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Immer der Freiheit entgegen

von

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Mama, ich habs geschafft

Mama, ich habs geschafft
 

Es war noch sehr früh am Morgen und der Kommandant der ersten Division befand sich in der Kajüte seines Captains. Der Blonde war noch ziemlich müde und versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, doch sein Vater kannte ihn und lachte, schnell fing er sich wieder und ließ seinen Sohn sprechen. „Wann willst du sie fragen, ob sie ein Mitglied wird?“, „Wenn es sich ergibt“, bekam er nur zur Antwort, doch so etwas wollte der Blonde nicht hören. Er wollte eine konkrete Antwort von seinem Captain, schließlich hatten sie schon einen Tag nach dem Kampf zwischen ihr und Thatch darüber abgestimmt. Einstimmig hatte man sich dazu entschieden, sie aufzunehmen, doch jetzt lag es nur noch an Whitebeard es offiziell zu machen, inoffiziell wusste es sowieso schon jeder.
 

Marco versuchte es anders: „Du würdest ihr damit bestimmt eine Freude machen“, der Blick des Älteren wurde anders, sanfter. Der Hüne wusste, dass sein Sohn recht hatte. Erst gestern stand sie völlig ängstlich vor ihm. Sie hatte Angst, dass man sie zurücklassen würde, sie wollte nicht alleingelassen werden. So war sie ein Gast auf Zeit, obwohl bereits geklärt war, dass sie nicht nur ein Gast war, sie sollte zu ihnen gehören. Am gestrigen Abend kam der vierte Kommandant an Deck und hatte noch mit seinem Captain gesprochen. Thatch hatte ihm erklärt, wie unbehaglich sie sich in ihrer Haut fühlte, dass sie das Gefühl hatte, zu viel zu nehmen. Er hatte ihn auch gefragt, wann er es ihr sagen wollte, doch wusste der alte Mann es nicht. Der Brünette vermutete, dass sie sich vielleicht besser fühlen würde, nicht nur als ein Gast, sondern als Teil der Familie.
 

Der alte Kaiser dachte nach und sagte irgendwann: „Hol sie her“, etwas überrascht sah der Blonde ihn an „Jetzt?“, „Ja“, damit verschwand Marco aus der Kajüte und machte sich auf den Weg zur Kleinen.
 

Wie zu erwarten war, schlief sie noch tief und fest, mitten im Raum standen die Tüten noch vollständig gefüllt, er überlegte, wie er sie wecken sollte. Er trat an das Bett und sah sie an, ihre roten Haare standen in alle Richtungen ab und sie hatte ihr Kissen in die Arme genommen und kuschelte damit. Er tippte an ihre Schulter, doch sie drehte sich nur. Er stupste ihr in den Bauch und sie grummelte, dann musste er hämisch grinsen.
 

Er beugte sich über sie und fing an sie unaufhörlich zu kitzeln. Lio hatte mit Derartigem nicht gerechnet, war doch noch vor ein paar Sekunden im Land der Träume und dann wurde sie wahrhaftig von dem gleichgültigen Kommandanten wachgekitzelt. Sie wandte sich und kicherte die ganze Zeit, irgendwann ließ er von ihr ab und lächelte noch immer etwas schadenfroh.
 

„Wie ich sehe, bist du wach, gut“, sie setzte sich aufrecht ins Bett und sah ihn versucht grimmig an, ehe sie fragen konnte, sagte er: „Vater will dich sprechen.“ Jetzt war sie verwirrt. Was wollte er von ihr? Sie waren immer noch auf der Insel, wollte er sie jetzt etwa doch rausschmeißen? Innerlich hoffte sie alles, nur das nicht. Marco trat aus dem Zimmer und meinte noch: „Ich warte hier“ und schloss dann die Tür hinter sich, er gab ihr Zeit sich umzuziehen.
 

Schnell wühlte sie in den Tüten herum und fischte sich eine türkisgrüne knielange Hose heraus, dazu ein einfaches weißes T-Shirt, die Sandalen waren schnell angezogen und dann öffnete sie wieder die Tür. Die Rothaarige trat in den Gang und der Blonde wies sie darauf an, ihm zu folgen. Schnell waren sie an Deck und betraten dort die Kajüte des Captains. Whitebeard nickte seinem Sohn zu, dieser verschwand und ließ die Beiden allein.
 

