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I aran en eryn (Der König des Waldes)

von

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„Ich kann nicht zurück... Wenn das die Liebe ist, dann will ich sie nicht. Befreit mich von ihr. Bitte!... Ihr werdet Euch nicht abwenden. Nicht diesmal... Warum tut die Liebe so weh? - Weil sie wahrhaftig war... Legolas, deine Mutter hat dich geliebt...hat dich geliebt... hat dich geliebt...“

„Mein König Thranduil?“ Eine besorgt klingende Stimme holte den König des Düsterwaldes aus seinen Gedanken zurück; weg von den Bildern und Stimmen, die sich in seinem Kopf endlos abspielten und die er einfach nicht vergessen konnte. So viel Leid und so viel Schmerz.

Als Thranduil feststellte, dass einer seiner Berater vor ihm stand, hatte er sich sofort wieder im Griff.

„Was ist?“, wollte er mit kühler, gleichgültiger Stimme wissen.

„Der Bote, mein König. Der Bote aus Bruchtal ist eingetroffen.“

„Lasst ihn eintreten“, befahl Thranduil.

Der Berater aber schien zu zögern.

„Was!?“, wollte der König ungeduldig wissen.

„Mein Herr, ich dachte nur, Ihr bräuchtet vielleicht noch einen Moment...“, kam es langsam und zögerlich vom Berater.

Thranduils Augen begannen zu funkeln, so wütend war er. Er wusste zwar, dass der andere Recht hatte, doch zugeben konnte er es nicht. Es war auch sonst schon schlimm genug, dass er die Kontrolle verloren hatte. Um davon abzulenken und seine vermeintlich geschwächte Autorität wieder herzustellen, fragte er mit bedrohlich klingender Stimme: „Wie bitte?“

Der Berater verstand, dass er zu weit gegangen war. „Nichts, es tut mir Leid, mein König. Verzeiht mir bitte.“ Er verneigte sich unterwürfig.

Thranduil gab gnädig nickend seine Zustimmung und scheuchte den anderen Elben dann mit einer Handbewegung fort.
 

Das Treffen mit dem Boten aus Bruchtal brachte der König des Düsterwaldes nur mit größter Mühe hinter sich. Immer wieder ertappte er sich selbst dabei, wie er in Gedanken abdriftete und nicht richtig zuhörte. Mehrmals hatte er den Eindruck, dass der Bote ihn misstrauisch beäugte. Und so schalt sich Thranduil selbst, weil er sich nicht im Griff hatte. Was alles nur noch schlimmer machte.
 

Als das Treffen vorbei war, war es noch früher Nachmittag und es gab noch Einiges zu tun. Doch zum ersten Mal seit Langem fühlte sich Thranduil nicht mehr wohl auf seinem Thron. Immer und immer wieder sah er die Szenen vor sich, die Szenen aus der Schlacht der fünf Heere. Es war bei Weitem nicht seine erste Schlacht gewesen. Doch er gewöhnte sich einfach nicht daran. An das Töten. An den Verlust all dieser Elben, die er teilweise schon eine halbe Ewigkeit kannte. Aber am schlimmsten war die Sache mit Legolas. Wieder einmal hatte er sich gegen ihn gewendet, war geflohen. Wieder einmal hatte er ihn verloren. So wie er schon seine geliebte Frau verloren hatte. Damals, vor so langer Zeit. Und doch spürte er es heute noch so deutlich.

Thranduil erhob sich von seinem Thron. Sofort eilten Elben auf ihn zu, Berater und Wachen.

„Lasst mich allein...“ Es klang nicht mal halb so forsch, wie er es gerne gehabt hätte. 'Nur keine Schwäche zeigen', redete sich Thranduil ein.

„Mein König, was fehlt Euch?“, wollte einer der Elben wissen, um seinem Herrn zu helfen.

Thranduil hielt einen Moment inne. Dann fuhr er ihn an: „Ich sagte doch: Lasst mich allein!“

„Aber mein Herr...“, stammelte ein anderer.

Der König zog seine Klinge, die er immer in einem seiner Stiefel bei sich trug, und machte damit eine bedrohliche Geste in Richtung des Sprechenden. „Raus. Sofort.“
 

Den Rest des Weges aus dem Palast gab sich Thranduil die allergrößte Mühe, nicht auf jeden einzuhacken, der ihm über den Weg lief. Sonst würde es womöglich noch heißen, er sei verrückt geworden. Und das konnte er sich nicht leisten. Immerhin war er der König.
 

