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Warum erwachsen werden

von

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Kapitel 29

Wind sauste ihm um die Ohren. Kühler, frischer Wind, der die Hitze des Tages aus seinem Körper vertrieb. Peter fühlte sich frei. Unglaublich frei und leicht. Wie sehr hatte er das Gefühl des Fliegens vermisst! Für den Augenblick vergaß er James, das Meerjungfrauengift und sogar die verlorenen Jungs. Er drehte ein paar Kreise am Himmel, tanzte durch ein paar Wolken und flirtete mit den Sternen, die ihn anfunkelten, erfreut darüber, dass Peter ihnen endlich wieder so nahe kam. Erst nach einigen schleifenförmigen Loopings steuerte Peter das Versteck der verlorenen Jungen an. Mit einem Hahnenschrei, der am dunklen Abend wenig Sinn ergab, machte er sich bemerkbar. Der Ruf eines Kautz‘ folgte und Peter landete etliche hundert Meter weit von seinem und James‘ Rastplatz entfernt, im Wipfel eines Baumes.
 

Red Curly saß in einem der oberen Äste und sah Peter an. Seine blauen Augen waren im schwachen Licht des Abends kaum zu erkennen. Peter nickte ihm zu und während Red Curly den Baum hinabkletterte, ließ sich Peter langsam nach unten gleiten. Kaum dass seine Füße den Boden berührten, kamen auch die anderen angerannt. Kugel, dessen kurze, dicke Beine ihn kaum zu tragen vermochten, Tweety, der mehr sprach als selbst die Vögeln in den Bäumen, Sleepy, der den halben Tag zusammengerollt in einer Ecke lag und vor sich hin träumte, Danny, der immer seine Kuscheldecke mit sich trug und auch Marti, der mit seiner Brille auf der Nase richtig gescheit aussah.
 

„Peter!“, riefen die Jungen durcheinander. „Wo warst du? Was machst du mit Hook zusammen? Warum habt ihr gebadet? Weshalb warst du so lange weg? Was für ein Abenteuer hast du erlebt? Dürfen wir mitkommen? Bist du gewachsen?“
 

Da sie alle einander ins Wort fielen, verstand Peter nur die Hälfte von dem, was sie ihn fragten, aber schon alleine die Bewunderung, mit welcher sie ihn ansahen, tat ihm gut. Er hob seine Hand und pfiff durch seine Finger. Augenblicklich waren alle Jungen ruhig. Wie auf ein unsichtbares Kommando rannten sie um Peter herum, jeder seinen Platz suchend, und setzen sich auf den Waldboden. Inzwischen war auch Red Curly bei ihnen angelangt und ließ sich ebenfalls neben Peter nieder. Sie waren bereit. Denn jeder wusste, dass Peter nun von seinem Abenteuer erzählen würde. Keiner der verlorenen Jungen konnte ahnen, dass Peter zum ersten Mal überlegte, wie viel von seinem Abenteuer er erzählen und verraten durfte, wie viel er sagen wollte. Doch als er in ihre offenen, großen Augen blickte, da grinste Peter. Seit langem fühlte er sich wieder Zuhause. Hier war alles so, wie es sein sollte. Nichts, das ihn verunsicherte. Hier gab es Geborgenheit ohne schlechtes Gewissen. Und weil Peter sich so glücklich fühlte, setzte er sich ebenfalls hin und begann zu berichten.
 

Peter sprach davon, wie Hook ihn gefangen genommen, wie er ihn in Ketten gelegt hatte, ließ jedoch die Grausamkeit der Schmerzen weg und erzählte auch nicht davon, dass er Hook beim an- und auskleiden behilflich sein musste. Er sagte ihnen, wie Hook beschloss, ihm mit dem Meerjungfrauengift seine Geheimnisse zu entlocken und auch, dass sie von den Indianern angegriffen worden waren.
 

„Aber, Peter“, warf da Kugel ein, „weshalb bist du nicht einfach weggeflogen?“
 

Erst da gestand Peter, dass Hook mit einer raffinierten List den Feenstaub von seiner Kleidung gewaschen hatte und er somit der Fähigkeit des Fliegens beraubt worden war. Das Entsetzen stand groß in den Gesichtern der verlorenen Jungen geschrieben. Ein Peter Pan, der nicht fliegen konnte, war für sie etwas Ungeheuerliches. Doch keiner von ihnen konnte ahnen, wie sehr es Peter geängstigt hatte, wie sehr es ihn erzürnt hatte und wie sehr er unter Hook hatte leiden müssen. Oh, Peter war schlau. Er log seine Jungen nicht an, doch verschwieg er alles, das ihm, nun… zu privat erschien. Küsse und Berührungen unterschlug er ihnen ebenso wie die Tatsache, dass er inzwischen keinen Hass mehr für den Piratenkapitän empfand. Als er kurz in seiner Erzählung innehielt, um Luft zu schnappen, fragte Danny: „Weshalb hast du mit Hook im Fluss gebadet?“
 

