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Chaosbrut

von

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Der Tanz mit dem Teufel

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Der Tanz mit dem Teufel


 

Ich kralle mich an Lokis Oberarm und lasse mich von ihm regelrecht durch den Flur meiner Mutter zerren. Ich habe es nicht sonderlich eilig am Esstisch des Grauens Platz zu nehmen.

»Riley«, ermahnt mich Loki, lacht jedoch, als meine Fingernägel sich in sein Fleisch krallen.

Dad hängt seine Jacke an einen Kleiderhaken an der Garderobe und ich tue es ihm mit meiner Handtasche gleich. Er verschwindet im Esszimmer, Nick trägt die Torte in die Küche und Loki schiebt mich vor sich her, sodass ich Dad förmlich hinterher stolpere. Dieser setzt sich sogleich an seinen angestammten Platz an die Stirnseite des Esstisches und sieht aus, als hätte er Mom nie verlassen. Ich bemerke sofort, dass ein Gedeck mehr aufgetragen ist und sehe meine Vermutung bezüglich Dorothea bestätigt. Dann fällt mein Blick auf Mom, die Dali gerade eine selbstgestrickte Mütze mit Ohrwärmern aufsetzt, die beinahe bis zum Boden reichen. Ich blinzele ungläubig. Was soll das sein? Er sieht aus wie ein Dinosaurier und ich erinnere mich daran, dass ich schon seit Ewigkeiten »In einem Land vor unserer Zeit« bei Amazon bestellen wollte.

»Überraschung«, flötet Mom und präsentiert uns stolz ihren Enkel, dem die Mütze gerade über die Augen rutscht. »Naja, er wird noch hinein wachsen.«

»Niedlich«, sagt Nick, trägt die frisch angeschnittene Torte herein und stellt sie mittig auf den Tisch, zwischen allerlei Teilchen, Cupcakes und Macarons aus Moms Café im Zentrum der Stadt. »Unser kleiner Littlefoot.«

»Reizend«, lüge ich aalglatt und nehme schnell neben Dad Platz, um es hinter mich zu bringen.

Nach einer Aufforderung von Mom nehmen alle Platz und während ich mich wundere, dass sie sich an Dads andere Seite setzt, entledigt sich Dali seiner Kopfbedeckung und lässt das grauenhafte Ding achtlos zu Boden fallen, wo es sich vermutlich irgendwann festtreten wird. Ich bin sehr stolz.

Nick setzt sich neben Mom und Loki ihm gegenüber neben mich. Vorhang auf für Szene eins.

»Ich erwarte noch jemanden«, gibt Mom endlich zu, als sie meinen Blick bemerkt, während Loki seine selbstgebackene Torte auf unsere Teller verteilt. »Wurde wohl aufgehalten.«

»Wen erwartest du denn?«, will ich es lieber genau wissen, während Mom Dali bereits mit Tortenboden füttert. »Nicht so viel, Mom.«

Sie tut so, als hätte sie mich nicht gehört und während Besteck auf Tellern klirrt und Nick uns Kaffee einschenkt, taxiere ich Mom mit Blicken.

»Wen, Mom?«

»Nur Chris aus der Nachbarschaft«, sagt sie ganz beiläufig und meidet es, mich anzusehen.

»Der ist doch schon vor Jahren weggezogen«, sage ich und schaufele mir Torte in den Mund. »Die ist dir sehr gut gelungen, Liebling«, gebe ich dabei zu verstehen und Loki bedankt sich lächelnd.

»Er ist wieder hergezogen und war gestern zu Besuch hier«, erklärt Mom und Dad mischt sich in das Gespräch ein.

»Chris der Gärtner?«

»Er ist Landschaftsarchitekt«, korrigiert Mom und nimmt selbst den ersten Bissen Torte. »Oh, die ist wirklich sehr gut.« Und das aus dem Mund einer Café-Betreiberin.

»Wer ist dieser Chris?«, will nun auch Nick wissen, während Loki eine Erdbeere nach der anderen aus seiner Torte pult und sich alles geduldig anhört.

»Harleens Exfreund.« Das ist Mom. Die einzige Person auf der ganzen weiten Welt, die mich nie bei meinem ersten Namen anredet.

»Er ist nicht mein Exfreund«, stelle ich klar und leere meine Kaffeetasse in einem Zug. »Ich bin nur mit ihm zum Abschlussball gegangen, weil mich sonst niemand gefragt hat.«

»Weil du ein Sonderling warst«, wirft Mom ein und Nick platzt förmlich vor Freude über das Thema der Unterhaltung.

»Das ist besser als jede Daily Soap«, nuschelt er in seinen Bart und greift nach den Cupcakes.

»Und er war klein, dick und hatte fürchterliche Akne. Wieso lädst du Chris zum Kaffee ein?«

»Ich wollte nur nett sein«, rechtfertigt Mom sich. »Und außerdem hat er sich sehr gewandelt.«

Ein weiterer Kommentar bleibt ungesagt, weil ich verwundert beobachte, wie Dad nach Moms Hand auf dem Esstisch greift und diese beruhigend drückt. Ich spüre, wie meine Augenbrauen sich ganz automatisch zusammenziehen, das Pflaster mit Katzenmotiv ist dabei jedoch ein wenig im Weg. Was geht hier eigentlich vor? Warum sind sich die beiden nicht schon längst an die Kehle gesprungen und sitzen jetzt so friedfertig und einträchtig nebeneinander? Hier ist doch was im Busch.

