Zum Inhalt der Seite

Ein unerfüllter Wunsch

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 1: Eine Verzweiflungstat

Mit einem Stirnrunzeln legte Temari die Papiere beiseite, die sie sich für den Abend vorgenommen hatte. Aus den Augenwinkeln musterte sie ihren Kollegen. Er hatte seinen Teil der Arbeit nicht angefasst und schaute trübselig vor sich hin.

Anfang des Jahres hatte er seinen Lehrmeister verloren und nun war sein Vater vor wenigen Wochen im Krieg gestorben. Alle um ihn herum überhäuften ihn mit Mitleid – sogar Ino, die selbst betroffen war –, nur sie nicht. Sie hatte ihm weder ihr Beileid ausgesprochen noch eine Sonderbehandlung zukommen lassen und verhielt sich ihm gegenüber seit ihrer Ankunft im Dorf vor drei Tagen ganz normal.

Bisher hatte es nichts genützt und da es sie inzwischen selbst ein wenig herunterzog, ihn so zu sehen, beschloss sie, ihre Aufheiterungstaktik zu ändern.
 

»Ich weiß, du hast ein schweres Jahr hinter dir, aber hör bitte auf, so ein Trauerkloß zu sein«, sagte Temari. »Du bist so nur schwer für mich zu ertragen.«
 

Shikamaru antwortete nicht und starrte weiter unbeteiligt vor sich hin.
 

»Ich klau dir nur ungern deine patentierte Wortwahl«, fuhr sie fort, »aber du nervst mich wirklich. Du bist gerade so was von lästig.«
 

Seine Augen huschten kurz zu ihr, doch ansonsten tat sich nichts. Sie konnte nicht den kleinsten Anflug eines Schmunzelns erkennen.

Tief atmete sie aus.
 

»Wenn du nicht gleich die Dackelfalte aus dem Gesicht nimmst und wenigstens ein bisschen schmunzelst, vergesse ich mich.«
 

Sein Blick lag erneut auf ihr.
 

»Und was soll das heißen?«, fragte er tonlos.

»Das überleg ich mir noch«, erwiderte sie und schenkte ihm ein Lächeln. »Ich wollte dich bloß vorwarnen, falls du nur einen Gedanken daran verschwendest, wie vorgestern vor mir in Tränen auszubrechen.«

»Ich bin nicht in Tränen ausgebrochen«, korrigierte Shikamaru sie. »Mir ist was ins Auge geflogen.«
 

Temari hob eine Braue.
 

»Im Winter in einem geschlossenen Raum?«, fragte sie kritisch. »Wie du meinst. Aber wenn ich dich noch ein drittes Mal weinen sehen muss, verschwinde ich und komme nie wieder in dieses Dorf. Die Rechnungen für die psychologische Betreuung, die ich dann brauchen werde, schicke ich dir trotzdem.«
 

Und da war es.

Ein winziges, fast nur unter der Lupe zu erkennendes Schmunzeln.
 

»Danke«, sagte sie, »so gefällst du mir gleich –«
 

Es verschwand jäh und sie brach ab. Sie bemerkte den merkwürdigen Glanz in seinen Augen und ihre Alarmglocke läutete.
 

»Wenn du das jetzt tust, dann – Ach, verdammt!« Sie gab ihren inneren Widerstand auf und sagte: »Komm halt her und heul dich aus, wenn es dir danach besser geht.«
 

Er blickte sie an und rührte sich nicht vom Fleck.
 

»Ich heule nicht«, erwiderte er, »und mir geht es bestens.«

»Und warum hast du noch nicht einmal gelächelt, seit ich hier bin?«, fragte sie kritisch.

»Mir ist halt nicht danach.«

»Ja, weil es dir beschissen geht«, legte sie fest. »Du kannst es dir übrigens sparen, mir zu widersprechen. Ich bin schließlich nicht blind.«

»Blind vielleicht nicht«, gab er zurück, »aber extrem kurzsichtig, wenn du meinst, dass es mir schlecht geht.«
 

Sie verstand nicht, was er sich davon versprach, aber er wollte sie provozieren. Zu dumm nur für ihn, dass sie darauf nicht einstieg.
 

»Du gehörst wohl auch der Sorte Mensch an, die man zu seinem Glück zwingen muss, was?«, bemerkte sie.

