Zum Inhalt der Seite

Muzukashii Sekai

MiA x Meto / Tsuzuku x Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wow, jetzt sind wir schon bei Act 17! Wir kommen dem aktuellen Kapitel immer näher. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

[Tsuzuku] Act 17

Man sagt ja, der Mensch gewöhnt sich an alles. An Leid, Schmerz und Trauer genauso wie an Dinge oder andere Menschen, die einem zu Anfang eher auf die Nerven gehen.

So war es mit mir und Koichi. Er und Mikan (die übrigens nicht seine Freundin war) kamen täglich im Akutagawa vorbei und jedes Mal setzte sich dieser übertrieben freundliche Typ mit den pastellrosa Haaren zu mir und versuchte, sich mit mir zu unterhalten. Und nach ein paar Tagen, an denen ich noch versucht hatte, ihn abzuweisen, gab ich schließlich auf und machte einen kleinen Schritt auf ihn zu, indem ich hin und wieder halbwegs ehrlich auf seine Fragen antwortete.
 

Haruna, die sich immer irgendwie in meiner Nähe aufhielt, bemerkte das natürlich und es schien ihr zu gefallen. Ich hatte zwar eine Ahnung, dass sie und Koichi hinter meinem Rücken über mich sprachen, doch seltsamerweise störte mich das kaum. Ich hatte so etwas wie Grundvertrauen zu Haruna aufgebaut, nach jenem Abend, als sie sich so um mich gekümmert hatte. Sie schien der Meinung zu sein, dass es gut war, wenn ich ein wenig Kontakt zu anderen aufbaute und ich sah wie gesagt ein, dass sie da Recht hatte.
 

Es war Mittwoch und ich hatte eigentlich schlechte Laune. Ich war ungeduldig, weil ich endlich wissen wollte, wo Meto eigentlich das ganze Geld herbekam, und das Wetter war auch nicht das Beste. Zum ersten Mal in diesem langsam beginnenden Herbst hatte ich am Samstag, als es ziemlich stark geregnet hatte, das Obdachlosenheim aufgesucht, um mich nicht zu erkälten. In dem Leben, das ich führte, war eine Erkältung keine Kleinigkeit und ich hatte nach anfänglichem Trotz eingesehen, dass ich mich an Regentagen besser um Schutz bemühte.

Obwohl ich die Unterkunft nicht mochte, denn dort war es meist sehr voll und dazu unangenehm laut, hatte ich sie also wohl oder übel aufgesucht, war heute jedoch froh, meinen Schlafplatz wieder unter der gewohnten Brücke in meinem geliebten Park zu haben.
 

Koichi saß wieder neben meinem Schlafplatz, nachdem Meto für heute nach Hause gegangen war. Im Gegensatz zu den meisten hier schien er eine feste Arbeit zu haben, jedenfalls kam er immer abends und um die Zeit, wenn alle anderen von der Arbeit nach Hause gingen.

„Wie lange lebst du eigentlich schon so?“, fragte er.

„Zwei Jahre“, antwortete ich.

Koichi sah mich einen Moment lang schweigend an, versuchte sich wahrscheinlich vorzustellen, wie das war, auf der Straße zu leben, und dann stellte er diese Frage, die unweigerlich darauf folgen musste und vor der ich Angst hatte:

„Darf ich fragen … wie das gekommen ist?“
 

Nein, durfte er nicht! In Sekundenschnelle war meine Mauer hochgezogen, meine Abwehr bereit, mein Weglaufreflex geweckt. Dass ich mich an Koichis Anwesenheit gewöhnt hatte, hieß noch lange nicht, dass ich ihm so etwas erzählen würde. Meto war und blieb der Einzige, der die Umstände meines Absturzes, mit Ausnahme meiner Schuld an Mamas Tod, kannte und kennen sollte.
 

