schließlich würde es den einen oder anderen Weg geben, um sich diesbezüglich aus der Schlinge zu ziehen - zumal die Regierung selbst mit den Vampirjägern zu tun hatte und so ziemlich alle Bestrafungen aufheben konnte. Außerdem konnte sie mit einem Strafzettel leben, nicht aber damit, noch ein Elternteil zu verlieren.

Die ganze Fahrt würde knapp eine Stunde dauern, sodass sie noch vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt ankommen würden, doch wäre es von Vorteil, wenn sie eine gewisse Zeitspanne für sich hatten. So konnten sie sich mit der Umgebung ein wenig vertraut machen und möglicherweise Dinge unbemerkt platzieren. Außerdem war es gut möglich, dass man die Verfolgerin durch die bloße Anwesenheit vorzeitig aus dem Versteck herauslocken und dementsprechend umlegen konnte - was in Janes Augen nur zu begrüßen wäre. Je eher sie das hinter sich hatten, desto eher würden sie ihre Mutter wieder sicher nach Hause bringen können.

"Wie alt schätzt du diesen Vampir ein?", wollte sie junge Frau von ihrem Begleiter wissen, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.

"Schwer zu sagen, ohne sie zu sehen oder ihre Fähigkeiten zu kennen. Vielleicht hundert?", überlegte Aiden laut, wobei sie seinen besorgten Blick bemerkte, jedoch ignorierte.

"Okay. Du schätzt sie also sicher mal jünger ein", murmelte die Brünette leise, während sich ihr Griff am Lenkrad fester wurde, sodass es für einen kurzen Moment leise knarzte. Man sah ihr an, dass sie mit ihrer Beherrschung kämpfte und am liebsten ihre Pumpgun genommen hätte, um dieser verrückten Bestie unzählige Kugeln durch den Körper zu jagen. Immerhin fasste niemand - schon gar nicht ein mordlustiger Vampir - ungestraft ihre geliebte Mutter an. "Denkst du, du bist in der Lage, sie in einem günstigen Moment festzuhalten oder zumindest eine Weile unschädlich zu machen?"

„Ja“, erwiderte er schlicht. "Ich verstehe nur immer noch nicht, wieso sie deine Mutter und die ganze Sache mit reingezogen hat. Sie hätte dich doch einfach so herausfordern können… Zumindest, bevor du Eldric benachrichtigt hast."

"Der Grund wird sie uns bestimmt nennen, sobald wir ihr gegenüber stehen. Ansonsten hätte sie meine Mutter bereits umgebracht und nicht damit gedroht, ihr alle Knochen zu brechen. Dementsprechend gehe ich davon aus, dass sie mir wohl explizit etwas vorführen will", meinte die Brünette leise, aber deutlich angespannt. Zwar hatte sie bis zum Anruf noch im Dunkeln getappt, doch seit jeher hatte so einiges begonnen, Sinn zu ergeben. Allerdings war die Frage nach dem 'wie' bezüglich der Entführung noch unbeantwortet und wenn sie ehrlich war, war es ihr egal. Es war unverzeihlich und mit den zuständigen Leuten würde sie bestimmt noch ein Hühnchen rupfen...

"Deine Mutter ist dein Grund, dich aus der Sicherheit des Zirkels auf ihr ´Spielfeld` zu begeben. Ich glaube eher, dass sie damit die Chancengleichheit wiederherstellen will. Wir sind zu zweit, kämpfen aber sozusagen mit Handicap", erklärte Aiden seine Einschätzung der Lage.

Das machte Sinn, weshalb Jane knapp nickte, aber eigentlich war ihr der Grund egal, aus dem die Vampirin ihre Mutter verschleppt hatte. Für sie zählte nur, dass man Elizabeth so schnell wie möglich aus ihren Fängen befreite und in Sicherheit brachte.

"Kennst du die Gegend, in die wir fahren?“, wollte Aiden wissen, als sie bereits eine Weile unterwegs waren.

"Ich kenne mich nicht wirklich gut in der Gegend aus. Allerdings weiß ich, dass sich in der Nähe ein großer Wald befindet. Außerdem habe ich, als ich kurz gegooglet habe, gesehen, dass sich auch ein Friedhof unmittelbar neben dem Landhaus befindet. Sie hat den Ort also mit Bedacht gewählt", berichtete die junge Frau, als sie ein wenig mehr Gas gab und die zwei Autos vor ihr mit mühelosen, kleinen Lenkbewegungen überholte.

"Ein Friedhof? Wie… Klassisch", konnte Aiden sich nicht zu sagen verkneifen und Janes Mundwinkel zuckten leicht - trotz der immensen Wut, die sie in dem Moment verspürte. Immerhin steckte wirklich eine gewisse Prise von Komik darin.

„Hast du schon eine Idee, was wir tun? ... Abgesehen davon, sie unschädlich zu machen?", fügte ihr Partner mit einem Blick auf den Rücksitz hinzu, auf dem sie ihre Waffe gelagert hatte.

"Als erstes werden wir zusehen, dass ich meine Pumpgun in der Nähe positionieren kann. Danach werden wir wohl ein paar Worte mit ihr wechseln und möglichst zusehen, dass wir meine Mutter von ihr losreißen können, um ihr anschließend ein paar Löcher im Körper zu verpassen und den Kopf abzureißen", fügte sie erschreckend nüchtern hinzu. "Darum ist es wichtig, dass du meine Mutter sofort in eine sichere Distanz bringst, sobald wir sie von ihr wegreißen können. Ich werde sie bis dahin ablenken und versuchen, sie unschädlich zu machen. Es wäre natürlich von Vorteil, wenn du es dann schaffst, sie festzuhalten und ich nach meiner Waffe greifen kann."