»Glück?« Er schnaubte humorlos. »Siehst du, wie ich lache?«
 

Temari musste sich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschnauzen und ihm zu sagen, wie lächerlich sein falscher Stolz war. Er führte sich wie ein Idiot auf und nun blieb ihr nichts anderes übrig, als andere Maßnahmen zu ergreifen.
 

Sie kroch um den niedrigen Tisch herum und ehe sich Shikamaru versah, legte sie ihre Arme um ihn und zog ihn an sich.
 

»Was soll das?«, fragte er, bemühte sich aber nicht, sich aus ihrer Umarmung zu befreien.

»Du siehst aus, als könntest du etwas Aufmunterung und eine Schulter zum Ausweinen gebrauchen. Also los, tu dir keinen Zwang an.«
 

Er erwiderte nichts und da er ihrer Aufforderung nicht nachkommen wollte, ließ sie ihn nach einer Weile wieder los.
 

»Fühlst du dich wenigstens ein bisschen besser?«, fragte sie. »Oder immer noch nicht?«

»Doch, sicher«, antwortete er monoton.
 

Sie seufzte.
 

»Wenn das noch länger so weitergeht, sehe ich mich gezwungen, eine Verzweiflungstat zu begehen«, fuhr sie fort. »Und das wird unschön, das kann ich dir versprechen.«

»Nur zu«, forderte er sie auf, was sie ehrlich überraschte, »viel schlimmer kann es für mich nicht mehr –«
 

Sie schnitt ihm das Wort mit einem flüchtigen Kuss ab.
 

»Siehst du«, sagte sie und lächelte, »ich sagte ja, dass es unschön wird.«

Er sah sie mit einem gewissen Misstrauen, aber unerwartet gefasst an. »Für dich oder für mich?«

»Höchstens für dich. Mir macht es nichts aus, zur Aufheiterung Männer zu küssen, die ich ziemlich gut leiden –«
 

Diesmal unterbrach er sie, indem er sie küsste, machte sich jedoch genauso rasch wieder von ihr los.
 

Shikamaru blickte ihr einen Moment in die Augen – ihre überraschte Miene war ein völlig neuer Anblick für ihn – und sagte: »Du hast mir nie den Eindruck gemacht, als könntest du mich besonders gut leiden.«

»Den Eindruck hatte ich umgekehrt von dir genauso wenig«, gab Temari zurück. »Du hast es mit Zuneigungsbekundungen wirklich nicht übertrieben.«
 

Er drückte ihr abermals einen Kuss auf.
 

»Besser?«, fragte er.

»Na ja« – sie zuckte die Achseln – »es ist noch ausbaufähig.«
 

Anstatt nachzufragen, küsste er sie erneut und da er diesmal nicht von ihr abließ, erwiderte sie es. Er küsste sie und sie küsste ihn und sie musste zugeben, dass es sich gar nicht so übel anfühlte. Auch wenn sie bisher die meiste Zeit ohne diese Liebesdinge ausgekommen war und es nicht darauf anlegte, dies zu ändern, war sie nicht zu stolz, um sich einzugestehen, dass sie nicht erst seit gestern etwas für ihn empfand, das über Freundschaft hinausging.
 

Schließlich löste er sich wieder von ihr und fragte: »Und jetzt?«

Sie tat, als müsste sie die richtige Antwort abwägen, dann sagte sie: »Es kommt der Sache schon näher.«
 

Sie gab ihm keine Gelegenheit, etwas zu erwidern, indem sie ihn küsste.

Sie küssten sich und diesmal hielt keiner der beiden inne, um zu einem Wortgefecht auszuholen. Nein, anstatt zu reden, legte er seine Arme um sie und sie verschränkte ihre hinter seinem Hals. Seine Hände fuhren über ihren Rücken zu ihrem Nacken und zurück – immer und immer wieder, bis er die Initiative ergriff und sie hinab zu ihrer Hüfte und unter ihr Shirt wandern ließ. Als er ihre Haut berührte, schauderte sie einen Moment, dann öffnete sie ihren Griff, um es ihm gleichzutun.

Ihre Finger erforschten seinen Oberkörper und seine ihren und als er sich daran machte, ihr Oberteil auszuziehen, sperrte sie sich nicht dagegen. Sie tat nichts, als seine Berührungen und Küsse immer fordernder wurden – wozu sollte sie etwas unterbrechen, das ihr gefiel? –, bis sie auf ihrem Bett lagen und sie spontan entschloss, sich noch einen kleinen Spaß zu erlauben.

