Achtzehn Worte, für die ich mir einen Klaps eingefangen habe (Kid/Killer)
Misstrauisch beobachtete Kid die Brühe, welche fröhlich im verbeulten Topf vor sich hin blubberte. Es hatte zwar eine ungustiöse Farbe und auch die darin schwimmenden Brocken trugen nicht dazu bei, dass dem Jungen das Wasser im Mund zusammenlief, obwohl es die erste warme Mahlzeit seit über einer Woche war. Aber der Geruch, welcher zu ihm herüber wehte, versöhnte ihn beinahe mit der seltsamen Suppe.
Dabei konnte Kid einiges von sich behaupten, nur nicht dass er problematisch beim Essen war.
Schon in der Zeit, in der er nicht am heimatlichen Schrottplatz gehaust, und noch am mütterlichen Rockzipfel gehangen hatte, hatte er sich eine Sache nicht leisten können: nicht das zu essen, was auf den Tisch kam. Das Hurenhaus, in dem er seine ersten Lebensjahre verbracht hatte, hatte ihn nur äußerst ungerne mit durchgefüttert, wenn ihn die Frauenwirtin nicht sogar regelmäßig mit knurrendem Magen ins Bett geschickt hatte. Auch die Zeit nachher, als ihn das garstige Weibsstück hochkant nach dem Tod seiner Mutter hinausgeworfen hatte, war es für ihn nicht leistbar geblieben wählerisch zu sein. Die restlichen Dorfbewohner, vor allem diejenigen, welche sich in heuchlerischer Absicht in der kleinen Pfarrgemeinde durch vorgetäuschte Mildtätigkeit anbiedern wollten, hatten ihm regelmäßig etwas zu Essen zugesteckt, doch satt war er auch nie davon geworden. Killers Tante hatte ihm zwar auch nur Reste aus ihrer Spelunke zukommen lassen, aber dabei hatte sie ihm etwas viel Wertvolleres gegeben, und das noch dazu völlig unwissend, was Kid insgeheim schadenfroh stimmte. Killer war nicht nur, seitdem dessen Mutter ihn einfach bei ihrer Schwester gelassen hatte, regelmäßig zum Schrottplatz geschickt worden, er hatte sich zu seinem besten, wenn nicht einzig wahren Freund gemausert.
Dabei hatte ihre Freundschaft recht unspektakulär begonnen und Kid war sich bewusst, dass der vier Jahre ältere Junge mit ihm am Anfang wenig anzufangen gewusst hatte. Doch mit der Zeit hatte sich eine solide Freundschaft etabliert, von der beide Seiten profitierten und ihm bei ihrer gemeinsamen Flucht nach dem Überfall auf ihr Dorf mehr als einmal das Leben erleichtert hatte. Der steinerne Weg, welchen ihm das Schicksal eröffnet hatte, war mit einer treuen und helfenden Seele an seiner Seite einfacher zu ertragen.
„Komm schon Kid, ich weiß, was ich tue. Du brauchst den Kessel nicht tot zu starren.“
Killer hockte auf der anderen Seite und rührte in der undefinierbaren Brühe, während Kid im Hintergrund die Hunde um die Abfälle raufen sehen konnte, die sein Freund während der Zubereitung achtlos hinter sich geschmissen hatte. Eigentlich wollte er nicht genau wissen, was der Ältere alles in den Blechtopf getan hatte, und auch die Vergangenheit hatte ihm bewiesen, dass es besser war, manches nicht genauer zu hinterfragen. Killer verstand zwar was vom Kochen, keine Frage, aber seine Ausbildung bei seiner Tante, deren Spelunke die schmierigste der ganzen Stadt gewesen war, hielt den Jungen dazu an, nicht mehr als nötig die Tätigkeiten seines Freundes zu hinterfragen.
„Hier.“
Auffordernd hielt Killer ihm einen alten Blechnapf mit dem undefinierbaren Eintopf unter die Nase.
„Das ist ein altes Familienrezept.“
Immer noch nicht ganz mit der Suppe versöhnt stocherte Kid in der dicklichen Brühe und wirbelte auch ein paar größere Klumpen vom Boden auf.
„Mir scheint auch, ich hätte ein Teil der Familie drinnen schwimmen sehen“, meinte er dann achselzuckend, doch bevor er auch nur einen Bissen nehmen konnte, merkte er wie er einen Klaps gegen den Hinterkopf bekam.
„Kid!“