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Sommersturm

von

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VI


 

- Percy -
 

Percy schlug die Decke zur Seite und rutschte langsam von seinem Bett.

Er nahm seine Probatio-Tafel ab und legte diese auf den Nachtschrank.

Dort war sie sicher gut aufgehoben.

Wenn er jetzt ging, dann würde er wohl ohnehin keine weitere Chance mehr haben, in dieses Camp zurückzukehren.

 

Sein Blick huschte kurz auf das zweite Bett in diesem Zimmer.

Frank lag dort und schlief. Der Gute rechnete nicht einmal damit, dass Percy in dieser Nacht auf irgendeine dumme Idee kommen könnte.

Der Sohn Neptuns fasste einen kleinen Rucksack, den er sich besorgt hatte und stopfte dort zwei weitere Paar Hosen und von diesen lila Shirts hinein.

Sein Kugelschreiberschwert befand sich in seiner Hose und mehr Besitztümer hatte er nicht.

Er lief also keinerlei Gefahr, irgendetwas vergessen zu haben.

 

Vorsichtig schlich er zur Tür und öffnete diese leise.

Liebend gerne hätte Percy sich an Hazel oder Frank gewandt, um sie um ihre Unterstützung zu bitten.

Er hatte jedoch davon abgesehen.

Die beiden waren derzeit seine einzigen Freunde und er wollte sie nicht in Schwierigkeiten bringen, egal ob sie diesem Plan zugesagt hätten oder nicht.

Als Frank sich in seinem Bett regte, hielt Percy kurz inne.

Er hielt die Luft an und wartete ab, sein Blick ruhte auf Frank. Er betete stumm dafür, dass der Junge jetzt nicht wach wurde.

Tatsächlich drehte sich der Sohn des Mars bloß auf die andere Seite und schlief weiter.

Glück gehabt.

Percy schob sich aus der Tür heraus und schloss diese anschließend, genauso leise, wieder hinter sich.

Vielleicht wäre es die klügere Entscheidung gewesen hier im Camp zu bleiben, in Sicherheit und unter Gleichgesinnten.

Doch, obwohl das alles hier ihm anderes weismachen wollte, fühlte er sich hier nicht zugehörig.

Was brachte ihm ein Leben in Sicherheit, wenn er im Gegenzug unwissend über sich und seine Herkunft bleiben würde? Das ließ ihm keine Ruhe und hier konnte er scheinbar keine Antworten finden.

Was brachte ihm ein Leben unter anderen Halbgöttern, wenn sein Freund Luke nicht unter ihnen war? Er vermisste ihn so sehr, obwohl er keine Erinnerungen an ihre Beziehung hatte, wusste er, dass dieser Junge sein fester Freund war und dass er ein schwarzes Loch in ihm zurückgelassen hatte.

Er konnte hier nicht bleiben, denn niemand schien ein großes Interesse daran zu haben, ihm zu helfen Antworten zu finden.

Wer war er und wo gehörte er hin?

 

Percy lief den Flur entlang zum Haupteingang, um die Kaserne der fünften Kohorte zu verlassen.

Niemand hielt ihn zurück, als er das Gemäuer verließ und im Freien halfen ihm seine Instinkte dabei den Blicken der Wachposten zu entgehen und das Innere des Camps zu verlassen.

 

Percy stand vor dem kleinen Tiber.

Hier war wohl schlussendlich die Grenze. Er presste die Lippen aufeinander und zögerte noch einen Augenblick.

Er entschied sich jedoch nicht mehr um und machte einen Schritt ins Wasser.

„Hey!“, der Ausruf kam so überraschend, dass Percy beinahe gestolpert und ins Wasser gefallen wäre.

Er fasste sich, fand festen Stand in dem kleinen Fluss und wandte sich schnurstracks der Stimme zu.

In der Hand hielt er Springflut, sein Schwert und fühlte sich bereit für ein Gefecht.

 

„Du hast also vor zu gehen?“, fragte der blonde Junge ihn und schien unbeeindruckt von dem Schwert in der Hand seines Gegenübers zu sein.

 

Von allen Leuten dieses Camps musste ihm ausgerechnet Jason Grace auflauern?

Zumindest hatte er ihm gegenüber keinerlei Skrupel, wenn nötig, unverschämt zu werden.

 

„Und du willst mich aufhalten?“

Percy brachte das Wasser im Fluss in Wallung und ließ es zu seiner freien Hand hin aufsteigen.

„Lass den Mist“, erwiderte der Prätor kühl.

„Du solltest wissen, dass Wasser Elektrizität leitet. Das bekäme dir sicher nicht gut. Leg dich also besser nicht mit mir an.“

 

„Du würdest dich selbst auch unter Strom setzen.“

Jason schnaubte belustigt.

