Zum Inhalt der Seite

Ein einfaches Ende

Yamato Ishida x Taichi Yagami
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ich entzünde eine Zigarette und schiebe die Schachtel samt Feuerzeug auf der Platte des Küchentischs beiseite. Dann suche ich Blickkontakt zu meinem Freund, der mich ernst ansieht. Dass ich erneut rückfällig wurde, sagte ich ihm diesmal sofort, was ihn jedoch nicht überraschte, da ich bereits zuvor davon sprach, ohne Heroin das Leben nicht länger ertragen zu können. Er nahm es schweigend zur Kenntnis und wandte sich von mir ab. In den letzten vier Tagen reagierte er auf mich sehr distanziert, schien mir aus dem Weg zu gehen, was es mir nicht unbedingt erleichterte, gegen das Verlangen, weiterhin Heroin zu konsumieren, anzukämpfen. Dennoch hatte ich nicht den Eindruck, dass er sich kalt oder abweisend verhält. Er wirkt in seiner passiven Abwehr eher schutzlos und zerbrechlich.

„Worüber willst du sprechen?“, durchbreche ich die Stille und ziehe unsicher an meiner Zigarette. Auf dem Weg vom Krankenhaus nach Hause waren die Bitte um ein ruhiges Gespräch die einzigen Worte, die er an mich richtete.

„Warum fragst du das Offensichtliche?“, entgegnet Taichi seufzend. „Dein Rückfall. War er deiner akuten Suizidalität zu verschulden? Oder war diese nur Mittel zum Zweck, als Rechtfertigung deines Konsums?“

„Ich bin mir nicht sicher“, gebe ich ehrlich zu. „Das Verlangen ist oft sehr stark und es nimmt viel Platz in meinen Gedanken ein. Ich will die Droge in meinen Venen spüren, dieses friedliche Gefühl, das uneingeschränkte Glück. Aber es wird von mal zu mal schwächer, wenn ich die Dosis nicht steigere.“ Ich senke meinen Kopf, um Tai nicht ansehen zu müssen. „Und es ist nicht das Glück, das ich bei dir empfinden kann“, füge ich fast schüchtern an. „Deshalb...“

„Es blieb bei dem einmaligen Konsum, oder?“ Ich nicke.

„Glaubst du mir?“, will ich unsicher wissen.

„Ja, weil ich es selbst sehe. In den letzten Tagen warst du sehr nervös, unruhig und dein Körper zitterte auffällig.“

„Ich fühle mich schuldig. Immerhin gelang es dir, trocken zu bleiben, dich nicht wieder dem Alkohol hinzugeben, während ich einmal mehr versagte.“ Taichi lächelt traurig.

„Mir wäre es lieber, du würdest für dich aufhören wollen, aber es ist ein Anfang.“ Mein Gegenüber nimmt einen Schluck von seinem Kaffee und stellt die Tasse wieder vor sich auf den Tisch, ohne sie loszulassen. „Ich überlege, ob wir zurück nach Odaiba ziehen sollten.“

„Was?“ Entsetzt schaue ich Tai an.

„Warum reagierst du so schockiert? Ich denke, die Nähe deines Vaters könnte hilfreich sein.“

„Ich... will meinen Vater... nicht weiter belasten“, bringe ich stockend und kaum hörbar hervor. Zwar entspricht mein Einwand der Wahrheit, dennoch galt meine erste Reaktion der Tatsache, dass mein ehemaliger Sportlehrer noch immer dort wohnt. Fahrig nehme ich einen Zug von meiner Zigarette, drücke sie im Aschenbecher aus und starre ins Nichts. Für einen Moment herrscht Stille, aber ich spüre den Blick meines Freundes auf mir ruhen.

„Yamato, bezüglich des Testergebnisses“, wechselt Taichi plötzlich das Thema. „Wir sind beide HIV-negativ getestet worden. Was ist damals wirklich passiert? Mit wem hast du geschlafen? War es tatsächlich freiwillig? Und warum hat er gelogen?“ Ich antworte nicht. „Yamato! Aus welchem Grund nimmst du die Person weiterhin in Schutz?“

„Es ist niemand, den du kennst“, versuche ich meinen Freund zu überzeugen, woraufhin dieser aufsteht und auf mich zukommt. Vor mir bleibt er stehen, packt grob meinen Arm und hebt mit der anderen Hand an meinem Kinn meinen Kopf, damit ich ihn ansehe.