Zögerlich sah sie den Mann an, hatte nach wie vor Angst, was er nun von ihr wollte. „Du bist nun seit knapp zwei Wochen bei uns und wir haben uns einige Gedanken gemacht, was mit dir passieren soll“, das war ihr Urteil, das wurde ihr schnell bewusst. Wie hatten sie sich entschieden?
 

„Du bist ein sehr junges Mädchen, viel zu jung, um überhaupt an Piraten zu denken und doch bist so talentiert. Deine Schwertkünste sind beeindruckend für solch ein junges Alter. Deine familiäre Situation ist schwierig. Es muss schwer für dich sein, so allein zu sein.“ Eine unangenehme Stille war in der Luft, Lio wollte wissen, worauf er hinauswollte.
 

„Wir haben uns entschieden“, sagte er schließlich und sie sah ihn abwartend an, in ihr wurde es plötzlich ganz ruhig und sie wartete nur noch auf seine Worte „Ich will dich in meiner Bande haben, sei eine Piratin, kämpfe unter meinem Namen und sei nie mehr allein“, ihre Augen waren geweitet. Sie war völlig starr und versuchte alles zu verarbeiten. Sie hatte verstanden, was er sagte, doch musste sie überlegen. Damals wollte sie unbedingt Captain werden, wenn sie sein großzügiges Angebot annehmen würde, könnte sie sich das abschminken. Doch aus welcher Überzeugung heraus wollte sie Captain werden? Sie dachte an die Situation zurück:
 

„Weißt du Schätzchen auch Piraten haben so ihre kleinen Regeln.“ „Hä wie?“ „Nun ja, jeder dort bekommt einen Posten zugeteilt und ist für diesen zuständig, die Anderen verlassen sich darauf, dass jeder seine Arbeit richtig macht. Zum Beispiel: der Smutje ist der Koch der Mannschaft und er muss sich um die Verpflegung kümmern, er kocht für alle und sorgt dafür, dass sie ausreichend und gesund essen; dann gibt es noch den Navigator, dieser ist dafür zuständig, das Schiff richtig zu steuern, er ist dafür verantwortlich, das Schiff heile übers Meer zu bringen; der Wichtigste ist allerdings der Captain, er sorgt dafür, dass alles ordnungsgemäß abläuft und jeder sich an seine Aufgaben hält, er gibt die Anweisungen, er entscheidet damit über das Wohl aller Anwesenden.“ Lio war während der Erzählung völlig stumm geblieben und nickte immer wieder, um zu zeigen, dass sie verstand. Als sie die Aufgaben des Captains hörte, schrie sie hemmungslos „Ich will Pirat werden und der Captain sein!“
 

Ein völliger banaler Grund, wenn sie nun darüber nachdachte. Sie bemerkte, dass sie von Whitebeard angeschaut wurde, sie hatte ihm immerhin noch keine Antwort gegeben. Sie dachte an seine Worte „Sei eine Piratin“, ja, genau das wollte sie doch. Sie wollte Piratin werden, durch die Welt reisen und frei sein. Außerdem hatte er einen wahren letzten Grund genannt: „Sei nie mehr allein.“ Das war ein guter Punkt, ein sehr wichtiger. Wohin sollte sie, wenn sie nein sagen würde? Sie fühlte sich doch bei ihnen wohl, sie waren alle so freundlich zu ihr und jetzt hatte der Captain ihr sogar gesagt, dass er sie, das kleine Mädchen, in seiner Bande haben wollte. Ja, sie hatte sich entschieden, es konnte gar keine andere Antwort geben.
 

Sie sah ihn an, er erkannte schnell ihre Entschlossenheit und innerlich lachte er bereits „Ja, ich trete deiner Bande bei“, sagte sie und war überrascht von sich, wie stark ihre Stimme klang. „Gurarara, herzlich Willkommen, meine Tochter“, erst jetzt fragte sie sich, was das zu bedeuten hatte. Sie hatte immer wieder gehört, wie er von seinen Crewmitgliedern Vater genannt wurde und er alle seine Kameraden als Kinder ansah, sie musste ihn fragen: „Wieso sagen alle Vater zu dir?“, sein Blick wurde etwas weicher „Wir sind alle Kinder der See. Wir sind eine große Familie und du bist nun ein Teil davon.“, er erklärte nicht weiter, sie würde bald verstehen.
 