Ich hatte damals schlicht und einfach den Boden unter den Füßen komplett verloren. War nicht mehr in der Lage gewesen, zu meinem damaligen Job zu erscheinen, hatte es in der Wohnung, wo mich jede Ecke, jeder Gegenstand an Mama und an meine Schuld erinnerte, nicht mehr ausgehalten und war so Stück für Stück ins Straßenleben abgeglitten. Zuerst hatte ich den Job, dann Versicherungen und so weiter und schließlich die Wohnung verloren, in der jetzt Verwandte meiner Mutter lebten, zu denen ich jedoch keinen Kontakt wollte.

Im Akutagawa hatte mich die Gemeinschaft ohne große Fragen akzeptiert und aufgenommen, nachdem ich mir meinen Schlafplatz erkämpft und bewiesen hatte, dass ich trotz meiner offensichtlichen psychischen Störungen und meiner abweisenden Fassade irgendwie hierher passte.
 

„Ist okay“, erwiderte Koichi auf mein offensichtliches nonverbales Nein hin. „Geht mich ja auch nichts an. Ist aber ganz schön hart, dieses Leben, oder?“

Ich nickte und nahm meine Fassade fürs erste wieder zurück.

„Na ja, du hast ja auch ‘nen echt tollen besten Freund, oder? Das macht es bestimmt erträglicher. Und die Leute hier sind auch klasse.“ Koichi lächelte. Irgendwas hatte dieses Lächeln an sich. Etwas, das mich dazu brachte, mich noch ein Stückchen weiter zu öffnen.

„Meto ist mein Ein und Alles“, sagte ich leise.

„Das merkt man. Ich hab euch vorhin kurz zusammen gesehen. Du hast ihn echt richtig gern, oder?“
 

Ich bekam einen Schreck, denn so, wie Koichi das sagte, hörte es sich fast so an, als wüsste er, was ich für Meto empfand. Und das, was er als nächstes sagte, ließ mich die Fassade wieder hochziehen.

„Tsuzuku, ich hab’s dir schon mal gesagt: Du hältst dich vielleicht für schwer durchschaubar, aber zumindest ich kann dir ziemlich viel an den Augen ablesen. Und, wie ich auch schon sagte, ich biete mich da an, als Freund, mit dem du reden kannst.“

„Wovon redest du?“, fragte ich in einem letzten Versuch, meine Fassade zu halten.

„Ich weiß ja nicht, ob Meto es merkt, aber für mich ist es ziemlich offensichtlich, dass du mehr für ihn empfindest als bloße Freundschaft. Allein, wie du aussiehst, wenn du an ihn denkst.“

Und das sagte er mir einfach so! Mitten ins Gesicht! Traf den Nagel mitten auf den Kopf und riss meine Fassade nieder, bis ich wortlos nickte und dabei dem Blick seiner künstlich blauen Augen auswich.
 

„Keine Angst, ich erzähl das keinem weiter. Ich bin jetzt dein Freund, Tsuzuku, ob du willst oder nicht“, sprach Koichi und lächelte mich wieder an, mit diesem Lächeln, dem ich nichts entgegen zu setzen hatte.

Meine Fassade, meine Abwehr, alle meine Schutzmechanismen waren in diesem Moment vollkommen nutzlos. Zum ersten Mal war da ein Mensch, der sie nicht nur wortlos überging, so wie Haruna, sondern der meine Mauer mit voller Absicht einriss und dazu noch einen draufsetzte und sich einfach mal zu meinem Freund erklärte.
 

Ich warf einen bissigen Blick rüber zu Haruna, sie tauschte einen mit Koichi und strahlte mich dann an, als hätte sie soeben die tollste Verbindung überhaupt eingefädelt.

Jeder meiner selbsternannten Freunde schien sich zum Ziel gesetzt zu haben, mich zu sozialisieren oder was auch immer, und sich meine kranken Probleme anzuhören, die sie doch eigentlich überhaupt nichts angingen! Es schien sowohl Haruna als auch Hanako und Koichi nicht im Geringsten zu kümmern, was ich wollte, wussten sie doch angeblich alle viel besser, was gut für mich war.

