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Tokyo Summer of the Dead - Das Ende

von

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Someya

Ich stelle mich hinter Minamori-san in die Reihe der Wartenden. Endlich haben wir die Rettungsstation erreicht und in wenigen Minuten ist alles vorbei.

Ich betrachte ihren Rücken. Sie wirkt so gelöst, als wäre sie schon in Sicherheit. Aufgeregt schwatzt sie mit Sakura-san.

Sayo-chan kommt zu mir. Sie wirkt unsicher und ein wenig traurig. „Wir bleiben jetzt für immer zusammen, oder? Wir alle?“

Dabei sieht sie mich mit ihren großen Kinderaugen an. Wie könnte ich ihr die Wahrheit sagen und sie so sehr enttäuschen?

Ich bemühe mich um ein zuversichtliches Lächeln und antworte: „Natürlich werden wir das“.

Minamori-san hat das anscheinend gehört, denn sie dreht sich zu mir um und strahlt mich an.

„Ganz genau. Für immer“.

Sie umarmt mich und gibt mir unauffällig einen kurzen Kuss.

Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus und gleichzeitig habe ich das Gefühl, mir hätte jemand einen Tritt in den Magen verpasst. Mit einem Mal habe ich klar vor Augen, was ich zu tun habe. Was das einzig Richtige ist.

Unter keinen Umständen darf ich Minamori-san und die Anderen im Stich lassen. Ich muss sie beschützen. Und das mit all meinen Kräften.

Während der gesamten Zeit des Wartens rufe ich mir diesen Entschluss immer und immer wieder ins Gedächtnis. Mit jeder Minute die verstreicht riecht meine Umgebung verlockender und ich muss der Versuchung widerstehen, meine Zähne in Minamori-sans saftigem Fleisch zu versenken. Ich darf mich nicht gehen lassen, muss alle meine Freunde sicher dort hinein bringen und ich darf diese Menschen um mich herum nicht infizieren. sie haben es so weit geschafft und dürfen unter keinen Umständen so kurz vor dem Ziel scheitern.

Als Sakura durch das Tor geht, betrachte ich seinen Nacken. Seine Haut ist weich und das Blut darunter warm. Ich stelle mir vor, wie ich meine Zähne in seinem Fleisch versenke und ich große Stücke davon heraus reiße. Mir läuft der Speichel im Mund zusammen.

„Someya-san? Alles in Ordnung?“

Ich fahre herum und sehe in das besorgte Gesicht von Minamori-san.

Sie hat mich aus meinen abscheulichen Gedanken gerissen.

„Ja natürlich“. Ich lächle „Du bist dran, lass die Helfer nicht warten, Minamori-san“.

Sie nickt. „Aber du kommst sofort nach mir“.

Ich nicke. Sie dreht sich um und geht durch das Tor. Ich bin mir sicher, dass sie genau weiß, was ich vor habe. Dass sie weiß, dass wir nicht für immer zusammen bleiben können und dass sie weiß, dass das das hier das Ende für mich ist. Sie verzichtet auf einen Abschied, spielt die Rolle weiter, aber als ich sie ein letztes Mal ansehe, sehe ich wie ihr eine Träne die Wange hinab rinnt.

Ich schließe kurz die Augen um mich zu sammeln. Ich darf mich nicht meinen Gefühlen hingeben.

Alle meine Freunde sind nun in Sicherheit und es gibt nur noch eine einzige Sache für mich zu tun. Ich musste laufen. Also drehe ich mich um laufe. Ich renne an den erstaunten Menschen vorbei, die so wenigen Tagen so grausame Dinge erlebt haben. Die meisten weichen mir aus. Niemand würde mich aufhalten.

Ich renne vorbei an den weinenden Frauen, an den verzweifelten Männern und den wunderbar zarten Kindern. Ich schlinge meine Arme um meinen Körper um nach niemandem zu greifen. Ich kann das schaffen. Ich werde niemanden hier umbringen. Das habe ich mir geschworen und ich werde mir nicht untreu.

Noch nicht.

Erst als kein lebendiger Mensch mehr in meiner Nähe ist werde ich langesamer. Der Druck und die Anspannung fallen von mir ab.

Meine Beine fühlen sich schwer an und mein verletzter Art taub. Ich reiße den Verband ab. Die Wunde ist schwarz und mein Fleisch schon fast vermodert. Es sieht ekelhaft aus, aber es macht mir nichts aus. Ich sehe zurück. Wieso war ich gerannt? Wieso sollte mich eine einfache Wunde interessieren? Das ist doch völlig egal. Irgendetwas hier muss mich angezogen haben. Das ist alles, was wichtig ist. Ich beginne danach zu suchen. Es muss etwas Gutes gewesen sein. Aber Eile habe ich nicht mehr.

Ich sehe Andere, die so sind wie ich. Sie riechen vermodert und krank. Ich habe kein Interesse an ihnen. Ich bekomme Hunger. Ich muss dringend etwas essen.

Ich gehe auf die Suche. Langsam, aber beständig.

Es treibt mich in die Richtung, aus der ich gekommen bin. Es riecht nach Leben. Leben ist gut. Leben verspricht Nahrung.

Ich habe Hunger. Ich muss Essen.

Etwas Lebendiges.

Ich habe Hunger.



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