„Du bist schlecht im Lügen, mein Liebling. Sag mir endlich, wer es war.“

„Was bringt es dir...“

„Noch einmal, Yamato! Wer?“, wiederholt er mit Nachdruck. Sein Griff um meinen Oberarm verstärkt sich schmerzhaft.

„Lass mich los“, entgegne ich schwach.

„Sobald du mir geantwortet hast.“ Die Augen meines Gegenübers zeigen Entschlossenheit. Trotzdem schweige ich beharrlich. Unerwartet gibt Tai mich frei und verpasst mir eine kräftige Ohrfeige. „Ich weiß, dass ich mit Gewalt bei dir nichts erreiche, aber du machst mich manchmal so wütend.“

„Es tut mir leid“, flüstere ich beinahe unterwürfig.

„Dafür müsste ich dir gleich noch eine reinhauen.“ Verzweifelt streicht sich mein Freund mit der Handfläche über sein Gesicht. „Verdammt!“ Ratlos nimmt er auf seinem Stuhl Platz und lehnt sich nach hinten, den Kopf in den Nacken gelegt. Er wirkt erschöpft, als würde er resignieren. „Mir ist, im Gegensatz zu dir, nicht egal, was mit dir passiert. Ich bin wirklich erleichtert, dass du nicht infiziert wurdest, dennoch ändert es nichts an meinem Verdacht der Vergewaltigung. Zudem riet dir dein Peiniger zum Selbstmord und... er behauptete... dich... mit dem HI-Virus...“ Tai verstummt in seiner Überlegung und schaut mich verstört an. „Es war Absicht. Er vergewaltigte dich und die Lüge bezüglich der Krankheit sollte dazu beitragen, deinen Selbstmord zu besiegeln. So versuchte er dich zu töten, ohne direkt einen Mord begehen zu müssen.“ Mit vor Entsetzen geweiteten Augen schaue ich Taichi an. Sollte mein Freund mit seinen Schlussfolgerungen richtig liegen, wäre es noch fataler, wenn er die Wahrheit herausfindet. Ich muss dieser Situation entkommen. Sofort stehe ich auf, doch als ich an Tai vorbeigehen möchte, hält dieser mich am Handgelenk zurück.

„Wohin willst du?“, fragt er schroff.

„Zur Toilette“, nenne ich das Erste, das mir einfällt.

„So einfach entziehst du dich mir nicht.“

„Was soll das? Du übertreibst, Taichi.“

„Tu ich das? Okay, dann versuchen wir den Verdacht der Vergewaltigung zu überprüfen.“ Mit widerlich lüsternem Blick erhebt sich mein Gegenüber und drängt mich gebieterisch rückwärts gegen den Kühlschrank. Seine Lippen sind dicht an meinem Ohr und ich spüre seinen heißen Atem. „Ich bin er“, raunt Tai düster, während er mit seinen Händen begierig über meinen Körper gleitet. „Meine Berührungen sind seine Berührungen. Mein Geruch ist sein Geruch. Aber er war nicht zärtlich, oder?“ Brutal bringt er mich zu Boden. Ich ließ meine Augen trotz der aufkommenden Übelkeit geöffnet, damit ich meinen Freund ansehen und mich somit vergewissern kann, dass er mich berührt, aber dieser dreht mich auf den Bauch. Vermutlich aus genau diesem Grund. Meine Arme hält er auf dem Rücken durch sein Gewicht zusammen, während er sich vorbeugt und meinen Kopf an den Haaren derb etwas nach oben, näher zu seinem Gesicht zieht. „Du wehrst dich nicht. Wie damals? Behauptest du deshalb, es war freiwillig? Was sagte er zu dir, während er dich auszog?“ Er lässt meine Arme los, um meinen Unterleib zu entblößen. Noch immer zeige ich keine Reaktion, unfähig zu sprechen oder zu handeln. Lediglich mein Körper zittert unaufhörlich und ein kalter Schweißfilm bedeckt meine Haut. „Hast du Angst, Yamato?“, säuselt die Stimme in mein Ohr. Ich spüre, dass er mich zwischen den Beinen berührt. Mein Blick ist starr auf einen unbestimmten Punkt an der Wand gerichtet. Tränen, die ich kaum wahrnehme, tropfen auf die Fliesen. Wirre Bilder, Gedanken und Empfindungen erzeugen eine betäubende Leere in mir. „... wie eine leblose Puppe, die gefickt werden will.“

„Für... Taichi...“, hauche ich.