Eine zarte Röte schlich sich auf Peters Wangen. Er schüttelte das Unbehagen dieser Frage ab und erklärte den Jungen, dass er sich an Hook für die Gefangenschaft gerecht hatte. Peter bog die Wahrheit zurecht, das konnte er wahrlich gut. Von einer Blume, die Erinnerungen löschte, erzählte er und auch, dass Hook nun lammfromm war. Dass es ein Streich ist, den er dem Piraten spielte und ihm Freundschaft vorgaukelte, wo keine war. Der Gedanke amüsierte die verlorenen Jungen. Für eine Weile spielten sie mit ihren Gedanken und überlegten, was sie Hook in seiner Unwissenheit alles machen lassen konnten. Allerdings wurden sie dieses Spieles rasch überdrüssig, weil Marti noch etwas anderes eingefallen war.
 

„Und weshalb bist du gewachsen, Peter?“

„Ich bin nicht gewachsen“, lachte Peter und tat, als würde ihn diese Frage wenig kümmern, obwohl sie ihn in Wirklichkeit sehr fuchste.

„Aber du warst doch immer genauso groß wie Sleepy“, meinte Tweety.

„War ich nicht.“

„Natürlich“, widersprach Tweety. „Erinnerst du dich nicht, dass du einmal versehentlich mit Sleepys Baum in unser unterirdisches Haus gekommen bist?“
 

Nun, Peter erinnerte sich wirklich nicht daran, und weil er so hartnäckig leugnete, gewachsen zu sein, waren die Jungen sich nach einer Weile nicht mehr sicher, ob sie es sich nicht nur einbildeten. Stattdessen fragten sie Peter, was er noch alles mit Hook erlebt hatte und was er nun mit dem Kapitän vorhatte.
 

„Ich werde jetzt wieder zurückgehen“, verkündete Peter. „Mit Hook an meiner Seite werde ich das Meerjungfrauengift holen.“

„Aber weshalb?“, wollten Marti, Tweety und Kugel gleichzeitig wissen.

„Weil ich es Hook zu trinken gebe. Er wollte mir meine Geheimnisse klauen, jetzt klaue ich ihm die seinen.“

„Dürfen wir mit?“, wollte Kugel wissen. Obwohl Peter sofort wusste, dass er dies auf gar keinen Fall wollte, überlegte er kurz, bevor er antworte.

„Nein, das ist mein Abenteuer.“ Die Enttäuschung war den verlorenen Jungen nur zu deutlich anzusehen. „Aber ich werde euch alles erzählen, wenn es vorbei ist und wer weiß, vielleicht brauche ich euch zum Schluss doch“, zwinkerte Peter seinen Freunden zu. Es mochte nur eine kleine Geste sein, aber die Hoffnung darin reichte ihnen und sie schmollten nicht länger.
 

Da Peter öfters alleine Abenteuer erlebte und Hook sein größter Feind war, verstanden die verlorenen Jungen ihn oder taten zumindest so und beglückwünschten Peter für seinen grandiosen Plan. Zum Abschied umarmten sie einander wild und recht grob, wie das Jungen ebenso taten, sagten noch kurz ein paar zusammenhanglose Sätze und dann stieg Peter wieder in die Luft. Während die verlorenen Jungen immer kleiner wurden, ließ das Gefühl der Freiheit in Peter nach. Ihm war, als würde er einen Teil seiner Unbeschwertheit bei den Jungen zurücklassen. Seine Mundwinkel zuckten nur schwach und recht freudlos. Es kam ihm so vor, als würde eine Last auf seine Schultern gelegt und trotz der Schwerelosigkeit, die ihm das Fliegen bescherte, wog sie schwer. Das Stück Weg, welches er vor ein paar Stunden noch genossen hatte, zog viel zu schnell an ihm vorbei, obwohl er wesentlich langsamer flog.
 

Nach kurzer Zeit schon sah er Hook an einem kleinen Feuer sitzen. Der Pirat hatte sich entgegen jeglicher Vernunft dazu entschlossen, ein Feuer zu entzünden. Dabei war es Hook gewesen, der noch vor kurzem Peter angehalten hatte, kein Lagerfeuer zu machen. Verärgerung wallte in ihm auf, aber als er hinter einem Gebüsch landete, damit Hook nicht sah, dass er fliegen konnte, war davon nichts mehr übrig. Nachdem er aus dem Gebüsch hervor trat, sah Hook auf. Die veilchenblauen Augen blickten ihn unergründlich an und Peter fühle sich unwohl. Tief in seinem Hinterkopf meldete sich sein schlechtes Gewissen, sodass Peter schluckte, ehe er sich neben den Kapitän auf den Boden setzte.
 

„Du warst lange weg“, sagte James.

„Nur ein paar Stunden“, rechtfertigte sich Peter.

