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Tribal Soul

Das Tor zu deinen Träumen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, weiter geht's :)
Diesmal gibt es ein paar Infos zu meiner "Traumwelt" und den Dämonen :D Bin gespannt, was ihr davon haltet ^^

Ich komme im Moment wirklich zu nichts... Seufz. Neues Projekt, vieeel Arbeit und auch privat stand so einiges an...
Hoffe mal, dass das hier wenigstens halbwegs rechtschreibfehlerfrei ist.
Ich werde hoffentlich am Wochenende mal dazu kommen, an TS weiterzumachen ^^

Solange wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen! :D
vG, Mary Komplett anzeigen

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Geisterwelt

Eyleen wollte zurückweichen, doch selbst wenn die Mauer in ihrem Rücken das nicht verhindert hätte, hätte sich ihr Körper keinen Millimeter bewegt. Je länger sie hinsah, desto besser erkannte sie die Form eines Schwerts, wie sie es schon dutzende Male in irgendwelchen Fernsehserien oder Filmen gesehen hatte. Und doch war dieses dort mit nichts von all denen vergleichbar.

Das Material war so tiefschwarz, dass nicht mal der kleinste Lichtreflex darin zu sehen war. Es wirkte beinahe nicht real, weil es so völlig anders war, als alles, was sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Dieses Schwert schien keine richtige Form zu haben, doch gleichzeitig wirkte es scharf und spitz. Irgendwie strahlte es eine Kälte aus, die beinahe greifbar war. Konnte so ein Material überhaupt existieren?

 

„Wir nennen sie die „Klinge““, plauderte Riley neben ihr plötzlich lehrermäßig drauf los. Passend dazu richtete er nebenbei seine Brille. „Sie ist unsere einzige Waffe im Kampf gegen die Dämonen. Jeder Tri besitzt die Fähigkeit ein solches Schwert heraufzubeschwören. Das Tattoo verleiht uns so die Macht zu kämpfen und, was beinahe noch wichtiger ist, die Traumwelt zu betreten.“

Liam senkte das Schwert und wandte sich von Eyleen ab, die immer noch wie zu Stein erstarrt auf den jungen Mann blickte.

„Mit der Hilfe unserer Klinge können wir das Tor zur Traumwelt öffnen und sie betreten.“

„Traum-welt?“, flüsterte Eyleen und versuchte erneut den Kloß in ihrem Hals herunter zu schlucken, um wieder atmen zu können.

„Ja. Die Traumwelt ist eine Art Zwischenwelt. Nur in ihr können die körperlosen Dämonen überleben. Sie schleichen sich in die Albträume von Kindern und gelangen so in die Gedanken der Menschen. Du wirst sehen, der Ort, an den wir jetzt gehen, ist mehr als merkwürdig. Alles ist so … Ach, ich kann es gar nicht beschreiben. Das musst du mit deinen eigenen Augen gesehen haben, sonst glaubst du noch, ich müsse zum Psychiater!“ Er kicherte ein wenig über seinen Witz und Eyleen schwieg weiter. Sie beobachtete Liam ganz genau.

Er hatte sich nun vor die Wand gestellt, die als einzige vollkommen freigeräumt war. Ein Kalender, der dort wohl mal gehangen hatte, war unachtsam auf den Boden geschmissen worden. Er hatte die Augen geschlossen und hielt das Schwert in seiner rechten Hand. Seine Spitze kratze über den Boden, doch es verursachte nicht die kleinste Macke. So, als wäre es vollkommen stumpf.

 

Ruckartig schloss sein Arm mitsamt der Klinge nach oben und er begann einen großen, runden Kreis auf die Wand zu ziehen. Dort, wo das seltsame Material den Beton berührte, schienen sich kleine Schlangen wie aus dem Nichts zu materialisieren, die dort langsam an der Wand entlang glitten. Sie waren klein und vollkommen Schwarz. Es schien, als wären sie aus demselben Material wie das Schwert gemacht zu sein.

Liam führte die Klinge ganz langsam in einem Bogen herum und immer mehr von diesen Schlangen bedeckten an diesen Stellen die zerschlissene Tapete. Nachdem gut ein Viertel des Kreises mit der Klinge nachgefahren wurde, waren die einzelnen Schlangen bereits zu einem schwarzen Fleck verschmolzen und nur am äußersten Rand hatten sie einige Lücken hinterlassen, die Eyleen bei näherem Hinsehen an merkwürdige Zeichen erinnerten.

