Zum Inhalt der Seite

adventures of my mind

#aomm
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(Genre: Romance, Comedy) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

#zuletzt - Kiss me hard before you go

Berlin, Flughafen
 

„Schreib mir, wenn du angekommen bist. Okay, Lilli?“

„Klar, mach ich.“

„Und sag Bescheid, sobald das Internet läuft. Dann skypen wir.“

„Mach ich auch.“

„Und lass mich bloß nicht versauern, bis es so weit ist. Ruf an.“

„Ja~ ist gut.“

„Und-“

„Jetzt reicht es aber mal! Du bist doch nicht meine Mutter! Mann, Tom, wieso bist du neuerdings eigentlich so klettig?“

„Weil du für ein halbes Jahr im Ausland studieren gehst und die Flugpreise unverschämt teuer sind? Ich werde mich zu Tode langweilen und … und … mit wem soll ich denn reden, wenn du nicht da bist?“

„Mit deinem Cousin? Ihr versteht euch doch so gut.“

„Ja~ Phil ist toll, aber … er ist … du bist meine beste Freundin. Manche Dinge kann ich eben nur mit dir besprechen. Ich werde noch platzen, wenn ich das immer alles aufsparen muss, bis wir skypen können.“

„Du klingst grade wie ein Mädchen, Tom.“

„Und du klingst, als wäre ich dir egal.“

„Jetzt klingst du sogar noch mehr wie ein Mädchen. Dabei hab ich hier doch das doppelte X-Chromosom.“

„Lilli! Es ist mir ernst!“

„Ja, ja, ich weiß. Trotzdem ist es doch nicht normal, wie du dich in letzter Zeit aufführst.“

Es war nicht angenehm, das aus ihrem Mund zu hören. Sie war meine beste Freundin, meine Vertraute und die wichtigste Person in meinem Leben, denn ich überlegte nun schon eine Weile, ob das, was ich Lilli gegenüber fühlte, nicht vielleicht noch etwas anderes war als die Freundschaft, die uns seit Jahren verband. Vorher war Phil mein bester Freund gewesen, aber als Lilli gekommen war, hatte sich so vieles verändert. Wie ich ihr auch gesagt hatte: Phil war toll und ich mochte ihn noch immer sehr, aber mir war schon lange nicht mehr so wichtig, was er zu manchen Dingen zu sagen hatte, wie Lilli. Sie gab mir einfach so viel Kraft.

Und jetzt wollte sie für ein ganzes Semester, sechs Monate, nach Amerika gehen, um dort ihr Studium fortzusetzen und dabei ein paar Erfahrungen im Ausland zu machen. Ihr Englisch war besser als meines, wenn auch noch weit entfernt von 'perfekt', aber sie würde das schon hinkriegen. Das einzige Problem war wirklich, dass sie dann so weit weg von mir sein würde und mich das schon seit dem Tag, als sie für das Projekt angenommen worden war, so dermaßen verzweifeln ließ. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch angefangen, darüber nachzudenken, was uns wirklich verband. Denn in dem Sinne hatte sie wohl doch recht: Das war für Freunde nicht normal.

Lilli wusste davon natürlich nichts, sondern wunderte sich eben nur, dass ich in letzter Zeit immer anhänglicher wurde und sie am liebsten hier behalten hätte. Sie hatte mich heute nicht das erste Mal als Mädchen bezeichnet, und auch wenn sie es wahrscheinlich nicht so ernst meinte, wusste sie ja nicht, was sie damit anrichtete.

„Hm“, brummte ich schließlich und gab klein bei. Es würde ja doch nichts bringen. „Also dann … guten Flug und komm gut in der Uni an.“

„Danke“, sagte Lilli darauf erst einmal nur, lächelte mich dabei aber an und schulterte ihren Rucksack. Erst als sie mich ein oder zwei Sekunden schweigend angestarrt hatte, sprach sie wieder: „Bitte nimm es nicht ganz so schwer, Tommy. Das halbe Jahr wird ratzfatz um sein und ich komm zwischendurch doch mal wieder. Mindestens zu Neujahr.“

„Dann freu ich mich schon mal drauf …“ Das war in zwei Monaten.