„Jackson, ich kann in eine Steckdose fassen, ohne dass mir etwas passiert. Du wärst mir also absolut unterlegen.“

Percy hasste es das zu hören. Er verabscheute es, wenn andere glaubten ihm überlegen zu sein. Das wusste er mittlerweile und er spürte es auch in diesem Augenblick wieder.

Die Versuchung anzugreifen und zu beweisen, es durchaus mit dem Typen aufnehmen zu können, machte sich deutlich in ihm bemerkbar.

Er wusste nicht, wie es ihm gelang dieses Verlangen zu unterdrücken, aber er behielt die Beherrschung. Gerade so.

 

„Keine Sorge. Ich will dich nicht dazu auffordern, mit mir zurückzukommen.“

Jason schüttelte langsam den Kopf.

„Du bist ein Unruhestifter. Du bringst Unordnung und Chaos, genau das was ich von einem Sohn Neptuns erwartet hatte und genau das, was wir hier nicht wünschen.“

Percy blickte in die eisblauen Augen des blonden Jungen.

Wieso verschwendete dieser Großkotz seine Zeit und hielt ihn unnötig auf, wenn er doch scheinbar froh war, dass er ging?

 

„Ich hätte es dennoch bevorzugt, wenn du geblieben wärst. Dir jedes Mal aufs Neue Disziplinaraufgaben zuzuteilen wäre für mich weniger Aufwand gewesen, als dich zu begleiten.“

Percy verzog das Gesicht.

„Bist du wahnsinnig? Ich will dich nicht dabei haben! Bleib bloß hier, ich brauche dich nicht!“

 

Jason zuckte mit den Schultern.

„Das liegt weder in deiner noch in meiner Macht.“

Er kam auf Percy zu. Anstatt durch das Wasser zu laufen, ging er jedoch durch die Luft über das Wasser und fasste am anderen Ufer wieder Boden unter den Füßen.

 

„Wie meinst du das?“

Percy drehte sich mit ihm mit, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Das Schwert behielt er noch immer fest in der Hand.

„Ich meine damit, entweder bleibst du im Camp und fügst dich den Regeln und genießt die Gesellschaft von ein paar Leuten, die dich trotz deiner Aufmüpfigkeit leiden können“, er runzelte die Stirn, „oder du lebst damit, dass du mich 24 Stunden am Tag ertragen musst, bis sich unsere Wege hoffentlich bald wieder trennen können.“

Percy zog die Augenbrauen zusammen.

„Ist das dein Ernst? Willst du mich verarschen? Ich brauche und will dich nicht an meiner Seite!“

„Ich könnte mir auch Schöneres vorstellen“, Jason zuckte mit den Schultern und schob die Hände in die Hosentaschen.

„Im Gegensatz zu dir habe ich jedoch Respekt vor jenen, die über mir stehen und befolge meine Anweisungen!“

Unwillkürlich entkam Percy ein kurzes Lachen.

„Du bist also ein gehorsamer Schmierlappen. Das passt irgendwie.“

Auf die Gesellschaft von Grace hätte er verzichten können. Als Wegbegleiter wären ihm Hazel oder Frank sehr viel lieber gewesen, doch dieser Großkotz war scheinbar alles, was er an Auswahl hatte und dort draußen ließ es sich zu zweit besser überleben als alleine.

Er ließ sein Schwert fallen, damit dieses die Gelegenheit hatte bald wieder als Kugelschreiber in seiner Hosentasche zu erscheinen.

 

Jason sah verärgert aus.

Ehe er dem Ärger jedoch wörtlichen Ausdruck verleihen konnte, stieg ihm die Verwirrung ins Gesicht.

„Bei Dis, was tust du da?“

 

Percy winkte locker ab.

„Das kehrt schon wieder zu mir zurück.“

Er trat neben seinen unfreiwilligen Weggefährten.

 

Jason atmete schwer durch und klang dabei ziemlich genervt.

„Weißt du eigentlich, wessen Waffe das einst war?“

Percy blinzelte überrascht und beobachtete, wie Jason sein Schwert vom Boden aufhob.

„Sagt dir Herkules etwas?“

„Mh.“

„Dieses Schwert galt als verschollen und nun führt es ein Sohn Neptuns“, diese Tatsache schien ihn sehr unzufrieden zu stimmen.

Jason streckte die freie Hand in Percys Richtung aus und dieser verstand nicht, was Blondie von ihm wollte.

„Die Kappe?“, er hob die Augenbrauen.

Percys Ausdruck blieb verständnislos.

Jason verdrehte die Augen und griff in Percys linke Hosentasche und zog dort die Kappe des Kugelschreibers heraus.

„Hey!“, beschwerte der Schwarzhaarige sich und wollte zurückerobern, was ihm gehörte. Als er jedoch Jasons Arm berührte bekam er einen elektrischen Schlag und ließ sofort wieder von ihm ab.

