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Schlangenherz und Löwenmähne

von

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Seltsame Nächte

Als Draco am nächsten Morgen erwacht war, hatten sie sich immer noch in der Bibliothek befunden. Ein wenig verspannt hob er den Kopf in den Nacken, streckte sich und sah, dass die Tür geöffnet war- noch bevor irgendjemand ihn erwischen konnte, war er von dannen gegangen.
 

Die Gänge waren noch leer, so früh war es. Nur die Sonne erhob sich und warf ein schönes, frühmorgendliches Licht durch die großen steinernen Gänge. Er wagte es fast nicht, daran zu denken, doch unwillkürlich schoss ihm die gestrige Nacht durch den Kopf, wie ein langsamer Film, ein Film aus schwarzweißen Streifen. Sie hatten sich, unmöglicherweise, auf ihre Art und Weise gut verstanden. Nachdem es so aussichtslos gewesen war, in der dunklen Nacht noch aus der Bibliothek zu kommen, hatten sie sich damit abgefunden, und im Schutz der Dunkelheit und der Bücherwände ein leichtes Gespräch begonnen. Natürlich, Hackereien und das übliche Ärgern und Beleidigen war dabei gewesen, nach einer gefühlten Ewigkeit jedoch hatten sie Themen gefunden, die sie beide interessiert hatten - hauptsächlich Schulfächer - und sogar manchmal gelächelt.

Absurd, dachte Draco, das war alles nur, damit man nicht schweigend dagesessen hatte. Sie hatte etwas Angst gehabt, das hatte er bemerkt. Und heute, am nächsten Morgen, hatte er nur einen kurzen Blick auf ihre friedlich schlummernde Gestalt geworfen, und war ohne ein Wort gegangen, als hätte es die nächtlichen Stunden niemals gegeben.
 

Er sah sie an diesem Tag zweimal, und jedes Mal tat er so, als wäre sie Luft und existiere für ihn nicht. Ihre leicht verwirrten, jedoch bepflichtig abgewandten Blicke hatte er jedoch genaustens gesehen. Doch unter Potters Augen - und den Augen des Wiesels, Weasley- hatte er nur die Nase hoch gehalten und war an ihnen vorbeistolziert. Schlammblut bleibt Schlammblut, das hatte Vater und Mutter und seine Tante ihm genaustens eingebläut. Für Gefühle waren in seiner dunklen Welt sowieso kein Platz.
 

Die Aufgabe, die er bekommen hatte, über die er niemals zu irgendwem auch nur ein Sterbenswort verlor, zerrte an seinen Nerven. Tagelang verhaspelte er sich zwischen Unterricht, der Aufgabe, den Hausaufgaben und anderen Sorgen, sodass er, als er eines späten Abends noch in der Bibliothek ein Verfahren über magische Tranfermöglichkeiten recherchieren wollte, plötzlich und ohne Vorwarnung von seinem gestützten Kopf auf den Armen herabsank und in einen tiefen, aber keineswegs traumlosen Schlaf glitt.
 

Ein schwarzer, dunkler Raum, keine Worte, keine Geräusche, nur ein rasselndes, leises Atmen ging durch die Dunkelheit; sie fraß ihn fast auf und ließ ihn tief erzittern. Als er ein Röcheln hörte, dass in ein unglaublich markerschütterndes Lachen überging, sackte er auf die Knie, beugte sich herüber und wagte nicht, aufzustehen. Sein Blick war starr auf den Boden gerichtet, ein glatter Mamorboden aus kühlem Stein, der einen toten- und zugleich keinen Geruch ausströmte. Ein weißer Fuss schnellte hervor und trat ihm gegen die Rippen. "Du hast versagt!", drohte eine kühle Stimme. Draco spürte einen weichen Seidenmantel um ihn herumlaufen, mit nackten Füßen, die immer wieder nach ihm traten. "Dafür wirst du bekommen, was ich dir versprochen habe..." Ein grüner Lichtstrahl schoss auf ihn zu, und er krümmte sich zusammen....
 