Temari griff nach seinen Handgelenken, um seinem Tun Einhalt zu gebieten und brach den Kuss ab.
 

»Heißt es nicht ›Erst die Arbeit, dann das Vergnügen‹?«, fragte sie und hatte größte Mühe, sich ihre Belustigung nicht anmerken zu lassen.

Shikamaru befreite sich aus ihrem Griff, der ohnehin nicht besonders fest war, gab ihr mit einem »Wer sagt, dass das hier keine Arbeit ist?« Kontra und begann, ihren Hals zu liebkosen.
 

Sie hielt ihn nicht davon ab, weiterzumachen, doch verbal ließ sie sich nicht so leicht von ihm schlagen.
 

»Ich«, legte sie fest. »Also zieh dich wieder an. Ein Haufen Papierkram wartet auf uns.«

»Der kann auch noch etwas länger warten«, murmelte er bestimmt und verlagerte seine Küsse weiter nach unten.
 

Es hätte sie verwundert, wenn er nicht einmal für Sex ein wenig Motivation aufgebracht hätte, aber dass er so entschlossen war, war fast eine neue Seite an ihm. Sie legte es nicht darauf an – absolut nicht –, dass er es sich noch einmal anders überlegte, doch …
 

»Hältst du das wirklich für ’ne gute Idee?«, fragte sie.

»Nein«, sagte er zwischen zwei Küssen, »sie ist nicht gut, sondern großartig.«

Sie biss sich auf die Unterlippe, um sich ein Grinsen zu verkneifen, und argumentierte: »Kollegiale Spannungen sind aber nicht gut fürs Arbeitsklima.«

Er ließ von ihr ab, kam wieder auf ihre Augenhöhe und entgegnete: »Sind wir beide nicht erwachsen genug, um vernünftig mit der Situation umzugehen?«
 

Als Antwort zog sie ihn an sich, nahm den Kuss zu ihm wieder auf und ließ ihren gespielten Widerstand fallen.
 

---
 

Temari betrachtete die Holzverkleidung der Decke. An ihrer rechten Seite spürte sie die Wärme des Körpers, der dicht an ihrem lag, und sie roch den Schweiß, der sich mit ihrem zu einem neuen Duft vermischt hatte. Es war ein Geruch, der ihr bestätigte, dass sie nicht nur einem viel zu realistisch wirkendem Tagtraum nachhing.
 

Shikamaru atmete laut ein, dann bemerkte er beiläufig: »Es funktioniert.«

Sie unterdrückte ein Lachen. »Was hast du denn gedacht?«

»Doch nicht das«, verbesserte er sich. »Ich meinte, dass Sex als Aufmunterung funktioniert.«

»Das will ich auch schwer für dich hoffen«, meinte sie. »Ich begehe nur ungern eine Verzweiflungstat, wenn die erhoffte Wirkung ausbleibt.«
 

Sie löste sich vom Anblick des Holzes und sie musterte ihn aus den Augenwinkeln. Er schaute mit neutraler Miene vor sich hin, wie sie es die meiste Zeit von ihm gewohnt war.
 

»Eine Verzweiflungstat, hm?«, murmelte er.

»Ist es etwa bedenklich, dass ich mit dir geschlafen habe, damit du diese Trauermiene absetzt?«, fragte sie und zog die Augenbrauen nach oben.

Sein Mund zuckte zu einem belustigten Lächeln. »Ist es, definitiv.«

»Na, ja«, setzte sie an, »wenigstens war es nicht der einzige Grund.«

»Dann hattest du es ziemlich nötig, was?«

Sie unterdrückte es, laut loszulachen und fragte amüsiert: »Wie kommst du denn darauf?«

Er zuckte die Achseln und sagte nichts weiter.

»Okay«, gab sie zu, »als du der Meinung warst, mich ausziehen und an diversen Stellen anfassen und küssen zu müssen, wollte ich es tatsächlich, aber vorher hab ich’s nicht vermisst.« Sie pausierte einen Augenblick, dann setzte sie nach: »Das letzte Mal ist eineinhalb Jahre her. Nur falls du es wissen möchtest.«

»Warum wirfst du dir dann diese Pillen ein, wenn es schon so lange her ist?«, fragte er geradeheraus.
 