„Liam ist gerade dabei das Tor zur Traumwelt zu zeichnen. Diese Zeichen, die du dort sehen kannst“, er zeigte auf den äußeren Ring des Kreises, „sind alte Runen. Runen, die es uns ermöglichen unseren Körper zu verlassen und die Zwischenwelt zu betreten.“ Das ließ Eyleen aufhorchen.

„Wie bitte? Was heißt denn den Körper verlassen?“ Riley schmunzelte.

„Tja, es heißt genau das. Die Traumwelt ist keine andere Dimension, wie man es gerne in Si-Fi-Filmen sieht. Es ist eine Welt, die eigentlich gar nicht existiert. Darum sind auch die Dämonen in der Lage als Geister dort einzudringen. Kein fester Körper aus dieser Welt kann dort hingelangen.“ Er lehnte sich gegen den alten Schreibtisch und verschob diesen mit einem bedrohlichen Knartzen ein wenig. „Also, es ist so. Sobald wir durch dieses Portal in die Traumwelt gehen, wird sich unser Geist, unsere Seele, unser Bewusstsein oder wie auch immer du es nennen möchtest, von unserem Körper trennen. Während wir also dort hineingehen, bleiben unsere Körper hier an dieser Stelle zurück. Darum haben wir uns auch hier in dieser Ruine eingeschlossen.“

„Damit niemand unsere leeren Körper findet?“ Eyleen drückte sich enger an die Wand, damit ihre Beine nicht auf die Idee kamen, doch noch unter ihr nachzugeben.

„Richtig. Sie werden hier bleiben. Beinahe so, als würden wir schlafen. Im Stehen. Das dürfte für die meisten anderen ein ziemlicher Schreck sein, da die Körper so auch locker als Leichen durchgehen könnten.“ Die Blondine zuckte bei dem Wort zusammen. „Na ja, nicht ganz jedenfalls. Immerhin atmen die Körper weiter und sie bleiben auch stehen. Das tun Leichen ja meistens nicht. Jedenfalls habe ich schon von einem Fall gehört, in dem ein Tri gefunden und ins Krankenhaus gebracht wurde. Wenn er seine Freunde nicht gehabt hätte, dann wäre er wohl …“ Riley ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen und Eyleen war ihm irgendwie dankbar dafür. Im Moment wollte sie absolut nicht wissen, dass wirklich mit dem Kerl passiert war.

 

Liam hatte inzwischen dreiviertel des Kreises ausgefüllt, also würde es wohl nicht mehr lange dauern. Seine Schwester lehnte mit geschlossenen Augen an der Wand neben ihm. Irgendwie schien sie ein wenig genervt zu sein.

Riley hatte seine Erklärungen vor einigen Minuten erst mal beendet und war dazu übergegangen, seinen Freund mit abwesendem Blick zu beobachten. Doch so lange sie warteten, nutze Eyleen die Gelegenheit kurz mit ihm zu sprechen.

„Du hattest übrigens recht. Es ist tatsächlich passiert.“ Es überraschte sie selbst, dass ihre Stimme kaum lauter als ein Flüstern war, weshalb sie schon fürchtete, er würde sie gar nicht hören können. Doch die Furcht war unbegründet.

„Du hast deine erste Erweiterung also bekommen?“ Echte Neugier lag in seinen Worten. Eyleen nickte aufgeregt.

„Ja, es ist heute Morgen einfach so aufgetaucht! Kurz nachdem ich mich mit meiner Mitbewohnerin nach einem Streit wieder versöhnt hatte. Es hat plötzlich auf meinem Rücken gebrannt und dann war es auch schon da. So, als wäre es immer schon dort gewesen.“ Riley nickte wissend.

„Darf ich auch wissen, was für ein Zeichen es ist?“ Bei ihm klang die Frage so, als wäre es etwas Privates, über das man eigentlich gar nicht spricht. Doch es machte ihr nichts aus, es ihm zu sagen. Sie erhoffte sich dadurch weitere Informationen dazu. Der Schwarzhaarige schien wirklich ausgesprochen gut über alles Bescheid zu wissen.