Aber okay, ich war ja schon dabei, mich dieser Übermacht zu ergeben. Ich hatte ja keine Chance gegen Leute, die meine Grenzen freundlich lächelnd ignorierten und so entsetzlich fürsorglich und nett zu mir waren, dass ich keine andere Wahl hatte, als sie zu mögen.

Obwohl ich immer noch nicht wusste, was genau Koichi dazu bewogen hatte, meine Freundschaft zu suchen, beschloss ich, mich meinerseits auf ihn einzulassen, und damit zuzulassen, dass er wichtig für mich wurde.
 

Eine Weile saßen wir einfach da und schauten in den wolkenverhangenen Himmel. Bis Koichi einen weiteren ‚Vorschlag‘ machte, der mich wieder fast aus der Fassung brachte:

„Mir ist kalt, lass mal irgendwo hingehen wo es Kaffee und Kuchen gibt.“

Kaum hatte er die Worte ‚Kaffee und Kuchen‘ ausgesprochen, verspürte ich das altbekannte druckartige Gefühl im Bauch. Das Wissen, dass mir, wenn ich heute etwas aß, sofort wieder schlecht werden würde. Bis jetzt hatte ich heute nur Wasser getrunken und ein paar trockene Nudeln gegessen. Ich wusste, dass das zu wenig war, doch die Alternative war das Risiko, alles wieder auszukotzen und davor hatte ich Angst. Denn ich wollte die Bulimie nicht, sie war einfach da und bedrohte mich unablässig in Form einer Art innerer Stimme und dieses Druckgefühls.

Ich schüttelte auf Koichis Frage hin den Kopf und hoffte, dass er nicht weiter nachfragte.

Was er aber natürlich tat, denn es handelte sich ja um Koichi.

„Willst du nichts essen? Du musst doch irren Hunger haben, wenn du immer nur diese Nudeln hier isst und sonst nichts!“ Er sah mir in die Augen und dieses Mal spürte ich richtig, dass er mich las wie ein offenes Buch. Dass es keinen Sinn hatte, irgendetwas vor ihm zu verbergen.

Ein Blick reichte aus, damit er wieder ein Stück mehr von mir wusste.

„Ach du Schande…“, sagte er leise.
 

„Willst du jetzt immer noch mit mir befreundet sein?“, fragte ich mit gesenktem Blick und erwischte mich selbst dabei, wie ich hoffte, dass er jetzt Ja sagte.

Koichi rückte ein Stück näher zu mir, streckte die Hand aus und wagte es tatsächlich, mich am Kinn zu berühren, um meinen Blick anzuheben. „Natürlich. Glaub ja nicht, dass ich dich deswegen jetzt in Ruhe lasse!“

Er war wirklich aufdringlich und das ging mir schon wieder auf die Nerven. Und wo wir schon mal bei Offenheit waren, sagte ich ihm das natürlich direkt ins Gesicht.

Doch alles, was diese rosahaarige Klette dazu zu sagen hatte, war: „Ich weiß.“ Dazu dieses Grinsen, und da wusste ich, dass ich ihn jetzt wirklich nicht mehr loswerden würde. Dass wir uns tatsächlich angefreundet hatten, Koichi und ich, und dass sich das eigentlich ziemlich gut anfühlte.
 

Er stand auf, sagte: „Ich geh mir jetzt Kaffee und Kekse holen. Bin gleich wieder da“ und weg war er. Ich blieb auf meinem Platz sitzen und wartete. Beobachtete die anderen, die sich zu einer Gruppe zusammengerottet hatten und über irgendwas redeten und lachten.

Auf einmal drehte sich einer von ihnen, Hiro, dessen Schlafplatz meinem am nächsten lag, zu mir um und winkte. Ich hatte keine großartige Beziehung zu ihm, nur eben, dass wir so was wie Nachbarn waren, doch auf einmal schien er sich, genau wie Koichi und Haruna, für mich zu interessieren. Warum eigentlich gerade jetzt? Die Leute kannten mich doch schon länger, wussten um meine Probleme und dass ich mich selbst verletzte, wieso also kamen sie auf einmal alle an und wollten nett zu mir sein?
 