»Was mir die ganze Zeit schon auf der Zunge liegt«, beginnt Dad und schenkt sich Kaffee nach, während ich eine Erdbeere von Lokis Teller mopse. »Wieso sind Sie Grün hinter dem Ohr, Nick?«

»Wie bitte?«, fragt Nick leicht verwirrt, während alle Aufmerksamkeit auf ihm liegt und seine aufgemalten Augenbrauen komische Sachen machen. Dad deutet auf Farbreste in Nicks Haar, die ich erst jetzt bemerke. Nick schaut kurz verstohlen zu mir herüber, während er sich eine Antwort überlegt. »Ach das, das war ein kleiner... Farbunfall.«

»Ach du meine Güte«, sagt Mom mit einem Mal ganz aufgeregt und ich lasse vor Schreck die Gabel fallen. »Hast du es schon gesehen, Cooper?«

»Was gesehen?«, fragt Dad und sieht zwischen Mom und mir hin und her.

»Das wird ein Riesenspaß«, sagt sie und klatscht in die Hände, wobei Dali sofort begeistert einstimmt. »Zeig deinem Opa doch einmal was du kannst.«

»Mom, bitte«, sage ich und versuche einigermaßen ruhig zu bleiben. »Führ' ihn doch nicht vor wie ein Zirkustier.«

Erschrocken fasst Mom sich ans Herz.

»Du hast absolut Recht. Irgendwann wird es sich schon einmal ergeben. Tut mir Leid, Liebling.« Das gilt Dali, nicht mir.

»Jetzt bin ich aber gespannt«, höre ich Dad noch sagen, doch ich wende mich an Loki.

»Sag doch auch mal etwas«, flüstere ich, doch der Herr lehnt sich nur in seinem Stuhl zurück und zuckt mit den Schultern, während am Tisch eine Diskussion über die Gefahren von Heizstrahlern entflammt.

»Ich genieße und schweige.«

Super. Hauptsache Mr. Chaos amüsiert sich.

»Geht der Kleine in gar keine Krabbelgruppe?«, höre ich Nick aus einem Wirrwarr an Stimmen heraus und sehe ihn auf eine Art an, die an seinem Verstand zweifeln lässt. »Ich mein' ja nur...«

»Ihr solltet heiraten«, kommt es plötzlich von Mom und sie sieht zu Loki und mir herüber, während Dali einen Muffin einspeichelt und dabei glücklich auf die Tischdecke sabbert. Ich umklammere meine Kuchengabel. Ich glaube, am Ende ramme ich sie nur deswegen keinem in den Bauch, weil ich mich nicht zwischen Nick und Mom entscheiden kann.

»Mom«, zwinge ich mich ruhig zu sagen, lege jedoch den gesamten energischen Nachdruck hinein zu dem ich fähig bin. Ich weiß nämlich, was sie über uneheliche Kinder denkt.

»Schon gut«, winkt sie auch gleich wieder ab. »Ich wollte es nur noch einmal gesagt haben.«

Ich spüre Lokis Blick auf mir, wende mich ihm erneut zu und greife nach seiner Hand, die auf meinem Oberschenkel liegt.

»Ich brauche keinen Ring am Finger um zu wissen, dass wir zusammen gehören«, antworte ich auf eine unausgesprochene Frage und meine es auch so. Außerdem hat Loki nicht einmal eine ID-Card. Was sollte denn bitteschön auf der Hochzeitsurkunde als Geburtsort stehen? Jotunheim? Er beugt sich zu mir und küsst meine Stirn. »Wie sind die Hochzeiten in Asgard?«

»Langwierig«, seufzt Loki, als würde er sich nicht gern daran zurückerinnern. »Die längsten Feierlichkeiten an die ich mich erinnern kann, dauerten etwa drei Wochen.«

Drei Wochen?!?

»An die du dich erinnern kannst?«

»Nicht nur hier auf Midgard feiert man feuchtfröhlich.«

»Nicht dein Ernst!«

»Und ob. Das Highlight jeder Zeremonie ist jedoch der Moment, wenn der Bräutigam mit einer Entourage an Kriegern auszieht und seiner Liebsten ein Bilgenschwein erlegt.«

»Das ist ja schrecklich«, sage ich leidend und schlage die Hände vor dem Mund zusammen.

Loki lacht.

»Andere Welten, andere Sitten.«

Die Melodie von Jeopardy lässt uns alle aufhorchen. Da ist jemand an der Wohnungstür.

»Ich geh schon«, sage ich, als ich bemerke, dass niemand Anstalten macht auch nur einen Finger zu rühren.

Mom, Dad und Nick bespaßen Dali gerade im Dreierpack und ich drücke mich aus meinem Stuhl nach oben, um dem Klingelnden, vermutlich Chris, Einlass zu gewähren. Auf meinem Weg zur Tür finde ich es seltsam, dass diverse Herrenschuhe unter der Garderobe stehen, aber Mom hat hin und wieder einen seltsamen Kleidungsstil und mixt diverse Stilrichtungen. Wer weiß.