Es überraschte sie nicht, dass er davon wusste, schließlich ließ sie die Packung vor dem Spiegel im Badezimmer liegen.
 

»Falls ich mich spontan entscheide, mit einem gewissen Kollegen zu schlafen«, erwiderte sie nüchtern. Sie drehte sich auf die Seite, sah ihn direkt an und lächelte. »Nein, ich bin mir sicher, dass du dieses Detail nicht wissen möchtest.«

Er wandte sich ihr ebenfalls zu, erwiderte ihren Blick und fragte: »Und was macht dich da so sicher?«

»Ich glaube nicht, dass du zu den wenigen Männern gehörst, die eine Abhandlung über den weiblichen Zyklus interessant finden.« Sie lachte. »Und jetzt hoch mit dir! Wir haben noch einiges vor uns.«
 

Er bewegte sich nicht und machte auch nicht den Eindruck auf sie, als hätte er vor, dies zu ändern.
 

»Na, los, wieder an die Arbeit!«, forderte sie ihn auf.

»Und welche Arbeit meinst du?«, gab er zurück. »Je nachdem, welche du im Sinn hast, fällt meine Antwort mit Ja oder Nein aus.«
 

Ein Ja zum Papierkram und ein Nein zum Sex? Ha, wohl eher andersherum.
 

»Ich meinte schon das, was auf dem Tisch liegt«, sagte sie belustigt. »Aber …«

»Aber?«

»Ich kann mir gerade echt Besseres vorstellen, als Unterkünfte einzuteilen.«

»Und das wäre zum Beispiel?«
 

Temari zog kurz ihre Augenbrauen hoch, dann küsste sie ihn in einem Anflug Spontaneität. Er erwiderte ihren Kuss, einer dieser klischeehaften Schauer fuhr über ihre Haut und sie fühlte sich großartig.

Schließlich löste sie sich von ihm, lehnte ihren Kopf an seine Schulter und legte ihre linke Hand unter seine Brust. Sie konnte seinen Herzschlag erahnen und das beruhigte sie und sie beschloss, den Zeitdruck, unter dem sie standen, zu ignorieren.
 

»Und was machen wir nun?«, fragte Shikamaru.

»Du meinst, außer die Zeit, die wir nicht haben, statt mit Arbeit mit Sex zu verbringen?«

»Nein, ich meinte das hier.« Er deutete auf sich, auf sie und wieder zurück. »Was ist das?«

Sie seufzte. »Musst du so eine schwierige Frage stellen?«

»Du musst sie ja nicht beantworten.«

Er nahm ihre Hand und sie kreuzte intuitiv ihre Finger mit seinen. Als ihr auffiel, dass sie das getan hatte, bemerkte sie: »Zu spät, wir halten schon Händchen.«

»Ach, was sagt das schon aus?«, entgegnete er.

»Eine Menge«, sagte sie. »Wir liegen nackt beieinander, du hältst meine Hand und ich erwidere es – da gibt es nicht mehr viel, was man da interpretieren muss. Oder was meinst du?«

»Von meiner Seite aus zumindest nicht.«

»Aber von meiner, oder wie?«

»Du hast bisher nur gesagt, dass du mich leiden kannst«, gab er zurück, »und dass es eine Verzweiflungstat war, mit mir zu schlafen. Woher weiß ich, dass du nicht nur nett sein willst?«

»Und woher weiß ich, dass du nicht nur mit mir geschlafen hast, weil du körperliche Nähe suchst, um dich von dem ganzen Scheiß, den du dieses Jahr erlebt hast, abzulenken?«

Ein Moment des Schweigens brach aus, bis Shikamaru erwiderte: »Diese Annahme scheint wohl ziemlich nahezuliegen, hm?«

Temari nickte. »Genauso wie die Annahme, dass ich das alles nur aus Nettigkeit getan habe … Mal ehrlich, das ist schon ein Widerspruch in sich!«

»Stimmt, du bist nicht nett«, bemerkte er amüsiert. »Nicht auf persönlicher Ebene.«

Sie runzelte die Stirn. »Und auf einer anderen Ebene?«

»Bist du äußerst nett.«

»Du bist aber auch nicht übel.« Sie musste über ihr Gesagtes schmunzeln. Nicht, weil sie es im Affekt gesagt hatte, sondern weil es stimmte.

