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Wolf und Salamander

von

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Sechsundzwanzigster Tag des siebten Monats im Jahr 89 N.U.

"Komm näher.", bat sie ihn mit einem müden Lächeln. Die dunklen Ränder unter ihren Augen ließen erahnen, wie viele Nächte sie nicht oder nur schlecht geschlafen hatte. Ihre Stimme war weicher als sonst, und ihre Autorität wurde heute eher durch Charisma als durch Disziplin definiert. Mit nassen Haaren und klebriger Kleidung schritt er den Saal ab, bis er knapp eineinhalb Schritte vor dem verzierten Thron stehen blieb.
 

"Welche Waffe hast du gewählt?", fragte sie mit weicher Stimme.

"Den Langdolch."

"Hah, und niemand hat dir davon abgeraten? Ein Dolch ist in erster Linie eine Parierwaffe, ihn im Angriff zu führen ist eine Kunst, die nur die wenigsten beherrschen. Du hättest wirklich das Schwert nehmen sollen. Dass eine Axt nichts für dich ist, sieht man dir ja an, aber gleich der Dolch?"

Er fühlte sich unwohl, als sie müde den Kopf schüttelte.

"Dann erzähl doch mal, wie das Training an der Waffe vorangeht."

"Nun, es geht voran.", gab er zur Antwort.

"Geht es denn gut voran?"

"Ich weiß nicht, woran merke ich das denn?"

"Wie oft triffst du deinen Gegner, bevor er dich zum Aufgeben zwingt?"

"Wie oft?"

"Triffst du überhaupt etwas?"

"Ja, natürlich!"

"Auch etwas, das sich bewegt?"

"Ab wann bewegt es sich denn?"

"Oh jemine. Zieh dich aus, Salamander."

"Was?"

"Zieh dich aus! Wenn du nicht darüber reden willst, dann lass deine Wunden sprechen."

"Also, vielleicht kann ich das doch erklären..."

"Ausziehen."

"Jawohl... Verzeihung."
 

Mit zittrigen Fingern streifte löste er den Gürtel und zog die dreckige Tunika über den Kopf.

"Alles.", fügte sie hinzu.

Und so stand der Salamander splitternackt vor seiner Ersten Schwester, die bronzene Haut übersät von dunklen Flecken und blutigen Beulen. Selbst das sonst so markante rote Mal auf seiner Brust schien im Vergleich mit den unzähligen Blutergüssen unterzugehen. Er fühlte sich schlecht, er fühlte sich armselig. Tränen schossen ihm in die Augen. Wieso musste sie nur immer so grausam sein?
 

"Keinen einzigen. Nicht einen Hieb gegen dich hast du bisher abgewehrt, habe ich Recht?" Sie schüttelte den Kopf. "Zum Glück ist der Schmerz ein geduldiger Lehrer. Denk nur immer dran, dass dein Blut wichtiger ist als deine Fechtkunst. Gib mir Bescheid, wenn du das Parieren gelernt hast."



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