In den Ställen nahm sich der König ein x-beliebiges Pferd und jagte dann in den Wald hinein. Immer schneller und schneller trieb er das Tier an; er fühlte sich gehetzt und verfolgt und wollte nur noch fort. Weit weg. Von all dem, das ihm ganz offensichtlich über den Kopf wuchs.

Doch mit der Zeit ließ das Gefühl nach; es wurde schwächer und schwächer. Allmählich ließ Thranduil das Pferd langsamer laufen und dann anhalten. Er stieg ab und ging zu Fuß weiter. Mit jeder Sekunde fühlte er sich müder. Als ob ihn ein Schritt um tausend Jahre altern ließe.

So erreichte er mit der Zeit eine riesige Lichtung, doch er blieb nicht stehen. Plötzlich begann es unter seinen Füßen leise zu knirschen und Thranduil stellte fest, dass auf der Lichtung Schnee lag.

Er schleppte sich noch ein paar Meter weiter, doch dann war er am Ende seiner Kräfte. Mit einem verzweifelten Aufschrei ließ sich der König auf den Boden sinken. „Ich kann nicht mehr...“, flüsterte er so leise, dass er es selbst beinahe nicht hörte. Er dachte an seine Frau, an ihr Lachen, an die lieben Worte, die sie ihm jetzt vielleicht sagen würde. Doch das machte es nicht besser. Im Gegenteil.

Trotz des Schnees fühlte sich Thranduil aufgrund der vielen Gedanken, Bilder und Gefühle, die durch seinen Kopf und sein Herz wirbelten, als müsse er jeden Augenblick vor Hitze explodieren. Als ob all die Wut und der Schmerz, die Trauer und das Leid auf einmal hervorbrachen und die Flammen ihn verzehrten.
 

Da begann es plötzlich zu schneien. Dichte, große Flocken fielen vom Himmel und setzten sich leise und unscheinbar auf den Mantel des Königs, auf sein Haar, seine Hände, sein Gesicht. Es fühlte sich angenehm kühl an. Wie eine Liebkosung. Thranduil schloss die Augen und hatte beinahe das Gefühl, die Hände seiner Frau zu spüren. Legolas' Stimme zu hören. Ihr beider Lachen zu vernehmen.

Und auf einmal wurde es ruhig. Eine beruhigende Stille breitete sich über die Lichtung und den König aus. Eine Stille, die Erholung verhieß, gleichzeitig aber auch die Aussicht darauf, dass schon alles in Ordnung kommen würde. Ein Gefühl, das von irgendjemandem oder irgendetwas ausgelöst worden sein musste.

Thranduil hob den Kopf. Durch die dichten Flocken hindurch konnte er nichts sehen. Also erhob er sich. Fest auf beiden Beinen stehend fühlte er sich wieder geerdet und atmete tief die frische Luft ein.

Und da sah er ihn, den weißen Hirsch. Majestätisch schritt das Tier langsam auf ihn zu, wobei sich der noch immer dicht fallenden Flockenvorhang zu teilen schien.

Einige Meter vor dem Elben blieb der Hirsch stehen. Er schien auf etwas zu warten.

Thranduil bestaunte das stolze Tier, das ihn an sein in der Schlacht gefallendes Reittier erinnerte. Er war nicht fähig, sich zu bewegen, so sehr war er in diesem Augenblick gefangen.

Als er dann doch Worte fand, meinte er ehrfürchtig: „I aran en eryn... Der König des Waldes...“ Andächtig verneigte er sich vor dem Tier.

Dem Hirsch schien das zu gefallen. Er kam ein paar weitere Schritte auf Thranduil zu. Und verneigte sich dann ebenfalls. Er hatte ihre Augen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hidan_1975
2015-11-22T03:59:21+00:00 22.11.2015 04:59
Ehrliche Meinung?

Ich sage nur die Worte aus dem letzten OS mit Elbenkönig Thranduil.
Hier ist der König selbst verletzlich und würde der König zu seinen Untertanen reden,so würde er ihnen die verletzliche Seite zeigen.Das ist nicht sein Stil,also leidet er allein,
Und genau diese Gefühle,gibst du hier wieder.

Daumen hoch mit viel Herz ♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥


Lg Hidan_1975


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