Ich reiß die Wohnungstür auf und erwarte einen korpulenten, gedrungenen Endzwanziger, der Aknenarben im Gesicht zur Schau trägt. Was ich sehe lässt mich jedoch glauben, dass sich der Mann in der Tür geirrt hat.

Er ist groß, stylische Frisur, gepflegter Dreitagebart. Er trägt normale Jeans, Sportschuhe und ein blaues Button-down-Hemd, dessen Ärmel zur Hälfte hochgekrempelt sind. Er sieht appetitlich aus und er hat einen Sexappeal, der mir kurzzeitig die Schuhe auszieht.

»Äh«, sage ich noch, während mein Gegenüber bereits mit der Weinflasche wedelt, sich zu mir herunter beugt und mich in seine Arme zieht.

»Riley, schön dich zu sehen! Du hast dich kaum verändert.«

Du dich umso mehr, will ich sagen bin jedoch sprachlos und bitte Chris einfach nur mit einer Geste herein, nachdem er sich wieder aufgerichtet hat. Aus dem Esszimmer ertönt ein Knall und schließlich lautes Gegröle. War das Mom?

»Oh, schön«, meint Chris und benutzt den Abstreicher um seine Schuhe zu reinigen, bevor er eintritt. »Ihr habt sogar Tischfeuerwerk.«

»Geh einfach durch«, kann ich endlich sagen und winke hinter ihm her, als er bereits durch den Flur streift.

Dann sehe ich Dad aus dem Esszimmer auftauchen, der sich mit einer Serviette über das Gesicht wischt.

»Donnerlittchen. Ich brauche jetzt einen Schnaps«, gesteht er, während immer noch Gelächter an mein Ohr dringt. »Hallo, Chris. Hast du immer noch den Selbstgebrauten, Willi?«

»Da wo er immer steht«, ruft meine Mutter und dann, als Chris durch die Tür des Esszimmers tritt: »Da ist ja mein Lieblingsnachbar.«

»Entschuldigt die Verspätung«, sagt Chris und reicht Mom eine Rotweinflasche. »Vielen Dank für die Einladung, Mrs. Parker.«

Ich bleibe in der Tür stehen, während sich alle miteinander bekannt machen und Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht werden, als Dad neben mich tritt, umgeben von einem dezenten Hauch Selbstgebrauten.

»Seit wann wohnst du eigentlich wieder hier?«, frage ich, weil sich die Gelegenheit gerade so ergibt und er schaut ertappt zu Boden.

»Seit ein paar Wochen«, gesteht er ohne auch nur den Versuch zu starten es abzustreiten.

»Seid ihr wieder zusammen?«, frage ich geradeheraus und beäuge den Brandfleck auf Moms bester Tischdecke, wo Dalis Kugel explodiert ist.

»Sieht ganz so aus«, sagt Dad und wir beobachten gemeinsam, wie Chris sich an die zweite Stirnseite neben Loki setzt.

»Schön«, sage ich und meine es auch so, suche Dads Hand und drücke diese, bevor ich zurück an meinen Platz schlendere und Dad mir folgt.

»Aber wieso bist du den weiten Weg nach Valdez gekommen und hast dich bei Penny einquartiert? Du hättest einfach anrufen können und sagen was Sache ist.«

»Ich fand es so spannender.«

Meine geschiedenen Eltern wieder ein Paar. Das muss ich auch erst einmal verkraften. Wo ist der Schnaps?

Als ich meinen Stuhl zurecht rücke, sind bereits wieder zahlreiche Gespräche im Gange. Dad unterhält sich mit Mom und erst jetzt bemerke ich die kleinen Blicke, die sie sich wie frisch verliebte zuwerfen. Mein Blick wandert weiter zu Nick, der Dali nun an sich genommen hat und ihm Fotos auf seinem Telefon zeigt. Hoffentlich nichts Unanständiges.

Chris lacht und ich schaue alarmiert zu den beiden verbliebenen Personen.

»Stimmt's, Cupcake?«, fragt er, als er bemerkt, dass meine Aufmerksamkeit ihm gilt.

Cupcake? Den Spitznamen habe ich schon ewig nicht mehr gehört.

»Was?«, frage ich unhöflich, als Chris sich an den Teilchen bedient.

»Ich habe gerade von dem Brand im Beerdigungsinstitut deines Onkels erzählt.«

»Oh, erinnere mich bloß nicht daran«, bitte ich und horche auf, als ein Handyklingeln ertönt. »Ist das deines?«

»Nein«, sagt Loki, während Chris' Blick zwischen uns hin und her gleitet. Dabei bleibt dieser länger auf mir hängen, als es schicklich ist und ich rutsche nervös auf meinem Stuhl herum. »Ich habe immer noch den Piña Colada Song als Klingelton.«

Wir lauschen weiter. Nein, das ist nicht der Piña Colada Song. Das ist »Stayin' Alive« von den Bee Gees und somit mein Telefon, welches gerade einen Mordsradau veranstaltet.

»Kann da mal bitte jemand ran gehen?«, keift Mom los und ich bemerke, dass sie bereits bei einem weiteren Schnäpschen angekommen sind.