„Was?“

„Nicht Taichi... bitte... ich gehorche...“ Meine Stimme ist brüchig und panisch zugleich. „Tai, verzeih mir... ich...“

„Yamato?“ Ich spüre, wie mein Körper gedreht, leicht aufgerichtet, dann umarmt wird und Lippen beruhigend meine Stirn berühren. „Keine Angst, ich werde nicht in dich eindringen. Mit dir zu schlafen, während du assoziierst, von einem anderen Mann vergewaltigt zu werden, bereitet mir wenig Lust. Ich bin nicht einmal erregt.“

„Tai... chi?“, flüstere ich unsicher. Er antwortet, indem er mir sanft durch die Haare streicht. Auf einmal habe ich das Gefühl, von meinen Empfindungen beherrscht zu werden, in ihnen zu ertrinken. Die Leere füllt sich mit nicht greifbarer Qual und raubt mir die Fähigkeit, zu atmen. Schluchzend sacke ich in den Armen meines Freundes zusammen.

„Er machte dich gefügig, indem er drohte, mir etwas anzutun, hab ich recht? Fragmente dieser Art murmelst du immer wieder.“

„Ich... will dich... nicht... verlieren.“ Halt suchend krallen sich meine Finger in den Stoff seines Shirts. „Und wenn ich dich auf diese Weise beschützen kann... soll er mich so oft und brutal ficken, wie er...“ Abrupt stößt Tai mich von sich und steht auf. Mit stark geballten Fäusten schaut er auf mich herab. Sein Körper bebt vor Zorn, als wäre er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. „Es tut mir leid“, sage ich leise, aber aufrichtig bereuend. Umständlich ziehe ich meine Shorts sowie meine Hose wieder an und erhebe mich schwerfällig. Flüchtig, aber sehr liebvoll küsse ich seine Lippen. „Du wirst nicht erfahren, wer es war. Denn sollte ich dich wegen einer Dummheit diesbezüglich verlieren, war es völlig umsonst, dich mit meinem Körper beschützt zu haben.“

„Yama...“, will Taichi protestieren, doch ich bedeute ihm, zu schweigen, indem ich seine Lippen erneut mit einem Kuss versiegle.

„Lass endlich von der Vergangenheit ab. Sollte die Gegenwart nicht wichtiger sein?“ Mein Freund sieht mich irritiert an.

„Solche Aussagen und Ansichten sind nicht gerade typisch für dich.“ Ich lächle.

„Mag sein. Aber wir sind beide nicht infiziert. In einem Manga wäre das wahrscheinlich ein Zeichen und somit der Anlass für einen Neubeginn.“
 

Es ist dunkel im Zimmer. Lediglich das Flimmern des Fernsehers erhellt den Raum ein wenig. Gedankenverloren streichle ich über den Arm meines Freundes, der hinter mir auf dem Sofa liegt und diesen um meinen Körper gelegt hat.

„Bezüglich deines Vorschlags, zurück nach Odaiba zu ziehen...“, beginne ich zögerlich.

„Hast du darüber nachgedacht?“

„Ja. Ich verstehe deine Beweggründe, aber ich möchte in Yutenji bleiben. So lange wohnen wir noch nicht hier und ich habe mich gerade eingewöhnt.“

„Liegt es an deinem Vater? Ist das Verlangen, mit ihm zu schlafen, in seiner Nähe zu stark?“

„Nein... also... ich... ich weiß es nicht“, gestehe ich, obwohl ich meine Gefühle für ihn derzeit unter Kontrolle halten kann. Die Angst, meinem ehemaligen Sportlehrer erneut zu begegnen, verschweige ich jedoch lieber. Taichi zieht mich fester an sich. Seine Lippen berühren mein Ohr.

„In Ordnung. Aber ich stelle die Regeln auf.“ Unbehagen kommt in mir auf, dennoch sage ich nichts, sondern nicke kaum merklich. „Bei einem neuerlichen Rückfall wirst du in der Klinik einen stationären Entzug machen. Um fair zu bleiben, gilt gleiches für mich im Bezug auf Alkohol.“

„Einverstanden“, stimme ich der Bedingung meines Freundes ohne Einwände zu.

