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Bloody Cherry

Itachi & Sasuke Brüder-FF [SasuSaku, ItaTema]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, diese für meine Verhältnisse eher ungewöhnliche FF ist als Wichtel-FF entstanden. Thema Märchen und mit den genannten Pärchen als Wunschpärchen. Ich persönlich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll; von daher, einfach mal lesen, wer Interesse.

Über Meinungen würde ich mich besonders freuen, da es ja wirklich so anders ist, als das, was sich sonst so schreibe^^ Komplett anzeigen

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Neonröhren flackerten ungeduldig, summten und knisterten. Sie warfen bläuliches Licht auf graffitiverzierte Wände und graue Türen. Der Boden war übersät mit Zeitungen von gestern und letztem Monat und mit Bierflaschen von voriger Woche und er wollte gar nicht wissen, was da genau unter einer dreckigen Unterhose vergammelte. Itachi stieg über eine grellgelbe Plastiktüte angefüllt mit jahrealten Magazinen und blieb vor einer Tür mit der Apartmentnummer 17 stehen. Er seufzte; wünschte sich einmal mehr, die Arbeit würde genug für eine bessere Wohnung in einem besseren Apartmenthaus in einer besseren Gegend abwerfen. Aber so war es nun mal nicht, also schloss er auf und wurde direkt mit dem Anblick seiner mehr oder weniger festen Geliebten/Sekretärin begrüßt, die seinen kleinen Bruder im Wohnzimmer/Büro gerade vernaschte. Zumindest sah es so aus. Sie hatte ihn gegen die Rückseite des freistehenden Sofas gedrängt und zupfte verspielt an seinem T-Shirt. Sasuke fuhr erschrocken zusammen, als Itachi eintrat. Mit geröteten Wangen und peinlich berührt.

„Ich- ... ich hab nicht-“, stammelte er, „ich hab nicht-“

„Ich weiß.“ Itachi winkte ab. Es wusste durchaus, wer hier wen verführte. Sasuke – 18jähriger kleiner Bruder und so unberührt wie ein kleines Klostermädchen – verschwand im gemeinsamen Schlafzimmer; Temari – 25jährige vollbusige Männerfresserin und ehemalige Hostess – schmunzelte ihm anzüglich hinterher. Itachi musste sich eingestehen, dass er nicht ganz unschuldig an der Situation war.

„Du solltest es nicht ausnutzen, dass er schon ewig in dich verliebt ist, Temari.“

„Er ist so süß.“ Sie sah ihn lächelnd an. „Und ganz anders als sein großer Bruder schenkt er mir sogar seine Aufmerksamkeit.“

Itachi ignorierte den Seitenhieb, hing seinen Mantel an die Garderobe, stellte seine Schuhe ordentlich neben die Tür und setzte sich an seinen Schreibtisch/Küchentisch und fuhr den PC hoch.

„Gibt‘s was Neues?“, fragte er Temari, die sich ihm gegenübersetzte und ihren Laptop aufklappte.

„Seit dem Dornröschenfall letzten Monat ist nichts Neues reingekommen. Ich hab ein paar Flugblätter im Vergnügungsviertel ausgehangen. Die alten waren alle überklebt.“

„Hm, ich hätte wohl doch Kfz-Mechaniker werden sollen“, murmelte er mehr im Spaß, aber nicht ganz ohne eine Note der Reue. Bei jeder anderen Arbeit würde ein bisschen mehr Geld abfallen. Aber seit ... damals war er besessen von der Jagd auf Dämonen, insbesondere Menschenfresser.

Temari stützte ihren Ellenbogen auf den Tisch und ihr Kinn in die Handfläche und sah ihn an seinem Monitor vorbei nachdenklich an.

„Ich wäre jetzt tot, wenn du Kfz-Mechaniker geworden wärst. Nur mal so. Von daher bin ich ganz froh über deine Berufswahl.“ Es klang wie ein Scherz, war aber todernst gemeint und Itachi nickte. Er hatte einigen Menschen das Leben gerettet. Aber für Sasuke wünschte er sich gelegentlich ein anderes Leben.

„Hat er für die Schule gelernt?“

„Ein bisschen.“

„Hast du ihn abgelenkt?“

„Vielleicht.“

„Er soll einen guten Abschluss machen, Temari. Wenn ich ihn schon nicht auf die Uni schicken kann, soll er zumindest Chancen auf eine gute Ausbildung haben.“

„Du weißt schon, dass er in deine Fußstapfen treten will?“

„Als ob ich das zulassen würde.“ Sasuke war alles was er von seiner Familie noch hatte. Ihm kam es vor als wäre es gestern gewesen, als Mutter ihn den neugeborenen, kleinen Bruder in den Arm gelegt hatte. Er war so süß gewesen, mit den dicken Pausbäckchen und pummeligen kleinen Ärmchen und den großen, großen Kinderaugen, die ihn seine ganze Kindheit lang immer voller Bewunderung angesehen hatten. Und trotz der schrecklichen Dinge, die sie erlebt hatten, wollte Itachi all das von ihm fern halten. So lang er konnte. Sasuke sollte das Leben führen, was er selbst niemals haben würde.

Sasuke kam aus dem Schlafzimmer, bevor Temari etwas erwidern konnte. Er hatte sein Handy in der Hand – ein Dinosauriermodell, kein modisches Smartphone – und sah Itachi fragend an.

„Hat sich Naruto bei dir gemeldet?“

„Warum sollte er? Er ist doch dein Freund.“

„Ich kann ihn seit vorgestern nicht erreichen.“

„Oh, das wusste ich nicht.“

Sasuke machte ein Gesicht, das andeutete, dass er es ihm sehr wohl erzählt hatte und ein Blick auf Temari, die beipflichtend nickte, bestätigte das. Klasse, jetzt war er der unaufmerksame Bruder.

„In der Schule war er nicht. Die vom Heim und die Polizei meinen, er sei weggelaufen, aber das hätte er mir gesagt.“

„Er wird sich schon melden. Vielleicht ist er bei seiner Freundin.“

„Er hat kein Freundin.“ Sasuke tippte etwas in sein Handy und nahm sich seine Jacke, die über der Sofalehne hing. „Ich treff‘ mich noch mit Sakura.“

„Was ist mit lernen?“

Sasuke warf einen eiligen Blick auf Temari und zuckte die Schultern: „Hab ich schon.“

Für Itachi war es schwierig, das zu kontrollieren und nachdem er sich eh schon wieder wie ein mieser Bruder fühlte, weil er vergessen hatte, was Sasuke am Tag zuvor zu ihm gesagt hatte, nickte er nur.

„Okay, komm zurück, bevor die Sonne untergeht.“

Sasuke schluckte eine Gegenbemerkung und verließ die Wohnung.
 