»Bin schon unterwegs«, sage ich hastig und bin erneut auf dem Weg in den Flur.

In meiner Handtasche krame ich nach dem Telefon und schaue kaum auf das Display, als ich das Gespräch mit einem Fingerwisch annehme. Bestimmt eh nur ein Werbeanruf.

»Riley? Hier ist Pepper.«

Virginia »Pepper« Potts? Die Sekretärin und Lebensgefährtin von Tony Stark? Das kommt jetzt in der Tat überraschend. Ist unsere Postkarte etwa endlich angekommen?

»Pepper«, begrüße ich sie und husche schnell wieder ins Esszimmer, wo Loki mich sogleich fragend ansieht. Es ist Pepper, forme ich lautlos mit dem Mund und zucke mit den Schultern. »Schön, dass du anrufst.«

»Riley, ist dein Mann in der Nähe? Ich habe seine Nummer leider nicht«, legt sie sofort los, noch ehe ich fragen kann, wie es ihr geht, wie das Wetter in New York ist oder ob mal wieder ein Oberfiesling die menschliche Existenz bedroht. »Es ist dringend.«

Oha. Das lässt bei mir alle Alarmglocken schrillen. Dringend wie »dringend dringend« oder »Avengers dringend«?

»Es ist wegen Tony«, sagt Pepper weiter.

»Oh, ja. Warte kurz. Ist für dich.«

Ich reiche Loki mein Telefon und er entschuldigt sich bei Chris, bevor er sich erhebt und mir das Mobilteil aus der Hand nimmt.

»Ja, bitte?«, fragt er und ich höre Peppers Stimme am anderen Ende, kann jedoch nicht verstehen, was sie sagt.

»Tony? Ja... einen kurzen Moment.« Loki wirft mir einen eindeutigen Blick zu, streicht mir kurz über den Arm und verlässt den Raum in Richtung Küche. »Auf dem A?«, sagt er noch, dann ist er außer Hörweite.

»Tja«, sage ich mehr zu mir selbst und lasse mich auf Lokis nun freiem Stuhl nieder, weil Chris mich auffordernd ansieht. Unbehagen erfüllt mich und ich sehe hilfesuchend zu Nick, der Dali bereits in den Schlaf gequatscht hat.

»Erinnerst du dich noch an Frank?«, fragt Chris unterdessen und ich gehe alle ehemaligen Schulkameraden in Gedanken durch.

»Miller? Der Typ der eine Ziege in ein rosa Kleidchen gesteckt und sie zum Abschlussball mitgebracht hat?«

»Ja, genau«, bestätigt Chris lächelnd und legt dabei eine Reihe makellos weißer Zähne frei für die so manch einer über Leichen gehen würde.

»Der Frank Miller, der bei einem Talentwettbewerb mitgemacht und die Melodie von Knight Rider gerülpst hat?«

»Is ja irre«, klinkt Nick sich ein, während ich beobachte wie Chris' gepflegte Hände nach der zierlichen Kaffeetasse mit goldenem Rand greifen. »Was ist dann passiert?«

»Nach der Hälfte des Songs wurde er von der Bühne gezerrt«, erinnere ich mich. »Durchlief er dann nicht seine pyromanische Phase?«

Chris setzt die Tasse wieder ab und nickt bestätigend.

»Ja, und danach war er der Meinung, er könne Regen machen.«

»Stimmt«, fällt mir wieder ein und ich lache kurz auf. »Er hat dann immer so ulkig gesungen. 'Uhahuha uha uha huahua'.« Wir lachen alle drei und Mom wirft mir einen Blick zu der fragt, ob ich mich nicht einmal benehmen kann. Ich ignoriere ihn. »Was ist mit Frank? Habt ihr noch Kontakt?«

Chris' Blick wird bedrückt.

»Er weilt nicht mehr unter uns«, gesteht er schließlich. »Er hat sich irgendwann letztes Jahr in die Luft gesprengt. Aber danach hat es drei Tage lang geregnet.«

»Das ist ja schrecklich«, sagen Nick und ich wie aus einem Mund, während Dali Bläschen aus der Nase quillen.

Ich beobachte eine Zeit lang, wie diese groß und klein werden, groß und klein, groß und wieder klein, dann greift Chris nach meiner Hand auf der Tischdecke und meine Augen werden groß. Woah! Moooment mal.

»Riley«, beginnt er und es scheint ihm überhaupt nichts auszumachen, dass Nick als entsetzter Zeuge direkt neben ihm sitzt. »Wir sollten mal wieder etwas zusammen machen. Die Sache mit Frank hat mir gezeigt wie kurz das Leben doch eigentlich ist. Man darf sich keine Chance entgehen lassen.«

Chance? Welche Chance meint er denn jetzt genau?

»Äääh«, mache ich nur und sehe nun wirklich eindringlich Hilfe suchend zu Nick hinüber.

»Chris!«, schießt dieser sogleich los und springt für mich in die Presche. »Hetero?«

Mein Blick wird ausdruckslos und ich zweifle erneut an Nicks Verstand.

»Durch und durch«, bestätigt Chris, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. Er besitzt sogar die Frechheit und drückt meine Hand nun ein wenig.

