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Assassin's Creed Unity: Nothing is True

Pairs 1774 | Pierre Bellec | Charles Dorian | Shay Patrick Cormac | OC
von

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Night

Die Mission hätte schlimmer nicht laufen können, dachte Renée.

Erst liefen sie in die falsche Richtung, dann wurde Charles von ihnen getrennt und nun sitzten sie außerhalb der Stadtmauern im Dunklen, ohne zu ahnen, wo sie sich befanden. Und wäre der Schein des Mondes nicht, könnte die junge Assassine wohl die Hand vor Augen nicht erkennen.

Bellec lehnte sich schweigend an die Mauer und verschränkte in Gedanken versunken die Arme. Das Licht seiner Lampe erlosch vor einiger Zeit und seitdem wechselten die beiden kein Wort mehr miteinander. Seine Schülerin tat es ihm gleich. Die Nacht war kalt, doch der Wind erschien Renée außerhalb der Stadt viel frischer und gesünder. Aber ganz gleich, für wie angenehm er ihr erschien, nichts wünschte sie sich gerade sehnlicher, als ein Feuer, an dem sie sich wärmen konnte. Denn sie wusste, je weiter die Nacht voranschreitet, desto kühler wird es. Und heute sollte es für den siebten Monat des Jahres eine ganz besonders kühle Nacht werden, denn der Boden wurde bereits feucht und am Horizont, so glaubte sie, konnte sie Nebel sehen, der sich allmählich leise und verheißungsvoll über die weiten Wiesen legte.

„Du solltest reingehen und dich schlafen legen", murrte Bellec, für seine Verhältnisse ruhig.

Renée blickte überrascht auf „In die Katakomben? Keine zehn Pferde bringen mich da rein. Und schon gar nicht mitten in der Nacht und ganz allein."

„Wenn ich dich daran erinnern darf, die Mission läuft nicht besonders gut. Wenn du dich hier noch erkältest, macht es die Situation nicht leichter."

„Und was ist mit dir? Bist du etwa zu männlich, um dich zu erkälten?"

„Ich schiebe Wache."

„Wovor denn? Ein paar Füchsen? Sollen sie doch kommen, dann kann ich mir aus ihren Fellen eine warme Decke machen."

Renée bibberte. Ihre Vorhersage über das Wetter schien leider wahr zu werden. Sie schlang ihre Hände um ihren Körper und warf einen vorsichtigen Blick zum Eingang der Katakomben. Dort drinnen war es sicher wärmer als hier. Die Kälte des Windes würde sie bestimmt nicht erreichen, würde sie dort sein.

Bellec blieb stumm und Renée ahnte schon, dass ihr Meister nicht in Stimmung war, zu streiten. „Na gut", gab sie schließlich einsichtig von sich, „du hast Recht. Ich gehe besser rein. Versprich mir nur bitte, dass du mich rächst, falls die Geister der Toten mich holen kommen.", scherzte sie.

„Wenn ich mir den Arsch schon abfriere, lass mir wenigstens den Rest Wein hier", murrte Bellec.

„Ich hab dir doch heute Mittag schon gesagt, dass ich keinen Alkohol bei mir habe." Dann kramte sie in ihrer Tasche

„Du kannst das letzte Stück Brot haben, ich kriege jetzt ohnehin nichts runter", sagte sie, doch ehe sie ihm das Stück reichen konnte, lehnte er bereits ab. Renée sah ihren Meister stumm an und wandte sich dann ab. Sie war zu müde und beschloss nachzugeben. Der Mond erhellte die wenigen Stufen des Eingangs, die sie vorsichtig hinabging. Sie wollte nur so weit in die Katakomben gehen, wie es nötig war. Aufmerksam tastete sie sich voran, bis sie schließlich am Stufenende ankam. Ihr Herz pochte wie wild, alles war in Schwarz gehüllt. Hier sollte sie schlafen? Sicher war sie sich da noch nicht. Und doch merkte sie, wie sie die Kälte allmählich verließ und ihr warm wurde. An einem ebenen Plätzchen ließ sie sich nieder. Ihre Lanze drückte sie fest an sich, immer bereit für einen Angriff, obwohl ihr klar war, dass keine Menschenseele hier vorbeikommen würde. Kampfbereit blieb sie in der Dunkelheit sitzen und Stunden verstrichen.
 