„Solltest du auch, hehe“, versuchte sie, mich wieder etwas aufzumuntern, was aber von vornherein kläglich zum Scheitern verurteilt war. Nur ihr zuliebe zwang ich mich trotzdem zu einem breiten Lächeln, worauf sie mir die Hand auf den Kopf legte, durch meine Haare strubelte, so wie sie es öfter tat, und zum endgültigen Abschied ansetzte: „Also dann, ich muss los. Mach's gut.“

„Jep.“ Während ich dies sagte, konnte ich spüren, wie Lilli die Hand von meinem Kopf nahm und sachte über meine Wange gleiten ließ. Es war eine so flüchtige Berührung, dass ich mir hinterher gar nicht mehr sicher war, ob sie tatsächlich da gewesen war oder nicht. Der Gedanke wurde auch fast augenblicklich von der Tatsache verdrängt, dass sie mich zum Schluss noch einmal umarmte und mir somit noch einmal die Gelegenheit gab, mich für ein oder zwei Sekunden ganz fest an sie zu drücken. Unsinnigerweise krallte ich sogar die Hände hinten in ihre Jacke, wobei ich mich ein bisschen in den vielen Schlaufen und Riemen des Rucksacks verhedderte.

Und dann, als Lilli sich wieder von mir löste, übernahm erneut die Sorge, die ich empfand, als ich beobachtete, wie Lilli ein paar Schritte rückwärts ging, mir dann den Rücken zukehrte und auf das Gate zuging. Ich starrte wie gebannt auf ihren Rücken – das war für eine Weile wohl das letzte, das ich von ihr sehen würde. Wer wusste schon, ob sie sich auch an alle ihre Versprechungen hielt. Zwar war sie meine beste Freundin und hatte mir bisher auch keinen Grund gegeben, ihr jemals zu misstrauen, aber ihr Leben würde in den nächsten Wochen ziemlich turbulent verlaufen. Vielleicht lernte sie ja schon in den ersten Tagen einen interessanten Typen kennen, mit dem sie wesentlich lieber Zeit verbrachte, und darüber hinaus total vergaß, dass wir ja skypen wollten, sobald ihr Internet lief. Wer konnte das alles schon-

Und dann war Lilli plötzlich wieder da, zog mich erneut in eine feste Umarmung. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie sie zu mir zurückgekehrt und mir um den Hals gefallen war. Sie war einfach da und sofort fühlte ich mich wieder besser. Natürlich würde das nicht für immer anhalten, doch noch bevor ich mir darüber Gedanken machen konnte, war ich von etwas anderem mehr als eingenommen: von Lillis Lippen nämlich.

Sie küsste mich. Ich konnte es nicht glauben! Sie war nur ein kleines Stück zurückgewichen und hatte den Laut des Unbehagens, der wie automatisch über meine Lippen kommen wollte, abgefangen, indem sie ihren Mund sanft auf meinen gedrückt hatte. Und auch dabei war es nicht geblieben. Hätte man den Kuss bisher noch als sehr wehmütige Geste einer engen Freundschaft abtun können, so war ich nun mehr als nur bereit dazu, zu glauben, dass es nicht nur das war, als sich mir Lillis Zunge entgegendrängte. Sie schob sie sanft und doch bestimmt in meinen Mundraum vor und suchte eindeutig nach meiner, wollte einen Kontakt herstellen. Ich war so glücklich, als ich das realisierte, dass ich die Arme auch um ihren Nacken schlag und sie weiter zu mir heranzog, um den Kuss zu erwidern. Sie hatte ja gar keine Ahnung … oder vielleicht doch? Denn so, wie sie mich küsste, so hungrig, konnte sie auch kaum noch an sich halten.

Wir küssten uns minutenlang und drängten uns dabei so dicht aneinander, als wollten wir uns ganz genau einprägen, wie sich der Körper des anderen anfühlte. Als sollte sich dieses Gefühl für immer ins Gedächtnis einbrennen. Ich machte mir währenddessen keine Sorgen, was die anderen Leute auf dem Flughafen von uns halten könnten. Es kam mir einfach nicht in den Sinn, da ich dazu viel zu abgelenkt war – von Lillis Zunge und ihren Lippen und ihren Händen und überhaupt.

Und dann war es so plötzlich vorbei, wie es begonnen hatte.

Lilli löste sich von mir, trat einen Schritt zurück und murmelte: „Ich muss los.“ Dann drehte sie sich erneut um, rannte mit auf und ab hüpfendem Rucksack davon und verschwand im Check-in-Bereich. Und mich ließ hier dumm stehen, leicht außer Atem und mit einem dicken Fragezeichen über dem Kopf. Was zur Hölle?!
 