Sein Blick fiel auf die Uhr auf dem Armaturenbrett. "Wir werden noch etwas Zeit haben, uns umzusehen, sobald wir da sind. Vielleicht finden wir eine Stelle, an der wir sie von Elizabeth trennen und sie direkt in Sicherheit bringen können."

"Gut. Sobald wir die Pumpgun sicher und unbemerkt positioniert haben, schauen wir uns um", erwiderte die junge Frau und bog bei der nächsten Kreuzung links ab, wobei sie kurz zum Navigationsgerät schielte und sah, dass sie aufgrund der Geschwindigkeit innerhalb der nächsten zehn oder fünfzehn Minuten am Zielort ankommen würden. So würden sie gut eine halbe Stunde besitzen, bis diese Verrückte am vereinbarten Treffpunkt auftauchen würde.

"Was hältst du von der Idee, sie zu reizen? In dem Moment vergisst sie meine Mutter vielleicht und wir könnten sie dazu bringen, mir zu folgen oder sich auf mich zu fixieren? Allerdings... müssten wir dann auch den Grund wissen, weshalb sie uns seit Tagen nachstellt", schlug die Vampirjägerin vor. Da sie die Beweggründe jedoch nicht kannten, konnten sie nur hoffen, dass man ihnen diesen offenbaren würde. So könnten sie vielleicht die benötigten Schalter umlegen, um die Entführerin aus der Fassung zu bringen.

"Vielleicht sagt sie uns ja, was ihr Plan ist. Immerhin wird sie wollen, dass wir in dem Wissen um unsere Schandtat sterben", sagte Aiden mit ziemlich trockenem Galgenhumor. Bis dahin hatte er auf die Straße gesehen, aber jetzt wandte er ihr das Gesicht zu. "Du musst mir versprechen, nicht kopflos zu handeln, während ich deine Mutter wegbringe, Jane", verlangte er eindringlich. "Sobald ich wieder da bin, werde ich dir helfen, so gut ich kann."

Sie gab ein leises, verächtliches 'Tze!' von sich. Allerdings dachte sie an das Ereignis mit Richard zurück, weshalb sie sich noch rechtzeitig zurückhielt, tief durchatmete und nickte, um ihr Einverständnis zu geben. Sie sah ein, dass seine Sorge berechtigt war - so ungern sie das auch zugab. Schließlich hatte die Brünette nicht vor, so dumm zu handeln und irgendein Leben zu gefährden - weder Elizabeths, noch ihr eigenes, oder ... seines.

Ihre Augen weiteten sich ein wenig, als sie bemerkte, wie sich ihre Gedanken formten und wie sie mal wieder über den Vampir dachte. Sie presste ihre Lippen zu einer harten Linie zusammen, ehe sie tief durchatmete und sich dazu zwang, die Vorgänge in ihrem Kopf zu ändern und zur Seite zu schieben, so dass sie sich auf die Jagdpläne konzentrieren konnte. Er war ein Blutsauger, noch dazu ein Stalker, und jetzt war nicht die Zeit, diese Meinung zu ändern.

"Ich denke, der beste Ort, um sie von meiner Mutter zu trennen oder sie zur Verfolgung zu zwingen, wäre der Wald. Meine Schusswaffe würde ich allerdings in der Nähe des Landhauses verstauen, damit ich sie relativ einfach treffen kann. Von daher würde ich vorschlagen, dass wir uns wieder vor dem Haus oder in der Nähe des Friedhofes treffen, sobald du meine Mutter in Sicherheit gebracht hast."

"Sie wird es aber wohl bemerken, wenn wir uns schon früher auf dem Anwesen herumtreiben… Oder meinst du, sie sind noch nicht dort?", fragte er, als sie bereits durch den Wald fuhren, von dem sie gerade sprachen.

"Dieses Risiko werden wir wohl eingehen müssen. Jedoch hoffe ich einfach, dass ihre Emotionen ihr im Weg stehen und sie davon geblendet wird. Ansonsten werden wir ohne Pumpgun und mit Improvisation arbeiten müssen", entgegnete die Vampirjägerin, wobei sie natürlich wirklich sehr hoffte, dass sie den Plan so durchziehen konnten, wie sie es sich vorgenommen hatten.

"Wir müssen wahrscheinlich abwarten, wo sie uns überhaupt entgegen tritt und wie sich die Situation entwickelt… Wenn du den Wagen etwa hier parkst, kann ich diene Mutter innerhalb von… Vielleicht drei, vier Minuten herbringen, damit sie aus der Gefahrenzone fahren kann", merkte er an, als sie noch etwa zehn Autominuten von ihrem Ziel entfernt waren. "So können wir uns auch gleich umsehen."

