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Die Schatten werden länger

von

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Schöner als der Abendstern

Erneut vergingen Stunden bis Aragorn seinen Freund ausfindig machen konnte. Der Elb hatte seine übliche Kleidung abgelegt und trug nun das helle Gewand, das er schon am ersten Abend, den die Gefährten damals in Lothlorien verbracht hatten, angehabt hatte. Das Mondlicht, durch das sein blondes Haar und die helle Kleidung silbern zu leuchten schienen, ließ Aragorn erstaunt feststellen, wie schön der Elb eigentlich war; er wirkte wie ein Wesen einer anderen Welt. Leise trat Aragorn näher heran; er wünschte sich, diese traumähnliche Erscheinung zu berühren und doch wagte er es nicht, aus Furcht, diesen Augenblick zu zerstören.

In diesem Moment drehte sich Legolas zu ihm um. Seine feinen, elbischen Züge wurden durch die Traurigkeit, die sich in seinen Augen abzeichnete, nur noch schöner und Aragorn starrte ihn wie gebannt an.

Legolas schien so in Gedanken versunken zu sein, dass er Aragorn nicht wahrzunehmen schien, doch Letzterer wusste, dass der Elb seine Anwesenheit bereit vor geraumer Zeit zur Kenntnis genommen hatte.

„Es...es tut mir Leid“, gestand Legolas beschämt. „Ich wollte nicht, dass es so kommt.“

„Das muss dir nicht Leid tun“, entgegnete Aragorn, froh darüber, dass sein Freund wieder mit ihm sprach.

„Ich wollte dich nicht verletzen.“

„Das hast du nicht.“

Beide schwiegen.

„Hast du...hast du das vorhin ernst gemeint?“, fragte Aragorn neugierig.

Legolas sah ihn an. „Dass ich dich liebe? Ja, das habe ich ernst gemeint.“

„Aber warum hast du denn nichts gesagt?“, war das erste, das Aragorn dazu einfiel.

„Ich....ich wollte dich nicht damit belasten. Du hattest doch sonst schon genug um die Ohren...“

Erneut dachten beide an die selbe Person, doch wiederum sprach keiner der beiden den Namen laut aus: Arwen. Aragorn hatte bis vor kurzem geglaubt, mit Elronds Tochter seine wahre Liebe gefunden zu haben; sie hatte ihm sogar den Abendstern als Beweis ihrer Liebe geschenkt und ihm versichert, sie würde lieber ein Menschenleben mit ihm verbringen, als alle Zeitalter dieser Erde alleine zu durchleben. Legolas hingegen hatte Arwen zwar gekannt, mit ihr aber so gut wie nie zu tun gehabt. Obwohl er schon längere Zeit in seinen besten Freund verleibt war, hatte er Arwen stets respektiert, da sie Aragorn glücklich zu machen schien. Einst hatte Legolas gehofft, froh sein zu können, wenn Arwen Aragorn verlassen würde. Damals allerdings war er so über seine eigenen Gedanken erschrocken, dass er sich selbst in Frage gestellt hatte. Außerdem hatte er festgestellt, dass mit Arwens Entscheidung, Mittelerde für immer zu verlassen, alles nur noch komplizierter geworden war.

„Das ist sehr aufmerksam von dir“, meinte Aragorn. „Ich weiß, dass ich letztlich nicht viel Zeit für unsere Freundschaft übrig hatte und das tut mir Leid....Doch ich hätte sicherlich irgendwo eine freie Minute gefunden, in der du mit mir hättest reden können.“

Was war heute nur los mit ihm? Andauernd machte er seinem Freund Vorwürfe. Dieser aber bemerkte das entweder nicht oder tat so, als überhöre er sie. Aragorn tippte eher auf Letzteres, was er dem Elben hoch anrechnete. „Tut mir Leid, das wollte ich nicht...“

Legolas winkte ab. „Ist schon gut, du bist müde und erschöpft. Als zukünftiger König von Gondor hat man wohl nie Feierabend... Wie dem auch sein, vergiss einfach, dass ich etwas gesagt habe. Tun wir einfach so, als hätte es diese Gespräche nie gegeben.“

Jetzt verstand Aragorn überhaupt nichts mehr: „Was? Aber... Moment... wieso denn das jetzt?“

„Ich kann meine Gefühle nicht so einfach abschalten“, erklärte Legolas, „doch soweit wollte ich es nie kommen lassen.“

„Dann bereust du also, etwas gesagt zu haben?“

„Ja“, antwortete Legolas zu Aragorns Erstaunen, „ja, das tue ich. Dadurch ist alles nur noch komplizierter geworden. Ich wollte und will es weder mir noch dir unnötig schwer machen...Und vor allem wollte ich nie unsere Freundschaft aufs Spiel setzen.“