Sie nickte nur und sagte dann „Ich geh dann mal.. Vater“, das letzte Wort sagte sie etwas zaghaft, war es nicht gewohnt jemanden so anzusprechen. Sie hatte die Kajüte verlassen und fand sich an Deck wieder. Sie war überglücklich, sie war nun eine echte Piratin, oder? Zumindest gehörte sie jetzt zu einer Crew, einer wundervollen Crew, dachte sie. Sie müsste es unbedingt Thatch erzählen, ob er sich freuen würde? Bestimmt! Sie rannte unter Deck und dachte sehr lange nach. Sie war noch nie bei dem Kommandanten im Zimmer, wusste also auch nicht, wie sie dahin kommen sollte.
 

Sie seufzte, vielleicht könnte Marco ihr verraten, wie sie hinkommen konnte. Wieder an Deck suchte sie den Blonden und fand ihn an der Reling, seinen Blick aufs Meer gerichtet. Sie stand hinter ihm und wollte ihn gerade ansprechen, als er sich umdrehte und sie ansah „Darf ich dich beglückwünschen oder hast du abgesagt?“, er sah ihr breites Grinsen und erwiderte es mit einem einfachen Lächeln „Na dann Glückwunsch Kleines“, er wuschelte ihr durch das Haar, welches ohnehin schon kreuz und quer abstand.
 

Die Geste störte sie normalerweise, doch in diesem Fall war es ihr egal, sie war einfach nur glücklich. Sie fragte: „Wie komm ich zu Thatch?“, „Der schläft noch“, gab Marco nur als Antwort. „Na und? Das sind tolle Neuigkeiten und du hast mich auch einfach geweckt!“, der Blonde sah schnell ein, dass es nichts bringen würde, sie von etwas Anderem zu überzeugen. Er erklärte ihr den Weg zu den Kajüten der Kommandanten, seufzend sah er ihr noch nach ehe sie unter Deck verschwand. Sein Blick lag wieder auf dem Meer und ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, mit der Kleinen würde es bestimmt noch lustig werden.
 

Lio war in der Zeit auf dem Weg zum vierten Kommandanten, sie hatte sich genauestens gemerkt, was Marco gesagt hatte und stand nun vor der Tür. Sollte sie klopfen? Sie zuckte mit den Schultern, er würde es eh nicht hören, sie betrat einfach das Zimmer. Die Kajüte war ähnlich wie ihre, allerdings noch ein Stück größer und beinhaltete höchstwahrscheinlich noch ein Bad, welches sich hinter der der einen Tür befang.
 

Sie sah sich etwas um, es war aufgeräumt, auf dem Schreibtisch lagen einige Stapel an Zetteln und Bücher reihten sich ebenfalls darauf. Wenn sie es richtig erkannte, waren es Listen zur Arbeitsaufteilung und sonstigen Plänen für seine Division. Leise hörte sie ein Schnarchen und sah den schlafenden Kommandanten in seinem Bett liegen, sie kicherte. Die Rothaarige überlegte sich, wie sie ihn wecken sollte und schnell war eine Idee gefunden
 

Sie stieg auf das Bett und rief: „Thaaaatch, aufwachen!“, dabei hüpfte sie auf dem Bett immer wieder auf und ab, erst grummelte er nur, doch als sie sprang und dabei das ganze Gleichgewicht des Bettes veränderte, öffnete er die Augen. Verschlafen erblickte er die Rothaarige, welche fröhlich kichernd auf seinem Bett herumhüpfte. „Na warte..“, sagte er bedrohlich, doch nach wie vor war ihr zu Lachen zumute. Und dann auf einmal hatte er sie sich geschnappt und gekitzelt. Es war eindeutig ihre Schwachstelle, immer wieder. Eben erst Marco und jetzt auch noch er. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch nichts. Irgendwann konnte sie nicht mehr „Okay okay, ich mach's nie wieder, bitte hör auf!“, kurze Zeit später hatte er wirklich aufgehört.
 