„Deine Essstörung, die mir ziemliche Sorgen bereitet, würde ich zwar lieber ebenfalls ärztlich behandeln lassen, aber da du dir diese nach wie vor nicht eingestehst, ergäbe eine Einweisung wahrscheinlich wenig Sinn.“ Ich seufze. Warum muss Tai immer wieder auf dieses Thema zu sprechen kommen?

„Was verlangst du?“, frage ich mit mürrischem Unterton.

„Ich weiß, dass ich dich nicht zum Essen zwingen kann und mir ist auch bewusst, dass sich dein Körper erst wieder an eine regelmäßige Nahrungsaufnahme gewöhnen muss. Deshalb bitte ich dich, wenigstens eine Malzeit am Tag mit mir zusammen einzunehmen. Kannst du dich damit arrangieren?“

„Ich versuche es“, lenke ich ein. Die Option des induzierten Erbrechens verschweige ich bewusst, da ich keine Lust habe, dieser unangenehme Thematik unnötig viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Zudem greife ich auf diese Maßnahme sowieso nur im Fall absoluter Unerträglichkeit zurück. Voller Zärtlichkeit streicht mein Freund über meine Schulter, den Arm entlang.

„Das Ventil der Selbstverletzung kann ich dir im Moment nicht auch noch nehmen, weshalb ich vorschlage, unser Experiment fortzuführen. Dein Verlangen nach Schmerz, deinen Drang zur Selbstzerstörung werde ich, mithilfe von Rasierklingen oder anderer Gewalt, auch sexuelle, befriedigen.“

„Und wenn das nicht reicht?“, wende ich nüchtern ein.

„Du weißt, wozu ich fähig bin“, raunt Tai, während er mit seinen Fingerspitzen über meine Halsbeuge gleitet. Ich schließe meine Augen, meine Atmung wird schwerfälliger. „Und solltest du in Zukunft weiterhin Sex mit irgendwelchen Typen haben, werde ich ebenfalls mit anderen ins Bett gehen.“

„Was?“ Ich schiebe Taichis Arm beiseite, richte mich etwas auf und starre meinen Freund ungläubig an.

„Warum reagierst du so entsetzt? Dieses Mal warne ich dich wenigstens vor und gebe dir somit die Möglichkeit, mit deinem Verhalten mein Handeln zu beeinflussen.“ An Tais Blick erkenne ich, dass er seine Drohung bei einem Fehlverhalten meinerseits umsetzt.

„Würdest du mit Männern oder mit Frauen schlafen?“, frage ich mit belegter Stimme.

„Spielt das eine Rolle?“

„Nein, eigentlich nicht“, antworte ich zerknirscht.

„Yamato.“ Nun richtet sich auch mein Freund auf. Liebevoll streicht er über meine Schläfe. „Wovor hast du Angst? Vertraust du dir selbst nicht? Oder willst du gar nicht aufhören, deinen Körper anderen Männern anzubieten?“ Tais Hand wandert hinab zu meinem Nacken, sein Griff festigt sich. In seinen Augen erkenne ich ein wenig von seinem Wahnsinn. Oder bilde ich mir das ein? „Ich weiß, dass du dich nicht nur der Drogen wegen prostituierst. Verletze dich an mir, Yamato. Nicht an perversen Fremden.“

„Das kann ich nicht, Tai. Ich sagte es bereits.“ Meine Stimme zittert und ich wende meinen Blick ab.

„Sieh mich an.“ Ich komme der Aufforderung nach. Taichis Lippen ziert ein Lächeln, welches ebenso kalt und emotionslos ist wie nun der Ausdruck seiner Augen. „Warum reiche ich dir nicht? Selbst, wenn ich dich mit Gewalt nehme. Dein Selbsthass scheint immer stärker zu sein, als deine Liebe für mich.“

„Tai... ich..“

„Du sollst nur mir gehören. Dafür bin ich bereit, alles zu tun.“ Er zwingt mir einen fordernden Kuss auf, der in seiner Heftigkeit zunimmt, als ich mich darauf einlasse. Seine Aussage und den dadurch aufkommenden Gedanken an Akito schiebe ich sofort beiseite. Hastig knöpft Taichi mein Hemd auf. Die Berührungen seiner Finger scheinen meine Haut zu verbrennen. Ohne sich von mir zu lösen, drängt er mich auf dem Sofa in eine liegende Position. „Ich liebe dich, Yamato.“