Er hielt inne, während der andere die Kappe auf die Spitze des Schwertes steckte und dieses wieder zum Kugelschreiber schrumpfte.

Percy fasste jemanden an und bekam von der Person einen elektrischen Schlag. Es war nicht diese Art von Schlag, die man bekam weil jemand sich durch Reibung etwas aufgeladen hatte, sondern als ginge tatsächlich Elektrizität aktiv vom Körper des anderen aus.

Diese Situation kam ihm so vertraut und bekannt vor…

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Jason ihm den Kugelschreiber entgegen hielt.

„Du musst es nicht jedes Mal wegwerfen, bloß damit es wieder seine harmlose Gestalt annimmt.“

 

Percy fischte schnell den Kugelschreiber aus der Hand des anderen, als befürchte er wieder einen Stromschlag zu bekommen, wenn er nicht schnell genug war.

„Woher weißt du das?“

 

„Weil ich kein Idiot bin“, erwiderte Jupiters Sohn trocken und ging an Percy vorbei.

Dieser ließ den Kugelschreiber wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Er schloss zu dem anderen auf und ging neben ihm her.

„Ich bin auch kein Idiot!“

 

Jason hob zweifelnd die Augenbrauen.

„Nein. Als Halbgott alleine in die weite Welt zu ziehen und sich ohne Begleitung den Monstern zu stellen, die einen töten wollen, ohne jeden Plan oder eine Prophezeiung ist unglaublich intelligent und weise.“

Der Sarkasmus war so beißend hart, dass man ihn nicht einmal mit viel Mühe hätte überhören können.

 

„Ich bin bloß meinem Instinkt gefolgt!“

„Dann wird dein Instinkt dich eben früher oder später umbringen!“

 

„Wird er nicht“, Percy wusste, dass dies nicht sonderlich schlagfertig war aber er wollte das letzte Wort in dieser Angelegenheit gehabt haben.

 

Sie gingen eine Weile, bis Jason schließlich anhielt.

„Und?“, fragte Percy. „Wollen wir unsere Reise zu Fuß fortsetzen? Wir könnten an die Straße gehen und ein Taxi anhalten.“

„Wir können fliegen.“

Percy schüttelte sofort den Kopf. Fliegen war nicht gut, gar nicht gut.

Sein Instinkt riet ihm dazu, davon abzusehen.

„… ich überlege mir zuerst, wo meine Reise hinführen soll und dann-“

 

„New York“, unterbrach Jason ihn und hob die Augenbrauen, während er Percys Blick auswich.

„Was?“

„Wir müssen nach New York! Und Fliegen geht am schnellsten.“

„Warte, was?“

Percy glaubte nicht richtig verstanden zu haben.

Als er vor den Prätoren stand und sie um Hilfe gebeten hatte, wussten sie anscheinend von nichts.

Und auf einmal stand Jason vor ihm, erzählte ihm dass er ihn begleiten müsse und konnte ihm einen Ort nennen, zu dem sie mussten?

Das war doch wohl ein blöder Scherz?

„New York?“

„Das sagte ich, ja.“

„Warum New York?“

Jason blickte zu Percy.

„Ich habe meine Quellen, das muss reichen. Ich habe keine Ahnung wo oder was dein Camp sein soll, aber ich weiß, dass wir nach New York müssen.“

„Ach“, der Sohn Neptuns verschränkte in einer protestierenden Geste die Arme vor der Brust.

„Hat dir das dein Chef gesagt, der dir auch aufgetragen hat, dass du mich begleiten sollst?“

 

Jason verdrehte die Augen, suchte dann jedoch den Blickkontakt und sah ihn ernst an.

„Dir bleibt nichts anderes übrig, als mir zu vertrauen.“

 

Diesem Typen vertrauen?

Alles sprach dafür ihm zu misstrauen. Percys Instinkte warnten ihn vor Jason Grace und er war versucht nach seinem Kugelschreiber zu greifen und das an Ort und Stelle zu klären.

Jason wusste offenkundig mehr aber wollte sein Wissen nicht mit ihm teilen. Solche Menschen waren doch immer gefährlich und er beschloss vorsichtiger und aufmerksamer den je zu sein. 

Vielleicht war das alles ein Trick aber vielleicht gelang es ihm tatsächlich mit der Hilfe des anderen dorthin zurückzufinden, wo er eigentlich hingehörte.

„Wir werden nicht fliegen!“, schnaubte Percy. „Nur damit das klar ist!“

Seine Augen hatten einen harten Ausdruck. Der Sohn der Meere war weit davon entfernt Jason Grace zu vertrauen aber für den Augenblick schien er sein einziger Anhaltspunkt zu sein.



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