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Wie Frühling und Herbst

von

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Den Rest des Tages verbrachte Gornarbelethas damit, seiner Wut auf dem Trainingsplatz freien Lauf zu lassen. Er genoss – vor allem aufgrund seiner Fertigkeiten mit dem Schwert – einen sehr guten Ruf im ganzen Waldreich. Und wären da nicht sein Hitzkopf und sein unberechenbares Temperament gewesen, hätte er bestimmt einen Platz unter Orophers besten Kriegern erhalten. Nicht so wie sein Bruder. Pah! Dieser verwöhnte Kronprinz! Er brauchte nur mit dem Finger zu zucken und alle Wünsche wurden ihm von den Lippen abgelesen. So kam es Gornarbelethas jedenfalls vor.
 

Der Prinz forderte auf eher unhöfliche, forsche Art ein Mitglied der Wachen zum Zweikampf auf. Die beiden Gegner verneigten sich; dann startete Gornarbelethas sofort seinen Angriff. Er hielt eben nicht viel vom Warten.
 

Sein Vater meinte immer, Gornarbelethas fehle nicht viel zu einem großen Krieger. Er solle sich nur nicht so von der Wut beherrschen lassen; er solle sie beherrschen. Sie bewusst und gezielt einsetzen. Doch Gornarbelethas hörte nicht auf ihn. Er liebte dieses Gefühl. Dieses Gefühl der Macht und der Stärke, wenn es wie Stromstöße durch seinen Körper jagte. Dieses Gefühl der Unbesiegbarkeit. Dann konnte er die Blitze spüren, die aus seinen Augen schossen und sah die Furcht aufblitzen in den Augen anderer. So fühlte er sich respektiert. Und genau so sollte nach seiner Vorstellung ein König sein.

Nicht so wie Thranduil. Der sich in Büchern vergrub und hinter Bergen von Dokumenten versteckte. Thranduil mit seinen sorgfältig gewählten Worten und seiner Diplomatie. Weit konnte der doch nicht kommen.
 

Nach nicht einmal zwei Minuten des Kampfes schlug Gornarbelethas seinem Gegner mit einer blitzschnellen Bewegung das Schwert aus der Hand und hielt im nächsten Moment schon seine eigene Waffe an dessen Kehle.

„Ein fabelhafter Sieg, mein Prinz. Ich gratuliere Euch.“

Doch anstatt eines Dankes oder einer ähnlichen Respektbekundung wirbelte Gornarbelethas nur herum und verließ den Trainingsplatz. Er hatte genug. Fürs Erste.
 

Am Abend, als die Sonne schon seit einer Weile untergegangen war, klopfte es an Gornarbelethas' Tür.

„Mhm!?“

Erneutes Klopfen.

Genervt erhob sich der Prinz von seinem Bett und riss die Tür auf. „Du...!“

„Guten Abend, Bruder. Du wolltest mich sprechen?“, erkundigte sich der Kronprinz höflich.

Gornarbelethas starrte Thranduil nur ungläubig an.

„Dürfte ich wohl eintreten?“, erinnerte Thranduil den Jüngeren an seine guten Manieren.

„Vergiss es, du Verräter!“, zischte Gornarbelethas, wieder voll in seinem Element. „Du 'Liebling'!“

Thranduil seufzte nur. „Ich nehme an, Vater hat mit dir gesprochen, oder?“

„Tu bloß nicht so scheinheilig! Ihr steckt doch unter einer Decke, Vater und du...“, versuchte Gornarbelethas seinen Bruder zu provozieren.

Doch der ging nicht darauf ein. „Warum muss zwischen uns eigentlich immer böses Blut herrschen?“, fragte er stattdessen mit tiefstem Bedauern.

„Das ist alles deine Schuld!“, fauchte der Jüngere. „Wenn du nicht ständig so ein Muster-Sohn sein müsstest...! 'Thranduil ist so vernünftig und so verantwortungsbewusst. Du solltest dir an ihm ein Beispiel nehmen.'...Pah!“

„Das ist es also, was dich so stört?“, fragte Thranduil ungläubig nach. „Weißt du eigentlich, warum ich so bin?“

„Weil du der Kronprinz bist, nehme ich mal an“, blaffte Gornarbelethas ihn an. „Aber deshalb musst du nicht gleich so langweilig sein!“

Thranduil sog scharf die Luft ein. „Langweilig? Ist es das, was du von mir denkst?“

„Ja, das ist es wohl...“, entgegnete Gornarbelethas frech. „Du bist...“

Doch Thranduil wollte nichts davon hören. „Langweilig!? Ich glaub' es einfach nicht! Soll ich dir mal was sagen? Wenn du endlich deinen Teil der Verantwortung übernehmen würdest, dann müsste ich das nicht tun. Verstehst du? Ich muss nicht nur meinen Teil machen, sondern deinen auch noch. Ich muss doppelt vernünftig sein, weil du es gar nicht bist!“

Selten ließ sich der Ältere so aus der Fassung bringen; das war beiden in diesem Moment nur allzu bewusst. Doch anstatt es gut sein zu lassen, stichelte Gornarbelethas nur noch weiter. „Gib Acht, Bruder, du wirst ja noch ganz wütend...“, spottete er.

Diese Reaktion verletzte Thranduil sehr. Wahrscheinlich mehr als er es jemals zugeben würde. Immerhin wollte er doch immer jeden noch so kleinen Streit vermeiden. Und doch kam er immer wieder in diese Situationen. Warum tat ihm sein Bruder das nur an?

Ohne noch irgendetwas zu sagen, drehte er sich um und floh.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nizi-chan
2015-10-21T21:59:10+00:00 21.10.2015 23:59
Soo: Es ist ja erst der Anfang, aber in meiner Vorstellung ist Thrandy eiskalt und redet nicht über Gefühle u.ä., sondern handelt( mit Schwert XD). Mal sehen wie du sie weiterentwickeln lässt *freu*

Der kleine Bruder ist ein typischer kleiner Rotzlöffel. Finde ihn jetzt schon lustig XDD


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