„Du wolltest was von mir, was gibt’s?“ „Whiteb..Vater hat mich zu sich gerufen und mir gesagt, dass er mich in der Bande haben möchte und ich hab natürlich zugesagt! Ich bin jetzt Piratin!“, sagte sie voller Stolz und der Brünette lächelte. Also hatte das Gespräch am Vortag doch noch etwas gebracht. „Das ist doch spitze! Du bist damit übrigens unser jüngstes Mitglied.“ „Seit jeher oder nur momentan?“ fragte sie gespannt. Thatch musste darüber nachdenken, doch kannte er niemanden, der jünger gewesen war als sie. „Ich würde sagen seit jeher,“, sie freute sich darüber, fühlte sich direkt ein Stück besonders.
 

Der Brünette beugte sich zu seinem Tisch und sah auf die Uhr, mehrmals blinzelte er, doch die Zeit schien zu stimmen, es war gerade mal 5:34 Uhr, ob sie das wusste? „Marco hat mich eben aus dem Schlaf geholt, er war genauso böse, wie ich eben zu dir“, sagte sie etwas schmollend, aber lachte gegen Ende dann doch. Die Vorstellung, dass der Blonde auf dem Bett der Kleinen herumsprang, war doch ziemlich witzig, dennoch fragte er: „Was hat er denn gemacht?“ „Mich einfach gekitzelt!“ sagte sie empört. Er musste darüber nur lächeln, sie war eben noch ein kleines Kind, leicht zu ärgern und einfach kitzlig, so wie es sich für Kinder gehörte.
 

Er hatte erst jetzt bemerkt, dass sie ihre eigenen Sachen trug „Sieht gut aus.“ sagte er ihr und deutete auf ihre Kleidung „Ja, danke nochmal“, erwiderte sie etwas unsicher. Es war deutlich zu sehen, dass sie sich deswegen immer noch unwohl fühlte. Er lenkte ab „Weißt du eigentlich, dass es gerade mal halb sechs ist?“, ihr Blick veränderte sich umgehend und sie sah ihn halbgeschockt halbverwirrt an. Sie wusste, dass es früh war, aber so früh? „Wusste ich nicht, tut mir leid, dass ich dich geweckt hab. Hätte ich das gewusst, hätte ich noch gewartet“, „Schon gut“, sagte der Brünette.
 

Nach einer kurzen Zeit des Schweigens, schlug er dem Mädchen etwas vor: „Wie wäre es, wenn du schon mal vorgehst und anfängst die Sachen einzuräumen? Ich komme gleich nach“, sie nickte und sprang vom Bett, an der Tür blieb sie nochmal stehen und sagte ihm: „Aber lass dir nicht zu viel Zeit alter Mann“, damit war sie verschwunden. Er lächelte ihr hinterher und machte sich langsam aus dem Bett. Er war froh, dass Vater endlich mit ihr gesprochen hatte, vielleicht könnte sie jetzt unbeschwerter leben, mit der Sicherheit, dass immer jemand für sie da wäre.
 

Thatch hatte sich etwas Zeit gelassen und schlenderte durch den Gang, als er plötzlich ein Poltern hörte. „Was zum..?“, es kam direkt aus dem Zimmer der Rothaarigen, schnell überwand er die letzten Schritte und blieb vor geöffneter Tür stehen. Was er dort sah, war einfach nur zum Schießen! Sie hatte wohl irgendwie versucht etwas auf die oberste Ablage des Schranks zu packen und nun lag sie auf dem Boden überhäuft von Kleidungsstücken. Als sie das Lachen des Kommandanten hörte, sah sie ihn grimmig an „Das ist nicht witzig!“, er trat zu ihr und half ihr auf „Doch allerdings.“
 

Gemeinsam legten sie die Kleidung zusammen und brachten diese im Schrank unter. „Warum hast du nicht einfach den Stuhl genommen?“, etwas überrascht über diesen einfachen Tipp, sagte sie leise; „Nicht dran gedacht“, darüber konnte er nur schmunzeln. Schnell waren sie fertig, Thatch blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass es inzwischen Zeit fürs Frühstück war.
 

Ihre Wege trennten sich, als er ihr sagte, sie solle sich einfach an den Tisch setzen, er würde gleich nachkommen. Dort saßen bereits wenige Kommandanten, darunter auch der Blonde. Als sie sich setzte, wurde sie bereits freudig begrüßt und man hieß sie herzlich Willkommen. Marco konnte sehr wohl erkennen, wie glücklich sie war, als jeder ihr beglückwünschte. Wie sie wohl strahlen würde, wenn sie heute Abend an Deck stehen würde und jeder sie feierte?
 