„Zwei Hände, die sich festhalten. Und, als ich es sah“, fügte die Blondine noch leiser hinzu „hatte ich das Wort Freundschaft im Kopf … Immer und immer wieder.“ Der Schwarzhaarige sah sie nachdenklich an.

„Das wird es dann wohl auch sein. Eine deiner stärksten Eigenschaften ist es anscheinend, dass du eine sehr gute Freundin bist.“ Nur mit Mühe schaffte Eyleen es, bei dieser Bemerkung nicht laut aufzulachen.

„Ich? Eine gute Freundin?“ Sie verdrehte ihre Augen, als ob sie gerade einen richtig schlechten Witz gehört hätte. „Nein, ganz sicher nicht. Mia ist meine einzige Freundin. Außer ihr habe ich niemanden. Wie soll ich da dann gut drin sein?“ Der junge Mann zuckte grinsend mit den Schultern.

„Na ja, vielleicht kennst du dich einfach selbst noch nicht gut genug.“

Doch ehe Eyleen über seine Worte überhaupt nachdenken konnte, schien es auch schon loszugehen. Sofort schnürte die Nervosität wieder ihre Kehle zu.

 

Chloé hatte sich von der Wand abgestoßen und sich neben ihren Bruder gestellt, der das Schwert wieder hatte sinken lassen. Der Kreis war nun vollkommen Schwarz. Auch dort schien das Licht, wie bei einem Schwarzen Loch, einfach verschluckt zu werden. Nur die Runen, die nun den kompletten Rand zierten, begannen plötzlich leicht zu schimmern. Ein unheimlicher weißer Glanz lag dadurch in der Luft, der verzerrte Schatten in die Umgebung zeichnete. Ein Frösteln huschte trotz dicker Kleidung über Eyleens Körper.

„Los jetzt, bevor wir hier noch Wurzeln schlagen.“ Nun war die Ungeduld nicht mehr nur in Chloés Gesicht abzulesen, sondern sie schien sie jetzt mit jeder Faser ihres Körpers auszustrahlen. Eyleen war froh, dass die Blondine gerade nicht in ihre Richtung sah, sonst hätte sie ihr das Augenrollen wahrscheinlich ziemlich übel genommen.

 

Es war keine Überraschung mehr, dass Chloé den ersten Schritt machte. Mit einem großen Schritt überwand sie die wenigen Zentimeter, die sie von dem schwarzen Tor trennte und streckte ihre rechte Hand danach aus. Es gab einen hellen Lichtblitz und dann war alles wieder ruhig.

Für einen kurzen Moment fragte sie sich, ob überhaupt etwas passiert war, oder das Tor vielleicht nicht richtig funktioniert hatte, aber als ihr der leere, abwesende, beinahe tote Blick der jungen Frau auffiel, wusste sie, dass sehr wohl etwas passiert war. Sie hatte es bloß nicht sehen können. Und in diesem Moment kam ihr der eben noch makaber klingende Vergleich mit den stehenden Leichen gar nicht mehr so abwegig vor...

 

„Ich gehe vor, okay Eyleen? Ich empfange dich dann auf der anderen Seite, ja? Mach dir keine Sorgen. Dir wird nichts passieren!“ Die Angesprochene nickte automatisch, ohne etwas dabei zu empfinden. Rileys Worte waren zwar bestimmt nett gemeint, aber im Moment schienen ihre Eingeweide zu Eis erstarrt zu sein. Immer mehr Zweifel nagten an ihr und fraßen sie von innen her auf. Sie bemerkte kaum, dass es einen erneuten Lichtblitz gab und der Schwarzhaarige plötzlich nicht mehr neben ihr stand. Die Stille in dem alten Büro schrie in ihrem Kopf.

 

Eyleen rührte sich nicht. Ihr Körper zitterte und kein Muskel schien ihr zu gehorchen. Die Wand in ihrem Rücken war eisig, doch sie dankte ihr dafür, dass sie sie an Ort und Stelle hielt. Ohne den stabilen Beton hinter ihr hätte sie schwören können, dass sie auf einem sinkenden Schiff stand. Sie verlor mehr und mehr den Halt und es gab nichts, woran sie sich klammern konnte.

