Zum Inhalt der Seite

Stormpaw's Destiny

Warrior Cats - New Clans, New Stories
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Anspannung hing bereits seit den frühen Morgenstunden wie ein Schleier über dem Lager des FeuerClans. Sturm spürte, wie sich sein Fell sträuben wollte, als wäre eine nicht greifbare Gefahr in der Nähe. Als er den Bau der Schüler verließ und alle vier Beine nacheinander streckte, musterten ihn die schneeweiße Kriegerin Schneeflügel und ihre Schwester Herbstwolke vom anderen Ende des Lagers und verfielen sogleich in leises Getuschel. Schwarzstern lag auf dem Felsvorsprung vor dem Bau des Anführers und neben ihm saß Haselschweif, der Sturm ebenfalls musterte, sich dann zu Schwarzstern beugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.

Es war der letzte Tag von Sturms Probezeit im Clan. Morgen war Halbmond, der Tag, an dem Schwarzstern darüber entscheiden würde, ob Sturm im FeuerClan bleiben und ein Schüler des Clans werden durfte. Soweit er das mitbekommen hatte, gab es einige, die bereits jetzt dagegen waren. Auch wenn keine Namen genannt worden waren, wusste Sturm, dass von Blaukralle und Rosentau die Rede war.

Trotzdem musste es noch einen anderen Grund haben, dass der Clan noch in der Morgendämmerung vollständig versammelt im Lager unterwegs war. Sogar Falkenherz, die einzige Älteste, hatte sich hinkend aus ihrem Bau bequemt und blickte neugierig umher.

„Katzen des FeuerClans“, begann Schwarzstern unvermittelt und es kehrte Ruhe ein. Der Anführer ging von seiner liegenden in eine sitzende Position über. „Heute ist ein besonderer Tag für einige von uns. Ich habe mit Haselschweif, Eisbart und Rosentau gesprochen und alle drei haben ihre Schüler für erfahren genug eingestuft, um die Kriegerprüfung zu absolvieren.“

Milchpfote reckte augenblicklich den Kopf in die Höhe. Sie suchte nach Haselschweif, ihrem Mentor, der ihr kaum merklich zunickte. Auch Eisbart wirkte stolz, blieb aber neben seiner Schülerin Ahornpfote sitzen, die neben so ziemlich jedem Mitglied des Clans klein und zierlich wirkte.

„Sobald die Sonne aufgegangen ist, wird der Prüfungszeitraum beginnen und bis zum Sonnenhoch gehen“, fuhr der Anführer fort. „Eisbart und Ahornpfote, ihr werdet nördlich des Lagers unterwegs sein. Rosentau und Rindenpfote, ihr nehmt den östlichen Teil. Haselschweif und Milchpfote, ihr geht zur südlichen Grenze. Eure Mentoren werden eure Fähigkeiten im Fährtenlesen, Jagen und Kämpfen testen und überprüfen, ob ihr das Gesetz der Krieger verinnerlicht habt. Ich werde euch nacheinander besuchen und eine Weile zuschauen. Bei Sonnenuntergang werde ich die Prüfungsergebnisse dem Clan mitteilen.“

Sobald Schwarzstern geendet hatte, brach aufgeregtes Geplapper im Clan los. Milchpfote stürmte zu Eisbart, der seinen Kopf kurz an der Flanke seiner Tochter rieb und ihr alles Gute wünschte, dann huschte sie weiter zu Haselschweif, der bereits unter dem Anführerfelsen auf sie wartete.

Rindenpfote und Ahornpfote leckten sich ebenfalls flüchtig über die Stirn, dann verließen beide an den Seiten ihrer Mentoren das Lager.

Fleckenpfote hüpfte aufgeregt wie ein junges Reh zu Sturm und tänzelte gespannt von einem Bein aufs andere. „Das ist so aufregend! Endlich hat Milchpfote ihre Prüfung! Sie muss uns unbedingt erzählen, wie es gelaufen ist, sobald sie wieder hier ist.“

Sturm nickte. Gedanklich wünschte er Milchpfote viel Glück, aber was sollte schon schiefgehen? Sie war zwölf Monde alt, ein ganzes Jahr, sechs Monde lang war ihre Schülerzeit gewesen. Mit Sicherheit war die Prüfung für sie nichts weiter als ein Schnelldurchlauf.
 