„Was...? Wovon redest du da?“

„Sind wir doch mal ehrlich, Aragorn: Selbst wenn du meine Gefühle erwidern würdest, wäre das alles einfach viel zu kompliziert...“

„Und was wäre daran so kompliziert?“, fragte Aragorn. Auf Legolas fragenden Blick hin meinte er: „Na, gehen wir mal rein hypothetisch davon aus, dass ich deine Gefühle erwidern würde.“

„Rein hypothetisch“, wiederholte Legolas sarkastisch, „natürlich.“

Und dann trug er seinem Freund vor, was er sich selbst schon so oft in Gedanken vorgesagt hatte: „Erstens, bis vor kurzem war da natürlich – verzeih mir bitte, wenn ich den Namen ausspreche, aber du wolltest es ja wissen – Arwen. Nun ist sie zwar fort, aber um eine solche Trennung vollständig zu überwinden, bedarf es oft Wochen oder Monate, wenn nicht Jahre. Zweitens, du bist der zukünftige König von Gondor; ich werde irgendwann die Krone meines Vaters Thranduil übernehmen. Wir werden in verschiedenen Ländern leben, wo unsere Verantwortungen unsere gesamte Zeit in Anspruch nehmen werden. Und drittens, selbst wenn wir das vorhin genannte auf wundersame Weise hinkriegen könnten, gibt es da noch immer die kleine, unbedeutende Tatsache, dass ich ein Elb bin und du ein Mensch. Bei dir und Arwen war das kein Problem, denn sie ist eine Halbelbin. Das heißt, sie kann sich zwischen menschlichem-sterblichem und elbischem-unsterblichem Dasein entscheiden. Da ich aber kein Halbelb bin, werde ich alle Zeitalter durchleben, während du als normaler Mensch dein halbes Leben schon beinahe hinter dir hast.“

Legolas holte tief Luft und wandte sich von Aragorn ab; er wollte nicht, dass er sah, wie nahe der Elb den Tränen war.

Aragorn schwieg. Legolas' Argumente klangen alle sehr logisch; besonders über das letzte machte sich Aragorn Gedanken, da er selbst vorher noch nie wirklich darüber nachgedacht hatte.

„Verstehst du jetzt, warum ich mir wünsche, nichts gesagt zu haben?“, fragte Legolas. „Für mich ist es so schon schwer genug; deine Nähe macht mich ganz kribbelig und nervös. Und als ich endlich akzeptiert hatte, dass du ohne mich glücklich bist, kommt alles ganz anders und ich fange an, mir Hoffnungen zu machen. Ich Narr...“

Mittlerweile schien der Elb mehr mit sich selbst zu reden, als mit Aragorn. „...Wie konnte ich nur so dumm sein? Und dich wollte ich sowieso nie da mit hineinziehen.“

Jetzt wandte er sich wieder Aragorn zu. „Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen... Wenn all das hier mit dem Ring vorbei ist, werde ich dich in Ruhe lassen; ich werde mich so lange zurückziehen bis sich meine Gefühle geändert haben. Und wenn du mir dann immer noch verzeihen kannst, kann unsere Freundschaft vielleicht überleben... Wahrscheinlich sollte ich mich auch in den nächsten Tagen so wenig wie möglich in deiner Nähe aufhalten. Bitte nimm es nicht persönlich, aber nur so kann ich meine Gefühle besser unter Kontrolle halten...“

Als Legolas geendet hatte, trat Aragorn einen Schritt auf ihn zu. Der Elb wich zurück, stieß dabei allerdings an der Brüstung an und merkte, dass er nicht weiter zurück konnte. Abwehrend hob er die Hände. „Bitte du das nicht, Aragorn. Ich erklärte dir doch soeben, wie schmerzhaft das für mich ist...“

Aragorn aber hörte nicht auf ihn. Langsam kam er näher, erneut durch die Schönheit des Elben im Mondlicht gefangen.

„Weißt du eigentlich, dass du wunderschön bist?“, flüsterte er.

„Aragorn, was tust du da?“, fragte Legolas entsetzt.

„Du bist viel schöner als der Abendstern“, hauchte Aragorn und trat noch einen Schritt auf Legolas zu, sodass die beiden nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten.

Legolas hielt den Atem an; er wagte es weder, sich zu bewegen, noch irgendetwas zu denken.

Aragorn erging es ähnlich. Noch nie war er dem Elben so nahe gewesen.

„Aragorn...was?“, brachte Legolas hervor.

Doch Aragorn legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen, um ihm zu deuten: Sch! Still jetzt!

Und schließlich überbrückte er den letzten Abstand zwischen ihren Lippen und küsste ihn.



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