Der Wind pfiff ihm ganz schön um die Ohren und sein Umhang wirbelte umher. Bellec sah nervös dem Nebel beim Aufsteigen zu. Wenn der Mond hinter einer Wolkendecke hervorkam und direkt darauf schien, sah es aus, als würde der Nebel tanzen. Doch für Bellec war es kein Nebel, der seinen stillen Schleier ausbreitete, für ihn war es ein Feuer, das zornig sein Kleid über die Welt legte und drohte, immer näher zu kommen. In seinem Kopf verdrängte er das hilflose Geschrei. Je leidenschaftlicher das Feuer tanzte, desto lauter wurden die Hilfereufe. Immer wieder redete er sich ein, dass es nur Einbildung sei, dass seine Augen ihn täuschten und doch hörte er Schreie, die im Feuer verendete. Er zwang sich, den Blick von den Flammen abzuwenden, doch er fürchtete, sie würden kommen und auch ihn verschlingen, so wie damals und so wie jede Nacht. Reflexartig fuhr seine Hand nach Rechts, in der Hoffnung, er würde nach einer Flasche greifen können, doch da war nichts. Kein Alkohol, der ihn erlösen konnte. Nicht dieses Mal. Er ließ sich verdutzt die Wand hinunter auf den Boden gleiten und seine Augen fuhren nervös herum. Seine Finger krallten sich in die klamme Wiese. Er atmete schnell und eine Hitze schien ihn von Innen zu verschlingen. Schweißperlen nässten sein Gesicht in Windeseile. Wenn er nur ein Tröpfchen Alkohol hätte, könnte er alldem standhalten, das wusste er. Doch er hatte keinen und der neue Tag würde noch lange nicht anbrechen.
 

Renée war noch immer hellwach. Sie gab die Hoffnung einzuschlafen längst auf. Viel zu furchteinflößend waren die Katakomben und der Boden einfach zu hart.

„Mich hier reinzuverfrachten, war die dämlichste Idee, die dieser Kerl je hatte", fluchte sie und stand genervt auf. Sie klopfte sich den Dreck von ihrer Kleidung und ging vorsichtigen Schrittes zurück zum Treppenaufgang. Unerwartet hörte sie den unruhigen Atem jemandes. Erschrocken sah sie sich um, sie konnte nicht sagen, aus welcher Richtung er kam. Langsam ging sie weiter, der frische Wind begrüßte sie mit einem kühlen Pfeiffen und ein Schauer durchfuhr sie. Einen Moment lang dachte sie darüber nach, vielleicht doch wieder zurück in die Katakomben zu gehen, doch plötzlich hatte etwas ganz anderes Renées Aufmerksamkeit. Sie linste behutsam hinter der Mauer hervor und dann wurde ihr klar, der unruhige Atem gehörte Bellec, der zusammengekauert auf dem Boden saß. Sie wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Vorsichtig näherte sie sich ihm. Er schien sie gar nicht zu bemerken. Sie kniete sich neben ihn und legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Bellec schreckte auf, riss sie über seine Schulter, warf sie zu Boden und ließ seine Versteckte Klinge an ihre Kehle sausen. Bevor ihm das Mondlicht verirrt, dass sie kein Feind war, stoppte er den Angriff. Renée realisierte nur sehr langsam, was gerade passiert war. Ihr stockte der Atem und ihre großen Augen sahen panisch drein. Bellec ließ erschöpft seine Klinge verschwinden und ließ sich zurück gegen die Mauer fallen. Seine Augen waren gläsern und verwirrt. Die beiden sagten kein Wort. Renée richtete sich langsam wieder auf. Ihr Rücken schmerzte und in ihrem Oberarm fühlte sie noch immer seine mörderischen Krallen, die sich verschwitzt in ihr Fleisch gebohrt hatten und das erste Mal glaubte sie zu verstehen, was Assassinen wirklich waren: Killer.