***
 

Bis zum Sonnenhoch hatte sich die Lage im Clan beruhigt. Die Jagdpatrouille war im westlichen Gebiet unterwegs gewesen und da der Schnee seit zwei Tagen zu tauen begann, kehrte auch die Beute ganz langsam zurück in das Gebiet des FeuerClans. Zum ersten Mal seit Sturms Ankunft im FeuerClan wurden alle satt, was von vielen als positives Zeichen gewertet wurde.

„Die Blattleere neigt sich dem Ende zu“, schnurrte Falkenherz zufrieden. Sie lag vor ihrem Ältestenbau und sonnte sich, wobei ihr rotes, halblanges Fell frisch geleckt war. „Sturm“, rief sie ihn und nickte dem Platz neben sich zu. „Leiste mir doch einen Moment Gesellschaft, ja?“

Sturm warf Fleckenpfote einen fragenden Blick zu, doch der einzige Schüler, der heute nicht seine Prüfung hatte, nickte ihm aufmunternd zu, weshalb Sturm zu Falkenherz ging und sich neben sie legte.

„Ein wundervoller Tag, nicht wahr?“

„Ja, Falkenherz.“

Die Älteste musterte ihn mit wachem Blick. Sturm wusste, dass sie Haselschweifs Mutter war und bereits mit fünf Jahren durch eine Infektion in der linken Hinterpfote zur Ältesten wurde. Seit dieser Zeit humpelte sie, weil sie kaum Gefühl im linken Hinterbein hatte, doch das hatte ihr nie den Lebensmut genommen. Ob sie einsam war, so ganz alleine als einzige Älteste?

Falkenherz schnurrte weiter vor sich hin. „Morgen ist dein großer Tag. Bist du nervös?“

„Ein wenig“, gestand er und merkte, wie er sich in ihrer Gegenwart allmählich entspannte. „Ich hoffe, dass Schwarzstern mich bleiben lässt. Ich wäre gerne ein Teil des FeuerClans.“

„Bist du das denn nicht schon längst?“ Sie öffnete eines ihrer Augen und gähnte träge. „Ich weiß nicht, was der SternenClan zu Schwarzstern und Honigblüte gesagt hat, aber es wird schon seinen Grund haben, dass du hier bist. Hab keine Angst vor morgen. Schwarzstern wäre ein Narr, wenn er einen jungen, kräftigen Kater wie dich nicht aufnimmt. Insbesondere jetzt, nach dieser schrecklichen Blattleere, die so viele Leben gekostet hat, können wir jeden gebrauchen.“

Hoffnung keimte in ihm auf. „Meinst du das wirklich?“

„Oh nein, ich bin nur eine Älteste, die wirres Zeug plappert“, sprach Falkenherz nicht ohne Sarkasmus. Ihr Auge klappte wieder zu und sie bettete den Kopf auf den Vorderpfoten. Kurz darauf schien sie eingeschlafen zu sein, aber ganz sicher war Sturm sich nicht, weshalb er noch eine Weile neben ihr liegen blieb und dann zurück zu Fleckenpfote ging.

„Sie müssten jeden Augenblick wiederkommen“, sprach der Schüler munter. Für ihn hatte es den ganzen Vormittag kein anderes Thema gegeben. Man könnte beinahe meinen, dass er aufgeregter war als die, die geprüft wurden.

Als erstes kam Rosentau zurück in das Lager stolziert. Sie hatte ihr Haupt gehoben und den glatten Schwanz in die Höhe gereckt. Ein Stück hinter ihr trottete Rindenpfote und in seinem Maul baumelten ein Buntfalke und eine Wanderdrossel. Herbstfleck sprang sofort auf, als sie ihren Sohn sah, und bewunderte den erfolgreichen Fang.

„Das ist ein Buntfalke!“, rief sie stolz aus und schnurrte, während sie Rindenpfote über die Ohren leckte. „Rindenpfote, du bist wahrlich ein Krieger, wenn du dem Clan einen Falken gefangen hast.“ Dann drehte sie sich zu Rosentau um und bedankte sich überschwänglich dafür, dass sie ihrem Sohn eine so erfolgreiche und gute Mentorin war.