»Danke«, entgegnete er in einem Ton, aus dem sie nicht so recht schlau wurde, »aber nach eineinhalb Jahren war das keine große Kunst, oder?«
 

Sie lachte nur und zu ihrem Glück gab er sich mit ihrem Lachen zufrieden.
 

»Und was bin ich für dich?«, fragte sie nachdenklich. »Außer nervig und anstrengend, meine ich?«

»Hast du dir die Frage nicht schon selbst beantwortet?«, fragte er.

»Ich sag’s mal so: Ich kann mir meinen Teil denken.« Und da er schwieg, setzte sie nach: »Wir liegen hier ohnehin wie ein liebestrunkenes Pärchen herum, also kannst du es auch aussprechen.«

»Und was ist mit dir?«

Sie stieß ein Seufzen aus. »Warum antwortest du ständig mit Gegenfragen?«

»Weil mir dieses emotionale Gerede nicht liegt und ich hoffe, dass du das Thema wechselst?!«

»War das jetzt eine Frage oder eine Feststellung?«
 

Shikamaru zuckte die Schultern.
 

»Wenn es eine Frage war: Von mir aus«, gab sie zurück. »Dieser Gefühlskram war sowieso noch nie mein Ding.«

»Noch nie?«

»Nur weil ich vor dir einen anderen hatte, heißt das nicht, dass ein großes Gefühl wie Liebe eine Rolle dabei gespielt hat«, antwortete Temari. »Der Kerl war sympathisch und nett und hat sich Mühe gegeben, aber irgendwie ist der Funke nicht übergesprungen.«

Er lachte. »Kommt mir sehr bekannt vor.«

»Mir nicht«, widersprach sie, belustigt von seinem Vergleich. »Wann hast du dir denn jemals Mühe gegeben, mir zu gefallen?«

»Gar nicht«, sagte er. »Warum sollte ich mich verstellen, um bei einer Frau zu landen? Das ist doch schwachsinnig.«

»Bei der Einstellung wundert es mich nur bedingt, dass du noch keine Freundin hattest.«

»Bis jetzt wollte ich auch nicht unbedingt eine.«

»Nicht mal zum Vögeln?«

»Nicht mal zum Vögeln.«

Sie musste lachen und scherzte: »Du dachtest wohl, es wäre zu mühselig, eine Frau dafür bei Laune zu halten, was?«

»Wenn mir die Idee jemals in den Sinn gekommen wäre, absolut«, erwiderte er. »Umgekehrt ist es für dich sicher leichter, einen Mann bei Laune zu halten.«

»Was willst du denn damit sagen?«, empörte sie sich. »Wenn du denkst, dass ich das hier für jeden gemacht hätte, liegst du echt daneben.«

Er seufzte. »Das wollte ich damit bestimmt nicht ausdrücken.«

»Das will ich auch hoffen«, sagte sie. »Es sei denn, du legst es drauf an, dass das hier eine einmalige Sache bliebt.«

»Legst du es denn darauf an?«

»Gegenfragen sind heute Abend nicht mehr gestattet«, legte sie fest. »Aber nein, tue ich nicht.«

»Und wie stellst du es dir vor?«

»Wie stellst du es dir denn vor?«

»Gegenfragen beantwortete ich nicht.«

Ihre Hand wanderte zu seinem Hals. Demonstrativ drückte sie ganz leicht zu und meinte: »Ich möchte dich gerade auf sehr liebevolle Weise erwürgen.«

»Du hast diese Regel aufgestellt«, erinnerte er sie. »Es ist nicht meine Schuld, wenn du dich nicht daran hältst.«
 

Temari überlegte kurz, wie sie sich bei ihm revanchieren konnte, dann kniff sie ihm in die Brustwarze. Bis auf ein kaum merkliches Zucken ließ er sich nichts anmerken.
 

»Du bist ein Idiot«, gab sie zurück. »Ich versuche hier die ganze Zeit, diesen nervigen Kram zu bereden, und von dir kommen nur unbrauchbare Kommentare.«

»Warum muss ich es denn sagen?«, fragte Shikamaru ruhig. »Du ziehst mich hinterher nur damit auf, was für einen furchtbaren Kitsch ich von mir gegeben habe.«

Sie schwieg einen Moment und bemerkte schließlich: »Das ist gruselig.«

»Hm?«

»Dass du mich so gut kennst. Selbst wenn ich mich über das, was du sagst, freuen würde, würde ich dir auf jeden Fall einen Spruch um die Ohren hauen.« Sie musste lachen. »Schlechte Angewohnheit.«

»Darf ich dich wenigstens küssen oder ist das auch zu kitschig?«, fragte er monoton.