„Hab ich dir was getan?", brach Bellec dann mit zerbrechlicher Stimme hervor, zu verwirrt um sie anzusehen.

„Es geht mir gut." Es ging ihr überhaupt nicht gut.

„Wieso bist du hier? Du sollst doch drinnen schlafen."

Sie setzt sich zu ihm an die Mauer „Ich hab mich gefürchtet."

„Es ist kalt hier oben. Geh."

Renée hörte nicht auf ihn, sie blieb stumm und glaubte, das Rasen seines Herzens vernehmen zu können. Seinen Kopf ließ er schmerzerfüllt nach unten fallen. Sein Haar und seine Kleider waren verschwitzt und durchnässt. Wenn er noch länger hier oben in der Kälte sitzen würde, wäre er derjenige, der sich erkältet, nicht sie.

„Komm mit mir nach drinnen, dort ist es warm", flüsterte sie ihm leise zu.

„Geh einfach", gab er forsch zurück.

Renée verstand, dass es kein guter Zeitpunkt für große Diskussionen war. Sie hatte ihn noch nie so aufgebracht gesehen und wusste nicht, was sie tun sollte. Sie stand auf und lief schweigend zurück in die Katakomben. Wissend, dass ihr ganzer Körper schmerzte. Sie taumelte die Stufen hinab und ließ sich nieder. Nur wenige Augenblicke später schlief sie ein.
 

Wenig später brannte das Feuer aus - der Nebel verzog sich allmählich und im Osten dieser Welt ging irgendwo die Sonne auf, die mit ihrem schwachen Licht die Nacht zu verdrängen schien. Endlich, dachte er erleichtert. Viele Jahre war es schon her, seit ihn die Nacht in solch eine Angst versetzte. Die Nacht war sein schlimmster Feind, das Einzige auf dieser Welt, dass ihn in die Knie zwingen konnte. Doch nun verlischt sie und mit ihr auch seine Angst. Er konnte sich kaum noch daran erinnern, wann er sich das letzte Mal so verlor. Er erhob sich und lief leise die Treppen der Katakomben hinab. Renée schlief friedlich. Nur der zerrissene Ärmel ihrer Montur erinnerte daran, dass ihre Nacht nicht so friedlich war, wie es den Anschein hatte. Bellec kniete sich neben die junge Frau und sah in ihr unschuldiges Gesicht. Er versuchte die Wut in seinem Bauch zu unterdrücken. Niemand sollte ihn jemals in seiner schwächsten Stunde sehen. Er war zu stolz, als dass er sich eingestehen könnte, von Ängsten in der Nacht heimgesucht zu werde - von Erinnerungen. Und nun war da seine Schülerin, die auf ihn hinabsah, als er schwach war. Es demütigte ihn bis auf die Knochen.

Bellec erhob sich wieder und ging zurück nach draußen. Das Sonnenlicht wurde allmählich heller und zunehmend erkannte er seine Umgebung. Die Mauer war sehr hoch, doch das hinderte ihn nicht daran, sich an ihren kalten Steinen hinauf zu hangeln. Oben angekommen blickte er suchend in die Ferne. Aber nichts Bekanntes konnte seinen Blick erhaschen. Er wusste nicht, wo sie waren und so konnte er keinen neuen Plan schmieden. Sie mussten also wieder durch die Katakomben stapfen und sich einen Weg zu Charles suchen. Bellec wusste, dass das ohne den Schein einer Öllampe schier unmöglich war. Lange lief er über die schmale Mauer Richtung Osten. Weiter und Weiter, bis er irgendwann einen Steinbruch entdeckte, unter dem er einen weiteren Eingang zu den Katakomben vermutete. „Geht doch", dachte er und machte sich auf den Rückweg.
 

