Sanji steckte sich eine Zigarette an und rührte testweise im Eimer zu seinen Füßen. Der Eisbrocken in ihm war schon fast geschmolzen. Er machte aber eine mentale Notiz, noch eine Schale Eiswürfel dazu zu geben, nur um sicher zu sein, dass das Wasser auch wirklich kalt war.
Von allen Dingen, die er bisher an diesem Tag gesehen hatte, war das eindeutig das amüsanteste von allen gewesen. Sie hatten die Insel vor allem Robin zuliebe angefahren, die unbedingt in die Bibliothek der lokalen Universität wollte. Als eine der wenigen Universitäten überhaupt auf der Grand Line war sie die einzige, die sich auf Medizin spezialisiert hatte und somit in Besitz vieler alter Texte war (Sanji fragte sich, warum es überhaupt eine Universität gab, aber gut. Manche Piraten ließen das Piratendasein vielleicht irgendwann sein oder vielleicht wollte man nicht automatisch Pirat oder Marinesoldat werden, nur weil man auf der Grand Line geboren wurde... oder vielleicht war einigen von ihnen einfach schmerzlich bewusst, dass ihr Freundeskreis exakt null Gummimenschen umfasste, da der einzige Anführer der Strohhutbande war und selbst der nicht unkaputtbar war).
Wie es schien, waren sie gerade pünktlich zu einer Art riesigem Volksfest angekommen, das dazu genutzt wurde, Förderung für die Forschung zu sammeln. Es gab zahlreiche verschiedene Veranstaltungen, bei denen man gegen eine kleine Gebühr mitmachen konnte. Das Wettgeschäft der Zuschauer boomte, auch wenn sich Sanji nicht sicher war, ob nicht doch Nami am Ende des Tages am meisten Geld machte. So oder so war es immer wieder erstaunlich zu sehen, wie viel manche bereit waren zu zahlen, nur um zu sehen wie andere sich möglicherweise auf sehr kreative Weise wehtaten.
Luffy war zwar nach dem ersten Wettessen von allen anderen ausgeschlossen worden, was seiner Stimmung allerdings keinen Abbruch tat. Selbst jetzt, da sich der Tag gen Abend neigte, war er noch mit dem Rest der Crew auf dem Fest und vergnügte sich (und die Zuschauer vor allem) bei den Wettbewerben. Sanji kannte aber seine Crew gut genug, um zu wissen, dass es nicht lange dauern würden, bis sie allesamt hungrig bei einem der Stände einfallen würden. Auch wenn das für Sanji bedeutete, dass er den Abend frei hatte, was das Kochen anging, gab es da eine Sache, die er noch erledigen wollte, bevor er sich ein wohlverdientes Essen gönnte. Er checkte noch einmal den Eimer – perfekt. Kurz verschwand er noch in die Kombüse, um dem Ganzen mit einer großzügigen Schale Eiswasser noch den letzten Schliff zu geben, dann gab er Nami ein Zeichen, die schon mit einer Kamera in der Hand bereit stand. Das Video würde heute Abend als Teil einer Videomontage der anderen Aufzeichnungen auf dem Fest gezeigt werden. Oh, was freute sich Sanji schon drauf.
Hinter Name versammelte sich der Rest der Crew, alle mit variierenden Ausdrücken der Schadenfreude auf dem Gesicht. Das einzige Mitglied, das in der Reihe fehlte, war Zorro, der schlafend an der Wand gegenüber des Masts lehnte und schlief.
Sanji baute sich vor Namis Kamera auf, zog noch einmal den Kragen seines Hemdes zurecht und wartete dann auf das Zeichen, dass er anfangen konnte zu sprechen.
„Willkommen! Ich denke, jeder weiß, warum ich hier bin und wie die Sache abläuft. Natürlich ist es eine Ehre für unsere Crew, dabei zu helfen, die Forschung zu unterstützen und Bewusstsein für diese Krankheit zu schaffen. Tatsächlich wusste keiner von uns davor, dass sie überhaupt existiert, umso wichtiger war es uns, für einen Moment eine Ahnung davon zu bekommen, wie es sich anfühlt, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren. Glücklicherweise haben wir hierfür einen Freiwilligen gewinnen können.“ Gekicher von Seiten der restlichen Crew. „Dann wollen wir ihn mal nicht weiter warten lassen.“
Natürlich war Zoro nicht aufgewacht. Sanji hätte die Ansage wahrscheinlich begleitet von einem gesamten Orchester in ein Megafon brüllen können und Zoro wäre nicht aufgewacht. Ein wenig befürchtete Sanji, das Eiswasser würde den anderen vielleicht gar nicht stören, immerhin erinnerte er sich zu gut an die Zeit, in der sie in der Gegend um Drum waren und der Schwertkämpfer mehr als einmal eingeschneit wurde. Aber heute saß er in der kuschelig warmen Sonne. Und wenn alle Stricke rissen, würde Sanji ihm einfach den Eimer auf den Kopf fallen lassen.
Als er auf dem Balkon ein Stockwert über Zoro angekommen war, stemmte er den Eimer – okay, wen log er hier eigentlich an, es war eine Wanne, aber das Ding hieß ja nicht Eiswannenherausforderung und wer hielt sich überhaupt mit solch profanen Dingen – in die Höhe, damit man ihn gut in der Kamera sehen konnte und kippte ihn dann mit dem Gefühl höchster Genugtuung über die Reling.
Er hörte einen markerschütternden Schrei und daraufhin einen Schlag, gefolgt von gemurmelten Flüchen. Sanji riskierte einen Blick nach unten und wurde mit einer interessanten Ansicht von Zoros Hintern belohnt. Offensichtlich war der Schwertkämpfer aufgesprungen und dann auf den Eiswürfeln ausgerutscht. Zwei von drei Schwertern waren allerdings gezogen, Sanji war ein bisschen beeindruckt.
Und ließ trotzdem die Wanne – den Eimer – nach unten fallen. Er erreichte sein Ziel mit einem weiteren dumpfen Schlag, begleitet von deutlich lauterem Fluchen.
Hinter Nami und Robin lag der Rest der Crew vor Lachen auf den Boden und Sanji musste zugeben, dass er durchaus gute Arbeit geleistet hatte. Außerdem konnte sich Zoro nicht beschweren, ihm stand der Look der Marke „nasse Ratte“ (wie auch den zahlreichen Frauenkehlen an Land zu vernehmen war, als sie Zoros in seinem durch das Wasser durchsichtigem Shirt sahen. Nein, wirklich, es stand ihm. Sanji machte sich eine mentale Notiz, Zoro in Zukunft desöfteren mal nass zu machen, bevor er sich darauf konzentrierte, ein bisschen Distanz zwischen sich und den Schwertkämpfer zu bringen.