Das hielt auch seine Partnerin für eine gute Idee, sodass sie den Wagen hielt und beide ausstiegen. Jane schnappte sich ihre Schusswaffe, die sie ohne Mühe mit sich trug. Sie bemerkte Aidens amüsierten Blick, als sie das große Gerät zur Hand nahm, warnte ihn jedoch mit verengten Augen vor einem sarkastischen Kommentar. Dass der Vampir es für witzig hielt, wie sie, eine zierliche Frau von nicht mal einem Meter siebzig, eine Pumpgun trug, konnte sie sich gut vorstellen. Allerdings war das wohl eines der Dinge, die sie am wenigsten interessierte. Zu seinem Glück verkniff Aiden sich tatsächlich jede Bemerkung. Schließlich befasste sie sich mit einigen Dingen, die mit ihrem Äußeren nicht unbedingt vereinbar waren, und jetzt hatte sie weder Zeit noch Geduld für eine seiner ewigen Belehrungen.

Kurz blickte die junge Frau auf die Uhr, wobei sie feststellte, dass ihr wirklich gut eine halbe Stunde blieb, bis sich ihre Stalkerin offiziell zeigen würde. Dementsprechend stapfte sie mit ihrem Begleiter durch den Wald, versuchte sich einige vorteilhafte Stellen zu merken, bevor sie nach einigen Minuten am Rand ankamen und kurz darauf das große, aber offensichtlich verlassene Landhaus erblicken konnten. Die gelbe Fassade des kastenförmigen Gebäudes bröckelte, die Fensterläden, die noch an Ort und Stelle waren, verrotteten in ihren Halterungen und der einstmals aufwändige Putz unter dem Dach war von der Witterung angefressen worden. Die üppigen Gärten, die das Anwesen bis zum Wald und dahinter umgaben, waren verwildert und in der Nähe führten rostige Laubenstangen zu dem Friedhof, von dem Jane vorhin gesprochen hatte. Dass es bereits stockdunkel war, trug nur zur Aura dieses tristen Ortes bei, und ein Mal mehr beneidete Jane ihren Begleiter um seine hervorragenden Augen, die im kalten Licht des Mondes schimmerten wie die einer Katze. Schon im Wald hatte er sie das eine oder andere Mal gestützt, als sie über eine Wurzel gestrauchelt war.

Am Rand des Waldes blieb Jane stehen und wandte sich an Aiden. "Damit das klar ist: Sie ist meine Beute. Ich werde sie töten."

Ihre Blicke trafen sich, etwas in seinen Zügen verhärtete sich und er drehte den Kopf wieder weg. "Ich weiß", sagte er kühl, aber ergeben.

Stets darauf achtend, ob sich irgendetwas Eigenartiges in der Umgebung tat, schritt die Vampirjägerin auf das Gebäude zu und suchte nach einem geeigneten Versteck, wobei sie relativ schnell eines fand: Ein massiver, hoher Blumentopf im Garten. Noch einmal sah sich die Brünette um, ehe sie ihre Schusswaffe darin versteckte und ihrem Partner mit einem kurzen Kopfnicken andeutete, Richtung Friedhof zu gehen.

Dort angekommen, sah sich die Brünette um, konnte allerdings auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches feststellen.

"Ich denke nicht, dass wir diesen Ort zu unserem Nutzen brauchen können. Er ist zu offen. Außerdem glaube ich, dass sie diese Adresse mit dem Friedhof gewählt hat, um uns indirekt auf unseren - in ihren Augen - baldigen Tod hinzuweisen", meinte sie leise.

Ihr Begleiter war ein wenig weiter geschlendert, stand jetzt jedoch mitten auf dem Weg und sagte mit einem seltsamen Lachen, das sie aufblicken ließ: „Sieht so aus.“

Jane folgte ihm und was sie sah, ließ sie kurz stocken. Drei frische Gräber und ein Scheiterhaufen waren bereits vorbereitet und warteten auf die Toten, die es laut der Stalkerin wohl bald zu begraben galt. Nun, nicht, wenn es nach der Vampirjägerin ging, die sich jetzt resolut abwandte, um zum Anwesen zu gehen, auf dem sich sicherlich bald ihre Gegnerin zeigen würde.

Wie gewohnt folgte Aiden ihr auf dem Fuß. Plötzlich gab er ein leises Knurren von sich, trat einen schnellen Schritt nach vorne, sodass er halb vor Jane stand, und sagte leise: „Sie ist da.“

Die beiden Jäger traten um die Ecke des Hauses und tatsächlich: Auf dem Vorplatz des Hauses stand, halb verborgen hinter Elizabeth, eine fremde Vampirin. Sie war eine kleine, zierliche Blondine – Und ein Monster.

"Da seid ihr ja - Und so pünktlich! Ich bin beeindruckt. Immerhin hast du deinem Welpen Manieren beigebracht, nicht wahr?", fragte die Untote Elizabeth in einem angeregten Plauderton. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck innerhalb von Sekunden, ihre Hand fuhr in das Haar der Ärztin und zog dieses heftig zurück, sodass ihre Kehle entblößt dalag. Sie lehnte sich näher zum Ohr der Mutter und flüsterte mit einem Fauchen in der Stimme: "Nun, das habe ich bei meinem Jungen auch getan. Er war ein guter Junge - und jetzt ist er tot."

Aiden, hatte sich erneut halb vor Jane gestellt, sobald ihr Feind aufgetaucht war. "Dein Sohn?", fragte er.

