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Unter dem Mistelzweig

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von

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IX.

„Warum wolltest du Weihnachten unbedingt hier verbringen?“, platzte Rose heraus.

Scorpius blinzelte sie verwirrt an. „Bitte?“

„In McGongalls Büro. Als sie uns die Wahl gelassen hat, wann wir die Strafarbeiten leisten müssen. Du hast mich quasi angefleht, ebenfalls die Weihnachtsferien zu nehmen. Warum?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihn abwartend an. Der Wind griff in ihr langes Haar und zerrte es aus dem Pferdeschwanz, zu dem sie es heute Morgen nachlässig zusammengebunden hatte.

„Das ist nicht so einfach zu erklären...“

„Sag es einfach gerade raus. Du hast mir schließlich genauso gerade erklärt, dass du mich magst.“ In ihre vorher feste Stimme, schlich sich ein weicher Unterton, der sie selbst verunsicherte.

„Weißt du, dass ich eine kleine Schwester habe?“ Scorpius blickte sie direkt an. Sie hätte erwartet, dass er in die Ferne schauen würde oder etwas in der Art, aber er fixierte sie die gesamte Zeit, als wenn er keine einzige ihrer Regungen verpassen wollte. Sie hatte nicht gewusst, dass graue Augen so einen intensiven Ausdruck haben konnten.

„Nein...“

„Sie heißt Virginia und ist jetzt zwei Jahre alt. Meine Eltern und mein Großvater haben den Verdacht, dass sie eine Squib ist.“

Rose spürte, wie ihr die Kinnlade wieder nach unten klappen wollte, schaffte es aber gerade noch, den Mund dieses Mal geschlossen zu lassen.

„Es gib da so einen Zauber, um das sehr früh zu testen und das Ergebnis könnte eben bedeuten, dass sie eine Squib ist. Mit Betonung auf 'könnte'. Es ist noch gar nichts sicher. Außerdem ist sie doch eh noch viel zu klein, um irgendetwas Genaues sagen zu können. Das sagen meine Eltern auch ständig. Sie ist die tollste kleine Schwester, die man sich wünschen kann. Meine Eltern lieben sie beide abgöttisch. Ich liebe sie abgöttisch. Und dabei ist es vollkommen egal, ob sie zaubern kann oder nicht.“ Scorpius holte tief Luft und fügte trocken hinzu: „Wirklich, auch wenn ich dir gerade ansehen kann, dass du das kaum glauben kannst. Aber ja, meine reinblütigen Eltern lieben ihre Möglicherweise-Squib-Tochter. Großvater Lucius macht aber ständig Stunk. Er betont, dass das die ganze Linie versauen könnte und und und. Großmutter Narcissa kann ihn selten bremsen. Opa Theodosius unterstützt sie immer, aber Oma Deidre ist sich wohl noch nicht sicher, auf wessen Seite sie steht und was sie glauben soll. Am liebsten würde sie natürlich meiner Mutter glauben, aber Opa Lucius kann ziemlich überzeugend sein, wenn er will. Und jetzt sollen dieses Weihnachten wieder alle zu uns kommen. Plus Tante Daphne und ihre Familie und... mir ist es zu viel. Ich liebe Virginia und ich hasse es, sie im Stich zu lassen. Aber ich kann das dieses Jahr nicht. Dieses ganze blöde Gerede war mir schon letztes Jahr zuviel, als sie diesen Zauber das erste Mal durchgeführt haben, und nachdem sich das zwölf Monate lang aufgeschaukelt hat, wäre ich vermutlich Opa Lucius gegenüber ausgerastet. Und so habe ich beschlossen, dass es ein guter Plan wäre, einfach nicht dort zu sein. Ihnen allen zuliebe.“

„Mos... Scorpius, das ist...“

„Kompliziert, ich weiß.“ Scorpius seufzte und senkte für einen Moment den Blick. Einen Wimpernschlag später schaute er jedoch überrascht auf, als er Roses Hand auf seinem Arm spürte. „Und es ist auch keine Lösung auf Dauer. Ich werde Großvater Lucius früher oder später die Meinung sagen müssen. Es bleibt ja kein anderer. Dad ist nicht... durchsetzungsstark genug, was ihn angeht. Und Mum duckt sich immer eher weg. Sie lässt sich von dem ganzen Malfoy-Kram immer noch einschüchtern. Der Rest auch... Aber dieses Jahr wollte ich einfach meine Ruhe davor haben.“ Er atmete tief durch. „Und ja, ich habe das Gefühl, Virginia im Stich zu lassen. Ich habe nur die Hoffnung, dass sie von all dem noch nicht allzu viel mitbekommt, insbesondere da zu ihr immer alle wunderbar lieb und nett sind.“

Sie schwiegen eine Weile. Rose musste sich sammeln und das Gehörte erst einmal verarbeiten.

„Das klingt nach einer schwierigen Entscheidung. Aber erfahrungsgemäß ist es immer gut, keinen Eklat an Weihnachten loszutreten. Wir haben mit Oma Molly genau das Gegenteil – sie betüddelt alle und will uns alle Weihnachten bei sich haben. Sie nervt und macht uns wahnsinnig und doch sagt es ihr lieber keiner. Denn das Donnerwetter danach ist es einfach nicht wert. Aber...“, fügte sie hastig hinzu, „...das ist natürlich absolut nicht mit deiner Situation zu vergleichen. Deine Familie ist noch verdrehter als meine. Aber so sind Familien eben.“

Scorpius musste wider Willen lächeln. „Ja, so sind sie wohl.“

Rose zuckte zusammen, als er ihr auf einmal den Arm um die Schultern legte.

„Danke. Ich habe das alles noch nie jemandem erzählt und du bist ganz gut im Zuhören.“

„Das fasse ich mal als Kompliment auf.“ Bemüht locker grinste Rose, während sie zu ignorieren versuchte, dass sich Scorpius' Nähe doch gar nicht so schlecht anfühlte. „Und du scheinst doch gar nicht so übel zu sein, wie ich immer dachte.“ Spielerisch knuffte sie ihn in die Seite. Dann machte sie einen Schritt von ihm weg und sein Arm sank von ihrer Schulter. „Ich denke, wir müssen langsam zurück.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2015-01-06T19:02:14+00:00 06.01.2015 20:02
Ein super Kapitel.
Das ist ja ganz anders als ich dachte.
Ich kann mir Lucius schon vorstellen, wie er schimpft und wettert, weil seine Enkelin Vielleicht nicht zaubern kann.
Wenigstens ist Draco nicht so. Da ist der Apfel, weit vom Stamm weggefallen.
Bin schon gespannt, ob Scorpius, im letzten Kapitel, noch seinen Kuss bekommt.


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