Natürlich, sie waren Piraten und da wurde feiern ganz groß geschrieben, doch ging es bei den Whitebeardpiraten nicht so zu wie bei dem Roten. Hier wurde mit Grund gefeiert, ein erfolgreicher Sieg, Geburtstage und Neuzugänge. Sie würde sich bestimmt freuen.
 

Der Morgen verlief ziemlich ruhig und schnell, einige mussten noch ihren Aufgaben nachgehen, andere trainierten und wieder andere planten die Überraschungsparty für ihr jüngstes Mitglied. An Deck redete die Rothaarige unaufhörlich mit dem vierten Kommandant, bis er schließlich sagte, er habe noch etwas im Dorf zu erledigen.
 

Sie stand an der Reling und betrachtete das Meer. Sie hatte es wirklich geschafft, mehr oder weniger mit Hilfe, doch sie war nun Piratin, ganz offiziell. Ein Blick in den Himmel und ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, ganz leise sagte sie: „Mama, ich hab's geschafft, siehst du?“, sie spürte einen angenehm kühlen Windzug auf ihrer Haut und sie schloss ihre Augen. Lio dachte im Stillen weiter. Sie hatte ein neues Zuhause gefunden, sie war nicht mehr allein. Eine stumme Träne verließ ihr Auge, noch immer lächelte sie und blickte dann wieder auf die glitzernden Wellen.
 

Die Rothaarige wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ihr jemand auf die Schulter tippte, sie zuckte etwas zusammen, hatte doch nicht damit gerechnet. Als sie sich umdrehte, blickte sie in das Gesicht des Zylinderträgers Vista, fragend sah sie ihn an. „Hey Lio, ich wollte dich nicht erschrecken, tschuldige“, begrüßte er sie und sie erwiderte mit einem Lächeln: „Ach, schon gut, war in Gedanken.“ Innerlich verfluchte sie sich dafür, immer das Gleiche, in letzter Zeit achtete sie viel zu wenig auf ihr Umfeld.
 

„Was ich eigentlich von dir wollte..“ fing er an „Na ja, jetzt wo du offiziell ein Mitglied unserer Bande bist, wollte ich dich fragen, ob du vielleicht Interesse daran hättest, wenn ich dir bei deinem Training helfe“, sie realisierte schnell. Sie hatte regelmäßig und viel trainiert und in den letzten Wochen war es ihr nicht möglich. Früher hatte dieser Mann mit den beängstigenden Augen gesagt, dass es immer besser wäre mit jemanden zusammen zu trainieren. Und gerade bot sich ihr die Gelegenheit, wieso sollte sie absagen? Ihr fiel ein, dass er es war, der Thatch die Schwerter gegeben hatte. Sie hatte sich darüber keine weiteren Gedanken gemacht, aber nun hatte sie keinen Zweifel – Vista war ein Schwertkämpfer.
 

„Du würdest mit mir trainieren? Das ist ja spitze, wirklich!“, „Also heißt das ja?“, „Jap“, antwortete sie mit einem Grinsen. „Hast du Zeit? Dann könnten wir einen Plan erstellen, wie du trainierst und zu welchen Zeiten“, „Aber natürlich“, grinste sie pausenlos, konnte es immer noch nicht fassen, was für ein Glück sie hatte.
 

Sie betraten den Besprechungsraum der Kommandanten und setzten sich an den großen ovalen Tisch, schnell hatte er nach einigen Zetteln gegriffen und gemeinsam machten sie sich an den Plan. Es ähnelte ihrem Training von Zuhause, nur war es viel intensiver. Allein würde sie Kondition und Kraft trainieren, dafür gab es immerhin den Trainingsraum mit einigen Geräten. Das Training für die Konzentration würde er ihr anfangs erklären und später könnte sie allein daran arbeiten, ansonsten stand noch das Training mit ihm gemeinsam an. Mindestens einmal am Tag, wenn er Zeit hatte auch zweimal. Gemeinsames Training im Schwertkampf. Ihre Augen funkelte bei der Vorstellung stärker zu werden, eine bessere Piratin zu werden.
 