"Mein Sohn, den ihr umgebracht habt, weil er sich zu ernähren versucht hat!", brüllte die Vampirin, und jetzt zwang sie die vor Schmerz wimmernde Elizabeth vor sich auf die Knie. Erneut veränderte sich der Gesichtsausdruck der Blondine, diesmal zu einem sanften Lächeln. "Ich werde euch zeigen, wie es sich anfühlt, eine geliebte Person zu verlieren… Direkt…" Sie zog ein Messer aus dem Gürtel. "Hier…" Das Messer wanderte zu Elizabeths Hals. "Vor euren Augen.“

Innerhalb von Sekunden schnellte Jane vor und stürzte sich auf die Verrückte. Dabei griff die Jägerin nach ihrem gezackten Messer und versuchte es ihrer Gegnerin in die Brust zu rammen, wobei sie kurz Notiz davon nahm, wie Aiden verschwand und nach ihrer Mutter sah, um sie anschließend in Sicherheit zu bringen. Es fiel ihr schwer, nicht selbst hinterhergehen zu können, da sie am liebsten sichergestellt hätte, dass es Elizabeth gut ging. Aber sie war bei Aiden. Sie würde sicher sein.

"Dafür, dass du sie angefasst hast, bringe ich dich um, du elende Bestie!", zischte die Brünette wutentbrannt, als sie es schaffte, der mordlustigen Bestie mit dem Messer eine tiefere Schnittwunde am Oberkörper zuzufügen. Jane duckte sich hinter ihre Waffe mit der sie der Vampirin auffordernd zuwinkte.

Sollte sie nur kommen…
 

~ Aiden ~
 

Das Messer drückte gegen die Haut und wenige Tropfen Blut traten aus. Aiden fühlte den Anflug des Blutrausches und seine Zähne, die gegen die Lippen drückten, aber er ignorierte beides, als er die Wahnsinnige angriff. Diese schmiss Elizabeth durch die Luft wie eine Puppe und wehrte sich gegen ihre beiden Gegner, denn natürlich war auch Jane sofort auf sie losgegangen. Es fiel Aiden wirklich schwer, sich von den beiden Frauen abzuwenden, aber er änderte mitten im Lauf die Richtung und sprang hinter Liz her über den kleinen Balkon, nicht sicher, was er dort vorfinden würde.

Die Ärztin lag reglos auf dem Boden, aber er konnte riechen, dass sie noch lebte. Äußerst vorsichtig hob er ihren Oberkörper ein wenig an. "Mrs McCollins? Elizabeth?" Von der Terrasse waren die Geräusche des Kampfes zu hören und auch der Blutgeruch der Frau lenkte ihn ab, als er ihr vorsichtig auf die Beine half. "Geht es Ihnen gut? Ich werde Sie zu Janes Auto bringen, in Ordnung? Sie müssen sich nur festhalten." Mit diesen Worten hob er Elizabeth auf den Arm und lief erneut los, ohne noch einen Blick zurück zu werfen.

Die Kampfgeräusche der ungleichen Gegnerinnen wurden immer leiser, als Aiden und sein Gepäckstück die Bäume erreichten, aber er erlaubte sich nicht, langsamer zu werden. Eine Minute mehr oder weniger konnte darüber entscheiden, ob Jane lebte oder nicht. Elizabeth, die sichtlich unter Schock stand, klammerte sich an seinen Hals, wobei sie und der Geruch ihres Blutes überaus nah waren. Der Vampir beschleunigte seine Schritte noch mal, nicht sicher, wie lange er das noch bei klarem Verstand aushalten konnte.
 

~ Jane ~
 

Leise stöhnend taumelte Jane zurück, die rechte, verletzte Schulter schützend ein wenig zurückgenommen. Die Vampirin war schnell, und die Jägerin hatte Glück, nur so leicht verletzt worden zu sein, aber eine Prellung würde sie dennoch davontragen, und auf jeden Fall behinderte der Schmerz sie im Kampf. Rechts war ihre starke Seite, doch sie konnte auch mit links kämpfen, und darauf musste sie sich jetzt wohl verlassen.

Das Monster lachte auf, zeigte die langen Zähne und gab ein bedrohliches Zischen von sich, ehe es sich wieder auf Jane stürzte. Während die Jägerin weiterhin das Messer schwang und gleichzeitig versuchte, den Kampfplatz Richtung Pumpgun zu locken, hielt die Gegnerin kurz inne, da sie witterte, wie der Geruch von Elizabeths Blut dünner wurde und sich immer mehr entfernte. Das lag nicht nur daran, dass die Ärztin sofort ihre Hand auf die Wunde gepresst hatte, als sie wieder zu sich gekommen war, sondern auch daran, dass Aiden sie mittlerweile schon durch den Wald trug.

Diesen kurzen Moment nutzte die Vampirjägerin aus, um zu der Vase zu hechten und nach ihrer Schusswaffe zu greifen, doch bevor sie diese verwenden konnte, rannte der blonde Vampir bereits in den Wald.

"Glaub ja nicht, dass ihr so einfach davon kommt!! Ich werde euch töten! Ich werde euch alle auseinandernehmen, wie ihr es bei meinem Sohn, bei Oliver getan habt!", schrie die Verfolgerin, wobei ihre Stimme gegen Ende einen schrillen Ton annahm.

„Verdammt!!", fluchte Jane laut, ehe sie direkt die Verfolgung aufnahm. Doch da war die Vampirin schon hinter Aiden im Wald verschwunden. Jane zögerte eine Millisekunde, ehe sie eine andere Richtung einschlug. Sie wusste ja, wohin ihr Partner ihre Mutter bringen würde, und wenn alles nach Plan lief, könnte sie die Untoten abpassen, bevor sie den Audi erreichten.