„Tai...“ Traurig und voller Zuneigung betrachte ich meinen Freund. Ich möchte ihm Halt geben, seine Unsicherheit nehmen, welche in seiner Verzweiflung immer wieder deutlich zu spüren ist. Mit von Tränen verschwommener Sicht hebe ich meine Hand und streichle durch sein kurzes Haar. „Es tut mir leid, Taichi.“ Ich ziehe meinen Freund zu mir hinab in eine Umarmung. „Es tut mir so leid.“ Mein Stimme ist nur noch ein Flüstern. „Es tut mir leid.“

„Hör auf, Yamato. Ich will keine Entschuldigungen von dir hören.“ Tai befreit sich von mir und sieht mich durchdringend an. „Ich sagte dir schon einmal, dass mir ein Ändern deines Verhaltens mehr hilft als deine Worte des Bedauerns.“

„Ich weiß“, entgegne ich kleinlaut. Mein Gegenüber betrachtet mich mit einem Lächeln.

„Deine devote Seite ist manchmal wirklich süß und erregt mich.“ Seine Finger gleiten zu meinem Hosenbund und lösen den Knopf.

„Warte“, gebiete ich Taichi Einhalt, indem ich meine Hand sachte auf seine lege und ihn somit hindere, meinen Reißverschluss zu öffnen.

„Warum?“ Ich drehe meinen Kopf zur Seite, die flimmernden Bilder des Fernsehers nehme ich jedoch kaum wahr. „Yamato?“

„Ich möchte Shinya wiedersehen“, gestehe ich meinem Freund ganz direkt. Dessen Hand verkrampft sich spürbar. Mir ist bewusst, dass es kein guter Zeitpunkt ist, dieses Thema anzusprechen, aber den wird es in diesem Fall auch nicht geben. Außerdem möchte ich ehrlich zu Tai sein.

„Wie bitte?“, fragt der schließlich erwartet verständnislos. „Diesen Abschaum werde ich nicht noch einmal in deine Nähe lassen.“ Tai ergreift meine Hand und drückt diese schmerzhaft.

„Shinya hat Dinge getan, für die auch ich ihn hasse. Aber du kennst ihn nicht und weißt somit nicht, dass er eigentlich ein sehr lieber Mensch ist.“ Mein Freund lacht laut auf.

„Er trieb dich in die Drogenabhängigkeit, um dich für seine perversen Spielchen gefügig zu machen. Und ich bin mir sicher, dass er dich vergewaltigte, wenn du ihm nicht gehorchtest.“ Mein Blick ist weiterhin starr auf den Fernseher gerichtet.

„Leider kann ich nicht leugnen, dass er mich mehrfach zum Sex zwang. Aber für mich ist es, im Nachhinein zumindest, in Ordnung. Shinya tat es nur, wenn er völlig zugedröhnt war und selbst keinen Einfluss mehr auf sein Handeln hatte.“

„Yamato, das ist nicht dein Ernst!“ Jetzt schaue ich meinen Freund an.

„Shinyas Verfassung ist meine Schuld.“

„Inwiefern?“

„Er nahm beim Sex oft die Rolle meines Vaters ein und ich...“ Für einen Moment zögere ich aufgrund meiner Unsicherheit, diese Details meinem Freund anzuvertrauen. Zumal er keinerlei Verständnis aufbringen, sondern sich in seiner Meinung eher bestätigt sehen wird. „...die seines Sohnes.“ Tais Mimik zeigt, dass er meine Andeutung versteht. „Er liebt seinen Sohn, weshalb er mich benutzt, um ihn zu schützen.“