Renée lief nervös auf und ab. Sie hatte Bellec seit letzter Nacht nicht mehr gesehen und nun war er verschwunden. Seit einer Stunde wartete sie in der Morgensonne und erblickte ihn nirgends. Sie fasste sich nachdenklich an den zerrissenen Ärmel und erinnerte sich an seine verwirrten Augen. Vielleicht ging er letzte Nacht allein los. Sie wusste nicht, was sie von all dem halten sollte. Er hätte ihr fast die Kehle durchgeschnitten. Sie hätte tot sein können. Ob er wohl Fieberträume hatte? Doch Renée wusste, dass es Bellec am Mittag noch gut ging und eine Krankheit nicht so schnell ausbrechen würde. Es musste etwas anderes sein, dass ihn letzte Nacht so verdutzte. Sie begann sich Sorgen zu machen. Nicht nur um ihn, sondern auch um sich selbst. Wo sollte sie allein hingehen? Sie würde in ein paar Tagen verhungern, wenn sie sich ziellos auf den Weg machen würde. Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als geduldig zu warten und zu hoffen, dass Bellec wiederkommen würde. Geduld war nie Renées Stärke, also schnappte sie sich ihre Lanze und beschloss, mit morgendlichem Tatendrang ihre Kampfkünste zu schulen.
 

Bellec kam zurück an den Ausgangspunkt und sah Renée üben. Er ging in die Hocke und hoffte, sie würde ihn nicht so schnell entdecken. Ganz genau sah er ihren Bewegungen zu. Jeden noch so kleinen Fehler wünschte er zu korrigieren und doch wäre er am Liebsten gar nicht zurückgekommen, wäre am Liebsten ohne sie weitergezogen und hätte einen anderen Assassinen nach Beendigung der Mission losgeschickt, um sie wieder einzusammeln. Er war im Stolz gekränkt, doch er war professionell genug um zu wissen, dass ihn diese Gefühle nicht an der Ausführung der Mission hindern durften. Trotzig kletterte er die Mauer hinunter bis zur Mitte und sprang dann auf Samtpfoten landend auf die Wiese ab. Renée bemerkte ihn und fuhr um, doch ehe sie etwas sagen konnte, nahm er ihr die Waffe aus der Hand und demonstrierte ihr noch einmal, wie man diese zu führen hatte.

„Die Lanze steiler stechen, sonst spießt du damit nicht mal eine Kartoffel auf, Püppchen."

„Wo warst du?", fragte Renée entsetzt, ohne darauf zu achten, was Bellec ihr gerade übers Kämpfen erklärte.

Er warf ihr die Lanze locker zurück, „hast wohl gedachte, ich bin über alle Berge."

„Allerdi---", bäumte sie sich auf doch er unterbrach sie.

„Ich hab unser Ziel gefunden, eine Stunde östlich von hier. Setz dich in Bewegung, ich wäre gern am Nachmittag wieder zuhause."

Und schon kehrte er ihr den Rücken und lief nach Osten. Renée war überrumpelt und überfordert mit der Situation. Er verlor kein Sterbenswörtchen darüber, dass er sie letzte Nacht fast getötet hätte. Sie erwartete keine Entschuldigung, Klarheit würde ihr genügen. Doch da kannte sie ihren Lehrer besser. Er würde nicht zugeben, dass er einen Fehler gemacht hatte. Und sie würde nicht danach fragen. Er war sichtlich gereizt, alles was sie nun gebrauchen konnte, war ganz sicher keine Auseinandersetzung. Also holte sie schweigend zu ihm auf, auch wenn sie sich unwohl an seiner Seite fühlte. Sie waren nie gute Freunde. Doch diesmal war irgendetwas anders. Sie war verängstigt. Und in diesem Augenblick wünschte sie sich nicht sehnlicher, als Charles in ihrer Mitte zu wissen.



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