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Friends and kisses

Eine Bitte unter besten Freunden
von

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Unschlüssig stehe ich vor dem Spiegel in meinem Zimmer und schaue an mir rauf und runter. Die Kombination aus schwarzem Faltenrock und pinken Top gefällt mir irgendwie nicht, doch das ist bereits das achte Outfit, das mir nicht zusagt. Der Kleiderhaufen auf dem Boden neben mir wächst bereits zu einem kleinen Berg heran. Vielleicht sollte ich demnächst mal Wanderungen zum Gipfel anbieten?

Heute findet mein allererstes Date statt und ich merke richtig, wie die Unruhe in mir keimt. Seit ich gestern Abend von Jamie nach Hause gekommen bin, spüre ich einen eigenartigen Druck auf meinem Magen, der ständig zwischen einem angenehmen Kribbeln und einer bleiernen Schwere wechselt, wenn ich an den spontanen Kussunterricht gestern denke.

Jamie wirkte beim Abschied sehr distanziert und ich habe furchtbare Angst, dass unser kleiner Ausrutscher doch noch folgenschwere Konsequenzen für unsere Freundschaft haben könnte – ich könnte niemals auf Jamie verzichten. Schon allein beim Gedanken daran wird mir speiübel.

Seufzend lasse ich mich auf den Boden sinken und vergrabe mein Gesicht in den Händen. In mir tobt ein wahnsinniges Gefühlschaos und ich mag eigentlich gar nicht daran denken, was da alles mitschwingt. Dieses Durcheinander in meinem Inneren hat mich bereits die ganze Nacht über wach gehalten – dementsprechend fit sehe ich auch aus.

Ein leises Klopfen an meiner Zimmertür ertönt und ich schaue fragend auf, als auch schon Jamies Kopf durch den Spalt erscheint. Mein Magen kribbelt im selben Moment.

„Hey, kann ich reinkommen?“, fragt er und runzelt sofort die Stirn, als er mich hockend vor dem Spiegel sieht. „Ist alles okay?“

Ich nicke und lasse den Kopf anschließend hängen. „Ich weiß nicht, was ich tun soll.“

Jamie kommt auf mich zu und setzt sich im Schneidersitz vor mich auf den Boden. „Was ist denn los?“ Seine Stimme klingt leicht belegt, weswegen ich aufschaue.

Der Schlag, den seine braunen Augen in meinem Bauch auslösen, kommt unvorbereitet, sodass ich den Blick sofort abwende. Was zum Teufel hat dieser Kuss in meinem Inneren ausgelöst, dass ich nun so komisch auf Jamie reagiere?

„Ist es noch wegen gestern?“, fragt er unvermittelt und ich zucke ertappt zusammen. „Ich wollte mich nochmal entschuldigen, dass ich so harsch zu dir war nach … nach der Sache … du weißt schon.“ Ich schließe meine Augen und atme langsam und tief aus, bleibe aber stumm. Ich weiß, dass er noch etwas sagen möchte, ich spüre es. Und dann folgt es auch schon: „Der Kuss gestern hat mich völlig durcheinandergebracht.“

Ich riskiere erneut einen Blick in seine Richtung und stelle fest, dass Jamie sein Gesicht abgewandt hat. Unschlüssig kratzt er sich am Hinterkopf – eine Angewohnheit von ihm in unangenehmen Situationen. Es versetzt mir prompt einen Stich ins Herz, weil mir nun klar wird, dass er sich gerade in meiner Nähe unwohl zu fühlen scheint. Ein dicker Kloß bildet sich in meiner Kehle und erschwert mir das Atmen.

Jamie seufzt leise. „Cara, ehrlich, ich kann nicht so tun, als wäre es nicht passiert.“

„Das hat auch niemand von dir verlangt“, fahre ich zickiger dazwischen als beabsichtigt. „Du hast es doch selbst beschlossen.“

Als seine Augen auf meine treffen, ist sein Mund zu einem geraden Strich verzogen – und trotzdem kann ich nicht verhindern, bei dem Anblick an seine weichen Lippen auf meinen zu denken. Eine Gänsehaut überspannt meinen Körper, als er seinen Mund leicht öffnet. Doch es kommt kein Ton heraus.