Rosentau nahm das Schmeicheln bereitwillig auf und wies Rindenpfote an, dass er seine Beute auf den Frischbeutehaufen legen sollte. Kurz darauf gratuliertem ihn auch die anderen Mitglieder des Clans.

Sturm ging als letzter zu Rindenpfote. „Das ist großartig, Rindenpfote! Du hast mit Sicherheit bestanden.“

„…“

„Eh … Ja, also dann auch von mir nochmal alles Gute. Die Ergebnisse gibt es ja erst heute Abend.“

„…“

„Ehm … ja. Ich gehe dann mal wieder zu Fleckenpfote.“ Er ließ den schweigsamen Kater alleine und setzte sich wieder zu Fleckenpfote an den Rand des Lagers.

Wenige Minuten später marschierten Schwarzstern, Eisbart und Ahornpfote durch die Hecke ins Lager. Ahornpfote hatte mehrere Mäuse im Maul und Eisbart trug ein kleines Eichhörnchen. Schwarzstern schien zufrieden zu sein, denn er wirkte ganz entspannt und nickte Ahornpfote und Eisbart zum Abschied anerkennend zu, ehe er sich in seinen Anführerbau begab.

Es fehlten also nur noch Haselschweif und Milchpfote. Allmählich hatte der Clan das Warten leid und Rosentau führte zusammen mit Kieselpelz und Blaufell die Abendpatrouille hinaus. Die Gespräche gingen zu anderen Themen über und als Milchpfote schließlich mit einer Meise und drei Mäusen das Lager betrat, schenkte man ihr kaum noch Aufmerksamkeit. Ohne Sturm oder Fleckenpfote eines Blickes zu würdigen legte sie ihre Beute auf den Frischbeutehaufen, stapfte an ihnen vorbei und verließ sofort wieder das Lager.

Fleckenpfote blieb seine Gratulation im Hals stecken, als er verwirrt hinter Milchpfote herschaute. „Was ist denn mit der los?“

Sturm legte den Kopf schief. „Vielleicht möchte sie alleine sein. Oder es ist nicht gut gelaufen.“

„Quatsch, natürlich ist ihre Prüfung gut gelaufen“, beharrte Fleckenpfote, doch er schien sich nicht sicher zu sein, als er bemerkte, wie Haselschweif neben Eisbart den Kopf schüttelte und sich dann ebenfalls in den Anführerbau zurückzog, um die Prüfungsergebnisse zu besprechen.

Sturm schaute Milchpfote noch eine Weile hinterher, dann seufzte er. Milchpfote konnte nicht durchgefallen sein. Sie kannte das Gesetz der Krieger auswendig, war eine gehörsame Schülerin und hatte die Anweisungen ihres Mentors immer punktgenau umgesetzt. Und falls doch … Falls doch, war er sich sicher, dass es Milchpfotes Herz brechen würde.
 

***
 

„Ich fordere alle Katzen, die alt genug sind, um selbst Beute zu machen, dazu auf, sich hier zu einem Clan-Treffen zu versammeln.“ Schwarzsterns Stimme donnerte in der Abenddämmerung über das Lager des FeuerClans hinweg. Alle Mitglieder des Clans versammelten sich in einem Halbkreis unterhalb des Anführerfelsens, wobei Eisbart mit Ahornpfote, Rosentau mit Rindenpfote und Haselschweif mit Milchpfote am äußeren, linken Rand saßen.

Sturm setzte sich neben Fleckenpfote in die Mitte, genau zwischen Schneeflügel und Honigblüte.

„Wie ihr alle mitbekommen habt, hatten Milchpfote, Ahornpfote und Rindenpfote heute ihre Kriegerprüfungen. Ich habe mir ein Bild von allen drei Schülern machen können und habe mich mit ihren Mentoren unterhalten, bis wir zu einem Ergebnis gekommen sind.“

„Ich freue mich so für alle drei“, flüsterte Fleckenpfote Sturm zu, blieb dann aber still, um die feierliche Zeremonie nicht zu stören.