„Er ist 18, Itachi. Gib ihm ein paar Freiheiten.“ Temari stand auf, kaum dass Sasuke die Wohnung verlassen hatte, umrundete den Tisch und quetschte sich zwischen Tischplatte und Itachis Körper auf seinen Schoß und er konnte nicht anders als seine Arme lose um ihren üppigen Körper zu schließen. Er mochte das. Ihre weichen Kurven, ihren weiblichen Geruch, ihre Wärme. Er war es, der sie hinhielt, der keine feste Beziehung wollte, aber er würde sie definitiv vermissen, wenn sie ihn irgendwann verließ. Er schmiegte sein Gesicht unter ihr Kinn und in ihre Halsbeuge, küsste ihren Puls, der unter seinen Lippen beschleunigte.

„Du könntest ihn ein bisschen weiter von der Leine lassen“, nuschelte sie halbherzig, strich stattdessen ihre Hände seinen Rücken hinunter und unter sein T-Shirt.

„Ich will ihn nur schützen.“

„Aber nicht an jeder Ecke lauert ein menschenfressender Dämon, Itachi.“ Sie schauderte, als er ihre Brustwarzen mit einer Fingerspitze umkreiste. Ganz sachte. „Genauso wie nicht jeder Dämon in der Nacht jagt.“

„Ich weiß.“ Und Sasuke wusste es auch. Er würde ihm nur niemals widersprechen, nachdem was damals war. Sasuke hatte ihm geschworen immer zu gehorchen. Aber das war es nicht, worüber er jetzt nachdenken wollte.

„Du trägst keine BH“, stellte er fest und sie küsste seinen Scheitel, schob sein T-Shirt seinen Körper hinauf und flüsterte: „Und auch keine andere Unterwäsche.“

Seine Finger strichen ihre nackten Oberschenkel hinauf und unter ihren Rock. Ihre Beine spreizten sich reflexartig und er biss ihr zärtlich in die Schulter. Was er jetzt wollte, lag fern ab von jeder Erinnerung, fern ab von jeder Grausamkeit.
 

~~~
 

„Ich hab auch nichts mehr von ihm gehört. Schon seltsam, dass er sich nicht meldet.“ Sakura saugte am Strohhalm zu ihrem Bubble Tea und schlenderte neben Sasuke die belebte Einkaufsstraße in Shibuya hinunter. Sasuke mochte es hier. Lärm und Leben und einfach mal was anderes als die erdrückende, kleine Wohnung, die er mit seinem Bruder teilte. Er aß ein Eis, das Sakura ihm spendiert hatte und ein paar Karamellbonbons dazu. Ebenfalls von Sakura. Sein Taschengeld – sprich die 2.000 mickrigen Yen im Monat, die ihm manchmal Itachi gab, manchmal auch nicht – reichten meist gerade für die Metrofahrten und eine neue Prepaidkarte für sein Handy.

„Ist Naruto nicht schon mal für ein paar Tage abgehauen?“

„Ja, aber da hat mir eine Nachricht hinterlassen, dass ich mir keine Sorgen machen soll.“ Sasuke seufzte. Naruto war sein bester Freund seit er denken konnte. Lange Zeit auch sein einziger Freund. Naruto hatte ihn nach damals wieder zum Lachen gebracht. Ohne Naruto ... Was sollte er da tun?

„Wir müssen ihn suchen“, entschied er und Sakura zog ihre fein gezupften Augenbrauen hoch.

„Und wo? Wie willst du da anfangen?“

Das war die Frage. „Seine letzte SMS war ohnehin seltsam. Klang so, als wäre er mit jemanden zusammen.“

„Ach ja? Zeig mal.“ Sakura beugte sich neugierig zu ihm und er zog sein Handy aus der Tasche.
 

Du wirst mir nicht glauben, was gerade passiert. Bin im siebten Himmel. Ich ruf dich morgen an.
 

„Hm?“ Sakura schlürfte den letzten Rest ihres Bubble Teas und sah dann zu ihm auf. „Das kann ja alles bedeuten. Wie soll uns das weiter helfen?“

„Vielleicht hat Itachi doch recht und er war mit einem Mädchen zusammen.“

„Du hast deinen Bruder um Hilfe gebeten? Ist er nicht Privatdetektiv, oder so was?“

„So was. Aber um Hilfe hab ich ihn nicht gebeten, er nimmt mich doch eh nicht ernst.“ Und so war es auch. Sasuke fühlte sich so eingeengt bei ihm. Natürlich wollte ihn sein Bruder beschützen, aber auf die Idee, dass er vielleicht alt genug war, um zu lernen auf eigenen Füßen zu stehen, kam er nicht. Sasuke würde gern die Dämonenjagd, die Selbstverteidigung und den Umgang mit Waffen und Dämonen lernen. Er hatte nicht vor eine Ausbildung zu machen oder ein idyllisches Vorstadtleben zu führen. Allerdings stand ihm sein Bruder konsequent im Weg. Er wollte Sasuke ein „normales“ Leben ermöglichen. Nur wie normal war sein Leben denn? Er hatte gesehen wie seine Eltern zerfleischt wurden, war tagelang in einem Käfig gemästet worden und wäre längst tot und verdaut, hätte Itachi den Dämon nicht im letzten Moment siedendes Öl über geschüttet. Er schauderte bei dem Gedanken und konzentrierte sich wieder auch Sakura, die gerade darüber murmelte, dass vielleicht Kiba etwas wusste.

„Tze, Kiba.“ Es war kindisch, ja, aber er war eifersüchtig auf Kiba, seit Naruto sich mit ihm angefreundet hatte. Er hatte oft das Gefühl, dass Kiba ein besserer bester Freund für Naruto war als er selbst und das kotzte ihn an.

„Aber es könnte doch sein, dass er ihm gesagt hat, wohin er wollte oder das Kiba zumindest weiß, wo er zuletzt war. Fragen können wir doch mal, Sasuke.“ Klar, er erzählt Kiba mehr als mir. Der Gedanke allein machte ihn wütend. Aber Sakura hatte recht.

„Weiß ich ja. Fahren wir auf dem Rückweg bei ihm vorbei.“
 

Kiba wohnte in einem verhältnismäßig großen Haus in Saitama. Sie waren fast eine Stunde unterwegs, um da hin zu kommen, weil Sasuke Kibas Handynummer nicht hatte. Er war ein wenig neidisch, als er das Grundstück und die Hundezwinger sah. Kiba hatte bestimmt ein eigenes Zimmer.

Ein paar Labradormischlinge bellten am Zaun und Sakura drückte auf eine Klingel am Tor. Im Haus regte sich etwas und die junge Frau, die heraus kam, war ganz sicher nicht Kibas Mutter. Natürlich hatte er auch noch eine super geil aussehende Schwester.

„Wie kann ich euch helfen?“, rief sie und kam zu ihnen rüber. Die Hunde verstummten auf ein kurzes Zeichen und Sasuke musste sich eingestehen, dass er erwachsene Frauen einfach anziehend fand.

„Ähm, wir sind Freunde von Naruto“, meldete sich Sakura zu Wort. „Wie wollten kurz mit Kiba sprechen.“

Die große Schwester lehnte sich von innen über das Tor und lächelte. Lächelte Sasuke so an, dass er rot wurde unter ihrem Blick.

„Tut mit leid, ihr zwei. Kiba ist nicht da. Hat heute noch ‘ne Verabredung, oder so. Versucht es morgen noch mal.“

„Kannst du uns seine Nummer geben?“, hörte Sasuke sich fragen und wusste im selben Moment, dass er eigentlich recht unhöflich war, so informell mit ihr zu sprechen. Aber sie zwinkerte ihm nur zu und kurz darauf, waren Sakura und er wieder auf den Rückweg. Mit Kibas Handynummer.

„Hm, ans Telefon geht er nicht. Ich schreib ihm mal ‘ne Nachricht.“ Er tippte rasch einige Worte und sah dann aus dem Fenster. Sakura hatte ihm Takoyaki spendiert und das Zugticket. Zählte das eigentlich unter ausnutzen, wenn sie ihm diese Dinge freiwillig ausgab, aber er gleichzeitig wusste, dass sie ihn mochte? Nun, süß fand er sie ja eigentlich auch, aber ...

„Ich muss langsam heim, Sakura.“ Die Sonne ging unter und sein Bruder würde ihm den Kopf umdrehen, wenn er zu spät war.

„Sehen wir uns morgen? Bis dahin wissen wir vielleicht mehr von Kiba.“ Ihre schmalen Finger zupften am Saum seiner Hose und sie sah ihn mit großen Augen an. Es war klar, dass es ihr nicht um Kiba ging. „Du könntest zu mir kommen.“ Ihre Hand legte sich auf sein Knie. Aber Naruto mag sie doch. Er nickte trotzdem.
 