*
 

„Was zur Hölle hast du dir eigentlich dabei gedacht?!“, schrie ich sie drei Tage später an, kaum dass die Verbindung stand und Lillis Gesicht auf dem Bildschirm meines PCs erschienen war. Zuvor hatte sie es peinlichst genau vermieden, direkt mit mir zu reden, sondern sich nur per SMS und E-Mail bei mir gemeldet und konkrete Fragen meinerseits auch großzügig ignoriert. Diese Fragen waren natürlich immer gereizter geworden, da ich seit unserem Abschied auf dem Flughafen nicht mehr richtig geschlafen hatte. Zum Glück waren noch ein paar Tage von den Semesterferien übrig, sodass ich zumindest in der Uni nichts verpasste oder verschlampte.

„Jetzt oder nie?“, kam Lillis Antwort und klang dabei, als würde sie die Lösung einer Rätselfrage erraten wollen.

„Und das fällt dir ausgerechnet auf dem Flughafen ein, kurz bevor du eincheckst?!“

„Eigentlich wollte ich ja gar nicht. Aber im letzten Moment hab ich Angst gekriegt, dass es zu spät ist, wenn ich wieder zurückkomme“, erklärte sie mir schließlich doch noch ihre Beweggründe. Und ich hätte in dem Augenblick am liebsten ein Brett gehabt, das ich mir vor den Kopf hauen konnte. Ich konnte natürlich genauso gut die Tischplatte oder die nächste Wand nehmen, das hätte den gleichen Effekt. Stattdessen seufzte ich nur tief.

„Und dir ist nicht in den Sinn gekommen, dass du damit nicht bis zum letzten Augenblick hättest warten müssen? Du hättest es mir ein paar Tage vorher sagen können. Jetzt bist du nicht mehr da und das für ein halbes Jahr! Was sollen wir denn jetzt machen?“

„Also, du könntest dich zumindest ein bisschen mehr darüber freuen! Du klingst gerade so, als hätte ich dir einen Tag vor der Deadline gesagt, dass du nicht zehn, sondern fünfzehn Seiten Hausarbeit schreiben müsstest. Ich hatte zwar nicht den Eindruck, das es dir so zuwider war, aber so langsam kriege ich das Gefühl, dass ich irgendwas zwischen uns damit kaputtgemacht habe.“ Scheiße!

„Ah, Lilli!“, ruderte ich sofort zurück und schlug mir die Hände vors Gesicht, blickte nur durch einen Spalt zwischen meinen Fingern noch auf den Bildschirm, „natürlich freue ich mich darüber! Du hast ja keine Ahnung, was ich mir vorher für Gedanken gemacht habe, und als du dann …“

„Ich weiß, was ich gemacht habe“, unterbrach Lilli mein Zögern, „ich war dabei. Du erinnerst dich?“

„Nur zu gut.“

„Genau das wollte ich bezwecken. Warst du denn wenigstens zufrieden mit meiner Leistung?“

„Du willst jetzt wirklich darüber diskutieren?“

„Worüber denn sonst? Wir können im Moment sowieso nichts machen.“

„Na ja, ich würde schon ganz gerne wissen, wie ich das jetzt werten darf … soll …“

„Du darfst es als Interesse meinerseits an dir werten. Und dass ich den Versuch gerne wagen würde. Bist du damit einverstanden?“

„Hm“, summte ich und hatte nun ein Lächeln auf den Lippen, das ich selbst dann nicht hätte verhindern können, wenn ich es gewollt hätte.

„Wunderbar. Dann kannst du mir ja jetzt sagen, wie du meinen kleinen Abschiedskuss fandest.“

„Ich …“, setzte ich an, verstummte dann aber wieder. Ich wusste nicht, wie ich es ausdrücken sollte, selbst vor Lilli, die ja nun in zweierlei Hinsicht alles andere als die falsche Gesprächspartnerin dafür war. Zur Hölle, sie war dabei gewesen und außerdem noch meine beste Freundin, mit der ich alles besprechen konnte. Eigentlich.

„Komm schon, Tommy“, drängte sie nach einer Weile, „wovor hast du Angst?“

„Es hat mir den Atem genommen“, gab ich daraufhin zu, „ich war so überrascht und … dann hätte ich am liebsten gar nicht mehr aufgehört.“

„Ging mir auch so. Aber du weißt ja, mein Flug.“

„Hm …“

„Nicht traurig sein.“

„Weißt du schon, wann wir uns wiedersehen?“

„Tun wir doch jetzt.“

„Nein, ich meine: richtig.“

„Hab ich doch gesagt: Ich komme mindestens Neujahr wieder nach Hause. Alles andere muss ich noch sehen.“

„Ich weiß. Aber kannst du nicht vielleicht schon früher kommen? Zu Weihnachten oder so?“

„Weihnachten … das könnte durchaus gehen. Hier fahren alle zu ihrer Familie, und dann ist kaum noch einer im Wohnheim. Nach Hause zu kommen und ein paar Tage mehr mit meinem Freund zu verbringen, klingt da ganz gut.“ Freund … sie hatte Freund gesagt. Meine Ohren fühlten sich plötzlich ganz heiß an – und das schien man mir auch anzusehen.