„Es ist beängstigend, natürlich, aber du darfst dieser Angst in dir nicht nachgeben.“ Erst als seine Stimme erklang, wurde ihr bewusst, dass sie gar nicht alleine war. Es gab noch jemanden, den sie völlig vergessen hatte.

Ihr Blick wanderte durch den Raum und sie entdeckte ihn an der Stelle am Schreibtisch, an der Riley noch vor ein paar Sekunden gelehnt hatte. Seine Augen lagen auf ihr, doch diesmal lag kein Spott und keine Verachtung darin. Im Gegenteil. Sie wirkten ruhig, geduldig und beinahe … freundlich. Etwas, was Eyleen umso mehr aus dem Konzept brachte.

„Du hast dich entschieden, dem Ruf zu folgen. Ob bewusst oder nicht. Nur diejenigen, die wirklich zu alldem hier bereit sind, entscheiden sich für das Leben eines Tri's. Du weißt es wahrscheinlich jetzt noch nicht, aber du bist mehr als bereit für diesen Schritt.“

Sie war sprachlos. War das wirklich der Liam, der sie die letzten Stunden nur von oben herab angesehen und sie als lästigen Klotz am Bein gesehen hatte? Wieso war er auf einmal so … freundlich und hilfsbereit?

Der Braunhaarige schien den Ausdruck auf ihrem Gesicht problemlos deuten zu können, denn ein kleines Lächeln legte sich auf seine dünnen Lippen. In seinen Augen funkelte ein Glanz, den Eyleen ihm überhaupt nicht zugetraut hätte.

„Ob du es glaubst oder nicht, ich bin nicht ganz so ein großes Arschloch, für das du mich hältst. Komm, gib dem Ganzen eine Chance. Es ist leichter, es zu verstehen, wenn man den Schritt wagt und es mit eigenen Augen sieht.“ Eyleen zögerte noch immer, doch die Klammer bröckelte langsam von ihrem Körper ab. Das Zittern ebbte ab. „Dir wird nichts passieren, das verspreche ich.“

 

Sie hielt die Luft an, als der Tri direkt vor ihr stehen blieb. Sein Ausdruck war ruhig und seine tiefen, eisblauen Augen strahlten eine Aufrichtigkeit aus, die es einfach unmöglich machte, seinen Worten nicht zu glauben. Er streckte seine Hand nach ihr aus und sie ergriff diese, ohne zu zögern.

Nur einen Moment später hatte er sie durch den Raum geführt und ihre Fingerspitzen schwebten nur Millimeter über der Mitte des schwarzen Kreises. Nun hieß es: Jetzt oder nie.

Sie gab sich einen Ruck und berührte das Gebilde vor ihr. Ein Sog erfasste sie und riss sie förmlich von den Füßen. Beinahe so, als wäre sie aus dem Auge eines Monstertornados getreten und in seine Fänge geraten. Panisch kniff sie ihre Augen zusammen und versuchte sich gegen den Wind zu stemmen, doch ehe sie überhaupt reagieren konnte, war plötzlich alles wieder ruhig.

Vor lauter Angst wagte sie es nicht, ihre Augen zu öffnen. Aber ihr wurde sehr schnell klar, dass sie bereits mitten drin war. Sie konnte es sofort spüren. Ihr Körper war leicht. Beinahe wie eine Feder, die sanft im Wind flatterte. Er fühlte sich noch immer so an, wie sie es gewohnt war, aber irgendwie gab es da noch etwas Neues in ihr. Wahnsinnig viel neues.

„Eyleen?“ Rileys Stimme kam von dicht neben ihr und nach einem tiefen Atemzug wagte sie einen Blick in diese neue Welt.

 

Im ersten Moment war sie enttäuscht. Es sah alles noch genauso aus wie immer. Sie stand noch immer vor der Wand, ihre Hand nach dem Portal ausgestreckt, das aber plötzlich seine Farben umgekehrt hatte. Das Loch an sich war nun Weiß und die Runen Schwarz. Aber sonst …

Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, aber sie sah zu ihrer Verwunderung nur Riley. Von den Geschwistern war keine Spur zu sehen.

„Wo sind Liam und Chloè?“, fragte sie mit einer Mischung aus Neugier und Unbehaglichkeit.