Nick zuckt mit den Schultern und wirft mir nun seinerseits einen Blick zu der sagt: Ich habe alles versucht.

Ich erschrecke kurz, als ich mich wieder Chris zuwende und Loki hinter ihm steht.

»Liebling!« Ich springe auf und entreiße Chris dabei mein Hand. »Da bist du ja wieder. Bei Pepper alles in Ordnung? Wirst du gebraucht? Willst du das wir gehen?« Ich trete näher an Loki heran, kralle mich in sein Shirt und flüstere mit Nachdruck: »Bitte sag, dass wir jetzt gehen.«

»Eigentlich wollte ich mich noch ein wenig mit Chris unterhalten«, meint Loki gefährlich ruhig und wirft besagtem Chris dabei einen seiner Mörderblicke zu. Oh je. Gedanklich teleportiert er ihn wahrscheinlich schon auf den Mount Everest. Oder in einen Vulkan in Neuseeland. Keine schöne Sache.

»Lass uns nach Anchorage ins 'Chilkoot Charlies' gehen«, lenke ich vom Thema ab. »Wenn wir Glück haben ist der Gorilla wieder da und du kannst eine alte Rechnung begleichen.«

Loki drückt mir einen besitzergreifenden Kuss auf die Lippen und irgendetwas leuchtet in seinen Augen auf.

»Oh, seht mal«, wechselt Nick ebenfalls das Thema, da er dazu übergegangen ist, seine Nachrichten-App zu durchstöbern. Dann zeigt er das Display in die Runde und mein Herzschlag setzt für einen Moment aus. »Der sieht aus wie der Typ, der damals in New York aufgetaucht ist. Erinnert ihr euch? Lilafarbenes Cape, komische Kopfbedeckung, irrer Blick? Wie hieß er doch gleich? Ach egal. Er scheint gerade eben in China aufgetaucht zu sein. Hat mächtig Lärm gemacht, aber mehr auch nicht. Komischer Kauz. Vielleicht will er ja- Riley, alles in Ordnung?«

Nichts ist in Ordnung. Mein Hals wird eng. Ich kriege keine Luft. Stresspusteln bilden sich auf meinem Dekolleté. Das ist eine handfeste Panikattacke. Wie ein aufgescheuchtes Huhn laufe ich auf und ab, versuche einen klaren Gedanken zu fassen, aber da ist nur die Angst vor Immortus und sein Vorhaben mich umbringen zu wollen. Weiß der Geier wieso. Irgendetwas mit Fortbestand der Realität oder so.

»Liebes, hyperventilierst du gerade?«, kommt es von Mom. »Soll ich dir eine Papiertüte holen?«

Ich brauche keine Papiertüte. Nach Hause. Ich will nach Hause. Jetzt gleich.

»Gib ihn mir«, sage ich zu Nick und hebe Dali in meine Arme, während Loki sich in einer Seelenruhe den Nachrichten-Feed durchliest und Chris nur ungläubig starrt. »Bring uns nach Hause, Loki. Bitte.«

Ich zittere, als er mich in seine Arme schließt und seine Hände beruhigend meinen Rücken entlang gleiten.

»Nach Hause?«, fragt Chris. »Wie wollt ihr denn jetzt-«

»Phlump.«

Erleichtert lasse ich mich auf der Bettkante nieder und atme erst einmal mehrmals tief durch. Sofort fühle ich mich sicherer. Mein Zuhause. Meine Feste. Hier kann mir nichts passieren, rede ich mir zumindest ein. Loki nimmt mir Dali aus den Armen und trägt ihn stumm in das Kinderzimmer. Ich höre wie er leise mit ihm redet, als er ihn schlafen legt. Eine kalte Hundeschnauze drückt sich plötzlich gegen meine Wange. Bob ist aufgewacht und lugt mir über die Schulter. Dann springt er vom Bett und setzt sich vor mich, wedelt mit dem Schwanz und schiebt seine Schnauze immer wieder unter meine Hand, aber ich kann mich einfach noch nicht rühren. Die Matratze gibt nach, als Loki sich neben mich setzt und an meiner Stelle Bob krault. Ich lehne mich gegen ihn und er legt einen Arm um meine Schulter.

»Geht's wieder?«, fragt er leise und ich nicke vorsichtig.

»Ich war nur... erschrocken.«

»Ich lasse nicht zu, dass euch irgendjemand etwas antut.«

»Ich weiß.«

Wir legen uns zurück, ich halte Lokis Hand und er küsst meine Schläfe. Ich weiß nicht, wie lange wir so liegen. Vielleicht bin ich auch kurz eingeschlafen, denn ich öffne die Augen als Lokis leise Stimme an mein Ohr dringt.

»Ich mag deine Familie.«

Ich muss auflachen.

»Das ist nicht meine Familie«, sage ich kopfschüttelnd und spüre Bobs Wärme an meinen Füßen. »Das ist eine ausgewählte Sammlung an Irren. Aber es ist jetzt auch deine ausgewählte Sammlung an Irren.« Loki lacht leise und bestätigend. »Ich mag deine Mutter.«

Ich weiß, dass er das Gesicht verzieht, auch wenn ich es gerade nicht sehen kann.