Schwarzstern nickte Rosentau und Rindenpfote zu, woraufhin Rindenpfote vor trat und alleine im Halbkreis unterhalb seines Anführers stand. „Rosentau, bist du davon überzeugt, dass dein Schüler dazu bereit ist ein Krieger zu werden?“

Rosentau saß kerzengerade. „Ja, er ist bereit.“

„Ich, Schwarzstern, Anführer des FeuerClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diesen Schüler herabzublicken. Er hat hart trainiert, um euren edlen Gesetzen gehorchen zu können und ich empfehle ihn euch nun als Krieger.“ Sein Blick ruhte auf dem Schüler unter ihm, der die Schultern durchstreckte. „Rindenpfote, versprichst du das Gesetz der Krieger einzuhalten und den Clan zu beschützen und zu verteidigen, selbst mit deinem Leben?“

Rindenpfote nickte. „… Ich verspreche es.“ Seine dunkle, tiefe Stimme überraschte Sturm, der ihn bisher noch nicht reden gehört hatte.

„Dann gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen Kriegernamen. Rindenpfote, von diesem Augenblick an wirst du Rindentänzer heißen. Der SternenClan ehrt deine Eigenständigkeit und dein Geschick und wir heißen dich als vollwertigen Krieger im FeuerClan willkommen.“

Der gesamte Clan brach in anerkennende Jubelschreie aus und rief dreimal laut den Namen des neusten Kriegers aus: „Rindentänzer! Rindentänzer! Rindentänzer!“ Besonders Herbstfleck, seine Mutter, brüllte inbrünstig seinen Kriegernamen heraus.

Rindentänzer ging zu Schwarzstern, der ihm für einen Moment die Schnauze auf den Kopf legte. Anschließend leckte Rindentänzer seinem Anführer als Zeichen des Respekts die Schulter und kehrte an die Seite seiner ehemaligen Mentorin Rosentau zurück.

Dann war Ahornpfote an der Reihe. Schwarzstern nickte ihr zu und sie nahm den Platz in der Mitte ein, an dem kurz zuvor noch ihr Bruder gestanden hatte. „Eisbart, bist du davon überzeugt, dass deine Schülerin dazu bereit ist eine Kriegerin zu werden?“

Der graue Kater nickte. „Ja, sie ist bereit.“

„Ich, Schwarzstern, Anführer des FeuerClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schülerin herabzublicken. Sie hat hart trainiert, um euren edlen Gesetzen gehorchen zu können und ich empfehle sie euch nun als Kriegerin. Ahornpfote, versprichst du das Gesetz der Krieger einzuhalten und den Clan zu beschützen und zu verteidigen, selbst mit deinem Leben?“

Die kleine Katzendame sprach mit fester, klarer Stimme, aber ihr Schwanz zuckte ganz aufgeregt. „Ich verspreche es!“

„Dann gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen Kriegernamen. Ahornpfote, von diesem Augenblick an wirst du Ahornseele heißen. Der SternenClan ehrt deine Aufrichtigkeit und deinen Eifer und wir heißen dich als vollwertige Kriegerin im FeuerClan willkommen.“

„Ahornseele! Ahornseele! Ahornseele!“, hallte es von allen Seiten.

Sturm und Fleckenpfote schauten beide zu, wie Ahornseele Schwarzstern ihren Respekt zollte und warteten darauf, dass nun Milchpfote zur Kriegerin ernannt wurde, doch es kam anders. Schwarzstern straffte und erhob sich, woraufhin Gemurmel im Clan ausbrach. „Rindentänzer und Ahornseele, als neu ernannte Krieger ist es eure Aufgabe, dass ihr schweigend die Nachtwache haltet.“ Mit diesen Worten löste Schwarzstern die Versammlung auf und ging in seinen Bau.

Mitleidige Blicke wurden zu Milchpfote geworfen, die ganz offensichtlich in ihrer Prüfung durchgefallen war. Andere gratulierten den beiden neuen Kriegern, allen voran Herbstfleck, die sich vor lauter Stolz kaum beherrschen konnte. Laut schnurrend strich sie immer wieder um ihre beiden Kinder herum, leckte ihnen über den Kopf und erzählte jedem, der es hören wollte oder auch nicht, wie stolz sie war.