~~~
 

„Du bist spät.“

„Es ist immer noch hell draußen.“

„Da haben wir wohl eine andere Definition von hell, was?“

Sasuke schnaufte, sagte aber nichts; schluckte wie immer jeden Kommentar. „Hast du was von Naruto gehört?“

„Nein.“ Itachi sah abwesend auf seinen Bildschirm und hörte ihm wahrscheinlich schon gar nicht mehr zu. Temari war leider schon weg.

„Falls ein Kiba anruft, sag mir Bescheid. Ich hab ihm meine Handynummer und unsere Festnetznummer geschrieben.“

„Uh-huh.“

Toll, soviel dazu.

„Hast du einen neuen Fall?“ Sasuke setzte sich seinem Bruder gegenüber an den Küchentisch, nicht ohne sich vorher ein Schälchen Reis aus dem Reiskocher zu holen.

„Kann sein. Es werden ein paar Leute in Asakusa vermisst.“ Itachi sah nicht mal auf.

„Hast du schon was gegessen?“, fragte Sasuke deshalb und bekam ein kurzes Kopfschütteln. Sein Bruder würde vermutlich verhungern, wenn Sasuke nicht nach ihm sehen würde. Zumindest dann, wenn er an einem Fall dran war.

„Hmm, könnte ein Kuishinbou sein“, hörte er seinen Bruder murmeln und Sasuke stand auf, um die Auberginen anzubraten, die er am Tag zuvor noch billig im Abendausverkauf erstanden hatte.

„Ich mach‘ mir wirklich Sorgen um Naruto“, meinte er und mehr an die Pfanne gerichtet, in der es brutzelte und knisterte. Er erwartete keine Antwort und war überrascht, als Itachi plötzlich neben ihm stand.

„Der kommt schon wieder. Mach‘ dir keine Gedanken.“ Und dann, nach einem kurzen Zögern. „Ich hör‘ mich morgen mal um, okay?“

Sasuke atmete auf, hatte gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte und lehnte sich an den Arm zurück, den sein Bruder um ihn gelegt hatte.

„Riecht gut“, schnurrte der und Sasuke schob Itachis Hand weg, als er die Stäbchen sah, mit denen sein Bruder nach den Auberginen fischte.

„Warte bis ich fertig bin, klar?“ Aber er lachte dabei.
 

~~~
 

Itachi machte sich am nächsten Tag zusammen mit Temari auf den Weg nach Saitama, nachdem seine ersten Nachforschungen in Asakusa wegen dem vermeintlichen Kuishinbou im Sand verlaufen waren. Nun, Menschen verschwanden aus allen möglichen Gründen. Und da er es Sasuke versprochen hatte, nahm er sich erst mal Narutos ‚Fall‘ an.

„Was ist eigentlich ein Kuishinbou?“, fragte Temari, die an seiner Seite im Zug lehnte. „Ist das ein bestimmter Dämon?“

„So nennt man alle Dämonen, die besondere Essgewohnheiten haben. In der Regel fressen sie über lange Zeit, manchmal über Jahre nichts, um dann ein regelrechtes Gelage zu veranstalten. Oft suchen sie sich dabei Menschen raus, die ihnen besonders lecker erscheinen und beobachten über einen langen Zeitraum, wie sie sich entwickeln. Gibt sogar Fälle, wo sie mit ihren späteren Opfern Kontakt haben. Der Kassierer im Convenience Store um die Ecke könnte zum Beispiel einer sein.“

Temari verzog angewidert das Gesicht und Itachi musste zustimmen, dass die Kuishinbou die abstoßendsten Essgewohnheiten hatten. Andererseits ... wenn er sich so ansah, wie Menschen mit ihren zukünftigen Rindersteaks so umgingen ...

„Könnte Naruto einem Dämon zum Opfer gefallen sein?“

„Ach was, wer weiß, wo er abgeblieben ist. Wenn Naruto die Schnauze vom Heim und allem voll hat, verschwindet er schon mal. Sasuke übertreibt wahrscheinlich.“ Die Chance von einem Dämon gefressen zu werden war sehr gering. Selbst in Tokyo. Wenn der Besuch bei diesem Inuzuka Kiba nichts brachte, würde Itachi zuerst einmal die städtischen Kliniken anrufen, auf der Suche nach einem John Doe. Überhaupt fing er nur deshalb bei Kiba an, weil Sasuke am Morgen meinte, dass er ihn einfach nicht erreichen konnte und der – Zitat Sasuke – blöde Pisser bestimmt was wusste und er Sasuke nur nicht sagen wollte, weil er ihn nicht leiden konnte.
 

Das Haus der Inuzuka stand frei in fast ländlicher Idylle und Hunde bellten und knurrten hinter einem Zaun, als sie sich näherten. Er klingelte am Tor und eine junge Frau trat kurz darauf aus der Haustür. Temari griff nach Itachis Hand und er musste schmunzeln über ihr plötzliches Besitzgehabe.

„Wie kann ich helfen?“, fragte die junge Frau und Temari räusperte sich, bevor Itachi etwas sagen konnte.

„Wir würden gerne kurz mit Kiba sprechen. Wir suchen Uzumaki Naruto und hatten gehofft, dass uns Kiba weiterhelfen kann.“

Die Frau biss sich auf die Lippen und erst jetzt, wo sie so nah vor ihnen stand, fiel Itachi die blasse Haut und die Augenringe auf, die auf eine unruhige Nacht schließen ließen.

„Mein kleiner Bruder ist seit gestern verschwunden“, antwortete sie betreten. „Wir haben die Polizei schon eingeschaltet. Ich hoffe, dieser Idiot macht keine Dummheiten.“ Sie lehnte sich etwas über das Tor und fuhr kopfschüttelnd fort. „Wegen Naruto kann ich leider nicht helfen. Gestern war schon jemand da und hat nach ihm gefragt. Ein Junge und seine Freundin.“ Das musste Sasuke gewesen sein, vermutlich mit Sakura zusammen. Itachi kannte das Mädchen nicht, aber sie war eine Freundin der Jungs.

„Okay. Hoffentlich wird ihr Bruder bald gefunden.“ Als er sich umdrehte, blieb sein Blick an etwas hängen. Gleich neben dem Tor am Boden zwischen zwei Brennnesseln lag eine Feder. Itachi hob sie auf und drehte sie zwischen seinen Fingern. Eine Hühnerfeder.

„Ähm, Frau Inuzuka?“, rief er rasch und die junge Frau blieb auf halben Weg zum Haus stehen.

„Ja?“

„Gibt es hier Hühner?“ Er hielt die Feder hoch.

„Nein. Und ein entlaufenes Huhn würde sich nicht so nah an unser Haus wagen.“ Sie nickte zu den Hunden, die sich um ihre Beine scharrten. „Hat sicher der Wind hierher geweht.“

„Ja, wahrscheinlich.“ Aber er hatte da ein ganz beschissenes Gefühl.
 