Nach der Planung gab er ihr noch einige Bücher zur Theorie und bat sie dann noch mit in den Trainingsraum zu kommen. Er zeigte ihr sämtliche Geräte und wies sie an, noch kurz zu warten. Der fünfte Kommandant kam schnell zurück und hielt in seinen Händen einen länglichen Gegenstand, welcher in einem Tuch eingewickelt war. Vista übergab ihn ihr und sie sah ihn fragend an, er wickelte das Tuch ab und sie konnte ein Schwert in ihren Händen sehen, ungläubig sah sie ihn an „Wie..aber..“ stammelte sie unbeholfen. Hatte er ihr gerade ein Schwert geschenkt?
 

„Wir haben noch einige in den Lagerräumen, das hier müsste eines der besseren sein. Mach dir keinen Kopf über die Kosten, wir haben die mal anderen Piraten abgenommen“, beruhigte er sie und zwinkerte ihr zu. Sie zog es einige Zentimeter raus und betrachtete die scharfe Klinge. Sie war mit weißem Lack überzogen und man sah Wellen an der Schneide. Im Gegensatz zu ihrem eigenen Schwert im West Blue war es viel leichter und auch die Klinge war gepflegter ohne Einkerbungen. Es war wesentlich besser als ihres.
 

„Danke schön“, sagte sie leise, aber hörbar. Vista winkte nur ab „Nicht der Rede wert“, er blickte durch das Bullauge und stellte fest, dass es schon etwas dunkler geworden war. „Wir sollten mal wieder hoch, wir legen bald ab“, sie nickte nur und blickte weiter voller Ehrfurcht auf das Schwert in ihren Händen. Ihr eigenes Schwert.. Wie viel wollten diese Menschen noch tun? Sie wusste gar nicht, wie sie ihnen ihre Dankbarkeit zeigen sollte.
 

An Deck liefen einige Männer kreuz und quer und machten das Schiff startklar und kurze Zeit später hatten sie den Hafen verlassen, die Insel hinter sich. Die Rothaarige war auf dem Weg in ihre Kajüte, in ihren Händen hielt sie die Bücher und das Schwert, wollte diese verstauen. Sie nahm eines der Bücher und blätterte darin rum, eine interessante Stelle weckte ihr Aufmerksamkeit und sie begann zu lesen.
 

Ein Klopfen ließ sie aufblicken „Herein?“ fragte sie unsicher. Als sie Haartolle zum Vorschein kam, lächelte sie ihn an „Na was machst du denn solange hier? Kein Hunger?“ „Oh..“ brachte sie nur hervor. Sie war so mit Lesen beschäftigt, dass sie nicht bemerkt hatte, wie schnell die Zeit vergangen war. Der Brünette sah das Buch und nickte verstehend „Wie wäre es jetzt mit Abendessen?“, sie legte das Buch beiseite und ging mit Thatch zum Speisesaal.
 

Auf dem Weg dorthin erzählte sie ihm, dass Vista sie nun trainieren würde und dass er ihr ein Schwert gegeben hatte. Sie lächelte pausenlos dabei, ihre Augen strahlten vollkommene Freude aus. Als sie am Speisesaal vorbeikamen, zog der Kommandant sie weiter an Deck, etwas verwirrt schaute sie ihn an „Ich dachte, wir essen was?“ „Tun wir auch“, gab er schlicht zur Antwort, die sie nur noch mehr verwirrte.
 

Sie trat den letzten Schritt um an Deck zu kommen und wurde direkt von der riesigen Bande bejubelt. Überrumpelt blieb sie stehen und blickte den Kommandanten, der nur grinste, an. Durcheinander beglückwünschten sie ihr und Thatch drückte sie weiter zur Menge, sie sah einen riesigen Haufen an Essen und verstand so langsam. Das war eine Überraschungsparty und ihre Augen glänzten.
 

Whitebeard räusperte sich und es wurde still „Es freut mich, dich als neuestes Mitglied unserer Bande begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, du wirst hier bei uns glücklich Kleines. Auf Lio!“, sprach er und zum Schluss hob er seine Flasche und trank daraus. Alle Anwesenden taten es ihm gleich und riefen „Auf Lio!“, tranken daraufhin aus ihren Krügen. Sie setzte sich und der Kommandant platzierte sich daneben, er reichte ihr einen Teller und sie begann zu essen. Es war wirklich ein kleines Festessen nur für sie, sie war so gerührt von allen und freute sich riesig über diese Überraschung.
 