Wenn…, dachte sie und beschleunigte ihre Schritte.
 

~ Aiden ~
 

Endlich erreichten sie den Wagen und Aiden setzte die Ärztin behutsam ab. "Fahren Sie nach Hause. Hier wären Sie nur in unnötiger Gefahr", erklärte er ihr sanft, woraufhin Elizabeth kurz protestierte - Natürlich wollte sie bei ihrer Tochter sein und sicher gehen, dass sie in Ordnung war - Doch dann setzte sie sich ins Auto.

Bevor er sich abwenden konnte, ergriff die Ärztin seine Hand. In ihren Augen lagen blanke Angst, Schmerz und Sorge. „Pass bitte auf sie auf… Und auf dich auch.“

Es überraschte den Vampir, dass Elizabeth ihn in ihre Sorge einbezog, doch jetzt war nicht die Zeit für Gefühlsduselei, also nickte er nur knapp und schloss die Tür.

Aiden wartete nicht auf das Motorengeräusch, sondern wandte sich auf der Stelle um und rannte los. Jane… Er konnte nicht sagen, wer die Oberhand gehabt hatte, als er die Kämpfenden hinter sich gelassen hatte, und inzwischen hätte sich alles wandeln können. Ihr Feind könnte tot sein – Aber auch seine Partnerin.

Das Quietschen von Reifen ließ Aiden herumwirbeln, doch da sah er nur noch einen Schemen durch die Luft fliegen und gegen den nächsten Baum krachen. Der Wagen war zum Stehen gekommen und Elizabeth wollte mit zitternden Fingern die Tür öffnen um zu sehen, wen sie da angefahren hatte. Aiden brauchte nicht näher zu kommen um das zu wissen, er konnte es riechen.

„Fahren Sie!“, brüllte er, schon auf dem Weg zu ihr zurück, doch da rappelte sich die Vampirmutter bereits wieder auf die Beine.

Ein hässliches Lächeln teilte ihre Lippen, als sie auf das Auto zuwankte, in dem die panische Ärztin mit dem Zündschlüssel kämpfte. Und Aiden war zu weit weg, sie wäre vor ihm da, er war einfach schon zu weit weg, obwohl er es Jane versprochen hatte. Er war zu spät.

Zu spät…

Bevor der Schock ihn übermannen konnte, war ein Brüllen zu hören und etwas – oder jemand – brach vor ihm aus dem Wald wie eine Naturgewalt. Der Vampir hörte ein ungesundes Knacken, als Jane abbremste, doch sie beachtete den Protest ihres Körpers gar nicht, sondern stürzte sich direkt auf ihre Widersacherin.
 

~ Jane ~
 

Jane hörte das Krachen, als sie sich der Lichtung näherte, und fragte sich, was sie dort vorfinden würde. Wenn es ihre Mutter war…

Die Vampirjägerin erlaubte sich nicht, jetzt Angst zu haben, sondern beschleunigte ihre Schritte, bis sie endlich ein silbernes Glänzen zwischen den Bäumen sah. Sie tauchte genau zwischen dem Audi und der Vampirin auf der Straße auf, stolperte noch ein paar Schritte weiter und bremste abrupt ab. Durch die plötzliche Wucht beim Bremsen verlor sie kurz den Halt, spürte sofort ein heftiges Ziehen in ihrem linken Fuß, das sie allerdings gekonnt ignorierte. Stattdessen feuerte sie direkt mit ihrer Schusswaffe in den Oberschenkel ihrer Gegnerin, die aufschrie und nur wenige Sekunden später zwei weitere Kugeln in der Schulter und auf der Seite abbekam, sodass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und zu Boden fiel.

Keuchend blickte die Brünette über die Schulter, wo sie ihre Mutter sicher, praktisch unverletzt, im Wagen sah und erleichtert aufatmete. Mit einem kurzen Nicken signalisierte sie der Älteren, dass alles in Ordnung war - abgesehen vom Schmerz in der Schulter und im Fuß - und deutete ihr so an, loszufahren. Nach einem kleinen Moment des Zögerns, startete Elizabeth den Motor und fuhr aus dem Wald, um in eine sichere Distanz zu gelangen.

Als ihre Mutter aus dem Blickfeld war, wandte sich die junge Frau wieder an den leise, wimmernden Vampir, der auf dem Boden lag. Ohne jegliches Mitgefühl schritt sie zu ihr und trat ihr mit voller Wucht auf die Schulter, in der die Kugel steckte, sodass die Blondine unter ihr vor Schmerz gepeinigt und schrill aufschrie.

"Niemand, wirklich niemand fasst meine Mutter an und kommt ungeschoren davon. Schon gar nicht ein Miststück von einem Vampir!", zischte die Jägerin laut und schob unterdessen eine andere Munition in die Schusswaffe, ehe sie diese gegen die Stirn der Kreatur unter sich richtete. Ohne mit den Wimpern zu zucken schoss sie ihr in den Kopf. Allerdings löste sich die Brünette gleich von ihr, drehte sich um und ging einige Schritte, bevor hinter ihr etwas piepste und kurz darauf der Kopf des gejagten Vampirs explodierte.