„Wirst du jetzt etwa rot, Tommy?“, fragte Lilli mit einem neckischen Unterton, sodass mir das Ganze augenblicklich tatsächlich verdammt peinlich war. Sie wartete aber keine Antwort ab, sondern redete direkt weiter: „Keine Sorge, ich find' das niedlich und es steht dir irgendwie … Meinst du, du hältst es bis Weihnachten gut aus? Jetzt, wo wir nicht mehr nur beste Freunde sind?“

„Eigentlich hatte mir das schon vollkommen ausgereicht. Ich weiß nicht, wie schlimm es noch wird. Ich vermisse dich.“

„Ich weiß. Ich könnte die Wände hochgehen. Und so langsam glaube ich, dass du recht hast: Ich hab mir da ein dickes Eigentor geschossen.“

„Nicht nur dir.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein bisschen was Sicheres zu Beginn. Romance war schon immer meine Spezialität. Hoffentlich krieg ich meinen Allerwertesten bald aus seiner Comfort Zone. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Glennstar
2016-01-29T21:24:49+00:00 29.01.2016 22:24
Oh ich kann Toms Gedanken nach dem Kuss so gut nachvollziehen xD

Was zur Hölle? würde sich wohl jeder in dieser Situation denken.
Das war super beschrieben, man konnte richtig fühlen, wie unsicher er ist und wie er sich fragt, was es wohl ist, was er für Lilly fühlt. Auch wenn man gleichzeitig, dass Gefühl hatte, dass er es eigentlich schon weiß, aber noch nicht so ganz wahrhaben will und sich einfach nicht traut. Die Freundschaft der beiden ist ihm richtig wichtig, das merkt man sofort.

Und dann dieses klärende Gespräch :D
Man kennt die beiden überhaupt nicht und doch denkt man beim Lesen, dass sie einfach so sein müssen und dass es nie anders war. Ich finde es toll, dass du die Freundschaft (auch wenn es jetzt wahrscheinlich keine reine Freundschaft mehr sein wird) so toll rüber bringst, ohne viel erklären zu müssen. Die Art wie die beiden miteinander sprechen wirkt einfach natürlich. Die beiden sind mir direkt sympathisch.

Als Lilly gesagt hat, dass sie Neujahr zurück nach Deutschland kommt, hatte ich mich schon gewundert. Es lohnt sich ja eigentlich nicht nur für ein paar Tage aus Amerika anzureisen. Dafür ist die Reise zu lang und der erste Tag würde dann wahrscheinlich für die Erholung gebraucht. Das hatte für mich nicht ganz so gut gepasst, aber so konnte Tom aber noch fragen, ob sie nicht ein bisschen früher zurückkommen möchte und Weihnachten mit ihm feiern wird.

Ein sehr schöner OS, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert (und manchmal auch den Kopf schütteln lässt :D). Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße
Reika
Antwort von:  Earu
31.01.2016 19:59
Danke fürs Lesen und Kommentieren! Freut mich, wenn dir mein kleiner OneShot gefallen hat - besonders dein Urteil zu den Dialogen! Ich schreibe die für gewöhnlich so, wie ich selber spreche. Dann wenn es sichtatsächlich natürlich anfühlt, hab ich mein Ziel ja erreicht :3
Was das Neujahrsproblem angeht ... ich weiß selbst nicht mehr genau, was ich mir dabei gedacht habe. Es kam einfach zwischendurch beim Schreiben so rein. Ich hab zu Studienzeiten selbst nciht weit von zu Hause weg gewohnt, da wäre es kein Ding gewesen, mal spontan zurückzufahren. Daher vllt ... ^^"
Von:  Kimiko02
2016-01-11T00:16:20+00:00 11.01.2016 01:16
Wirklich eine süße Geschichte! *_*
Gefällt mir sehr! ^^
 
Das ist schonmal ein guter Einstieg, jetzt bin ich auf die weiteren Geschichten gespannt! :)
Antwort von:  Earu
13.01.2016 20:10
Danke schön :3

Ich überlege, wie ich schon beim neuen Thema ein bisschen was Anderes machen kann.


Zurück