Mit einem Mal riss es Draco schweißgebadet aus dem Traum. Er sah sich verwirrt um, und sah mit wachsender Wut, dass Granger zurückgewichen war und ihn ansah; sie musste ihn geweckt haben, denn ihre rechte Hand war noch in Andeutung einer berührenden Geste.

"Ich wollte dich nicht stören, ich.... die Bibliothekarin hat gesagt...."

Draco fuhr sich durch das Haar, immer noch halb erschüttert von dem Traum und halb im wütenden Modus, weil er geweckt worden war, auch noch von ihr.

"Ja..."

Er stand auf und raffte seine Sachen zusammen, in Erwartung, Granger würde gehen. Doch sie blieb stehen und wartete, bis er fertig war, und machte sich- zu Dracos Unwohlsein- mit ihm zusammen auf den Weg hinaus.

"Granger, was willst du?"

"Granger? Ich dachte, du würdest mich nach gestern anders nennen... Und falls du dir Sorgen machst, dich könnte jemand sehen", sie deutete mit einer ausladenden Geste um sich herum, "Es ist niemand hier. So spät ist es schon wieder." Sie ließ ein schiefes Grinsen andeuten, und Draco fuhr sich erneut durchs Haar.

"Ja, nein.. ich... Ach, schon gut."

Langsam schlenderten sie die dunklen, mamornen Gänge entlang. Hermine biss sich auf die untere Lippen, bevor sie sich an ihn wandte.

"Das Buch, dass du liest...."

"Das Buch, dass dich nichts angeht..."

"Ich finde, wenn du dich über derartige Verfahren erkundigen möchtest, solltest du in einer anderen Abteilung nachsehen."

Draco hob die Augenbrauen und sah sie an, zum ersten Mal seit der Nacht richtig. Ihre braunen Augen wanden sich ihm zu.

"Gran... Her... du meinst also, ich suche falsch? Du weißt doch gar nicht, warum ich danach suche."

Granger errötete.

"Nein, und das möchte ich auch nicht wissen... aber, ich dachte, es scheint dir wichtig zu sein und deshalb... wenn du willst zeige ich dir das Buch, welches ich meine."

Draco, der sich immer wieder leicht umsah, ob jemand in der Nähe war, lehnte sich schließlich nach längerer Pause gegen eine Säule, die den Aufstieg der Treppen zu den Gryffindors und den Abgang zu den Gehäusen der Slytherins trennte.

Er konnte es nicht mehr verhindern, aber ihm lief ein Grinsen über das Gesicht.

"Soso, helfen kannst du mir... Also gut. Treffen wir uns doch morgen Abend dann. Selbe Stellle wie immer, auch wenn es bis jetzt immer nur Zufälle waren. Und Granger, solltest du jemals ein Wort darüber verlieren..."

Sie nickte, strich sich eine Strähne ihres Haares hinter das Ohr und sah ihn noch einmal an. In ihren Augen leuchtete etwas, von dem Draco nicht wusste, was es war. Aufgeregt? Spannung? Ein ehrliches Interesse?

"Okay, Draco. Dann bis morgen. Am besten, wenn niemand da ist... wir wollen ja nicht, dass jemand dich noch für einen zuvorkommenden Gentleman hält, weil du auf einmal normal mit Menschen sprechen kannst."

Bevor er etwas nicht weniger kokettes erwidern konnte, nahm sie ihre Sachen, nahm zwei Stufen aufeinmal und ging von dannen, ohne sich auch nur noch einmal umzudrehen.

Draco, dem ihr gesagtes ein wenig Herzklopfen ausgelöst hatte, vor Wut, oder von der Ahnung, dass sie gar nicht so Unrecht hatte, stand noch einige Sekunde da, regungslos, und starrte ihrer Silhouette in der Dunkelheit nach.

Vielleicht, dachte er, vielleicht weißt du auch gar nicht, Granger, dass das hier so falsch ist. Und dass ich es deswegen wagen will.



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