"Es ist zwar nicht mein Lieblingsstil, einen Vampir so zu töten, weil die Aufräumarbeiten so mühsam sind, doch diese Bitch hat es nicht anders verdient", meinte sie leise seufzend, als sie sich an den nächsten Baum anlehnte und sich sichtlich erschöpft durch die Haare fuhr. Im Kampfgewühl hatte sie Aiden zwar nicht gesehen, doch sie wusste, dass er in der Nähe sein musste. Das war er doch immer.

"Hast du dich verletzt?", ignorierte der Vampir mal wieder ihre Kaltschnäuzigkeit, als er sich ihr näherte.

Sie atmete noch ein wenig schwer, verspürte erst jetzt, wie ihr Körper ächzte, ihre Schulter und ihr Fuß aufgrund der Verletzungen schmerzten, doch das war nichts. Ihre Mutter hätte tot sein können… Bei dem Gedanken kochte erneut Janes Zorn auf und am liebsten hätte sie die Stalkerin nochmal in die Luft gejagt. Stattdessen schüttelte sie nur zu Antwort den Kopf. Es ging ihr gut.

Ihr Partner sah nicht überzeugt aus und weitete etwas die Nasenflügel, konnte aber anscheinend kein Blut wittern und war damit zufrieden. Dann klemmte er sich den Rest des anderen Vampirs unter den Arm und nickte in Richtung des Hauses. "Ich kümmere mich darum, ruh du dich kurz aus… Du hast bestimmt ein Feuerzeug?"

Mit einem Nicken übergab sie das Feuerzeug, ehe sie ihre schwere Pumpgun gesichert und ungeladen auf den Boden legte. Sie sah Aiden kurz hinterher, der mit der zerfledderten Leiche zwischen den Bäumen verschwand, und lehnte sich erschöpft mit dem Rücken an den dicken Stamm einer Eiche. Im Normalfall hätte die junge Frau nun damit begonnen, das Chaos zu beseitigen, doch die ganze Anspannung der letzten paar Tage löste sich in ihr und machte Erschöpfung und Müdigkeit Platz, sodass sie nur ein kurzes Telefonat mit Eldric führen konnte, um ihm von der ganzen Situation zu berichten.

Nachdem sie sich wieder ein wenig gefangen und ein paar Mal durchgeatmet hatte, machte sie sich endlich daran, den Ort von den restlichen Spuren zu befreien. Immerhin konnte es kein Vampirjäger riskieren, irgendwelche Evidenzen zurückzulassen, die auf den getöteten Vampir oder sogar den Zirkel hinweisen konnten.

Gerade, als sich Jane runterbeugte, um die Schusswaffe wieder an sich zu nehmen, konnte sie Aidens Schritte und Stimme hinter sich hören.

"Alles erledigt… Aber weißt du, welchen Oliver sie gemeint hat? Davon stand nichts in den Akten, oder?"

"In der Tat. Er war nicht in den Akten - noch nicht", erklärte die Brünette, als sie sich mit vergleichsweise schweren Gliedern erhob und sich an ihn wandte. "Bis vorhin habe ich selbst nicht gewusst, wovon sie sprach, doch als ich gerade eben mit Eldric telefoniert habe, wurde mir einiges klar."

Mit einem kurzen Ruck schulterte die junge Frau die Pumpgun auf ihrer gesunden Seite, bevor sie ihrem Begleiter mit einer kleinen Geste zu verstehen gab, dass sie sich auf den Weg nach Hause machen sollten. Sie ging voraus, musste sich allerdings ein wenig auf die Zähne beißen, da sich bei jedem Schritt mit dem linken Fuß ein stechender Schmerz bemerkbar machte.

"Erinnerst du dich an den Vampir, den wir hinter dem Vegas Club getötet haben? Er war ihr Sohn. Ich habe seinen Tod einen Tag später im Zirkel gemeldet, doch bis heute Morgen hatten wir noch keinen offiziellen Namen zu den Akten", fuhr sie mit ihrer Erklärung fort, wobei sie stur den Schmerz und die Müdigkeit in ihrem Körper ignorierte.

Während er ihren Erklärungen zuhörte, sah Aiden natürlich, wie sie zusammenzuckte, als die schwere Waffe ihre Schulter berührte. Kommentarlos nahm er ihr die Pumpgun ab und schulterte sie selbst. Jane setzte zu protestieren an, schluckte ihre Worte jedoch runter. Es brachte ja doch nichts, mit ihm zu diskutieren, wenn er eine Chance sah, den Kavalier zu spielen.

"Der kleine Junge? Das erklärt vieles", sagte er nachdenklich, dann musste er seufzen. „Hab ich doch gewusst, dass uns das noch mal einholen würde… Und da wir ohne offiziellen Auftrag gehandelt haben, ist es kein Wunder, dass es keine genauen Aufzeichnungen dazu gegeben hat.“

In Janes Augen war es überaus dumm von ihr gewesen, dass sie nicht an den Fall hinter dem Vegas Club gedacht hatte. Schließlich hätte es ihnen einigen Ärger und viele Probleme erspart, wenn sie diesen Oliver in Betracht gezogen hätten.

"Hat Eldric etwas dazu gesagt, dass seine Leute deine Mutter nicht beschützt haben?", fiel Aiden ein, als sie schon ein Stück weit gelaufen waren.

Sie knirschte mit den Zähnen und erinnerte sich daran, ihnen die Leviten zu lesen. Ohne deren Fahrlässigkeit wäre dieses Chaos niemals entstanden und Elizabeth wäre niemals in Gefahr geraten.