„Ach, die beiden sind schon draußen und sondieren die Lage. Du weißt schon, heute sind wir auf einen kleinen, ruhigen Trip ohne Zwischenfälle aus.“ Er lächelte, doch sie verstand den ernsten Sinn hinter seinen lockeren Worten. Sie wollten es nicht riskieren in eine gefährliche Situation zu kommen. Nicht mit einer Schwachstelle wie ihr im Schlepptau. Doch obwohl sie eigentlich hätte böse sein sollen, weil sie nur eine Last in ihr sahen, war sie gar nicht so unglücklich mit dieser Art der Vorgehensweise. Schnell wechselte sie das Thema.

„Sind wir hier wirklich …?“ Sie wusste nicht, wie sie die Frage stellen sollte, daher hoffte sie, der Schwarzhaarige würde erahnen, was sie wissen wollte.

„Ja, das hier ist die Traumwelt. Zugegeben, sie ist auf den ersten Blick nicht sonderlich beeindruckend. Zumindest noch nicht.“ Er grinste kurz und fuhr dann fort. „Du musst wissen, es ist so: Die Traumwelt ist im Großen und Ganzen nur eine Abbildung der realen Welt. Die Menschen hier wissen nicht, dass sie träumen. Die Bilder, die ihnen ihr Gehirn vorspielt, sind nur Trugbilder. Das hier ist das wahre Träumen, doch die meisten Menschen werden es nie begreifen.

Menschen träumen ihr Leben. Sie tun all das, was sie im wachen Zustand auch tun würden: Sie gehen zur Arbeit, treffen sich mit Freunden oder Familie, faulenzen in ihren eigenen vier Wänden oder gehen einkaufen. Das wäre nicht besonders spektakulär, wenn da nicht der Traum-Aspekt wäre. Wundere dich also bitte nicht, wenn plötzlich ein Formel 1-Rennen mitten in der Stadt ausgetragen wird, dir Dinosaurier über den Weg laufen oder du ein Haus betrittst und plötzlich am Strand stehst und dir Wellen um die Füße spülen. Immerhin sind wir hier in einem gigantischen Traum.“ Er lachte wieder. Er schien Eyleens geschockten Gesichtsausdruck sehr erheiternd zu finden.

„Hier gibt es Dinosaurier?“ Eyleens Stimme klang wie ein hohes Fiepen, als sie diese Worte zwischen ihren Zähnen heraus presste. Sie kam nicht umhin sich vorzustellen, dass sie in eine Straße einbog und ihr plötzlich ein T-Rex seine messerscharfen Zähne vor das Gesicht hielt.

„Wie gesagt, jeder kann träumen, was er will. Aber genau das ist auch ein Problem. Hier sind einfach zu viele Menschen, die gleichzeitig träumen. Diese Welt wüsste gar nicht, was sie zuerst machen sollte. Steht da nun eine Dino-Herde im Park? Oder gibt es genau dort ein Konzert? Oder spielen Hunde dort am Tisch Poker? Das alles wäre auch für uns viel zu viel. Du könntest dich gar nicht auf eine Sache konzentrieren und würdest nur einen matschigen Brei erkennen.“

So verwirrend das auch alles klang. Irgendwie erschien ihr das einleuchtend.

„Um das zu verhindern, ist es uns gelungen, die Kraft des Tribals so zu nutzen, dass wir immer nur den Traum desjenigen sehen, der uns am Nächsten ist. Natürlich kann das in einer Gruppe variieren, aber trotzdem ist das für den eigenen Geist wirklich schonender.

Und jetzt komm!“, wechselte er plötzlich das Thema. Auf einmal wirkte er aufgeregt wie ein kleines Kind, dass seinen Eltern etwas unheimlich Wichtiges zeigen möchte. „Lass uns nach draußen gehen. Dann siehst du es mit deinen eigenen Augen.“

 

Riley war schon losgelaufen, da hatte Eyleen noch nicht einmal die Funktion ihrer Beine herausgefunden. Sobald sich ihre Starre gelöst hatte, folgte sie dem Schwarzhaarigen in die Halle hinaus und ging geradeaus auf das kaputte Tor zu, durch das sie in der realen Welt auch hineingegangen waren.