Herbstwolke, eine schwarzweiße Katze und die Mutter von Fleckenpfote, kam zu ihnen gelaufen. „Ich hoffe, du bist der nächste, mein Schatz. Streng dich an, dann wirst auch du sehr bald ein Krieger sein.“

Fleckenpfote ließ seine Mutter stehen und eilte zu Milchpfote, die sich beschämt in den Schülerbau zurückziehen wollte. „Milchpfote! Was ist passiert? Wieso bist du durchgefallen?“

Sie schaute erst Fleckenpfote, dann Sturm an und fauchte, ehe sie ihnen den Rücken zudrehte und niedergeschlagen das Schlafquartier betrat.

„Gönn ihr die Ruhe“, meinte Apfelpelz aus dem Hintergrund und schob sowohl seinen Schüler als auch Sturm vom Schülerbau weg. „Das ist jetzt nicht leicht für sie.“

„Weißt du, warum sie durchgefallen ist?“, fragte Sturm den Mentor von Fleckenpfote.

Apfelpelz nickte seufzend. „Milchpfote stand sich selbst im Weg. Sie war sehr nervös wegen der Prüfung, aber eigentlich lief soweit alles gut, bis Schwarzstern aufgetaucht ist. Von da an ging es bergab – wortwörtlich. Beim Anpirschen an ihre Beute hat sie sich so tollpatschig verhalten, dass sie über lose Steine gelaufen ist und das Bachufer herunterstürzte. Vielleicht hätte Schwarzstern über diesen groben Schnitzer hinwegsehen können, wenn sie danach nicht so mit den Nerven am Ende gewesen wäre, dass sie Haselschweifs Angriffe nicht parieren konnte.“ Erneut seufzte Apfelpelz. Er schien mit Milchpfote zu leiden. „Aber das wisst ihr nicht von mir“, fügte er dann mit einem halbherzigen Augenzwinkern hinzu.

Sturm senkte betreten den Kopf. „Die arme Milchpfote. Das muss schrecklich für sie sein.“

Fleckenpfote stimmte ihm zu. „Oh ja, das kommt einer Blamage vor dem gesamten Clan gleich. Aber sie bekommt bestimmt bald eine neue Chance. Ich glaube, dass Schwarzstern zusammen mit der Blattfrische gerne neue Krieger im Clan hätte.“

Einen Moment überlegte Sturm. Es war jetzt März und der Winter ließ endlich nach. In ein oder zwei Monden würde der Wald wieder in voller Blüte stehen. Wenn Schwarzstern ihn morgen zu einem Schüler des FeuerClans machte, würde das bedeuten, dass auch er in ein oder zwei Monden schon ein Krieger sein konnte? Nein, bestimmt nicht, das konnte er sich nicht vorstellen. Oder etwa doch?
 

***
 

„Du bist zu langsam“, tadelte Milchpfote ihn. Den gestrigen Abend hatte sie schmollend und zurückgezogen alleine im Schülerbau verbracht, doch am nächsten Tag war Milchpfote schon wieder ganz die Alte. Sie stürzte sich heute noch eifriger in ihr Training als sonst und quälte Fleckenpfote und Sturm mit den Kampfübungen, bei denen sie gestern so desaströs versagt hatte.

Milchpfote ging zurück in ihre Ausgangsposition und startete einen erneuten Angriff.

Sturm verlagerte sein Gewicht auf die Hinterbeine, hob die rechte Vorderpfote mit den Krallen und verpasste ihr einen Schlag in die Seite, wobei er allerdings mehr Fell erwischte als Körper.

Beim nächsten Herzschlag hatte Milchpfote ihm bereits einen Pfotenhieb quer über das Gesicht gewischt. Verdammt, waren ihre Krallen scharf! Er fauchte, duckte sich unter dem nächsten Schlag weg, war aber wieder zu langsam und lag im nächsten Moment auf der Seite, Milchpfote direkt an seiner Kehle.