„Du hast es erkannt. Er benutzt dich... um seinen Sohn nicht zu ficken?!“

„Ich benutze ihn ebenso im Bezug auf Hiroaki. Relativ zu Beginn unserer Beziehung gestand Shinya, dass er bereits einmal die Beherrschung verloren hatte, als sein Sohn neun Jahre alt war. Damals vergewaltigte er ihn zwar nicht, aber er fasste ihn an. Ich wollte Shota unbedingt vor seinem Vater schützen. Als ich den Jungen kennen lernte, war er elf Jahre alt... das Alter, in dem wir... als ich dich... gegen deinen Willen...“ Kurz halte ich inne und atme tief ein. „Und obwohl ich dem Kleinen helfen wollte, opferte ich ihn und seine Familie für meinen Egoismus. Zwei Jahre nachdem ich den Kontakt zu Shinya abbrach, verlor dieser endgültig die Kontrolle und verging sich an seinem damals dreizehnjährigen Sohn.“ Meine Stimme zittert. „Vor einiger Zeit begegnete ich Shota wieder. Die gesamte Situation zerreißt ihn innerlich. Er hasst seinen Vater ebenso sehr, wie er ihn liebt. Mir wünscht er den Tod, weil ich in seinen Augen seine Familie zerstört habe, gleichzeitig meint er jedoch, dass er mich gern als Bruder gehabt hätte. Und Shinya... Shinya zerbricht an seiner Tat. Seit Jahren betäubt er sich mit Drogen, um irgendwie damit klarzukommen. Er ist extrem destruktiv geworden.“

„Dann sollte er sich töten“, meint mein Freund kalt. Ich schaue ihn an. Tränen brennen in meinen Augen.

„Ich glaube nicht, dass Shota den Selbstmord seines Vaters verkraften würde. Seinen Gesichtsausdruck, als er mir erzählte, dass sein Vater, der inzwischen als hochgradig suizidal eingestuft wird, momentan auf der geschlossenen Station untergebracht ist, werde ich nie vergessen. Offenbar gab Shinya auf, nachdem ich ein weiteres Mal aus egoistischen Gründen aus seinem Leben verschwand.“

„Du bist nicht für die Taten dieses Perversen verantwortlich, Yamato.“

„Bitte, Taichi...“ Tränen benetzen meine Haut. „Shinya ist ebenso wenig für mein Fehlverhalten verantwortlich. Soweit er Einfluss darauf hatte, versuchte er sogar, meinen Drogenkonsum unter Kontrolle zu halten. Du darfst ihn nicht hassen, denn er ist... ein wirklich wichtiger Mensch für mich... ein Freund.“ Meine Worte sind unbeständig vom Weinen. „Ich mache mir Sorgen um ihn.“

„Yamato.“ Liebevoll zieht Tai mich in seine Arme. Sofort beginne ich heftig zu schluchzen. Für eine Weile streichelt er, ohne etwas zu sagen, beruhigend durch meine Haare. „Es gefällt mir nicht, dass du so stark für diesen Typen empfindest. Meinetwegen kann er verrecken, wenn er nur aus deinem Leben verschwindet. Leider scheint das derzeit nicht möglich zu sein, ohne dass du an deinen Schuldgefühlen zugrunde gehst.“

„Tai...“ Kraftlos sinke ich in den Armen meines Freundes hinab.

„Hast du ernsthaft geglaubt, du könntest den Sohn schützen, indem du mit dem Vater ins Bett gehst?“ Unerwartet entnehme ich dem Tonfall meines Freundes keinerlei Vorwurf oder Abneigung.

„Ich hatte es gehofft. Es schien zu funktionieren... bis ich ihn im Stich ließ.“ Tai seufzt.

„Also gut. Ich bin mit einem Besuch einverstanden. Aber nur in meiner Begleitung.“ Sanft, aber bestimmt drückt Taichi mich zurück auf das Sofa, küsst behutsam die Tränen von meiner Haut, während er mit seinen Fingern über meinen nackten Brustkorb streicht.

„Danke“, hauche ich.

„Sieh es als Resultat deiner Ehrlichkeit. Jetzt werde ich aber erst einmal dafür sorgen, dass du nur noch an mich denken kannst.“ Meine Arme um seinen Hals gelegt, ziehe ich meinen Freund zu mir und verwickle ihn in einen innigen Kuss. Diese Vertrautheit beruhigt mich, lässt mich entspannen. Dabei konnte ich mich in letzter Zeit eher selten bei ihm fallen lassen. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen. Fühlt sich so Zuversicht an? Wird jetzt endlich alles gut? Mein Körper bebt vor Verlangen und ich gebe mich Taichi bedingungslos hin.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  TheDarkVampire
2019-01-11T17:07:10+00:00 11.01.2019 18:07
Jetzt ist das letzte Kapitel auch schon fast ein Jahr her *schnief*
Von:  TheDarkVampire
2018-02-20T16:49:49+00:00 20.02.2018 17:49
uiii~
soviel Spannung und fragen über fragen XD

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel. Mach weiter so :)


Zurück