Draußen erwartete sie herrlicher Sonnenschein und beinahe sommerliche Temperaturen. Irgendjemand in der Nähe hatte wohl schon beschlossen, dass nun der Frühling zu Ende war. Sie schlüpfte hinter Riley durch die Mauer und fand sich in der kleinen Gasse wieder, die nun deutlich einladender wirkte. Die Mauern zogen sich auf beiden Seiten des Weges entlang, doch überall wucherte grüner, saftiger Efeu, der das Grau beinahe vollständig verdeckte. Hatte es diese Pflanzen eben auch schon gegeben? Hatte sie die im Dunkeln nur einfach nicht gesehen?

Riley gesellte sich zu ihr, während sie zurück zu der Straße mit der Bushaltestelle gingen.

„Ihr könnt euch also im Traum die ganze Stadt angucken?“, brach es neugierig aus Eyleen heraus. Sie hatte beschlossen, dass es noch nicht gruselig war, also würde sie versuchen, noch einiges an Informationen in Erfahrung zu bringen.

„Nein, nicht die Ganze. Das Portal schafft uns einen Einstiegspunkt, der es uns erlaubt, uns in einem Umkreis von ungefähr drei Kilometern zu bewegen. Wenn du weiter gehen würdest, würdest du irgendwann gegen eine Art unsichtbare Mauer laufen. Sehr schmerzhaft, muss ich dazu sagen.“

Die Blondine lächelte leicht. Das klang so, wie diese gemeinen Labyrinthe aus Glas, die es gerne auf Jahrmärkten gab.

„Und wie verlässt man diese Welt wieder?“ Riley zuckte mit den Schultern.

„Genauso, wie du sie betreten hast. Durch das Portal. Du solltest also auf keinen Fall vergessen, wo das Portal sich befindet und durch welches du gegangen bist. Es kann nämlich durchaus sein, dass du hier auf andere Tri's stößt. Wenn du aber den Traum durch ein anderes Portal verlässt, als das, durch welches du ihn betreten hast, kann es passieren, dass dein Geist deinen Körper nicht wiederfinden kann und das ist wirklich unangenehm und kann … böse enden.“ Das war wohl wieder eins dieser Themen, bei denen der junge Mann nicht zu tief in die Details gehen wollte. Eyleen erschauderte trotzdem.

 

„Und wie lange kann man …?“ Sie stockte und die Frage blieb ihr im Hals stecken. Als sie das Ende der Gasse erreicht hatten und auf den Bürgersteig vor ihnen traten, erwartete sie ein ganz unerwarteter Anblick. Statt der Straße, die dort eigentlich hätte sein sollen, floss nun ein Fluss zwischen den Häuserschluchten entlang. Kleine, helle Punkte wippten friedlich auf den Wellen und bei genauerem Hinsehen erkannte Eyleen hunderte weiße Papierboote, die auf dem Wasser immer tiefer in die Stadt vordrangen. Gebannt starrte sie auf die bizarre Szene vor ihr.

„Tja, Träume müssen nicht immer einen Sinn ergeben.“ Ein Kichern ertönte neben ihr und sie sah aus den Augenwinkeln, dass Riley auf jemanden zeigte. Ein kleiner Junge, kaum 5 Jahre alt, hockte dort am Ufer und blickte mit strahlenden Augen den kleinen Papierbooten hinterher.

Eyleen wurde ganz warm ums Herz, als sie das glückliche Lachen des Kindes hörte. Wundervoll.

 

Der Tri stupste sie nach ein paar Minuten an und bedeutete ihr, die Straße weiter entlang zu gehen. Sie waren kaum fünf Meter gegangen, da wandelte der Fluss neben ihnen sich wieder zu dem, was er eigentlich hätte sein sollen: eine Straße. Nun erinnerte nichts mehr an den Traum des kleinen Jungen, was sie fast schon ein wenig traurig stimmte.

„Interessant, oder?“, griff ihr Gefährte das Gespräch wieder auf und sie nickte zustimmend.

„Definitiv.“

„Die Träume von Kindern sind etwas Wundervolles. Mystisch und magisch und voller vergessener Fantasie.“ Eyleen wollte ihm gerade zustimmen, doch als jemand neben sie trat, hielt sie erschrocken inne.