»Sie ist nicht meine-«

»Ich weiß«, unterbreche ich ihn. »Aber sie liebt dich wie eine Mutter und nur darauf kommt es an.« Ich drehe mich so, dass ich sein Gesicht sehen kann. Er starrt nachdenklich an die Decke. »Du liebst sie auch, gib's zu.«

Sein Blick wandert zu mir und er lächelt traurig.

»Vermutlich hast du Recht.«

Natürlich habe ich Recht. Es muss schwer sein, eine geliebte Person für viele hundert Jahre nicht sehen zu können. Naja, er hat ja noch Thor, der hin und wieder mal vorbei schaut.

»Seit der letzten Weihnachtsfeier im Stark Tower verstehe ich mich auch besser mit Thor«, sage ich daher und erinnere mich an ein kleines Party-Spiel. »Ich hätte Mjam-Mjam auch beinahe angehoben.«

Loki lacht laut auf.

»Er heißt nicht mehr Stark Tower«, lässt er mich wissen. »Es ist jetzt der Avengers Tower. Und Thors Hammer heißt Mjölnir, nicht Mjam-Mjam.«

»Ach echt? Wieso sagt Darcy dann immer Mjam-Mjam?«

Die Frage bleibt unbeantwortet, da Bob sich bemerkbar macht. Die Natur fordert seinen Tribut.

»Ich geh' schon«, meint Loki und kommt auf die Beine, jedoch nicht ohne mir noch einen Kuss auf den Haaransatz zu hauchen. »Und dann hole ich Nick ab. Sonst beschwert er sich wieder, dass wir ihn überall vergessen.«

Das halte ich für eine sehr gute Idee.

»Wir haben ihn noch nie wirklich vergessen«, gebe ich jedoch zu bedenken.

»Einmal schon«, erwidert Loki, zaubert eine Hundeleine hervor und Bob dreht sofort am Rad.

»Aber da hatte der Indianerhäuptling ein Satellitentelefon und er konnte uns anrufen.«

»Stimmt.«

»Meine Eltern sind wieder ein Paar«, platzt es aus mir heraus und Loki sieht mich nicht sonderlich überrascht an. »Du hast es gewusst?«

»Deine Mutter hat es mir neulich erzählt.«

»Und du hast es für dich behalten?«

»Ich wollte die Überraschung nicht verderben.«

Bob fängt an zu kläffen, springt an Loki hoch und kann seine Gassirunde kaum noch abwarten. Ich mache mir Sorgen, dass Dali aufwacht, also erhebe ich mich schnell und scheuche Bob nach draußen.

»Loki?«, rufe ich ihm hinterher, als er bereits den Flur entlang geht und Bob die Stufen hinunter saust.

»Rey-Rey?«, fragt er und bleibt abwartend stehen.

»Was wollte Pepper?«

Sein leises Lachen dringt erneut an mein Ohr. Mein zweitliebstes Geräusch auf der Welt. Dalis glucksende Laute liegen knapp davor auf Nummer eins.

»Tony hat etwas über den Durst getrunken, saß auf dem A seines Towers und hatte das dringende Bedürfnis ein kurzes Männergespräch zu führen.«

Oh, wirklich?

»Ach so«, sage ich nur.

»Und Pepper bedankt sich für die Karte von den Bahamas.« Ha! Wusste ich doch, dass sie angekommen ist. Also ist der Tag summa summarum doch nicht ganz so disasterhaft verlaufen. Hätte schlimmer kommen können. »Und Pilzköpfchen?«

»Hm?«

»Wenn ich diesen Chris das nächste Mal sehe, schlage ich ihm die Zähne ein.«

Okaaa~y.
 

~
 

»Phlump.«

»Riley!«, ruft Nick aus, als er und Loki sich in unserem Wohnzimmer materialisieren. Ich lege meinen Roman vorsorglich beiseite und harre der Dinge die gleich kommen mögen. »Mein Gehirn ist nun endgültig verschwunden.«

Loki und ich werfen uns einen kurzen Blick zu, dann prüft Loki die Uhrzeit und ich frage mich, ob er noch etwas vorhat.

»Bist du sicher? Hast du schon unter deinem Autositz nachgeschaut?«

»Ich habe doch gar kein Auto mehr«, echauffiert er sich und lässt sich neben mich fallen. Sofort ist die Fernbedienung unter seiner Regie und er schaltet sich durch das Programm. »Was will ich denn in Paris mit einem Auto? Bei meinem letzten Umzug ist ein Karton weggekommen. Da war es drin, zusammen mit der Mark XLII Actionfigur im Maßstab eins zu sechs in der limitierten Edition von Hot Toys.« Oooh. Eigentlich geht es hier also um seinen Iron Man.

»Ich kaufe dir eine neue«, sagt Loki und Nick schaut traumatisiert aus der Wäsche. Dann reicht Loki mir eine Hand. »Kommst du, Rey-Rey?«

Jetzt bin ich diejenige die verdutzt aus der Wäsche schaut.