"Eine Patientin fühlte sich bei der Untersuchung unwohl, weshalb meine Mutter ihre Bodyguards gebeten hat, fünf Minuten nach draußen zu gehen. Diese kurze Zeitspanne hat die Verrückte genutzt, um sich meine Mutter zu schnappen", erklärte die Brünette schwer seufzend und fuhr sich dabei durch die Haare. Natürlich, es war irgendwie der Fehler der Ärztin gewesen, doch ihre Beschützer hätten es besser wissen und an ihrer Seite verweilen müssen. Immerhin verließ kein guter Leibwächter die Seite des Schutzbefohlenen - egal, in welcher Situation.

"Verstehe… Es wundert mich, dass hier noch keine ganze Brigade von euren Leuten aufgetaucht ist. Immerhin können sie dich tracken", meinte er mit einem Nicken zu ihrem Ring.

"Bevor wir losgefahren sind, habe ich Eldric verständigt und ihm gesagt, dass sie uns nicht folgen sollten. Allerdings gefiel ihm das nicht, sodass wir den Kompromiss gemacht haben, dass man uns per GPS verfolgen darf, sobald eine Stunde vorüber ist und ich mich bis dahin nicht gemeldet habe", erklärte sie auf seine Verwunderung hin. Immerhin war diese berechtigt gewesen - wenn man bedachte, dass sie in den letzten beiden Tagen rund um die Uhr beobachtet und verfolgt wurden. Dies würde nun jedoch ein Ende haben, da die ganze Sache erledigt und die Gefahr endlich vorüber war. Zum Glück. Einen Tag länger und sie wäre wahrscheinlich durchgedreht oder hätte den nächstbesten, unbrauchbaren Gegenstand zerschmettert. Schließlich war Geduld nie wirklich ihre Stärke gewesen - vor allem dann nicht, wenn es um das Leben ihrer geliebten Familie ging. Diese Gedanken brachten sie so in Rage, dass sie nicht auf ihre Schritte achtete und ihren Knöchel ungünstig belastete, sodass sie schmerzlich zischte, was Aiden natürlich nicht entging.

"Du hast dich doch verletzt", stellte er mit leisem Vorwurf in der Stimme fest.

Es war in ihren Augen schon schlimm genug, dass sie ihm ihre Schusswaffe übergeben hatte und sie diese nicht selbst tragen konnte. Dass er nun noch auf ihren Fuß ansprach, der offensichtlich verletzt war, missfiel ihr folglich sehr. Dennoch machte die junge Frau keinerlei Anstalten, stehen zu bleiben, sondern ging stur weiter, sodass sie schließlich den Waldrand erreichten.

"Ich könnte dich tragen", schlug Aiden unvermittelt vor, scheinbar ohne groß darüber nachzudenken, denn direkt im nächsten Moment wurde er verlegen. "Ich meine, so brauchen wir ewig, und Elizabeth macht sich sicher Sorgen. Außerdem verschlimmerst du die Stauchung vielleicht noch", versuchte er es mal mit logischen Argumenten.

Sein Angebot ließ sie abrupt stehenbleiben und ihren Begleiter mit einer leicht gerunzelter Stirn ansehen. Wie bitte? Hatte sie sich gerade verhört? Er sollte sie tatsächlich tragen? Der Gedanke, in seinen Armen zu liegen, erschien ihr so absurd, dass Jane fast losgelacht hätte. Allerdings war seine Argumentation so schlüssig, dass es ihre Intention nicht verfehlte und die Vampirjägerin zum Nachdenken anregte.

"...Okay", gab die Brünette dann leise, wenn auch etwas zögerlich von sich und vermied es dabei, ihm ins Gesicht zu sehen. Schließlich gefiel es ihr nicht - es war ihr vielmehr peinlich. Trotzdem wollte sie diesmal über ihren Schatten springen, auf sein Angebot eingehen und nicht weiter mit ihm diskutieren. Zum einen, weil ihr Körper aufgrund der Erschöpfung und des Schmerzes ächzte und zum anderen, weil sie ihm überaus dankbar war.

Verwirrt konnte Aiden erstmal nichts tun als zu blinzeln, dann trat er zögerlich einen Schritt auf sie zu. "Wirklich?", fragte er ungläubig.

Auf sein Nachfragen hin seufzte Jane schwer und hätte am liebsten ihre Zustimmung zurückgenommen, doch da sie nun wirklich nicht eine Ewigkeit durch die Gegend humpeln und so schnell wie möglich bei ihrer Mutter ankommen wollte, hielt sie sich zurück und nickte. Allerdings lag es daraufhin wieder an ihr, die Augenbrauen etwas verdutzt anzuheben, als Aiden an sie herantrat und für einen kurzen Moment zögerte. Was war denn nun verkehrt? Er war es doch gewesen, der ihr das Tragen vorgeschlagen hatte. Weshalb also, zögerte er nun? Nicht im Traum dachte sie daran, dass er sich möglicherweise genierte oder es teilweise sogar als unsittlich betrachtete, sie auf die Arme zu heben und so durch die Gegend zu tragen. Natürlich, es konnte für Außenstehende komisch aussehen, doch so wie der Vampir sich bewegen würde, würde es nicht wirklich irgendwelche Leute geben, die sie sehen konnten.

