Meine Augen ruhen auf deiner schlafenden Gestalt. Ich spüre das ziehen in meiner Brust. Seufzend schließe ich die Lider, doch es hilft nichts. Nur Sekunden später öffne ich sie und beobachte wie deine Brust sich leicht hebt und senkt bei jedem Atemzug, den du nimmst. Deine Augenbrauen ziehen sich zusammen und du drehst dich auf die Seite mit einem unverständlichen Murmeln. In letzter Zeit träumst du stets so unruhig. Ich seufze und zwinge mich meinen Kopf wegzudrehen und aus dem Fenster zu starren. Sogar der Mond erinnert mich an dein Gesicht. Egal wohin ich blicke, verfolgt mich der Gedanke an dich. Ich würde gerne schreien. Mit der Hand gegen die Wand schlagen, doch das kann ich nicht. Nur, wenn du mich brauchst, kann ich rauskommen.
Ich spüre deine Verzweiflung. Sie sickert wie ein Gift in mein Labyrinth. Die Schatten kommen näher. Ihre langen Finger lechzen nach mir. Ich höre wie sie zu mir flüstern. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen. Du brauchst mich. Endlich, endlich kann ich raus.
Ich strecke meinen Arm aus und spreize die Finger, ehe ich sie zu einer Faust balle. Das Blut rauscht durch die Venen und klingelt in meinen Ohren. Ein lebender Körper! Es ist ein unbeschreibliches Gefühl wieder sich bewegen zu können. Kein Geist zu sein, dessen Finger durch die Materie gehen. Kein Hirngespinst eines verängstigendes Jugendlichen zu sein. Ich lächle. Ich darf mich nicht darin verlieren. Ich muss den Gegner erledigen, gewinnen, Gerechtigkeit bringen. Damit du mich wieder rufst.
Die drei weißen Drachen vor mir sind wunderschön, doch auch sie werden gleich verschwinden. Ich spüre die Kraft in meinem Deck. Ich weiß, welche Karten mich erwarten und durch die Dunkelheit leite ich die Richtige an die Oberfläche. Ich beobachte das Leid Kaibas, als ihn die Niederlage trifft. Ich sehe die Schatten hinter seinem Blick flackern. Das könnte ein Problem werden. Doch es braucht nur meinen Willen diese zu verbannen. Sie zu den Schatten im Labyrinth hinzufügen. Kommt heim, ihr dunklen Geister. Kommt zurück, wo man euch schätzt und liebt.
Wieder kann ich meinen Blick nicht von deiner schlafenden Gestalt nehmen. Welch ein Fluch! Ich kann mit Leichtigkeit durch deinen Geist wandern, kann deine Gedanken lesen wie ein offenes Buch. Ich kenne deine Ängste, deine Wünsche, deine wunden Punkte. Ich weiß wie dein Zimmer in meinem Labyrinth aussieht. Immer mehr wirst du ein Teil von mir. Doch was nützt es mir? Wenn mein größtes Verlangen es ist dich zu berühren? Ich weiß, ich werde dich auf einem langen Weg begleiten. Oder du mich? Egal. Ich weiß, du wirst mich schätzen lernen. Ich werde unersetzlich für dich sein.
„Doch niemals dein sein.“
Die Stimmen all der Opfer hallen wieder. Rufen mir die unausweichliche Wahrheit zu. Ich will fliehen. Rennen. Verschwinden. Ein trockenes Lachen entweicht meiner Kehle. Der Vorstellung einer Kehle. Mein Körper ist nur eine Illusion. Die Wände, der Boden, die vielen Türen – sie alle sind nur ein Konstrukt meiner Leiche.
Ich drehe mich um und finde mich an deinem Bett wieder. Ich seufze. Egal, wohin ich auch gehe, ich kann dich nicht verlassen. Die Magie bindet mich an das Puzzle an deinem Hals. Doch auch wenn es sie nicht gäbe, so würde ich immer noch da stehen. Zu deinen Füßen warten. Auf den Tag, an dem meine Finger aus Fleisch und Blut deine Haut berühren können. An dem ich Hitze spüre, die meine Lippen in dir entfachen werden.
„Doch niemals dein sein“, erinnern mich die Schatten.
Ich ziehe meine Mundwinkel hoch und zeige der Nacht meine Zähne.
Wir werden sehen.