»Haben wir einen Termin?«

»In der Tat.« Ich lasse mich von Loki in die Höhe ziehen. »Nick, hör mir jetzt gut zu. Bob ist in Dalis Zimmer. Vermutlich werden beide noch gute zwei Stunden schlafen. Marshmallows sind im Hängeschrank, bedien dich einfach. Wenn irgendetwas sein sollte, meine Nummer ist im Festnetztelefon auf der Kurzwahltaste 1 eingespeichert.«

»Wie auch immer«, sagt Nick und wedelt mit den Händen, versucht dabei an uns vorbei zu sehen, und in den Flimmerkasten zu gucken, wo gerade eine Dokumentation auf dem Discovery Chanel läuft. »Das ist ja interessant.«

»Wird schon schief gehen«, meint Loki dann an mich gewandt und zieht mich an sich. Im nächsten Moment stehen wir in einem Restaurant und mir gehen die Augen über. Mir bietet sich ein Panoramablick auf die Stadt des Lichts. Zwischen braunen Stahlstreben hindurch blicke ich über die Dächer der Stadt, die Seine, einfach alles. Selbst an diesigen Tagen muss das eine großartige Kulisse sein. Die Tische des Restaurants sind festlich gedeckt, die Räumlichkeiten stilvoll beleuchtet und menschenleer. Von irgendwoher dringt leise Musik an mein Ohr.

»Paris?«, frage ich völlig perplex. Naja, »aus dem Häuschen« trifft es vielleicht eher.

»Ja.«

»Der Eiffelturm?«

»Ja.«

»Das Le Jules Verne?«

»Auch das kann ich bejahen.«

»Mit wem musstest du schlafen, um das zu organisieren?«

»Riley«, ermahnt Loki mich und führt mich zu einer Tischreihe, die eindrucksvoll für zwei gedeckt ist, rückt einen Stuhl zurecht und ich lasse mich darauf nieder, beobachte wie er den Tisch umrundet und seine Schritte dabei vom Teppichfußboden gedämpft werden.

Loki schnippt mit dem Finger und Kerzen flackern brennend in die Höhe, während ich die Aussicht genieße. Ich sehe am Ende des Champ de Mars den Palast der Ecole Militaire und direkt dahinter den Turm Montparnasse. Sogar die Kuppel des Dôme des Invalides ist zu erkennen. Bei gutem Wetter kann man hier wahrscheinlich bis in die Kilometer entfernten Vorstädte schauen. Ach, was rede ich. Bei gutem Wetter sieht man vermutlich Kathmandu.

Wie aus dem Nichts tauchen zwei Kellner auf, wünschen mit niedlichem Akzent einen guten Abend und schenken Rotwein in unsere Gläser.

»Du bist süß, wenn du sprachlos bist. Gefällt es dir?«, fragt Loki, als wir wieder allein sind und reicht mir mein Glas, welches ich dankend annehme.

»Es ist unglaublich.« Klirrend stoßen unsere Gläser aneinander und wir sehen uns dabei tief in die Augen. »Dankeschön.«

Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.

»Zwischen Vor- und Hauptspeise können wir nach oben gehen. Vielleicht wartet da ein Violinspieler.«

»Du hast nicht wirklich den ganzen Eiffelturm gemietet, oder?«

»Vielleicht.«

»Du bist unglaublich.«

»Ich stehe nicht sonderlich auf Menschenmassen.«

»Es sei denn, sie liegen dir zu Füßen.« Sofort beiße ich mir auf die Lippen. Ich streue aber auch immer wieder Salz in die Wunde. »Tut mir Leid. Ich weiß ja, Telepathie und so.«

Doch Loki nimmt mir die Anspielung auf seine Zeiten als Oberschurke nicht sonderlich übel. Er seufzt nur leise.

»Tanz mit mir«, fordert er, steht auf und reicht mir über den Tisch hinweg seine Hand.

Ich stehe auf und wir gehen langsam auf eine naheliegende freie Fläche zu. Dort angekommen, zieht Loki mich sofort an sich, legt meine Hände in seinen Nacken und bettet seine eigenen an meine Hüfte. Wir bewegen uns sofort langsam zur Musik und der Blick den er mir schenkt, jagt Schauer über meine Wirbelsäule.

»Schon einmal im fahlen Mondschein mit dem Teufel getanzt?«, fragt er und seine Augen ziehen sich lachend zusammen, wobei kleine Lachfältchen erscheinen.

»Das ist ein Filmzitat aus Batman«, weise ich darauf hin.

»Dir kann man auch nichts vormachen.« Ich grinse zufrieden. »Bist du glücklich?«

»Bin ich«, sage ich ohne zu zögern. »Ich habe alles was-«

Eine gewaltige Explosion zerreißt die romantische Stimmung und wirft uns zu Boden. Ich schreie erschrocken auf, sehe nach oben und bemerke, dass Loki eine Barriere um uns gelegt hat. Dann wandert mein Blick zu unserem Tisch, der einfach nicht mehr da ist. Qualmende Überreste schwelen vor sich hin und ein riesiges Loch hat das halbe Interieur in die Tiefe gerissen. Auf das äußerste alarmiert sehe ich zu Loki. Entsetzen spiegelt sich auch auf seinem Gesicht.

»Was war das?«, rufe ich, während der aufgekommene Wind an meinem gelösten Dutt zerrt und sich die Kellner schreiend in Sicherheit bringen.