Das Essen war schnell verschwunden und sie grinste die Runde an, sie alle tranken voller Freude, einige sangen alte Lieder und wieder andere spielten Karten. Es war alles so ausgelassen, sie fühlte sich wohl. Jemand klopfte ihr auf die Schulter und sie blickte auf in das Gesicht des ersten Kommandanten. Er übergab ihr ein kleines eingepacktes Päckchen, fragend sah sie ihn an. Sollte sie jetzt noch Geschenke bekommen? Ihr Eintritt wurde ja schlimmer gefeiert als ein Geburtstag. Auch die anderen Kommandanten traten zu ihr und gaben ihr etwas, von jeder Division auf dem Schiff gab es etwas, manche von ihnen hatten zusammengelegt.
 

Sie öffnete zuerst das von Marco und sie hielt einige Bücher in ihren Händen, dazu noch eine schmale Schachtel. Die Bücher waren unbeschriftet und in der Schachtel befanden sich einige Stifte, damit könnte sie Erinnerungen niederschreiben oder aber für sich selbst Pläne ausarbeiten.

Sie bedankte sich mit einer Umarmung bei dem Blonden, der nur zaghaft darauf einging. Von Vista hatte sie ein Pflegeset für ihr neues Schwert bekommen und dazu einen Gürtel, an dem sie es befestigen konnte. Am Ende hatte sie einen Haufen neuer Dinge bekommen, unter anderem waren da noch einige neue Gegenstände für ihr neues Zimmer, außerdem auch einige Kleidungsstücke mit dem Symbol der Bande drauf.
 

Zu guter Letzt hatte Thatch ihr noch einen Armreif geschenkt, er bestand aus einem schwarzen Reifen, in einer metallischen Verbindung befand sich ein blauer Stein. Als sie ihn näher betrachtete, hatte sie das Gefühl das Meer darin sehen zu können. Viele unterschiedliche Blautöne, völlig verwirbelt und doch so gleichmäßig wie die Wellen des Meeres, es war wunderschön. Sie umarmte den Kommandanten ganz fest und er erwiderte es. Leise sagte sie: „Danke“, war völlig gerührt von diesem Geschenk.
 

Die komplette Situation brachte sie in Verlegenheit, jeder behandelte sie gut und man kümmerte sich um sie. Lio war einfach nur noch glücklich und betrachtete die Anderen. Mit einem schüchternen Lächeln sagte sie: „Ich danke euch, für alles. Ihr seid so gütig und ich weiß gar nicht, wie ich das alles verdient habe. Ihr habt ja gar keine Ahnung, wie froh ich bin hier zu sein. Danke, dass ihr mir das Gefühl gebt ein Teil von euch zu sein. Ihr seid wirklich unglaubliche Menschen.“
 

Von allen bekam sie ein herzliches Lächeln und dann kam für sie etwas Unerwartetes. Marco lächelte und sprach: „Du gehörst jetzt zu uns. Du sollst dich bei uns geborgen fühlen, wir sind jetzt deine Familie, hier ist dein Zuhause. Wir lassen nicht zu, dass dir jemand etwas antut. Du hast es verdient, geliebt zu werden. Lass es einfach zu, denn wir alle haben dich schon längst ins Herz geschlossen. Du bist eine von uns Lio“, so gerührt von den Worten glänzten ihre Augen, Tränen voller Freude liefen hinab. Dass er derjenige war, der es gesagt hatte, verstärkte nur noch mehr die Wirkung seiner Worte.
 

Desto später es wurde, umso ruhiger wurden die Piraten. Sie alle hatten viel gefeiert und ausgiebig getrunken, die Meisten hatten sich bereits schlafen gelegt, nur noch wenige waren an Deck. Dazu gehörte auch die Rothaarige, sie war zum Bug des Schiffes gegangen und hatte sich auf den Walkopf niedergelassen. Ihr Blick zum Himmel gerichtet, dachte sie an die Worte des ersten Kommandanten. Diese ehrlichen Worte bescherten ihr ein warmes Gefühl ums Herz herum, sie war eine von ihnen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LittleMarimo
2016-08-05T10:14:20+00:00 05.08.2016 12:14
Sie hat wieder eine familie das ist so schön :)



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