~~~
 

„Komm rein.“ Sakura ging voran und Sasuke folgte ihr in ein hübsches, kleines Apartment in einer ansonsten eher abgelegenen Gegend. Sakuras Eltern lebten im Ausland und Sakura, die die letzten Jahre ihrer Schulzeit nicht im Ausland hatte verbringen wollen, war in Tokyo geblieben. Sasuke stellte es sich einerseits einsam, andererseits ganz angenehm vor. Niemand, der einem ständig auf die Finger sah, der einen schon aus Prinzip nicht ernst nahm, der einen schwerwiegenden Beschützerkomplex hatte. Trotzdem. Ganz alleine leben? So lange er denken konnte, war er an der Seite seines Bruders gewesen. Sie teilten sich das Schlafzimmer, wenn auch seit einigen Jahren nicht mehr dasselbe Bett. Er konnte sich nicht mal vorstellen, wie es ohne ihn sein könnte.

„Schöne Wohnung“, kommentierte er und meinte es sogar ernst. Es war mit Abstand die sauberste und gemütlichste Wohnung, in der er je war. Aber Narutos Zimmer im Heim oder die Bruchbude in der er mit seinem Bruder hauste, gaben auch kein gutes Referenzmaterial ab.

Im Wohn-/Schlafzimmer stand ein breites Couchbett mit bunten Bezügen und ebenso bunten Kissen. Sasuke setzte sich darauf, als Sakura ihm was zu trinken anbot. Sein Herz flatterte ein wenig. Er war das erste Mal in einem Mädchenzimmer.

Sie setzte sich neben ihn und auf dem nachgiebigen Couchbett sank sie direkt an seine Seite. Sie hielt ihm Fanta hin und Schoko-Nougatpralinen und er trank eilig einige Schlucke, um sich den plötzlichen Anflug von Nervosität nicht anmerken zu lassen.

„Sasuke?“

„Hm?“

„Magst du eigentlich immer noch diese Sekretärin von deinem Bruder? Mari, oder so?“

„Temari? Ja, schon irgendwie.“ Sakura schwieg und Sasuke wusste nicht recht, was er sagen sollte. Sakura mochte ihn und er mochte sie auch. Nicht so wie Temari, aber sie war hübsch und frech und selbstbewusst. Aber Naruto war schon ewig in Sakura verschossen ...

Ihre schmale Hand schlich auf seinen Oberschenkel und Sasuke klammerte sich an die Schachtel Pralinen. Was sollte er tun? Sakura nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es auf den Nachttisch neben ihrem Bett. Die Schachtel Pralinen auch. Oh oh.

„Legen wir uns hin?“, fragte sie und ihre Stimme war weich und einladend.

„Sakura, ich weiß nicht, ob-“

„Nur nebeneinander liegen. Das ist doch okay.“ Sie lächelte dabei und Sasuke konnte nicht anders als ihren zierlichen Körper gar nicht freundschaftlich zu betrachten. Sie war nicht vollbusig und griffig wie Temari, sie war klein und schmal, aber er mochte die Andeutungen ihrer Brüste unter dem engen Shirt, das sie trug.

Zögerlich ließ er sich aufs Bett zurücksinken, rückte sich zurecht, bis er angenehm lag und Sakura machte es sich neben ihm bequem. Erwartete sie, dass er etwas tat? Er fühlte sich unsicher.

Ihre Hand auf seinem Bauch löste flatternde Schmetterlinge aus und als sie ihre Finger unter sein T-Shirt schob, kribbelte es aufgeregt in seinen Lenden.

„Sakura, ich ...“ Er sah sie hilflos an und sie schüttelte den Kopf.

„Schon gut. Ich streichle dich nur ein bisschen, ja?“

Er schluckte hart und wusste nicht wohin mit seinen Armen, also griff er sich sein T-Shirt und zog es zögerlich hoch bis zu seinen Rippen. Sakura lächelte und er kam sich doof vor, weil er sich ihr ja regelrecht anbot. Jetzt hielt sie ihn womöglich für notgeil, oder sonst was und oh! Ihre Finger waren unter sein T-Shirt gekrochen und zupften an einer Brustwarze. Er schauderte. Das fühlte sich gut an. Warum fühlte sich das so gut an?

„S-Sakura-“ Er griff ihr Handgelenk, weil es ihm peinlich war, dass er hart wurde, nur weil sie seine Nippel zwirbelte. Aber sein Griff war schwach und statt aufzuhören, schwang sie ein Bein über seinen Körper und setzte sich breitbeinig auf seinen Schoß. Er fuhr zusammen, als ihr kleiner, fester Po gegen ihn drückte und sie bemerken musste, wie gut ihm das gefiel. Ihm lief eine Gänsehaut nach der anderen über den Nacken als sie mit erstaunlicher Kraft seine Handgelenke packte und auf die Matratze presste.