»Bloß nicht!«, meinte sie im Scherz. »Mehr klischeehafte Gesten ertrage ich für einen Tag nicht.«
 

Sie hörte ihn auflachen, spürte flüchtig seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht und im Anschluss, wie er sie küsste. Es fühlte sich nach wie vor gut an, auch wenn es nach ihrer Logik gar nicht so sein durfte. Aber Logik war in Gefühlsdingen ohnehin fehl am Platze, das wusste sie schon lange.
 

»Und wie soll es nun weitergehen?«, fragte sie und setzte bestimmt nach: »Und keine Ausflüchte mehr. Ich möchte eine präzise Antwort von dir haben.«

»Okay«, sagte er. »Wir bleiben einfach liegen und verschieben die Arbeit auf morgen.«

»Das hab ich nicht gemeint. Ich meinte, wie es mit uns weitergehen soll.«
 

Er deutete ein Schulterzucken an.
 

»Du musst doch wissen, was du möchtest!« Obwohl ihr der Moment gefiel, wie er war, hatte sie Mühe, nicht von seiner angeblichen Unentschlossenheit genervt zu sein. »Eine Beziehung, eine Affäre oder dass alles bleibt wie gehabt?«

»Eine Affäre?«, wiederholte er skeptisch. »Wäre das nicht irgendwie seltsam?«

»Nein«, gab sie beherrscht zurück. »Im Gegensatz zu diesem Gespräch wäre das absolut nicht seltsam.«

»Dann rede einfach nicht so viel«, schlug er vor.

»Ich halte den Mund, sobald du mir gesagt hast, was –« Sie unterbrach sich, seufzte – sie wusste nicht, ob vor Verzweiflung oder Belustigung – und schloss: »Ach, lassen wir das. Liegen wir halt weiter herum und schweigen uns an. Ich schlafe gerne neben einem Mann ein, bei dem ich nicht weiß, woran ich bin.«
 

Temari schloss die Augen und lenkte ihr Bewusstsein auf etwas Langweiliges wie Schafe zählen. Vielleicht war er sich morgen früh im Klaren, was er wollte. Und falls nicht, hatte sie immerhin eine nette Stunde mit ihm verbracht. Auch wenn der Gedanke ein wenig ernüchternd war.
 

Plötzlich merkte sie, wie Shikamaru sich zu ihrer Hand vortastete und sie nahm.
 

»Das hier.« Er drückte sie. »Ich glaube, das hier wäre definitiv einen Versuch wert.«

»Meinst du?« Ihre Lider gingen auf und sie schaute ihn direkt an. »Obwohl ich gar nicht in dein Schema passe?«
 

Er erwiderte ihren Blick. Die Tatsache schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken.
 

»Pech«, meinte er. »Man kann nicht alles haben.«

»Und bin ich dir nicht viel zu alt?«

Seine Brauen wanderten nach oben. »Was sind schon drei Jahre?«

»Nichts«, sagte sie, »wenn der Mann so viel älter ist. Aber andersherum?«

»Dir steht dein Alter nicht auf die Stirn geschrieben«, argumentierte er. »Und ich wüsste niemanden, der sich an so einer Kleinigkeit aufhängen würde. Also was meinst du?«

Sie analysierte ihn, als müsste sie sich noch vergewissern, dass er es ernst meinte. Nicht einmal das kleinste Stirnrunzeln oder Augenbrauenziehen sprach dagegen.
 

»Gut«, sie nickte, »gehen wir es ernsthaft an. Aber ich wette mit dir, dass wir uns in spätestens einer Woche nur noch auf die Nerven gehen und du froh sein wirst, wenn du mich wieder los bist.«

»In Ordnung«, pflichtete er ihr bei, »aber ich halte dagegen.«

»Dann mach dich schon mal auf deine Niederlage gefasst!«, erwiderte sie und lachte.
 