Schnaubend stehe ich auf und fahre mir durch die Haare. „Ist ja auch egal“, sage ich und gehe zum Schrank. „Lassen wir das Thema ruhen. Es ist passiert, Punkt, Aus. Und wenn es dich so extrem fertig macht, dann sollte es wohl sowieso nicht mehr vorkommen. Insofern …“ Ich stehe mit dem Rücken zu Jamie und stütze mich mit den Armen am Schreibtisch ab. Meine Augen brennen und ich habe deswegen Angst, mich umzudrehen und ihm damit zu zeigen, dass mich meine eigenen Worte ziemlich fertigmachen.

„Ich habe jetzt sowieso keine Zeit, über … die Sache von gestern zu sprechen. Ich muss mich für mein Date vorbereiten“, sage ich mit so wenig Emotion in der Stimme, wie mir im Moment möglich ist. Anschließend drehe ich mich zur Seite und gehe zum Kleiderschrank, um nun eine Bluse anzuziehen. „Würdest du rausgehen? Ich möchte mich umziehen.“ Der letzte Satz ist Blödsinn. Ich habe bisher noch nie ein Problem damit gehabt, mich vor Jamie umzuziehen. Wir kennen uns quasi ein Leben lang, wir sind wie Geschwister.

Jamie reagiert nicht – zumindest sagt er nichts – und so kommt es, dass ich das Top ausziehe, mich umdrehe und ihn noch am selben Fleck sitzen sehe wie wenige Augenblicke zuvor. Seine braunen Augen ruhen auf meinem Gesicht, zucken aber in unregelmäßigen Abständen nach unten, was ein eigenartiges Kribbeln in meinem Bauch auslöst.  

„Hast du neue Unterwäsche?“, fragt er plötzlich.

Überrumpelt von der Frage klappe ich den Mund auf und wieder zu. Doch noch mehr verwirrt mich sein teilnahmsloser Gesichtsausdruck, mit dem er mich mustert. „Ich … Wieso willst du das wissen?“

„Ich frage mich nur, wie weit du vorhast, heute mit Josh zu gehen.“ Sein Blick scheint sich in meine Haut einzubrennen, und als Jamie aufsteht, mache ich instinktiv einen Schritt rückwärts – warum auch immer. Das beklemmende Gefühl, das ich zu unterdrücken versuche, weicht nun einem anderen: Nervosität. Über mich selbst verwirrt, schüttle ich den Kopf und drehe mich weg. „Ich weiß nicht, was dich das angehen sollte, wie weit ich mit jemandem gehen möchte.“

Er kommt mir näher, ich spüre seine Nähe und mein Herzschlag beschleunigt sich automatisch um das Dreifache.

„Beim ersten Date?“, fragt er und ein spöttischer Unterton lässt mich verärgert aufschauen. Sein Mund ist zu einem provokanten Grinsen verzogen. Diese Seite an ihm kenne ich sehr gut, er ist manchmal gehässig, doch ich lasse es mir nicht gefallen.

„Und wenn schon!“, speie ich ihm entgegen und trete einen weiteren Schritt zurück, nur um mit der Ferse gegen das Schreibtischbein zu stoßen. Ich ignoriere den stechenden Schmerz, der mir kurz durch das Bein zuckt. „Es geht dich verdammt nochmal nichts an.“

„Deine Unerfahrenheit macht dich zu einer leichten Zielscheibe.“

Was zum …? Meine Augen beginnen wieder zu brennen und ich schlucke den Kloß runter, der sich in meinem Hals bildet. „Na und? Vielleicht will ich eine Zielscheibe sein?“ Oh Gott, das klingt furchtbar falsch, aber in meinem Trotz, der sich gerade einstellt, würde ich wahrscheinlich alles behaupten, nur um ihm Contra zu geben.

„Du willst das ehrlich?“ Seine sonst so angenehme Stimme wird tiefer, beinahe knurrend. „Du willst wirklich, dass dich ein Kerl einfach packt und sich nimmt, was er will, ohne dass du dich dagegen wehren kannst?“

Meine Atmung geht schneller. Jamie macht mich rasend vor Wut. „Wer sagt denn, dass ich mich nicht wehren kann? Ich bin kein kleines Mädchen mehr, das beschützt werden muss!“ Meine Stimme klingt in den eigenen Ohren unangenehm schrill.