Sie schnaubte, ließ ihn los und fixierte dann Fleckenpfote. „Guck nicht so, sonst bist du gleich dran.“ Dann stupste sie Sturm an. „Sturm, du bist viel größer und schwerer als die meisten im Clan. Wenn du ausgewachsen bist, wirst du dich neben Schwarzstern, Rindentänzer und Apfelpelz behaupten können, aber pure Körpermasse reicht nicht. Du brauchst Taktik und musst deine Stärken besser ausspielen und deine Schwächen ausgleichen.“

Er brummte genervt. „Und wie soll ich das deiner Meinung nach machen?“

Milchpfote setzte sich direkt vor ihn hin und ihre bersteinfarbenen Augen durchbohrten ihn. „Also gut. Deine Schwäche ist ganz eindeutig auch deine Stärke.“

Sturm setzte sich ihr gegenüber auf die Erde, Fleckenpfote neben ihn. „Und das heißt?“

„Du bist, wie gesagt, groß und kräftig und hast langes, dichtes Fell. Dein Fell schützt dich ein Stück weit vor Verletzungen durch Krallen und Zähne, aber deine Größe bietet gleichzeitig auch mehr Angriffsfläche. Vergleich dich einmal mit Ahornseele. Sie mag zwar klein und zierlich sein, aber sie ist unglaublich schnell und wendig und würde bei dir vermutlich doppelt so viele Treffer landen wie du bei ihr. Dein Vorteil ist deine Körperkraft. Du kannst weiter und höher springen als wir und wenn du einen kräftigen Hieb austeilst und richtig triffst, hast du schon halb gewonnen. Außerdem bist du ein ganz passabler Läufer.“

„Ganz passabel?“, unterbrach Sturm sie lachend. „Ich hänge dich in jedem Rennen ab.“

Milchpfote grunzte zerknirscht. „Meinetwegen. Du bist ein sehr guter Läufer, aber nur auf geraden Distanzen, weil du längere Beine und mehr Kraft hast. Wenn du also in einen Kampf gerätst, musst du was tun?“

Er dachte einen Moment lang nach. „Ich bin stärker und kräftiger, also muss ich meine Körperkraft einsetzen, indem ich von Anfang an gut austeile und meine Gegner schnell erledige, weil mein großer Körper sonst zu viel Angriffsfläche bietet.“

Sie nickte zufrieden. „Sehr gut, Hauskätzchen.“ Dieses Wort hatte in der letzten Zeit deutlich an Schärfe verloren, wenn sie es aussprach, und glich mehr einem Kosenamen, mit dem sie ihn aufziehen wollte. „Je länger ein Kampf dauert, desto mehr musst du einstecken, weil du nicht wendig genug bist, um vielen Treffern auszuweichen. An diesem Punkt werden wir ansetzen.“

Auch Fleckenpfote wirkte zufrieden. „Wenn Schwarzstern dich heute Abend zu einem von uns macht, bekommst du einen eigenen Mentor und wirst nicht mehr mit Apfelpelz oder Haselschweif trainieren, aber zumindest weißt du jetzt schon, welche Kampftechnik dein Stil werden kann.“

„Über meinen Mentor habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, gestand Sturm. Er war so nervös, dass er heute Morgen kaum einen Bissen herunterbekommen hatte. „Ich hoffe nur, dass es nicht Blaukralle oder Rosentau werden.“

„Unwahrscheinlich“, meinte Milchpfote. „Rosentau hatte gerade erst einen Schüler und Blaukralle ist erst zwei Jahre alt. Theoretisch kann er dich zwar unterrichten, aber ich glaube, dass Schwarzstern eher einen älteren und erfahreneren Krieger nehmen wird. Ich tippe auf Blaufell, Schneeflügel oder Kieselpelz.“

„Hey“, protestierte Fleckenpfote sogleich. „Und was ist mit meiner Mutter?“

Milchpfote verdrehte die Augen. „Oder Herbstwolke.“

„Was hast du gegen sie?“

„Gar nichts, Fleckenpfote. Aber sie passt einfach nicht.“

„Wieso nicht?“

Milchpfote sprang auf. „Ist einfach ein Gefühl. Und jetzt lasst uns zurück zum Lager gehen, ich kriege Hunger.“
 

***
 

Die Abenddämmerung legte sich wie Nebel über das Lager des FeuerClans. Sturms Herz pochte vor Aufregung. Unruhig tigerte er vor dem Bau der Schüler auf und ab. Jeden Moment konnte Schwarzstern eine Entscheidung verkünden.