Sie verlor haushoch.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach dem wunderbaren Feedback vom Prolog habe ich die Befürchtung, dass dieses Kapitel euren Erwartungen nicht gerecht geworden ist. Ich hoffe auch inständig, dass es nicht den Eindruck hinterlässt, dies wäre eine Geschichte, in der sich vieles um Sex dreht. Natürlich hat dieses Thema seinen Anteil, aber ein Schwerpunkt ist es definitiv nicht. :)
Dieses Kapitel entstand genau wie der Prolog ebenfalls vor dem Erscheinen von Shikamaru Hiden, das ja im Großen und Ganzen klärt, wie die beiden ein Paar geworden sind. Ich gebe zu, dass ich die Novelle nicht besonders mag (für mich ergibt es einfach keinen Sinn, dass sie erst so spät zusammengekommen sind) und hoffe, dass euch die Freiheiten, die ich mir genommen habe, nicht zu sehr stören.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Vielen Dank fürs Lesen! =)
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Pretty_Crazy
2015-08-22T20:28:07+00:00 22.08.2015 22:28
Das Ende von Naruto hat mich in der Pärchenkonstelation nicht überrascht - bis auf Choji und Karui. Was ShikaTema anbelangt, so finde ich persönlich, dass es im Manga genügend kleinere Anspielungen gegeben hatte und abgesehen davon, finde ich, dass die Zwei gut zusammen passen. Ihre Charaktere wirken auf mich ergänzend und ich finde, dass du sie in diesem Kapitel auch sehr gut getroffen hast.Temaris direkte und forsche Art, zusammen mit Shikamarus ruhiger und sachlicher Art kombiniert. Im Grunde die perfekte Mischung.

Ich finde dieses Kapitel keinesfalls uninteressant, sondern betrachte es als ein gelunges Gedankenspiel zwischen dem Kriegsende und der Boruto Generation. Der Tod des eigenen Vaters ist nicht mal eben so leicht wegzustecken und da auf dem Schlachtfeld nicht die Zeit zum trauern gegeben ist, muss dies eben später erfolgen und ich finde, dass Shikamarus beschriebenes Trauerverhalten sehr gut zu ihm passt und Temaris Reaktion. Zugegeben, mit Sex als Aufmunterung habe ich nicht gerechnet, aber irgendwie ... passt auch das wieder - zwar mehr zu Temari, aber egal.

Alles in allem wirkt das Kapitel sehr rund und macht mich neugierig, wie sich das Ganze zwischen den Beiden weiter entwickelt hat. Es war ein wenig überraschend, aber nicht abwegig und deswegen bleibe ich weiterhin dran ;)

LG
Rosetta

Antwort von:  Rabenkralle
25.08.2015 09:15
Ich danke dir herzlich für deine vielen Kommentare! =)
Ich war eigentlich davon überzeugt, dass es am Ende gar keine Pairings geben wird – aber da lag ich gründlich daneben (zu meinem Glück). ShikaTema war auch immer das einzige Paar, das mir richtig gefallen hat. Ich mag dieses bodenständige, unaufgeregte. Dieses Fangirl-jagd-jahrelang-ihrem-Schwarm-nach war nie mein Ding.

Puh, ich bin froh, dass es nicht zu abwegig rüberkommt. Die Sorge hatte ich nämlich.

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  Amentsja
2015-08-06T22:30:38+00:00 07.08.2015 00:30
Super Kapitel die bein mal gucken wie es weiter geht
Antwort von:  Rabenkralle
07.08.2015 12:25
Danke! :)
Von:  Majaaaa
2015-08-02T20:16:31+00:00 02.08.2015 22:16
Dieses Kapitel war so süß. Shikamaru ist genauso wie in der Serie. Temari ist auch gut getroffen. Ich fand es gut, dass du so einen Flashback gemacht hast, sodass man weiß wie es früher zwischen Shikamaru und Temari war.

Also: Mach weiter so;-)
Antwort von:  Rabenkralle
03.08.2015 12:30
Dankeschön für deinen Kommentar! Dann kann ich wohl erst mal beruhigt sein. :)
Die Vergangenheit wird sich noch über einige Kapitel ziehen. Ich wollte mal etwas anderes machen, als zwischendrin ständig Flashbacks einzuwerfen. Ich hoffe nur, dass es nicht zu sehr langweilt. Storyrelevant sind sie ja trotzdem (auch wenn durch den Prolog natürlich nicht alles überraschend kommen wird).

Liebe Grüße,
Rabenkralle


Zurück