„Das will ich schon so lange machen“, hauchte sie atemlos und beugte sich zu ihm hinunter. Er hielt die Luft an, als sie ihn küsste und schmeckte ihren Erdbeerlipgloss, als er wieder ausatmete und dabei hastig über seine Lippen leckte. Erst war es nur Mund gegen Mund, dann plötzlich ihre Zunge und er hörte sich kehlig stöhnen, als sie ihren drahtigen Körper auf seinem bewegte. Ah, das war so gut.

Er drehte seinen Kopf zur Seite, als sie seinen Hals küsste und seine Sicht war ganz verschwommen. Aber etwas war seltsam, etwas forderte seine Aufmerksamkeit. Ein orangefarbenes Schweißband fürs Handgelenk mit einem schwarzen Totenkopf aus Metall darauf.
 

Naruto.
 

Seltsam, er wusste gar nicht, dass Naruto jemals hier gewesen war.

Sakura presste ihre Po gegen seinen Schoß und er stöhnte, fuhr zusammen, wand sich unter ihr. Das war so gut. Ihre Zunge in seinem Mund machte ihn ganz heiß und schwach und alles andere war vergessen.
 

~~~
 

Temari brühte Tee auf und beobachtete von der Küchenzeile aus, wie Itachi durchs Wohnzimmer tigerte, das Telefon am Ohr.

„Bist du dir sicher, Kakashi?“ Er wendete beim Sofa und schlängelte sich an Sasukes Schultasche vorbei zur Schlafzimmertür und wieder zurück.

„Verdammte Scheiße.“ Kurz sah er zu Temari und dann wieder auf den Boden vor sich.

„Okay. Ich meld‘ mich.“ Er drückte den Anruf weg und kam zu Temari herüber. Sie hielt ihm eine Tasse hin, aber er beachtete sie gar nicht.

„Hast du nochmal angerufen?“

„Im Fünfminutentakt.“ Sie versuchte seine Stimmung zu heben, aber er schenkte ihr nur einen unterirdischen Blick. „Er ist mit Freunden unterwegs. Mach dir keine Sorgen, Itachi. Es ist gerade mal 16 Uhr.“

„Nachdem er sich auf meine Nachrichten nicht meldet und zwei seiner Freunde verschwunden sind, will soll ich mir da bitte keine Sorgen machen?“ Er schnaufte, setzte sich an den PC und das alte Teil brummte laut, als Itachi wie besessen über die Tastatur klimperte. Temari trat hinter ihn und runzelte die Stirn.

„GPS?“ Sie bemerkte den kleinen roten Punkt. „Du hast deinen Bruder verwanzt?“

„Ich verfolge nur sein Handy.“

„Ah ... okay. Und du bist gar nicht paranoid, was?“ Aber vielleicht war das ganz gut so, denn was zum Geier trieb Sasuke auf einer Mülldeponie?
 

~~~
 

Es nagte an Sasukes Bewusstsein wie eine kleine piepsige Stimmte, die ein bisschen so klang wie Naruto. Aber es war so aufregend Sakuras Brüste zu streicheln und ihr Körper war heiß auf seinem. Er mochte, wie sie ihn küsste und ihren zierlichen Körper dazu nutzte ihn ins Bett zu drücken. So gut.
 

Argh, aber diese lästige Frage in seinem Kopf.
 

„Sakura“, keuchte er zwischen Saugen und Lecken und überhaupt, was sie da mit ihrer Zunge in seinem Mund anstellte ...

„Hm?“

„W-Warte mal kurz.“

Sie hob ihren Kopf, atemlos und starrte ihn missbilligend an.

„Was?“

„War Naruto schon mal bei dir?“ Er hatte ihm nie etwas davon erzählt und das hätte er definitiv, wenn sein Langzeitschwarm ihn eingeladen hätte.

„Nein, wieso?“ Sie machte ein überraschtes Gesicht und er zweifelte schon an sich selbst.

„Sein Armband ...“

Sie drehte sich um und sah gezielt zur Kommode an der Wand, wo es lag. Dann wieder zu ihm.

„Ist das jetzt wirklich wichtig?“ Sie rollte ihr Becken und er fuhr zusammen. Aber die Stimme in seinem Kopf wurde lauter. Narutos Stimme. Seine Nachricht.
 

Du wirst mir nicht glauben, was gerade passiert. Bin im siebten Himmel. Ich ruf dich morgen an.
 

Das wäre genau die Nachricht, die er schreiben würde, wenn ... Er drehte seinen Kopf zur Seite, als sie seinen Hals küsste und schloss sekundenlang die Augen. Er konnte sich kaum konzentrieren. Was war das? Über den warmen Duft eines Mädchenzimmers, roch es da nicht faulig? Roch es nicht auch wie Hühnerstall?

„Sakura, ich glaub, ich geh langsam. Mein Bruder wartet sicher schon.“ Sie verstummte auf ihm, rührte sich einige Sekunden nicht und er erschrak sich regelrecht, als sie nahe seinem Ohr zu lachen anfing.

„Ahh. Zu spät, mein süßes Schweinchen. Das Armband war wohl zu offensichtlich, was?“ Sie leckte über sein Ohr und er erstarrte. „Ein bisschen wollte ich es noch hinauszögern. Ich spiel‘ so gern mit meinem Essen.“ Sasuke saugte geräuschvoll die Luft ein und packte Sakura an den Hüften, um sie von sich zu drücken. Er konnte sie keinen Millimeter bewegen. Panik stieg in ihm auf, als sie in sein Ohr biss. Und nein. NEIN!

„Wo ist Naruto?!!“, keuchte er, während ihm schon die Tränen in die Augen stiegen. Sie küsste seine Wange und hob ihren Kopf und ihm wurde schlecht. Ihre Haut wurde grau und schuppig vor seinen Augen, ihr Mund riss auf und entblößte Reihen scharfer, speicheltriefender Zähne und eine blutige, geradezu zerfetzte Mundhöhle. Ihr Atem erstickte ihn fast und ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Ihr rosa Haar wurde dünn und bleich und hier und da sprießten einzelne zerfledderte Federn.

Er würgte unter dem Druck ihres Körper und dem Gestank, der plötzlich das Zimmer erfüllte. Die Tapeten rollten sich von den Wänden, schwarze Käfer wimmelten über den Boden, über den Tisch, die Stühle und ihm richteten sich die Haare auf vor Ekel. Das ganze Zimmer veränderte sich, das Bett auf dem er lag. Die süßen rosa Windspiele, die von der Decke baumelten wölbten sich nach außen, verzogen und verzerrten sich und wurden zu Fleisch. Rohes, blutiges Fleisch. Auf einen langen Haken waren Innereien aufgespießt und Sasuke liefen die Tränen über die Wange. Das hatte er alles schon mal gesehen.

„Wo ist Naruto?“, fragte er leise.