„Ja, Riley, das sind sie. Aber nur so lange, bis sie kommen und das alles zerstören.“ Aus Liams Worten sprach der blanke Hass. In diesem kleinen Satz konnte sie all die schlimmen Erinnerungen hören, die ihm in diesem Moment wohl durch den Kopf gingen. Sofort empfand sie großes Mitleid mit denen, die sich diesen Weg ausgesucht hatten. Also auch mit ihr selbst.

 

„Wie sieht es aus?“ Sie setzten sich wieder in Bewegung. Es waren nur noch ein paar Meter, bis sie die Kreuzung zu einer weit größeren Straße erreichen würden.

„Chloé hatte wohl recht. Hier hinten ist alles ziemlich ruhig.“ Riley nickte.

„Sie war ja auch gerade erst hier. Deine Schwester hat ein hervorragendes Gespür für Risikofälle. Es hätte mich sehr gewundert, wenn sie danebengelegen hätte.“ Wieder legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Braunhaarigen.

„Dass du so viel Wert auf ihre Gabe legst, hört sie sicherlich gern.“

„Oh ja, das tut sie.“ Chloé war wie aus dem Nichts neben ihrem Bruder aufgetaucht und selbst sie hatte den Hauch eines Lächelns auf den Lippen. Plötzlich wurde Eyleen wieder bewusst, wie schön die junge Frau eigentlich war! Es raubte ihr immer wieder den Atem. „Ich habe ein Paar von ihnen im Park gefunden. Wenn du ihr die Stadien erklären willst, dürftest du dort gute Anschauungsobjekte finden.“ Der Seitenblick, den sie Eyleen im Gespräch mit Riley zugeworfen hatte, war so kurz gewesen, dass sie wahrscheinlich nicht mehr als ein Rausch an Farben gesehen haben konnte.

Der Schwarzhaarige schob seine Brille zurecht und nickte wissend.

„Welche Stufe?“ Chloé wechselte einen schnellen Blick mit ihrem Bruder, ehe sie antwortete.

„Bis Stufe 4.“ Riley blickte erschrocken, was das flaue Gefühl in Eyleens Magen wieder anfachte. Doch die anderen beiden sahen deutlich gelassener aus. Liam grinste sogar über das ganze Gesicht.

„Na, dann haben wir doch den Kandidaten für unsere heutige Vorführung. Nicht schlecht, Eyleen“, meinte er in ihre Richtung gewandt. In seinen Augen funkelte die Kampfeslust. „Dann bekommst du heute sogar schon deine erste Jagd zu sehen.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 6 - "Jagd" kommt dann wie immer in zwei Wochen :D (10.-12.04.2015) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Mich1
2015-04-11T11:11:33+00:00 11.04.2015 13:11
Sag mal Mary. Was hast du in diese Storys hineingemischt? :D
Wie soll ich es denn bezeichnen... Genial? Wundervoll?

Irgentwie stelle ich mir gerade die Geschichte als Anime vor. Wie cool das wäre wenn Eyleen und die Anfangsszene so wären.

Weiter so. Will das nächste Kapi lesen. Und zwar schnell *böse schau* :D

LG, Michi



Antwort von:  MarySae
11.04.2015 17:12
Öhm, meine seltsamen Ideen vielleicht? xD
Aber danke, danke, danke! Freut mich sehr, dass es dir so gefällt! *__*
(Das Wort "genial" hört man natürlich mehr als gerne xD)

Wow, ein eigener Anime wäre eine sehr große Ehre!
Wird zwar nie klappen, aber träumen darf man bestimmt ;)

Das nächste Kapitel befindet sich seit Donnerstag um 6 Uhr im Upload und sollte hoffentlich jede Minute freigeschaltet werden ^^

Danke nochmal!
viele Grüße,
Mary
Von:  RhapsodosGenesis
2015-03-28T17:19:05+00:00 28.03.2015 18:19
... Oh ja, die glaesernen Labyrinth-Mauern! Bin ich froh, kein Tri zu sein xD Aber an sjch klingt der Job ganz cool - auf diese gefaehrliche, abschreckende Zum-Glueck-gehoere-ich-da-nicht-dazu-Art!
Also: Liam ist kein gemeingefaehrlicher Psycho mit Schwert, sondern einfach nur ein zuvorkommender Angeber! Mit einer awesome guten Seele <3 Unx er hat vielleicht recht damit, dass er kein ganz so grosses Arschloch ist. Er faengt an, mich zu ueberzeugen. Es war echt nett, wid er Eyleen beruhigt hat! Ich bin begeistert! :')

Allerdings ist Riley immernoch weitaus netter, zuvorkommender und lustiger, wenn er Witze macht, ueber die nur er selbst lacht XD
Und Chloé hat noch nicht genug getan, um sie bewerten zu koennen.