»Warte hier«, sagt Loki uns ist bereits verschwunden, noch bevor er das letzte Wort komplett ausgesprochen hat.

Ich rappel mich auf, sitze zitternd unter Lokis grün-wabbernder Barriere und hoffe das Beste. Lichtblitze zucken über Paris' nächtlichen Himmel wie Feuerwerk. Sirenen heulen in der Ferne und irgendwo, tief unter mir, laufen Menschen schreiend in alle Richtungen.

Ein Feuerball materialisiert sich unweit entfernt in der sommerlichen pariser Luft und meine Augen weiten sich erschrocken, als er auf mich zurast. Rücklings krabbele ich nach hinten und versuche außer Reichweite zu gelangen. Das Ende der glockenartigen Energiebarriere hält mich jedoch abrupt auf und das grüne Leuchten flackert umso mehr, als ich dagegen stoße. Der Flammenball rauscht unaufhaltsam näher und ich wende den Blick ab, reiße die Arme schützend nach oben. Hitze gleitet über mich hinweg, als ein berstendes Geräusch ertönt. Die Barriere gibt nach und ich falle nach hinten über, sehe, dass sich der Flammenball ohne Schaden anzurichten aufgelöst hat, so auch die Barriere.

Ich raffe mich auf, genau in dem Moment, als Immortus im weggesprengten Teil des Restaurants erscheint und ich aus allen Wolken falle. Scheiße.

»Du!«, donnert der Herrscher der Zeit los und zeigt mit einem behandschuhtem Finger auf mich, während er langsam näher schwebt.

Ich stolpere panisch zurück, stürze beinahe über umgefallene Stühle, stoße letztendlich mit dem Rücken gegen den Tresen und bin gefangen. Scheißeeeeee~

Immortus tritt näher, ein Hauch von Drama umgibt ihn dabei. Dann packt er mich am Hals und stemmt mich mühelos in die Höhe. Seine Finger an meinem Hals drücken unbarmherzig zu und ich kann nicht einmal mehr schreien, während meine Beine in der Luft baumeln und meine Finger sich in seine Unterarme krallen. Er wirbelt herum, reißt mich mit und wirft mich letztendlich von sich. Ich knalle auf den Boden, prelle mir böse die Hüfte und kullere weiter Richtung Abgrund. Endlich schreie ich doch, als der zerstörte Rand des Restaurants unter mir hinweg rauscht und sich hunderte Meter Leere ebenda auftun. Meine Finger kriegen einen geborstenen metallischen Querträger zu fassen und meine Schultern knacken, als das ganze Gewicht meines Körpers mit einem Mal auf ihnen lastet. Eine Sandale rutscht von meinem Fuß und saust in die Tiefe, wird nicht einmal von dem Fangnetz gehalten. Mein Leben spielt sich vor meinem inneren Auge ab. Ich bin gerade erst bei Chuck Fosters sechstem Geburtstag angelangt, der Tag an dem er ein Modellflugzeug bekommen hat und ich für mich entschieden habe, Pilotin zu werden, als meine Hände mein Körpergewicht nicht mehr halten können. Wie in Zeitlupe sehe ich, dass sich ein Finger nach dem anderen löst.

Schließlich taucht Immortus über mir auf und seine ausdruckslose Maske weicht einem zufriedenem Lächeln. Ich schreie, als ich den Halt verliere und aus 120 Metern in die Tiefe stürze. Vielleicht habe ich mehr Glück als mein Schuh und das heranrasende Fangnetz hält mich auf.

Grünes Licht taucht in meinem Augenwinkel auf, dann ist Loki bei mir, schließt mich in seine Arme und mit einem »Phlump« geht es an das gegenüberliegende Ufer der Seine. Loki nimmt mein Gesicht in beide Hände und macht selbst einen leicht zerzausten Eindruck.

»Versteck dich«, flüstert er mir atemlos zu und drückt seine Lippen hart gegen meine. Dann ist er verschwunden.

Ich sehe mich um und gehe hinter einem Mülleimer in Deckung. Spitzenidee, Riley.

Verstohlen blicke ich zum Eiffelturm hinüber dessen mittlere Plattform nur noch eine qualmende Ruine ist. Außerdem ist die komplette Beleuchtung ausgefallen und der Turm ist nur noch ein dunkler Schatten in der aufgewühlten Sommernacht.

Schaulustige versammeln sich an meiner Seite, machen Fotos und drehen Videos für ihren Youtube Channel.

Dann zerreißt eine gewaltige Explosion die Nacht und metallische Ächzen des Eiffelturms ist so laut, dass es vermutlich noch in Timbuktu zu hören ist. Das wäre doch mal etwas für Nicks Nachrichten-Feed.

Ich schreie, schon wieder, als eine Gestalt, umgeben von grünem Licht, zu Boden stürzt und auf dem harten Boden des Champ de Mars zerschellt. Schließlich höre ich Immortus' diabolisches Lachen. Dann ist da nichts mehr.
 

~ Ende des 4. Kapitels ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  moonlight
2016-04-21T21:19:30+00:00 21.04.2016 23:19
Verdammte cliffhanger XD ist dir mal wieder gut gelungen:) bin gespannt wie es weiter geht


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