Seine Hände schnellen vor und umklammern meine Oberarme mit festem Griff.

Ich erstarre.

„Cara …“ Der Ausdruck in seinen Augen wird weicher. „Du unterschätzt die Situation.“

„Nein, ich glaube, du unterschätzt mich.“ Trotzig starre ich ihn an. „Ich weiß, was ich will. Das kann man von dir aber nicht behaupten, schließlich warst du bis gestern noch ziemlich begeistert darüber, dass Josh mich um eine Verabredung gebeten hat. Und jetzt auf einmal unterschätze ich die Situation? Was, bitte, glaubst du, wird er mit mir machen?“

Sein Mund bildet wieder einen perfekten geraden Strich.

Die Zeit scheint stehen zu bleiben, als sein Blick auf meinen Lippen verweilt. Ich sehe pure Sehnsucht in seinen Augen und alles in mir wird schwer. Ganz kurz habe ich den Eindruck, er wolle sich vorbeugen, stattdessen lässt er mich los, geht einen Schritt zurück und greift sich an den Hinterkopf.

Sekundenlang dreht er sich hin und her, schaut unruhig von mir, zum Boden, gen Decke und wieder zurück, als trage er einen innerlichen Kampf aus. Dann schließlich greift er wieder nach mir, zieht mein Gesicht zu sich und küsst mich direkt auf den Mund, hart und fordernd. Es ist, als würde die Luft zwischen uns Funken sprühen, und ich zucke mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen zurück. Mein Hirn ist wie leergefegt.

Die Stille um uns herum wirkt ohrenbetäubend.  

„Ach, scheiß drauf! Mach doch, was du willst“, sagt Jamie schließlich resigniert, dreht sich von mir weg und verlässt mein Zimmer in Rekordtempo. Er schaut nicht zurück, als er durch die Tür verschwindet und der Knall hallt noch gefühlte Minuten in meinem Kopf nach.

Jamie lässt mich halbnackt und mit einem schreienden Herzen einfach stehen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke an Miena für den Kommentar <3

Vielleicht findet sich ja noch jemand, dem diese Geschichte ein bisschen Freude bereiten kann :)
Über Rückmeldungen aller Art würde ich mich wahnsinnig freuen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yamasha
2016-10-31T15:18:16+00:00 31.10.2016 16:18
OK, ich weiß die Story ist schon ein bisschen länger draußen, aber ich muss sagen, Sie gefällt mir richtig gut. Dass Cara einfach nicht versteht, was da mit den beiden passiert ist süß und zum aufschreihen zugleich!
Antwort von:  MissImpression
31.10.2016 19:30
Hi Yamasha!

Es freut mich richtig, dass auch noch die etwas älteren Geschichten von mir gelesen werden :)
Und dass ich dann auch noch so tolle Kommentare bekomme, hach...! <3

Ja, Cara ist etwas begriffsstutzig, das stimmt :D ich neige ein wenig dazu, meine Protagonistinnen in diese Richtung zu gestalten. ;) Aber freut mich, dass es nicht negativ aufgefasst wird :D
Von:  Miena
2016-01-08T20:19:01+00:00 08.01.2016 21:19
Huhu,

da bin ich wieder. :D

Auch dieses Kapitel hat mich komplett umgehauen! Ich finde du kannst die Situationen so verdammt gut beschreiben. Wirklich sehr, sehr toll!

Jamies Reaktion kann ich vollkommen nachvollziehen. Ich hätte auch Angst um meine beste Freundin. Allerdings weiß ich noch nicht, was Josh so für ein Typ ist. Ob seine Angst wirklich gerechtfertigt ist, werde ich wohl im nächsten Kapitel lesen können.

Jedenfalls fand ich das Kapitel wieder Bombe und freue mich auf mehr. *.*

Liebe Grüße,
Miena
Antwort von:  MissImpression
08.01.2016 21:22
Hi Miena :)

Aww, sehr lieb von dir, dass du dich wieder gemeldet hast <3

Und es freut mich total, dass dir auch dieses Kapitel so gefallen hat ^__^
Josh wirst du noch kennenlernen - bin gespannt, ob du ihn so erwarten würdest!

Danke für das Lob <3

LG
Tanja


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