Bevor die junge Frau jedoch fragen konnte, spürte sie schon seine Hände unter ihren Kniekehlen und an ihrem Rücken, sodass sie sich kurz darauf auf seinen Armen wiederfand, wobei er darauf achtete, ihre verletzte Schulter möglichst nicht zu berühren.

"Wir werden nicht lange brauchen", fühlte er sich zu sagen befleißigt, dann lief er in einem Tempo los, bei dem Jane möglichst wenig durchgeschüttelt wurde.

Die behutsame Art, wie er sie trug und die kühle Abendluft wirkten entspannend auf sie, ließen sie sogar kurz wohlig aufseufzen. Der ganze Umstand versetzte ihre Gedanken in einen friedlichen Zustand, nahm ihr die Anspannung und die Unsicherheit, die sie in den letzten paar Tagen permanent in ihrem Innern verspürt hatte.

"Danke, Aiden…", hauchte Jane leise, als ihr Kopf automatisch ein wenig zur Seite schwankte und sich ihr Gewicht gegen ihn verlagerte. Dabei lag sie so, dass ihr Kopf, sowie ihr Oberkörper gegen seine Brust gelehnt waren. Der Umstand, dass sie ihm so nah war, störte sie nicht einmal und von Abneigung ihm gegenüber war im Moment rein gar nichts zu spüren. Stattdessen wurden ihre Augen immer schwerer, fielen langsam zu und so kam es, dass die Erschöpfung an Oberhand gewann und sie praktisch den ganzen Rückweg wohlig und entspannt verschlief. Selbst der typische Großstadtlärm vermochte sie nicht zu wecken.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben! :)

Ich hoffe, ihr erinnert euch überhaupt noch an Oliver? I´D Haha. Wenn nicht, könnt ihr Kapitel 5 ´Probelauf` nochmal nachlesen, da erlebt er sein unschönes Ende. RIP. Und RIP an seine Mama.

Im nächsten Kapitel:
Da die Gefahr nun gebannt ist, steht Aidens Auszug auf dem Plan, doch es wird nicht leicht für ihn, den McCollins Haushalt zu verlassen, nachdem er zum ersten Mal seit Jahren wieder so etwas wie ein Familienleben erlebt hat. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  diamondgirl
2017-04-18T18:39:01+00:00 18.04.2017 20:39
Hab ich mir doch schon gedacht, dass sich die Sache mit Oliver noch rächen wird. Kann es der Mutter auch nicht mal komplett verübeln, sich rächen zu wollen. Klar, Rache ist keine Lösung und Vigilanz auch zurecht ungesetzlich, aber nachvollziehbar durchaus. Grade wenn Vampire keine offiziellen Gesetze haben oder eine Organisation, die diese vollstreckt. Trotzdem, bin froh, dass alles gut ausgegangen ist und es Jane's Mutter auch den Umständen entsprechend gut geht. Hoffe dennoch, dass, jetzt wo alles wieder ok ist, Aiden und Jane weiterhin ne WG haben. Auch wenn ich das stark bezweifle.

So langsam scheint Jane ja auch ein bisschen warm zu werden Aiden gegenüber *W* Shippen tue ich die beiden ja schon von Anfang an, aber sie wohnen ja zusammen und sie lässt sich tatsächlich von ihm tragen. A propos shippen. BITTE lass die beiden einen Ausflug zum Thorpe Park machen <3<3<3 Flyer Verteiler sehen schon das Offensichtliche, was vor allem Jane ja noch vehement abstreitet 8D Generell bin ich auch immer für mehr 'Aiden und die moderne Welt'. Er erinnert mich ein wenig an meine Großeltern, grad was sein (altes) Handy und Computerkenntnisse betrifft xDD
Ich hoffe auch, man erfährt noch mehr über den Zirkel und Eldric. Finde ihn total interessant. Freue mich schon auf das nächste Update ^_^

LG <33
Antwort von:  RedRidingHoodie
19.04.2017 12:42
Jaja, die Liebe Selbstjustiz... Allerdings akzeptieren Vampire sowieso "keine Götter über sich", weil sie sich als Naturgewalt verstehen - besonders die Reinrassigen. Aiden ist in der Hinsicht sehr. zurückhaltend, zum einen, weil er verwandelt wurde, zum einen durch seinen zurückgezogenen Lebenswandel, aber auch bei ihm sieht man den "Götterkomplex" gerade im Umgang mit anderen Männern I´D Richard war da vielleicht ein schöneres Anschauungsmaterial :3 Sobald andere Vampire in der Geschichte wichtiger werden, wird das noch genauer rauskommen ^^

Es freut mich so, dass du die beiden zusammen magst. <3 Die Flyer-Verteilerin war sowieso die Coolste, vielleicht bau ich aus Spaß nochmal irgendeinen Flyer ein, damit die wieder vorkommt, haha. xD Und keine Sorge, sie werden den Ausflug zusammen machen, aber das dauert noch ein bisschen ^^
Haha, Aiden und die Technik... Schön, dass er dich an deine Großeltern erinnert, genau das war der Eindruck, den ich erwecken wollte xD <3

Was Eldric anbelangt, muss ich leider dasselbe sagen wie mit der Liebesbeziehung der beiden: Dazu kommt erst im dritten Teil mehr :/ Er wird noch weitere Auftritte haben natürlich, aber seine Backstory ist im Moment noch nicht so relevant. Ich hoffe, du bleibst so lange dabei XD

lg


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