Sakura; nein, der Dämon verzog seine Wangen zu einem grauenerregenden Grinsen und nickte zu den baumelnden Fleischstücken.

„Er ist hier. Aber keine Sorge, du bist mein Hauptgericht. Mein süßes Schweinchen.“

Sasuke presste sich gegen sie, versuchte sie von sich zu schieben, aber sie griff nur seine Arme und band sie in aller Ruhe über seinem Kopf an eine rostige Eisenkette. Er bebte und schniefte. Er wollte nicht sterben, wollte nicht, dass Naruto tot war.

„Und Sakura? Ist sie auch ...?“, fragte er halb erstickt.

„Dummerchen. Sakura hat es nie gegeben.“

Ihm wurde übel. Das konnte doch nicht sein? All die Jahre ...

Sie stieg von ihm und er trat nach ihr, aber sie lachte nur. „All die Jahre, die ich in dich und Naruto investiert habe, damit ihr wachst und gedeiht und zu köstlichsten Leckerbissen heranreift. Was hast du gedacht, warum ich euch bei jeder Gelegenheit mit Süßigkeiten verwöhnt habe?“

Sasuke schloss die Augen, als ihm erneut die Tränen kamen. Das Salz brannte in den Augenwinkeln und er zog an den Ketten bis die Haut darunter aufriss. Er wollte nicht sterben, er wollte nicht tot sein, er wollte seinen Bruder nicht allein lassen. Er wollte nicht.

„Sssch, mein kleines Häppchen.“ Krallen strichen federleicht über seine Stirn, schoben ihm ein paar Haare zurück. Sasuke öffnete die Augen und sah sie an.

„Bitte ...“

„Na na, wer wird denn betteln, hm?“ Eine dreckige Kralle berührte Sasukes Lippen und strich über sein Kinn zu seinem Hals. Er hielt die Luft, war erleichtert, als der Finger seine Halsschlagader passierte ohne ihn zu verletzten. Und fuhr panisch zusammen, als sie sein T-Shirt packte und mühelos zerriss.

„Ah, ich mag mein Fleisch jungfräulich“, seufzte sie, „und was gibt es besseres als an unschuldigen Waisenjungen zu naschen, die niemand vermisst?“

„M-Mein Bruder ...“, stammelte Sasuke und hyperventilierte beinah. Der Tod seiner Eltern stand ihm vor Augen. Er wollte so nicht sterben

„Was? Der Privatdetektiv? Besonders gut kann er ja nicht sein, wenn ihr in so einer Absteige lebt, hm?“ Ihr Blick verfinsterte sich und sie sah zu einem Tisch an der Wand, wo ein Berg Innereien von Fliegen und Käfern umschwärmt wurde. „Werd‘ hier eh bald verschwinden. Nach dem Hundejungen werden sie suchen. Und dabei hat er nicht mal geschmeckt. Keine Jungfrau mehr, dass kann ich dir sagen.“ Sie kratzte eine Weile über die immer selbe Stelle auf Sasukes Bauch. Solange bis er sich unangenehm unter ihr wand. „Aber er war neugierig. Deswegen.“ Sie schmunzelte, zeigte ihre gelbschwarzen Zähne und stach ohne Vorwarnung ihre Krallen durch seinen Bauch. Sasuke riss die Augen auf. Bekam zuerst nicht genug Luft, um zu schreien und dann schrie er. Schrie und schrie. Sie zerschnitt ihn. Zerriss ihn. Grub ihre dürren Finger durch seine Eigenweiden. Er schrie nach seinem Bruder. Er schrie vor Schmerz. Er schrie vor Todesangst. Und weinte, weil er wusste, dass man dem Tod nur einmal von der Schippe springen konnte.
 

~~~
 

Itachi stakste über die Mülldeponie. Quadratkilometer Müll und er wunderte sich, dass er so einfach aufs Gelände gekommen war. Das GPS-Signal auf Temaris Handy leitete ihn und er versuchte jeden dunklen Gedanken, jede schreckliche Ahnung aus seinem Bewusstsein zu drängen. Baba Jaga. Die grausige Menschenfresserin aus Sibirien. Konnte das wirklich sein? Er griff an seine Tasche, prüfte zum x-ten Mal, ob er die richtigen Waffen dabei hatte und stellte erschrocken fest, dass seine Hände zitterten.

Aber vielleicht hatte Sasuke Naruto gefunden und sie saßen zwischen den Müllbergen- und -hügeln und kifften. Nie hatte er sich mehr gewünscht, seinen kleinen Bruder beim Kiffen zu erwischen. Aber Sasuke kiffte nicht und er trieb sich auch nicht auf Mülldeponien rum. Und vor allem antwortete er immer auf Itachis Nachrichten. Verdammt.

Temaris Handy vibrierte und für eine Millisekunde war er sicher, dass es Sasuke sein musste. Aber es war nur Kakashi.
 

Bin auf dem Weg. Sollte es eine von ihnen sein, dann tu‘ nichts, bevor ich nicht da bin.


 

Itachi las nur flüchtig. Kakashi war Dämonenjäger wie er, hatte wie er Dinge gesehen, die jedem ersparrt bleiben sollten. Er hatte wie er überlebt. Aber er hatte keinen kleinen Bruder, der vielleicht gerade seine Hilfe brauchte und als er zwischen zwei Müllhügeln hindurch eilte und die Hütte sah – hoch oben auf mächtigen Hühnerbeinen – da hielt ihn nichts mehr. Sasuke war da drin ... zusammen mit der Baba Jaga!

Er sprintete eine Halde hinunter, rutschte auf fauligen Obstresten aus und zog den Kunstfaserstrick, den er eingepackt hatte. Er schlang das Seil um eines der baumdicken Beine, packte es fest und zog sich stückweise daran hoch.

Ein kleiner balkonartiger Umlauf führte um die Hütte, als er oben angekommen war und er hielt die Luft an, als das ganze Haus sich unter ihm bewegte wie ein lebendiges Wesen. Ansonsten war es still; von den Raben auf der Deponie mal abgesehen. Er lauschte an der Tür und hörte ein leises Summen und Murmeln. Und rein gar nichts von seinem Bruder.

Sein Puls beschleunigte, als all die Bilder durch seinen Kopf geisterten, von damals, von ihren Eltern, von Sasuke in dem Käfig. Ohne ihn, was sollte er da machen? Wo war dann noch der Sinn in seinem Leben?

Er zog den silbernen Dolch aus seiner Tasche, packte die Türklinke und erstarrte ... Ein leises schmerzvolles Ächzen. Oh Gott.

Er riss die Tür beinah aus den morschen Angeln und sah sich Angesicht in Angesicht mit der widerlichen Baba Jaga. Es stank grausam nach verwesenden Fleisch und nur langsam konnte er den Kopf wenden zu einer Art Liege ... Rohes Fleisch, soviel Blut. Sasuke. Aufgerissen. Leblos.

Seine Verzweiflung explodierte, als er sich auf den Dämon warf. Spitze Krallen fuhren durch seine Haut, aber es war so egal. Er rammte ihr den Dolch in die Kehle, hörte ihren gurgelnden Schrei mit perverser Genugtuung und doch war es nicht genug. Das Monster schlug auf ihn ein und er kotzte Blut und dann sah er nur noch Kakashi, der an ihm vorbeirauschte und dem Vieh den Kopf abschlug. Danach wurde es dunkel.
 