„Ich fordere alle Katzen, die alt genug sind, um selbst Beute zu machen, dazu auf, sich hier zu einem Clan-Treffen zu versammeln.“

Deutlich langsamer als gestern bei der Verkündung der neuen Krieger, aber dennoch nicht uninteressiert versammelte sich der FeuerClan unter dem Felsen des Anführers, auf dem Schwarzstern nun saß. Honigblüte lag lässig zu seiner Rechten, Haselschweif stand zu seiner Linken. Sturm glaubte, dass ihm sein Herz jeden Moment aus dem Brustkorb fliegen könnte. Mit zittrigen Beinen ging er zu Milchpfote und Fleckenpfote und setzte sich in ihre Nähe.

Schwarzstern kam ohne Umschweife auf den Punkt. „Wie ich beim letzten Halbmond gesagt habe, werde ich heute entscheiden, ob das Hauskätzchen Sturm bei uns bleiben und ein Teil des FeuerClans werden darf. In den letzten zwei Wochen hat er mit uns trainiert, gejagt und gelebt und ich muss sagen, dass ich positiv überrascht davon bin, wie viel in einem Hauskätzchen stecken kann.“ Das Gemurmel, das aufkam, wurde von einem einzigen Zucken seines schwarzen, buschigen Schwanzes unterbunden. „Ich habe lange darüber nachgedacht, mich mit Honigblüte und Haselschweif beraten und die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, doch letzten Endes vertraue ich darauf, dass der SternenClan weiß, wieso er Sturm zu uns geschickt hat.“ Der Anführer nickte Sturm kurz und knapp zu. „Sturm, du hast das Gesetz der Krieger und das Leben im Clan kennengelernt. Hiermit frage ich dich, ob du bereit dazu bist, deine Herkunft als Hauskätzchen bei den Zweibeinern vollständig und unwiderruflich hinter dir zu lassen, um ein vollwertiges Mitglied dieses Clans zu werden. Antworte ehrlich und aus vollem Herzen, junger Sturm.“

Für einen Augenblick schien die Welt stillzustehen. Sturm sah die ersten Sterne des Abends durch die Wolkendecke herab scheinen. Der Geruch des FeuerClans füllte seine Nase und eine sanfte Brise liebkoste ihn. „Ja, ich bin dazu bereit und möchte ein Schüler des FeuerClans sein.“

Blaukralle knurrte abfällig hinter ihm und auch Rosentau und Blaufell legten missmutig die Ohren an.

Schwarzstern nickte und für einen winzigen Moment glaubte Sturm Zufriedenheit in den Augen des Anführers aufblitzen zu sehen. „Ich, Schwarzstern, Anführer des FeuerClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, jetzt auf diese Katze herabzuschauen. Er hat den ehrlichen Wunsch, die Lebensweise nach eurem edlen Gesetz zu erlernen und ich empfehle ihn euch nun als Schüler. Sturm, versprichst du, das Gesetz der Krieger zu achten, diesen Clan zu beschützen und ihn zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?“

Noch nie war er sich einer Sache so sicher. „Ich verspreche es.“

„Dann gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen Schülernamen. Von diesem Augenblick an wirst du Sturmpfote heißen. Der SternenClan vertraut darauf, dass du all deine Tapferkeit und deine Stärke deinem neuen Clan widmen wirst.“

„Sturmpfote! Sturmpfote! Sturmpfote!“ Der Clan bejubelte ihn, wie es sich gehörte, aber die Rufe kamen bruchstückhaft, vereinzelt und bei Weitem nicht so enthusiastisch wie bei Ahornseele und Rindentänzer, auch wenn einige Mitglieder des Clans sich wirklich für ihn zu freuen schienen. Insbesondere Kieselpelz, Blaukralle und Rosentau fielen allerdings dadurch auf, dass sie nicht in den Jubel mit einstimmten.