„Mir war kalt“, entgegnete Hook, „deshalb hab ich Feuer gemacht. Wenn wir von den Piraten gefunden werden, bist du schuld.“

„Ich? Weshalb? Du hast das Feuer angezündet.“ Peter war entrüstet.

„Du hättest hier sein sollen, um mich zu wärmen.“
 

Ein molliges Gefühl breitete sich in Peter bei dem Gedanken aus, er könnte wieder den festen Leib Hooks an seinem spüren. Er war heilfroh gewesen, dass die verlorenen Jungen nicht begriffen hatten, was er tatsächlich mit dem Mann im Bach getan hatte.
 

„Wir sollten weitergehen“, meinte Peter schwach.

„Warum? Hast du mit den verlorenen Jungen nicht klären können, was du klären wolltest?“

„Doch.“

„Und warum dann?“ James sah ihn immer noch intensiv an. Peter spürte, dass etwas anders war als sonst. Etwas lag in der Luft, dass er nicht deuten konnte und es ängstigte ihn.

„Ich…“ Peter räusperte sich. „Ich halte es für ratsamer.“

„Aber wir werden nicht verfolgt, oder?“

„Nein.“
 

Es entstand eine kurze Pause. Peter wurde unruhig. Sie sollten vielleicht wirklich schlafen. Inzwischen war es sehr spät. Noch einmal den halben Tag zu verschlafen wäre höchst unklug. Wenn sie mit dem Morgengrauen aufstehen würden, dann könnten sie die Höhle morgen erreichen und Peter könnte gegen Abend das Meerjungfrauengift in Händen halten.
 

„Komm her“, sagte James und winkte Peter mit der Hand, damit er zu ihm ging. Peter wollte nicht, wollte wirklich nicht und doch… Seine Füße trugen ihn wie von alleine um das Feuer. Auf Zeichen von James setzte er sich auf dessen Schoß und sofort loderte wieder Erregung in ihm. Sein Körper hatte die Lust nicht vergessen. „Sieh mich an“, forderte James sanft und Peter kam nicht umhin, der Aufforderung nachzukommen. Er versank in den glänzenden Augen und spürte den zarten Fingerstreif von Hooks Daumen über seine Lippen. Unwillkürlich öffnete er diese einen Spalt. James‘ Hand glitt in seinen Nacken und zog ihn zu sich, um ihre Münder miteinander zu verschmelzen.
 

Hooks Kuss begann sanft, wurde dann jedoch immer leidenschaftlicher, bis er Peter halb verschlang. Peter gefiel es. Peter genoss es. Er ließ sich ganz in dem Wirrwarr an Emotionen treiben, welches Hook in ihm auslöste. Kaum bemerkte er, wie der Kapitän ihn auf den Boden dirigierte, sich auf ihn legte. Alles ging so reibungslos ineinander über, dass Peter erst begriff, was geschah, als er Hooks Glied durch die Kleidung heiß und pochend an seinem eigenen reiben fühlte. Erschrocken keuchte Peter auf und blickte in Hooks Augen. Pures Feuer loderte ihm entgegen. Mehr eine Ahnung als alles andere wurde in Peter wach. Er sollte flüchten, sonst würde James etwas mit ihm machen, das ihre ganze Beziehung für immer verändern würde. Doch der Pirat war schneller.
 

„Denk nicht erst daran, abzuhauen“, raunte er ihm heiser zu. „Du wirst mir nicht noch einmal entkommen.“
 

Peter bekam keine Gelegenheit, etwas dazu zu sagen. Ein erneuter Kuss versiegelte seine Lippen und alles woran er denken konnte, bevor seine Vernunft verstummte, war, dass die Last auf seinen Schultern zwar schwer wog, aber ihr Inhalt süß schmeckte.
 

Fortsetzung folgt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sky-
2015-05-15T10:11:09+00:00 15.05.2015 12:11
Sorry, dass ich mich nicht so lange gemeldet habe, aber ich bin derweil ein wenig unter Zeitdruck. Zum einen hab ich noch eine Fanfiction, die ich schreiben will und dann arbeite ich auch noch nebenbei an einem Geschenk für eine Freundin von mir, die bald ihren 18. Geburtstag hat. Aber jetzt hab ich zum Glück etwas Zeit zum Lesen gefunden.

Also zum Kapitel: Peter ist ja ein ganz Schlauer, dass er sich die Wahrheit so zurechtbiegt, wie er sie gerade braucht. Aber dass er immer noch nicht wirklich wahrhaben will, dass er älter geworden ist… oh Mann…
Aber ich fürchte, dass er dann gänzlich erwachsen werden könnte, wenn es selbst erkennt und dann wäre er nicht mehr Peter Pan. Aber das nächste Kapitel verspricht ja ganz interessant zu werden. Ich bleib auf jeden Fall dran und bin gespannt, ob es jetzt endlich mal richtig zur Sache geht.



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