~~~
 

Es war der Geruch nach Krankenhaus, irgendwie unangenehm, steril, menschenleer. Menschenleer. Obwohl hinter all den Türen und in den Gängen ein ständiges Wispern zu hören war. Gedämpfte Worte, das Rattern von Essenswagen und dazwischen ab und an das Hallen von Schritten. Kein schöner Ort. Itachi saß seit Stunden in einer Sitzecke vor einem Fenster im Gang. Weit weg von der Treppe und den Fahrstühlen und dem Schwesternzimmer. Ein runder Tisch, zwei gepolsterte Stühle und ein hoch gewachsener Farn heuchelten Gemütlichkeit, aber niemand fand ein Krankenhaus gemütlich.

Itachis Arm lag in einer Schlinge und Verbände krochen seine Arme hinauf; große Pflaster direkt im Gesicht. Bis auf den gebrochenen Arm war alles halb so schlimm. Und selbst der würde heilen. Aber Sasuke ...

Er biss sich auf die Lippen, die unter seinen Zähnen rissen, ausgetrocknet und spröde, weil er viel zu wenig trank. Das flaue Gefühl im Magen ging nicht weg und auch nicht das Stechen in seiner Brust.

Er stand auf, als seine Gedanken begannen sich im Kreis zu drehen und schlich den Gang hinunter zwischen mintgrünen Wänden entlang und an hellen Türen vorbei. Vor einer Tür blieb er stehen. Es war erst zwei Wochen her, aber die Angst wurde immer schlimmer. Als er eintrat, war es still wie immer und dort in dem hässlichen Krankenhausbett lag sein Bruder und starrte schweigend an die Decke. Ein Monitor neben dem Bett zeigte, dass er lebte. Dünne Schläuche wanden sich unter der Decke hervor zu kleinen Plastikbeuteln, die Blut und Urin auffingen. Ein Tropf versorgte seinen Bruder mit Nährstoffen und Flüssigkeit; ein anderer mit Schmerzmitteln. Sasuke hatte kein Wort gesagt, seit er aus der Narkose aufgewacht war. Irgendwie hatten sie ihn wieder zusammengeflickt, Itachi hätte es nie geglaubt nachdem er ihn im Hühnerhaus gesehen hatte. Hätte nie geglaubt, dass er überleben würde.

Zögerlich ging er aufs Bett zu und setzte sich auf den Stuhl, der dort stand, seit Sasuke in dieses Zimmer verlegt worden war. Er griff seine Hand, spielte ganz vorsichtig mit den langen Fingern. Keine Reaktion.

„Sag was“, murmelte er mehr zu sich, als zu der blassen Gestalt, die sein Bruder sein sollte. Und dann etwas lauter. „Temari kommt später vorbei.“ Auch diese Worte dienten nur dem Selbstzweck. Er war froh, wenn sie vorbeischaute und ein bisschen Abwechslung brachte. Nie waren ihm die Tage so lang vorgekommen wie jetzt. Nicht mal nach dem Tod der Eltern. Damals hatte Sasuke ihn gebraucht. Jetzt war er allein.

Er beugte sich über das Bett, hob Sasukes Hand an seine Lippen und mochte einfach das Gefühl, dass die Haut unter seinen Lippen warm war.

„Es tut mir leid“, murmelte er und überraschte sich selbst damit. Er wollte das gar nicht sagen, aber die Worten sprudelten einfach. „Es tut mir leid. Ich hätte dich vorbereiten können – dich und Naruto. Ich hätte euch zeigen können, wie ihr euch wehrt, woran ihr sie erkennt, auf welche Zeichen ihr achten müsst ... Ich hätte dir besser zuhören sollen. Es tut mir leid.“ Seine Augen brannten und es war das erste Mal in diesen zwei Wochen, dass ihm die Tränen kamen. Er hatte solche Angst. Angst, dass Sasuke nie wieder zu ihm sprach, dass er ihn für immer verlor. Angst, alleine zu sein. Ohne den kleinen Bruder, der ihm so wichtig war wie nichts sonst in seinem Leben. Tränen tropften von seinem Kinn auf Sasukes Haut und er bebte unter seinen eigenen Ängsten.

Da zuckten Finger in seinen und er verharrte wie festgefroren für einen winzigen Moment. Dann sah er auf. Sasuke hatte ihm den Kopf zugeneigt und auch wenn kaum Ausdruck in seinem Gesicht lag, waren seine Augen nicht mehr so verdammt leer.

„Dann bring es mir jetzt bei.“ Sasuke Stimme kratzte und war so leise, dass Itachi ihn kaum verstand, aber es waren die besten Worte, die er je gehört hatte.
 


 

---The End---
 

Und wenn sie nicht gestorben sind ...



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  animaid101
2016-03-11T09:17:59+00:00 11.03.2016 10:17
Ich finde all deine Geschichten richtig klasse. Diese ist wirklich mal was Anderes und auch wenn sie ziemlich hart und traurig ist, finde ich sie gut.
Ich hatte schon einen Verdacht als Sasuke dauernd mit Leckereien verwöhnt wurde... LOL
Das hast du wirklich gut eingefädelt, Kompliment!
Traurig, dass Naruto und Kiba nicht mehr gerettet werden konnten, aber gerade darum ist es ein realistisch anmutendes Konzept, konsequent umgesetzt. Dein Schreibstil ist einfach mitreißend. Wenn man mal angefangen hat zu lesen, kann man nicht mehr aufhören. XD
Das Einzige, was ich noch gerne gewusst hätte, wäre welche Verletzungen genau die Hexe bei Sasuke angerichtet hat und wie man ihn noch retten konnte. Ich hatte nämlich dauernd Horrorvisionen vor Augen, dass sie ihn schon teilweise aufgefressen hat und er darum so apathisch im Krankenzimmer lag. Nicht dass aufgeschlitzt werden und Todesangst nicht reichen würden um einen solchen Schock davon zu tragen, aber da Itachi ihn nicht einmal mehr schreien hörte, habe ich mir schon so meine (schrecklichen) Gedanken gemacht und das hätte ich zum Schluss gerne irgendwie aufgelöst gehabt. Aber ist ja egal, Sasuke hat es überlebt und wird jetzt sicherlich ein Badass Dämonenjäger. ;)
Ich werde dich im Auge behalten und hoffe auf weitere Geschichten von dir, insbesondere auf die Fortsetzung von "Hexenjagd". :D
Antwort von:  shibui
11.03.2016 23:17
lieben Dank für deinen Kommi *_*
*hehe* freu mich irgendwie, dass du schon früh misstrauisch geworden bist bei den ganzen Leckereien. Ich glaube, die meisten haben Sakura bis kurz vor knapp nicht verdächtigt.
Es tut mir auch sooo leid, dass Naruto und Kiba sterben mussten. Aber es war ja eine Wichtel-FF und das Wichtelkind wollte etwas düsteres und da konnte ich ja keine halben Sachen machen, oder? ;_;