Ist ja auch egal, dachte ich mir und als Koichi mit einem To-go-Becher Kaffee und einer Packung Kekse wiederkam, schlug ich ihm vor, dass wir uns zu den anderen setzten. Und als wir dann alle zusammensaßen, in der Mitte ein kleines Lagerfeuer in einer Feuerschale, da bekam ich auf einmal doch ein klein wenig Hunger. Da Koichis Kekse einfach herumstanden (die Packung war schon halb leer), nahm ich mir einfach einen und erntete fast augenblicklich sowohl von Haruna, als auch von Koichi ein ermutigendes Lächeln.
 

Der Abend wurde richtig gut. Auf einmal fiel es mir viel leichter, mit den anderen, zu deren Gemeinschaft ich mich jetzt schon seit zwei Jahren zählen durfte, zu reden und ein bisschen sozial zu sein. Ich spürte, langsam, ganz langsam kam mein altes, mutigeres Ich zurück, in winzigen Stückchen und ganz vorsichtig, aber ich fühlte mich gut dabei und traute mich zögernd wieder, auf andere Menschen zuzugehen.

Koichi bemerkte irgendwie, dass es mir besser ging und lächelte mich immer mal wieder an. Und als würde er mich schon ewig kennen, flüsterte er mir zu: „Das machst du sehr gut, Tsuzuku.“

Und ich lächelte zurück, war auf einmal richtig glücklich, und weil ich wusste, dass es bestimmt nicht sehr lange anhalten würde, genoss ich es, so gut ich konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So ... Tsu taut langsam ein bisschen auf und findet zu sich selbst zurück. Ich bin ja mal gespannt, wie euch sein wahres Ich dann so gefällt ^^

Kann sein, dass schon das nächste Kapitel auf adult geschaltet wird, weil es da zwischen MiA und Meto ein bisschen mehr zur Sache geht. Ich weiß nicht genau, wie die Merkmale für adult liegen, ob da ein klein bisschen Petting schon drunter zählt, aber ich werde es sicherheitshalber halt auf adult stellen. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: daietto_usagi
2015-02-08T18:52:07+00:00 08.02.2015 19:52
> Was er aber natürlich tat, denn es handelte sich ja um Koichi.

--> Aahhh wie geil, wie geil.
Tja es gibt ein neues Beschreibungswort für bestimmte Menschen. Koichi XD.
Ist halt Koichi, dieser Koichi. Ich liebe seine Rolle in der Story. Jetzt bin ich so gespannt auf neue Act's.
Antwort von: Harulein
09.02.2015 06:31
Jaja, Koichi xD Der Typ ist schon ein Schatz ^^
Ich lade heute Nachmittag oder so dann Act 19 hoch.
Von: abgemeldet
2015-02-06T22:03:56+00:00 06.02.2015 23:03
koichi kann halt gelle was sind schon grenzen und mauern XD

wie immer sehr schön geschrieben :-)

Lg kai
Antwort von: Harulein
07.02.2015 05:23
Danke ^^
Von:  Enoka
2015-02-05T16:43:13+00:00 05.02.2015 17:43
Bei der Entwicklung geht mir richtig das Herz auf ^^
Tsuzuku muss man wohl halt etwas drangsalieren, damit er nachgibt, ihn praktisch zu seinem Glück drängen.

Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel
Antwort von: Harulein
05.02.2015 17:54
Ja, Tsu muss zu seinem Glück gezwungen werden ^^

Ich lade das nächste Kapitel gleich hoch.
Von:  Tesla
2015-02-05T14:54:28+00:00 05.02.2015 15:54
Uhu das war ein schönes Kapitel. Ich freu mich auf das nächste. Ich frag mich was ko ist. Also von beruf. Therapeut?
Antwort von: Harulein
05.02.2015 16:36
Ehrlich gesagt hab ich mir für Koichi noch keinen Job hier überlegt. Aber ja, kommt so rüber, ne? Nya, Therapeut macht er wohl hobbymäßig ^^


Zurück