„Sturmpfote, von diesem Augenblick an wird Schneeflügel deine Mentorin sein. Achte ihr Wort und lerne fleißig.“

„Vielen Dank, Schwarzstern“, formte er stumm mit dem Mund. Dann ging er zu Schneeflügel, die ihr Haupt zum Gruß neigte und ihn dann neugierig mit ihren Bersteinaugen musterte. Ob sie sich freiwillig als Mentorin gemeldet hatte?

„Herzlichen Glückwunsch, Sturmpfote.“ Ihre Stimme war angenehm klar. Wieso war sie ihm bisher nicht weiter aufgefallen? Schneeflügel hatte einheitlich schneeweißes, kurzes Fell, einen wachen Blick und lange, schlanke Beine. „Der heutige Tag war sicherlich sehr aufregend für dich. Geh in den Bau und schlaf dich aus, wir werden morgen bei Sonnenaufgang mit dem Training beginnen.“

„Ja, Schneeflügel.“ Sturmpfote atmete tief ein und aus. Pures Glück schien durch seinen Körper zu strömen. „Ich werde dich nicht enttäuschen.“

Sie lächelte. „Na das hoffe ich doch.“ Dann nickte sie ihm zu und ging mit ihrer Schwester Herbstwolke und ihrem Neffen Fleckenpfote in eine ruhige Ecke, um die Zunge zu teilen.

Sturmpfote war so glücklich, dass es ihn nicht einmal störte, dass Blaukralle und Rosentau ihn so böse anstarrten, als wollten sie ihn höchstpersönlich in den Tod stürzen. Er tänzelte zum Schülerbau, der nun ganz offiziell sein Zuhause war, legte sich auf das trockene Moosnest und schlief fast augenblicklich ein.
 

***
 

Silbrigblaues Licht umgab Sturmpfote, als er die Augen öffnete. Wo war er? War das ein Traum?

Aus der Dunkelheit formte sich eine helle, strahlende Gestalt. „Glückwunsch, Sturmpfote.“ Die Stimme der Katze war so warm und zärtlich, dass es ihm das Herz zusammenzog. Eine unbekannte Sehnsucht ergriff ihn. Kannte er sie etwa? „Ich habe von Anfang an gewusst, dass du es sein würdest.“

„Wer bist du?“

Die Katze war von einem silbrigen Schimmer umgeben, der ihren Körper beinahe unscharf wirken ließ, aber auch sonst musste ihr Fell strahlend weiß sein. Die dunklen, blauen Augen waren so unergründlich wie der Sternenhimmel. „Pass auf dich auf, Sturmpfote. Das Schicksal sieht große Pfotenstapfen für dich vor, die auszufüllen du erst lernen musst.“ Sie roch angenehm, wie eine Blumenwiese an einem sonnigen Sommermorgen.

„Wer bist du? Und wo sind wir hier?“

Sie lachte amüsiert und so wie ihr Lachen verhallte, verblasste auch ihr Körper wieder. „Wir wachen über dich, Sturmpfote.“

Konnte das der SternenClan sein? Sturmpfote war sich nicht sicher, ob er nur träumte oder nicht, denn sprach der SternenClan für gewöhnlich nicht nur mit den Heilern und Anführern? Er fiel zurück in tiefen, erholsamen Schlaf, doch der blumige Duft der unbekannten Katze hing ihm noch eine ganze Weile nach.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  yazumi-chan
2016-04-06T16:38:09+00:00 06.04.2016 18:38
Schneeflügel ist eine gute Wahl, finde ich. Sie scheint sehr höflich und formuliert sehr klar, das mag ich :D Arme Milchpfote. Ich hab es mir ja sofort gedacht, als die Prüfung angekündigt wurde, aber sie tut mir schon ein bisschen leid (ich hätte sie auch durchfallen lassen ;D). Sie darf bei ihrer Prüfung einfach gar nicht beobachtet werden, ganz einfach. Falkenherz ist auch total schön getroffen und Rindenpfote/tänzer erinnert mich mit seiner Schweigsamkeit doch sehr an Red xDD
Antwort von:  Kalliope
06.04.2016 20:23
Immerhin hat Rindenpfote überhaupt geantwortet xD Ich denke auch, dass Milchpfote am besten gar nicht beobachtet werden sollte.


Zurück