Ja, die Verletzungen hätte ich detaillierter beschreiben können, aber da bin ich selbst ein bisschen ein Schisser O.o

Ich freu mich sehr, dass dir die FF gefallen hat und ich hoffe auch irgendwann bei Hexenjagd weiterschreiben zu können <.<
Lieben Dank also noch mal für deinen lieben Kommi^^
Von:  Kasumi_Ripper
2015-05-26T09:59:28+00:00 26.05.2015 11:59
Hammer! Alter ich will mehr lesen *-*
Antwort von:  shibui
30.05.2015 19:23
lieben Dank für dein Kommi^^ Freu mich, dass es dir gefallen hat *gg*
Antwort von:  Kasumi_Ripper
30.05.2015 19:24
Wie machst du sowas?
Antwort von:  shibui
30.05.2015 19:26
Schreiben? Idee finden, grobes Konzept schreiben und dann szenenweise schreiben. Leider habe ich nicht viel Disziplin und bin bei langen Storys total langsam O.o
Antwort von:  Kasumi_Ripper
30.05.2015 19:27
Das ist ja egal ob du lange brauchst
Von:  taichou
2015-01-23T13:37:26+00:00 23.01.2015 14:37
kranker Scheiß XD aber irgendwie gut..
dachte erst, es wird so SasuSaku-Romantik <.<
Antwort von:  shibui
23.01.2015 14:50
lieben Dank für dein Kommi^^
ja, das ist zu recht alles ein bisschen irreführend gemacht, damit Sakura nicht zu schnell verdächtigt wird^^
Von:  Shyla_Uchiha
2015-01-15T22:14:34+00:00 15.01.2015 23:14
Hui, das war mal was anderes. Hat mir aber, entgegen meiner Erwartungen, recht gut gefallen, obwohl ich eigentlich SasuSaku Fanatiker bin :D

Mach weiter so :)
Antwort von:  shibui
16.01.2015 16:34
Lieben Dank^^
Freu' mich, dass es dir gefallen hat *g*

lg shibui^^
Von:  SasuxNaru21
2014-10-01T14:23:58+00:00 01.10.2014 16:23
Wow ! Ich bin wirklich immer wieder begeistert von deinen Geschichten. Du hast einen wunderbaren Schreibstil und du bist echt eine meiner Lieblingsautoren überhaupt :) Ich will nicht schleimen, nur Loben :D

Ich bin ein richtiger Fan von dir FF und sie wird mal direkt zu den Favos hinzugefügt. Mach weiter so :)


Antwort von:  shibui
02.10.2014 12:50
XD Oh wow, jemand, dem die FF gefällt, obwohl Naru stirbt und Sakura sich als menschenfressendes Monster entpuppt O.o Ich glaub, da bist du wohl so ziemlich die einzige (neben meinem Wichtelkind) *lach* Selbst ich werde hiermit nicht so richtig warm O.o

Ich freu mich jedenfalls sehr, dass dir meine Geschichten gefallen hat und auch diese hier, obwohl sie ja so aus dem Rahmen fällt^^

lg shibui^^
Von: abgemeldet
2014-09-28T15:25:48+00:00 28.09.2014 17:25
Wow. Ich bin noch völlig geplättet, aber eines kann ich sagen: Deine Fanfic war richtig richtig gut. Ich mag deinen Sasuke (vor allem neben dem, wie er gerade im Manga auftritt... *seufz*). Und ich mag es, dass Ita weder bösewicht ist, noch der Übercharakter als der er meistens dargestellt wird, eben, dass er auch Fehler macht, die einfach Menschlich sind. Ich muss sagen, mich hat das Thema eine Spur (oder auch eine Spur mehr) an Supernatural erinnert. Und ich glaube das hat auch dazu beigetragen, dass ich es noch mehr mochte, weil ich auf SPN doch ein bisschen fliege XD
Auf jeden Fall: Ich finde man hat vor allem Hänsel und Gretel schon erkennen können, zumindest grob vom Motiv her. Der Rest fiel mir gar nicht so sehr auf, aber ganz ehrlich, ich finde die Idee, das alles so zusammen zu werfen nach dem Motto "sehen wir mal was rauskommt" irgendwie richtig klasse fand. :) Und dein Schreibstil ist sowieso richtig gut. Und beim Ende hatte ich so einen richtigen Kyaaah Moment und es hat den Kreis richtig schön geschlossen, weil wir ja damit anfingen, dass Ita nicht will, dass er Dämonenjäger wird und am Ende stimmt er zu, wenn auch unter etwas ernsten Umständen und Sasukes leise gekrächzte Worte dann... das war so toll <3
Nur dass Naruto tot ist finde ich schade :( Aber darum ging es ja auch nicht hauptsächlich. Ich mochte die Geschichte. Auch und Gerade, da du sie aus zwei Seiten beleuchtet hat. Wie du siehst: Ist jetzt ein Favorit :D Ganz dickes Lob von mir. Very Good Job!

LG
Wortwitz
Antwort von:  shibui
02.10.2014 12:44
Freu mich, dass dir das Wichtelgeschenk gefällt. Es ist ja immer schwer für jemand anderen zu schreiben, insbeondere, wenn man den gar nicht kennt und ich hatte diesmal sehr lange keine rechte Idee. Alles kam mir so abgedroschen vor usw. So wirklich kann ich auch nicht hinter dieser FF stehen, glaub ich O.o Aber sie ist ja für dich und nicht für mich; von daher bin ich einfach froh, dass ich nicht ganz an deinem Geschmack vorbei geschrieben habe XD
Ich fand's auch schade, dass Naruto sterben musste für diesen Plot ;_; Ich mag ihn so gern und Sakura eigentlich auch ... aber wenn man etwas düster angehauchtes schreibt, muss man es schon durchziehen *gg* Freu mich auch, dass dir die Endszenen zwischen den Brüdern gefallen^^ Durchs Wichteln werde ich noch zum Spezialisten für Brüderbeziehungen XD Mein erstes Wichtelkind im Zirkel wollte ja auch Ita und Sasu (zwar als Pärchen, aber du weißt, was ich meine XD)

Also wie gesagt, freu mich, dass es dir gefallen hat^^


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