Eyleen schon - und ich bin froh, dass sie nicht wuetend wird, wenn kan sie damit konfrontiert, dass sie schaach und nutzlos ist, wenn sie schwach und nutzlos ist! (Obwohl mir das naechste Kapitel schon wieder Sorgen bereitet!! Warum Stufe VIER!? Was-auch-immer das heissen mag - wenn Liam sich freut, kann es nicht gut enden!) Bitte Eyleen, mach keine Dummheiten oder Anfaengerfehler X,x Sei vernuenftig! Gute Freunde muessen vernuenftig sein X,x

Zumjndest war sie schonmal vernhenftig genug, um bei Riley nachzufragen bzw ihm zu bestaetigen, dass er Recht hat! Damit bin ich schon gluecklich und seine Antwort gefaellt mir auch! Und alles scheint noch im gruenen Bereich zu sein - sehr gut!!

Aber die Traumwelt scheint echt ein cooler Ort zu sein!! Etwas gefaehrlich vielleicht (zu viele unbeendete Saetze X,x Zu viele Daemonen X,xZu viel Stufe 4), aber cool, die Traeume der anderen Menschen sehen zu koennen (Der Junge *-*) und sie auch noch zu beschuetzen! (Tyrannosaurus Rex-Witze FTW xD)
Also eine wirklich coole Idee, wie es mir bisher scheint!! Ich bin immernoch auf den Rest gespannt *-* Die Geschichte ist echt vielversprechend *o*

Und das mit dem Steh-Schlafen klingt durchaus gefaehrlich :( Was da wohl passiert?? D:>

Diesmal sind noch ein paar seltsame Saetzchen und Fehlerchen drinnen , aber sonst ist das Kapitel einfach sehr gut *-* Und es macht einen richtig neugierig auf die naechsten Schritte *q* Man kann nie genug wissen!! Also: Sehr gute Arbeit, weiter so :3 Ich bleibe dabei!!! Und Eyleen soll auf sich aufpassen!

Grosses Lob an dich, weiter so :3
Liebe Gruesse
Geni
Antwort von:  MarySae
29.03.2015 11:22
Hallöchen und danke für dein Kommentar! :D

Ich glaube, Liam ist einfach nur ein Poser, der gerne seine coole Seite raushängen lässt xD Außerdem mag er es, kleine Mädchen zu ärgern. xD (Wahrscheinlich ein Trauma aus der Kindheit, weil er das bei seiner großen taffen Schwester nie tun konnte xD)

Freut mich, dass dir die Idee der Traumwelt schon mal gefällt ^^
Ich weiß, im Moment ist es ziemlich viel Gelaber und ziemlich wenig Action (für mich ganz ungewöhnlich, aber ich befürchte, dass wird dieses Mal fast so bleiben :/), aber ich kann versprechen, dass das nächste Kapitel endlich wieder etwas spannender wird :D (Das ist bisher mein Lieblingskapitel xD)
Und auch die Bedeutung der Stufe 4 wird dann natürlich geklärt werden ^^

(Ich musste so lachen, als ich deine T-Rex-Bemerkung gelesen habe xD Und ich kann eigentlich jetzt schon versprechen, dass sich das zu einem echten Running-Gag entwickeln wird xD
Ich brauche ja unbedingt Ersatz für meine Italiener-Witze! xD)

Sorry >_< Das mit den RS-Fehlern tut mir Leid... Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen, das ganze r i c h t i g Korrektur zu lesen! Mir fehlt einfach die Zeit... (BrD hatte ich gefühlt 1000 Mal durchgelesen, ehe ich es hier hochgeladen hatte. Darum war da die Qualität auch schon besser...)
Ich werde mir aber Mühe geben, von Anfang an vernünftiger zu schreiben und weniger Fehler zu machen!

Also danke nochmal! :D
Liebe Grüße,
Mary
Von:  fahnm
2015-03-27T22:36:27+00:00 27.03.2015 23:36
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